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Credit Suisse bulletin, 2010/04

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46 Credit Suisse Schweiz<br />

Die Fibonacci-Reihe, bei der eine Zahl immer die Summe der beiden vorangegangenen Zahlen darstellt, spielt bei Mario Merz als Symbol für Expansion<br />

und Wachstum in der Natur eine zentrale Rolle. Im Besitz des Kunstmuseums Winterthur befindet sich das Werk «1,1,2,3,5» (1975).<br />

Gipfeltreffen der Moderne –<br />

nun wieder in Winterthur<br />

Das sanierte und um Depoträume für die wachsende Sammlung erweiterte<br />

Kunstmuseum Winterthur öffnet Ende Oktober nach zweijähriger Schliessung<br />

wieder seine Tore. Die Bedeutung der Sammlung kommt in der grossen<br />

thematischen Ausstellung «Die Natur der Kunst» sehr gut zur Geltung.<br />

Weisse Kabel quellen aus der Mauer und<br />

drehen sich zu Rollen, Stahlstützen stemmen<br />

sich zwischen rohe Betondecken und -böden,<br />

transparente Abdeckfolie, Leitern, ein Eimer<br />

und andere Gegenstände liegen herum, Öffnungen<br />

sind mit gelben Holzplanken ver -<br />

bar rikadiert. Es sind keine behelfsmässig<br />

zusam mengezimmerten Behausungen mit<br />

ihrer im provisierten Infrastruktur, wie sie der<br />

Fotograf Georg Aerni (*1959 Winterthur) auf<br />

seinen Wanderungen durch Grossstädte wie<br />

jüngst Mumbai in Bilder fasste. Die Rede ist<br />

vielmehr vom Kunstmuseum Winterthur, das<br />

seit Ende November 2008 aufgrund umfangreicher<br />

Sa nierungsarbeiten derartige Bilder<br />

bot. Aerni war neben dem ebenfalls aus<br />

Winterthur stammenden Künstler Mario Sala<br />

eingeladen worden, den Umbau mit seiner<br />

Kamera zu begleiten. Entstanden ist eine<br />

Bildserie von beeindruckender formaler Qualität,<br />

die nicht nur dokumentiert, sondern die<br />

Baustelle auch als künstlerische Installation<br />

erscheinen lässt.<br />

Ein Umbau, so unangenehm seine unmittelbaren<br />

Auswirkungen auch sind, schafft die<br />

Möglichkeit für Veränderungen und kann Bestehendes<br />

neu ins Bewusstsein bringen. So<br />

zum Beispiel die Sammlung eines Museums,<br />

der nicht selten aufgrund publikumswirksamer<br />

Wechselausstellungen zu wenig Beachtung<br />

geschenkt wird. Das Kunstmuseum<br />

Winterthur hat die fast zweijährige Schliessung<br />

genutzt, um seine feine Sammlung ins<br />

Licht zu rücken. Die Hauptwerke gingen<br />

unter dem Titel «Gipfeltreffen der Moderne:<br />

Das Kunstmuseum Winterthur » auf eine Reise,<br />

die sie von Bonn über Trento und Rovereto<br />

in Norditalien bis nach Salzburg führte.<br />

Eine kleinere Auswahl ist sogar nach Japan<br />

weitergereist und wird in verschiedenen<br />

Museen noch bis im März 2011 präsentiert.<br />

Qualitative Dichte dank Privatinitiative<br />

Die Wanderausstellung war Teil der Reihe<br />

«Die grossen Sammlungen», in der bereits<br />

die Vatikanischen Museen, das Museum of<br />

Modern Art, das Puschkin-Museum und das<br />

Guggenheim-Museum ihren Auftritt hatten.<br />

Dass der Name Winterthur auf Weltstädte<br />

folgen kann, liegt nicht in der quanti tativen<br />

Grösse der Sammlung, sondern in der qualitativen<br />

Dichte begründet. Seit der Eröffnung<br />

des Kunstmuseums 1915, dessen Bau<br />

sich zu einem grossen Teil aus privaten Spenden<br />

finanzierte, sind auch die Bestände immer<br />

wieder mit Schenkungen und Legaten<br />

von Winterthurer Sammlern erweitert worden.<br />

Das Segeln unter der Flagge «Gipfeltreffen<br />

der Moderne» verdankt das Museum<br />

denn auch hauptsächlich der Sammlung<br />

von Werken der klassischen Moderne, die<br />

das Ehepaar Clara und Emil Friedrich-Jezler<br />

1973 dem Kunstverein überliess und die<br />

Gemälde von Léger, Braque, Gris, Arp bis<br />

Mondrian vereint. Sie schliesst an die Werke<br />

der Sammlung Wolfer an, die dem Kunstmuseum<br />

eine grosse Anzahl französischer<br />

Gemälde von Delacroix über Monet und van<br />

Gogh bis Bonnard vermachte. Als das Kunstmuseum<br />

Winterthur in die Welt zog, reiste<br />

es natürlich auch mit dem Nimbus, den<br />

verschiedene Winterthurer Industrielle und<br />

Grossbürger mit ihrem Kultursinn ihrer Stadt<br />

verliehen haben – das Ehepaar Hedy und<br />

Arthur Hahnloser-Bühler, deren Sammlung<br />

nun in der Villa Flora beheimatet ist, und<br />

Oskar Reinhart, dessen beide bedeutende<br />

Sammlungen am Stadtgarten und «Am<br />

Römer holz» zu finden sind.<br />

Das Kunstmuseum Winterthur erweitert<br />

seine Bestände kontinuierlich und kann heute<br />

deshalb einen Bogen vom Impressionismus<br />

bis in die Gegenwart spannen. So finden<br />

sich in den neueren Beständen eine Konzentration<br />

amerikanischer Malerei, darunter<br />

etwa Robert Mangold, sowie italienische<br />

Künstler der Arte povera wie Mario und Marisa<br />

Merz, Giulio Paolini und Jannis Kounellis.<br />

Fotos: Mario Merz, «1, 1, 2, 3, 5», um 1976, Kunstmuseum Winterthur, 20<strong>10</strong> ProLitteris, Zürichi | Georg Aerni | Gerhard Richter<br />

<strong>bull</strong>etin 4 /<strong>10</strong> Credit Suisse

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