18 <strong>Konsum</strong> Ohne Geld lässt ? Bernard A. Lietaer, ehemaliger Manager der belgischen Zentralbank und einer der Miterfinder des Ecu (Vorläufer des Euro), ist überzeugt, dass wir den künftigen Herausforderungen – wie den demografischen Veränderungen, knapper werdenden Ressourcen und dem Wandel zu einer multipolaren Welt – mit einem Modell begegnen müssen, das nachhaltiger angelegt ist, als dass es sich lediglich über den gewohnten Geldfluss regeln liesse. Lietaer spricht in diesem Zusammenhang von «Yin und Yang»- Währungen. Mit «Yang»-Währungen sind die Landeswährungen, mit dem Dollar als Leitwährung, gemeint. Die «Yin»-Währung steht für den Tausch, der die soziale Komponente beinhaltet und unser Zusammenleben als weiche Währung regelt. Ein gelungenes Bei - spiel dafür, wie dank einer «Yin»-Währung sozial benachteiligte Menschen, mit wenig Aussicht auf ein besseres Leben, an einer prosperierenden Ökonomie partizipieren können, trägt den klingenden Namen «Curitiba». Curitiba – die vierte Dimension des Recyclings Curitiba ist die siebtgrösste Stadt Brasiliens. Die Metropole liegt im Süden des Landes und belegt heute den dritten Platz in der Rangliste der 15 grünsten Städte der Welt. Zu verdanken ist dies vor allem dem ehemaligen Bürgermeister Curitibas, Jaime Lerner. In drei Legislaturperioden, die letzte zu Beginn der 1990-er Jahre, hat Lerner – nebst einer nachhaltigen Stadtplanung in Sachen Architektur, Infrastruktur und Bildung – das Problem der Abfallentsorgung in den Favelas entschärft. Wie in allen Schwellenländern zieht es auch in Brasilien die Landbevölkerung auf der Suche nach Arbeit in die Stadt. Da macht Curitiba, das heute rund 3,5 Millionen Einwohner zählt, keine Ausnahme. In der Folge wuchern an den Rändern der Metropole Favelas, die aus kreuz und quer aufgestellten Behausungen bestehen und deren Architektur keiner ersichtlichen Logik folgt. Jaime Lerner sah sich in den chaotisch orga nisierten Favelas mit Bergen von Müll konfrontiert. Müll, der die Gesundheit der ohnehin in Not lebenden Slumbewohner ernsthaft bedrohte. Kehrichtlastwagen waren nicht imstande, die Trampelpfade der Favelas zu passieren. Geld, um die Hütten abzureissen und neue Strassen zu bauen, war keines vorhanden. Da ersann der kreative Bürgermeister Lerner ein simples, aber geniales System: Am Rande der Siedlungen wurden zur Sortierung des Mülls farblich gekennzeichnete Container aufgestellt. Wer eine Tüte mit sortiertem Müll brachte, wurde mit einem Busticket entschädigt. Diese Tickets wiederum konnten gegen Schulhefte oder Lebensmittel getauscht werden. Bald sammelten Tausende von Kindern Müll, um diesen gegen Busfahrkarten zu tauschen, und hielten so ihr Viertel sauber. Komplementärwährung stärkt Selbstvertrauen Innerhalb eines Jahres wurden 11 000 Tonnen Müll gegen eine Million Busfahrkarten und 1200 Tonnen Lebensmittel eingetauscht. Heute ist das Durchschnittseinkommen in Curitiba rund dreimal so hoch wie im übrigen Brasilien. Der «Curitiba» illustriert, wie Menschen «ohne Geld» durch die Schaffung einer lokalen Währung wirtschaftlich aktiv werden und so ihre Lebenssituation verbessern. Viele von ihnen sind in dieser ortsgebundenen Mikroökonomie zum ersten Mal Akteure und nicht Empfänger von Almosen. So gesehen steht die Kreation einer Komplementärwährung nicht bloss für das Andocken an den regulären Geldkreislauf oder ein gut gemeintes Charityprojekt, sondern sorgt für echte Perspektiven und stärkt das Selbstvertrauen der Favela-Bewohnerinnen und -Bewohner, die im Wortsinn am Rande der Gesellschaft stehen. Komplementärwährungen schaffen in strukturschwachen Regionen neue Perspektiven und sorgen dafür, dass der lokal erwirtschaftete Wert nicht abfliesst. Alternative Währungssysteme treten in den verschiedensten Formen in Erscheinung. Mal sind sie ideologischer gefärbt, mal pragmatisch geprägt. Immer aber sehen sie sich als Ergänzung zum regulären Geldfluss, wollen soziale Brennpunkte entschärfen und bieten Menschen, die nicht am regulären Geldfluss partizipieren können, eine Alternative – Change eben. < Recycling auf Brasilianisch: Wo der Kehrichtwagen nicht hinkommt, treten Carrinheiros, Lumpensammler mit ihren typischen Karren, auf den Plan und bringen Karton und sonstigen Müll weg. In Curitiba fördert der Kehricht sogar das Weiterkommen, denn dort sammeln und sortieren auch Tausende von Kindern Abfall, den sie gegen Bustickets, Schulhefte oder Lebensmittel eintauschen können. Foto: Maria Terezinha Vaz <strong>bull</strong>etin 4/<strong>10</strong> Credit Suisse
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