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EDUCATION 4.21

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Mittelschule/Berufsbildung | Ecoles moyennes/Formation professionnelle<br />

Weiterentwicklung Gymnasium<br />

BERN WÜNSCHT KEINEN<br />

STRUKTURELLEN UMBAU<br />

Rolf Marti<br />

Muss das Gymnasium erneuert werden, um Maturandinnen<br />

und Maturanden optimal auf das Studium vorzubereiten?<br />

Mit dieser Frage befasst sich das nationale Projekt «Weiterentwicklung<br />

der gymnasialen Maturität». Reformvorschläge liegen<br />

vor, die Fachgremien im Kanton Bern beurteilen sie skeptisch.<br />

Globalisierung, Digitalisierung, Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit<br />

und Partizipation: Sie haben die Gesellschaft tiefgreifend<br />

verändert. Nimmt das Gymnasium diese Entwicklungen auf? Bereitet<br />

es nach wie vor optimal auf eine akademische Laufbahn<br />

vor? Diese Fragen klärt ein nationales Projekt im Auftrag der<br />

Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

(EDK) und des Bundes. Es durchleuchtet das Maturitätsanerkennungsreglement<br />

(MAR) und den nationalen Rahmenlehrplan auf<br />

Revisionsbedarf. Ziel: die Qualität der gymnasialen Maturität und<br />

den prüfungsfreien Zugang zu den Universitäten schweizweit und<br />

langfristig sichern.<br />

Jetzt liegen Anpassungsvorschläge auf dem Tisch. Sie sind<br />

zurzeit in der Konsultation bei den Dachorganisationen der Lehrpersonen,<br />

der Rektorinnen und Rektoren sowie der Universitäten.<br />

Auch die Mittelschulämter der Kantone können sich äussern. Im<br />

Kanton Bern hat das Mittelschul- und Berufsbildungsamt mit der<br />

Konferenz der Schulleitungen der Gymnasien, der Kantonalen<br />

Maturitätskommission sowie der Kommission Gymnasien - Hochschulen<br />

eine gemeinsame Position erarbeitet.<br />

So viel vorweg: Einer Reform des MAR in Bezug auf den Fächerkanon<br />

und die Struktur des Bildungsgangs stehen die Berner<br />

Gremien kritisch bis ablehnend gegenüber. Das Gymnasium<br />

sei im Kanton gut aufgestellt. Inhaltlich notwendige Aktualisierungen<br />

könnten innerhalb der heutigen Strukturen rascher und<br />

zielführender vorgenommen werden.<br />

Keine Zweiteilung des Bildungsgangs<br />

Zu Kontroversen führt der Vorschlag, den Bildungsgang in zwei<br />

Zyklen zu teilen (Stufenmodell). Die Schülerinnen und Schüler<br />

würden in den ersten zwei Jahren die Grundlagenfächer ohne<br />

Vertiefungsmöglichkeit belegen. Einen Wahlbereich mit Schwerpunktfächern<br />

gäbe es ab dem dritten Jahr, einige Grundlagenfächer<br />

würden nach zwei Jahren abgeschlossen. Die Berner<br />

Gremien lehnen dies ab – primär aus drei Gründen. Erstens: Die<br />

Erweiterung des Wahlbereichs in der zweiten Hälfte des Bildungsgangs<br />

sei bereits heute möglich (Ergänzungsfach, Maturaarbeit)<br />

und werde umgesetzt. Das trage dem Umstand Rechnung, dass<br />

sich die Interessen der Schülerinnen und Schüler oft erst im<br />

Gymnasium ausdifferenzierten. Zweitens: Zwei Jahre seien für die<br />

Vertiefung in einem Schwerpunktfach zu knapp. Drittens: Kantone,<br />

die ein Stufenmodell wünschten, könnten dies bereits heute<br />

einführen (Beispiel Aargau).<br />

Keine Erweiterung des Fächerkanons<br />

Diskutiert wird auch, Philosophie, die beiden Kunstfächer (Bildnerisches<br />

Gestalten und Musik) sowie Religion in den Fächer kanon<br />

aufzunehmen. An den Gymnasien würden so bis zu fünfzehn Fächer<br />

unterrichtet. Auch dagegen sprechen sich die Berner Gremien<br />

aus, weil eine Verbreiterung der Ausbildung zulasten der Vertiefung<br />

gehe. Letztere sei jedoch im Hinblick auf die Studierfähigkeit<br />

wichtiger. Mehr Fächer würden zudem zu einer Überfrachtung<br />

des Stundenplans und einer Überbelastung der Schülerinnen und<br />

Schüler führen – insbesondere zu Beginn des Bildungsgangs.<br />

Auch um die Erweiterung der Anzahl Matura- und Prüfungsfächer<br />

wird gerungen. Beides lehnen die Berner Gremien ab. Bei<br />

den Maturafächern mit der Begründung, dass eine Fachnote als<br />

Bestehensbedingung eine intensive Auseinandersetzung mit einem<br />

Stoff und damit eine entsprechende Lektionenzahl bedinge;<br />

das sei nur in einer bestimmten Anzahl Fächer möglich. Zudem<br />

müssten einzelne Maturanoten bereits nach zwei Jahren vergeben<br />

werden, was den Einstieg aus anderen Bildungsgängen erschweren<br />

würde. In der Erweiterung der Prüfungsfächer sehen<br />

die Berner Gremien keinen Mehrwert. Zwischen Anzahl Prüfungsfächer<br />

und Abschlussqualität bestünde kein Zusammenhang.<br />

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