SB_19514BLP
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2020<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Prozesssicheres Schweißen<br />
von technisch beschichteten<br />
Blechen bei Änderung der<br />
Beschichtungseigenschaften
Prozesssicheres Schweißen<br />
von technisch beschichteten<br />
Blechen bei Änderung der<br />
Beschichtungseigenschaften<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.514 B<br />
DVS-Nr.: 03.118<br />
RWTH Aachen, Institut für Schweißtechnik<br />
und Fügetechnik (ISF)<br />
INP Greifswald, Leibniz-Institut für<br />
Plasmaforschung und Technologie e.V.<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.514 / DVS-Nr.: 03.118 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF<br />
im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2020 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 482<br />
Bestell-Nr.: 170592<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-482-1<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
I Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 1<br />
II Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 1<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag ........................................................................ 2<br />
1.1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung ................ 2<br />
1.2 Ausgangssituation ......................................................................................... 3<br />
2 Stand der Technik ............................................................................................... 5<br />
3 Forschungsziel und Lösungsweg ...................................................................... 10<br />
3.1 Ziel ............................................................................................................... 10<br />
3.2 Lösungsweg ................................................................................................ 11<br />
4 Durchgeführte Untersuchungen ........................................................................ 14<br />
4.1 AP1 - Auswahl eines Referenzfalles............................................................ 14<br />
4.2 AP2 - Schweißversuche für den Referenzfall zur Identifikation und Korrelation<br />
von charakteristischen Mustern der transienten Signale ................................ 18<br />
4.3 AP3 - Schweißversuche für den Referenzfall zur Identifikation des<br />
Prozessverhaltens ......................................................................................... 25<br />
4.4 AP4 - Schweißversuche von beschichteten Blechen mit nahezu konstanten und<br />
mit leicht variierenden Schichteigenschaften ................................................. 35<br />
4.5 AP5 - Schweißen von beschichteten Blechen mit suboptimalen<br />
Schweißprozesseinstellungen ........................................................................ 41<br />
4.6 AP6 - Korrelation der Ergebnisse zum Prozessverhalten, zur Mustererkennung<br />
und zum Schweißergebnis sowie Austausch zu adaptierten und verbesserten<br />
Diagnostikmethoden ...................................................................................... 41<br />
4.7 AP7 - Definition von Anforderungen an Schichtsysteme und die Sensibilität von<br />
Prozessparametern ........................................................................................ 42<br />
4.8 AP8 - Auswahl eines zweiten Schichtsystems ........................................... 43<br />
4.9 AP9 - Korrelation der Ergebnisse für das zweite Schichtsystem ................. 45<br />
4.10 AP10 - Erarbeitung und erste Tests zur Machbarkeit von Kontrollmethoden<br />
46<br />
4.11 AP11 - Erarbeitung von Anwenderhinweisen zum zweiten Schichtsystem . 48<br />
5 Veröffentlichungen und Vorträge ....................................................................... 50<br />
6 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der<br />
Forschungsergebnisse für kleine und mittlere Unternehmen ............................ 51<br />
7 Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den<br />
Zielen des Projektes .......................................................................................... 52<br />
8 Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft ...................................................... 56<br />
VI
Inhaltsverzeichnis<br />
9 Einschätzung zur Realisierbarkeit des vorgeschlagenen und aktualisierten<br />
Transferkonzepts ............................................................................................... 59<br />
10 Literatur ............................................................................................................. 60<br />
VII
Konkrete Handlungsvorschläge<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag<br />
1.1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung<br />
In der industriellen Fertigung gewinnt der Einsatz von beschichteten Bauteilen zum<br />
Schutz vor Korrosion stetig an Bedeutung. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Korrosion<br />
am Bauteil soweit zu verlangsamen, das während der Lebensdauer keine Schädigung<br />
auftritt, die schlussendlich zum Funktionsverlust führt. Typische Anwendungsbereiche<br />
für beschichtete Bauteile sind der Automobilbau, der Stahlbau und der Schiffbau. In<br />
diesen Bereichen werden meistens organische Beschichtungen, metallische<br />
Überzüge oder Kombinationen aus beiden eingesetzt. Hierbei kommen Halbzeuge aus<br />
modernen Funktionswerkstoffen zur Anwendung, die durch die Beschichtung eine<br />
Oberflächenveredelung erfahren.<br />
Der Grundwerkstoff bildet i.d.R. einen unlösbaren Verbund mit der Beschichtung,<br />
welcher sich bei der fertigungstechnischen Verarbeitung aufgrund der z.T. stark<br />
unterschiedlichen chemisch-physikalischen Eigenschaften komplex verhält.<br />
Divergierende Schmelz- und Siedepunkte, Dichteunterschiede (sowohl in den festen<br />
als auch flüssigen Phasen) und Unterschiede in der elektrischen als auch thermischen<br />
Wärmeleitfähigkeit führen oftmals zu Problemen bei der schweißtechnischen<br />
Verarbeitung.<br />
Insbesondere temperaturabhängige chemische Reaktionen bei Beschichtungssystemen<br />
und die daraus entstehenden Produkte erhöhen die Komplexität bei der<br />
Anwendung thermischer Fügeverfahren, die nach wie vor am häufigsten zum Einsatz<br />
kommen. Deshalb wurden in der Vergangenheit intensive Forschungsarbeiten mit dem<br />
Ziel der Qualifizierung der Schweißverfahren für den speziellen Einsatz zum Fügen<br />
von beschichteten Bauteilen durchgeführt. Hierbei handelte es sich jedoch meistens<br />
um Parameterstudien, wobei Einflüsse der Beschichtungen beim Schweißen auf die<br />
physikalischen Wirkzusammenhänge im Lichtbogen oder der Schmelze nicht<br />
Gegenstand dieser Untersuchungen waren.<br />
Bei modernen, stromgeregelten MSG-Schweißverfahren werden die Prozesse vielfach<br />
an Probebauteilen für die jeweiligen Anwendungen in Form von Kennlinien optimiert.<br />
Diese stellen die Schweißgerätehersteller den Anwendern zur Verfügung. In der<br />
2
Konkrete Handlungsvorschläge<br />
Produktion können jedoch die Beschichtungen der Bauteile bezüglich ihrer Dicke,<br />
Dichte und Morphologie variieren und dementsprechend zu Störungen im<br />
Schweißprozess führen. Um dies möglichst einzuschränken kommen extrem kurze<br />
Lichtbögen zur Stabilisierung der Schweißprozesse und zur Reduktion des Wärmeeintrages<br />
zum Einsatz. Allerdings sind diese kurzen Lichtbögen zwangsläufig mit<br />
kleinen Prozessfenstern verbunden, die dann oftmals auch zu Störungen führen<br />
können.<br />
1.2 Ausgangssituation<br />
Derzeit wird die prozesssichere schweißtechnische Verarbeitung von beschichteten<br />
Blechen in erster Linie durch statische Adaption des Schweißparameterfensters an die<br />
jeweilige Beschichtung erzielt. Eine Anpassung an wechselnde Schichtdicken oder<br />
zeitlich begrenzte Prozessereignisse ist hierdurch kaum möglich, so dass oftmals<br />
Beschichtungen im Rahmen einer Eingangsprüfung als „schweißbar“ oder „nicht<br />
schweißbar“ eingeordnet werden.<br />
In der Praxis sind geforderte Fehlergrößen deshalb durch die produzierenden<br />
Unternehmen nicht immer einhaltbar, mit der Folge hoher Nacharbeitskosten oder<br />
hoher Ausschussanteile.<br />
Derzeit am Markt erhältliche Sensoriklösungen sind bislang nicht dazu geeignet, eine<br />
Prozessanpassung an die Beschichtungssituation zu gewährleisten. Lediglich im<br />
Nachgang kann zur Qualitätssicherung eine Defekterkennung mit automatisierten<br />
Sensoriklösungen gewährleistet werden.<br />
Dementsprechend besteht ein Bedarf an Lösungen, die eine Adaption des<br />
Schweißprozesses, besonders an variierende Schichteigenschaften, ermöglichen.<br />
Voraussetzung hierfür ist die Bereitstellung von Informationen mittels der Strom-<br />
/Spannungsverläufe über physikalische Situationen und Abläufe im Lichtbogen und<br />
Schmelzbad.<br />
Deshalb sollen in diesem Forschungsvorhaben die Einflüsse der<br />
Beschichtungseigenschaften auf die physikalischen Mechanismen des MSG-<br />
Schweißens analysiert werden. Voruntersuchungen von MSG-Prozessen an<br />
unbeschichteten und beschichteten Werkstücken belegen, dass die Kopplung<br />
optischer und spektroskopischer Beobachtungen von Lichtbogen und Schmelzbad mit<br />
3
Konkrete Handlungsvorschläge<br />
der Zeitreihenanalyse in den elektrischen transienten Signalen hier neue und<br />
erfolgversprechende Ansätze ermöglichen.<br />
Ferner werden aus den charakteristischen Mustern, der physikalischen Abläufe im<br />
Lichtbogen und Schmelzbad, in den elektrischen Signalen neue Regelungsoptionen<br />
für die Schweißgerätehersteller erwartet.<br />
Die Untersuchungen sind zuerst an Blechen mit Fertigungsbeschichtungen<br />
vorgesehen. Als Anwendungsfelder sind hier die Bereiche Schiffbau aber auch<br />
Baugruppen sowie Konstruktionen im Stahl- und Behälterbau zu sehen, bei denen es<br />
sich vorwiegend um KMU-Firmen handelt. Auf der Basis der hierbei gewonnenen<br />
Erkenntnisse ist anschließend eine Übertragung der Vorgehensweise auf eine andere<br />
Beschichtung vorgesehen. Hierbei kann es sich um eine organische Beschichtung<br />
oder um Beschichtungssysteme aus einer Kombination von feuerverzinkter und<br />
organischer Beschichtung handeln.<br />
4
Konkrete Handlungsvorschläge<br />
2 Stand der Technik<br />
Bei der schweißtechnischen Verarbeitung von beschichteten Blechen und von Blechen<br />
mit Fertigungsbeschichtungen muss häufig, aufgrund der Verdampfung der<br />
Beschichtung sowie durch die Entgasungsvorgänge, mit Prozessinstabilitäten und mit<br />
der Neigung zur Porenbildung in der Schweißnaht gerechnet werden. Zur Erarbeitung<br />
von Lösungsansätzen wurde deshalb in der Vergangenheit eine Vielzahl von<br />
Forschungsvorhaben durchgeführt, auf die im Folgenden näher eingegangen werden<br />
soll.<br />
Historisch bedingt wurden die ersten Untersuchungen zur Schweißbarkeit von Primer<br />
beschichteten Blechen und Fertigungsbeschichtungen schon in den 1960er und<br />
1970er Jahren durchgeführt. Besonders beim Einsatz des<br />
Metallschutzgasschweißens wurde hier bei Kehlnähten am T- oder Überlappstoß<br />
aufgrund der Entgasung im Wurzelspalt beim Überschweißen von Primer<br />
Porenbildung beobachtet. Die Häufigkeit und Größe der Poren ist abhängig vom<br />
Primertyp, von der Schichtdicke, von den Schweißbedingungen, dem eingesetzten<br />
Schutzgas und dem Schweißzusatzwerkstoff [4-9]. Beim Schweißen von I-Stößen und<br />
beim Auftragschweißen wurden kaum Poren beobachtet, da hier eine ausreichende<br />
Entgasung der verdampften Beschichtungsanteile gewährleistet ist. Bei<br />
Untersuchungen bezüglich des Schutzgases zur Verminderung der Porenbildung<br />
wurde eine Erhöhung des CO2-Anteiles auf 18 % bis 25 % als vorteilhaft ermittelt.<br />
Speziell bei Blechen mit Fertigungsbeschichtungen, wie sie üblicherweise im Schiffbau<br />
und Stahlbau zur Anwendung kommen, werden auch heute noch Schutzgase mit bis<br />
zu 40 % CO2-Anteil eingesetzt, teilweise sogar auch reines CO2 in Kombination mit<br />
Massiv- oder Fülldrähten [10-11].<br />
Des Weiteren gab es Untersuchungen an Fertigungsbeschichtungen, die sich mit dem<br />
Vergleich unterschiedlicher Shopprimer hinsichtlich der Porenbildung beschäftigten.<br />
So wurden in [12] MSG-Schweißversuche, gemäß der DVS-Richtlinie 0501 an<br />
Blechen, die mit verschiedenen PVB-Shopprimern und einem Zinksilikat-Shopprimer<br />
beschichtet waren, als Doppelkehlnaht, sowohl unter Verwendung von CO2 als auch<br />
Argon-CO2-Mischgas M21, ausgeführt [13]. Hierbei wurde ein günstigeres Verhalten<br />
hinsichtlich der Porenbildung beim Zinksilikat-Shopprimer festgestellt, wobei auch hier<br />
beim MAG-Schweißen mit reinem CO2 Schutzgas die Gesamtporenfläche gegenüber<br />
5