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2023<br />

Abschlussbericht<br />

DVS-Forschung<br />

Die ECT-Tomographie<br />

alsVerfahren zur<br />

kontinuierlichen<br />

Inline-Überwachung<br />

der Homogenität von<br />

Klebstoffen und<br />

Vergussmassen


Die ECT-Tomographie als<br />

Verfahren zur kontinuierlichen<br />

Inline-Überwachung der<br />

Homogenität von Klebstoffen<br />

und Vergussmassen<br />

Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />

IGF-Nr.: 21.544 N<br />

DVS-Nr.: 08.3339<br />

Fraunhofer-Gesellschaft e.V.<br />

Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik<br />

und Angewandte Materialforschung<br />

IFAM -<br />

Klebtechnik und Oberflächen<br />

Förderhinweis:<br />

Das IGF-Vorhaben Nr.: 21.544 N / DVS-Nr.: 08.3339 der Forschungsvereinigung Schweißen<br />

und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die<br />

AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />

vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />

Deutschen Bundestages gefördert.


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />

unter: http://dnb.dnb.de<br />

© 2023 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />

DVS Forschung Band 581<br />

Bestell-Nr.: 170691<br />

Kontakt:<br />

Forschungsvereinigung Schweißen<br />

und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />

T +49 211 1591-0<br />

F +49 211 1591-200<br />

forschung@dvs-hg.de<br />

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />

vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />

Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.


Schlussbericht vom 07.12.2023<br />

zu IGF-Vorhaben Nr. 21.544 N<br />

Thema<br />

Die ECT-Tomographie als Verfahren zur kontinuierlichen Inline-Überwachung der<br />

Homogenität von Klebstoffen und Vergussmassen<br />

Berichtszeitraum<br />

01.12.2020 bis 31.05.2023<br />

Forschungsvereinigung<br />

Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />

Forschungseinrichtung(en)<br />

1. Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (Bremen)


Seite i des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

Danksagung und Förderhinweis<br />

An dieser Stelle wird dem projektbegleitenden Ausschuss für die gute Zusammenarbeit und die<br />

produktive Diskussion während der gesamten Projektlaufzeit gedankt. Darüber hinaus gebührt den<br />

Firmen des projektbegleitenden Ausschusses ein großer Dank für die Bereitstellung von Anlagen,<br />

Klebstoffen sowie sonstiger Verbrauchsmaterialien.<br />

Das IGF-Vorhaben 21.544 N der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des<br />

DVS wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen<br />

Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)<br />

aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Für die finanzielle Förderung und die<br />

organisatorische Betreuung sei an dieser Stelle gedankt. Weiterer Dank gilt allen kooperierenden<br />

Industriepartnern für die gute Zusammenarbeit im Rahmen des Projektes.


Seite iii des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Problemstellung und Zielsetzung ........................................................................................... 1<br />

1.1. Problemstellung und Zielsetzung ............................................................................................ 1<br />

1.2. Lösungsansatz .......................................................................................................................... 2<br />

2. Technischer Hintergrund ....................................................................................................... 3<br />

2.1. Einführung: Qualitätssicherung in der Klebtechnik ................................................................. 3<br />

2.2. Allgemeine Einführung Tomografieverfahren ......................................................................... 6<br />

2.3. Elektrische Kapazitätstomografie .......................................................................................... 12<br />

2.3.1. Einführung in die elektrische Kapazitätstomografie ............................................................. 12<br />

2.3.2. Definition und Messung von Permittivitäten ........................................................................ 13<br />

2.3.3. Permittivität von Mischungen ............................................................................................... 15<br />

2.3.4. Relative Permittivität von Klebstoffen .................................................................................. 18<br />

2.3.5. Ablauf einer ECT-Messung .................................................................................................... 19<br />

2.3.6. Normierungsverfahren .......................................................................................................... 20<br />

2.3.7. Rekonstruktionsverfahren ..................................................................................................... 26<br />

3. Ergebnisse Arbeitspaket 1 ................................................................................................... 31<br />

3.1. Anforderungen für den Einsatz der ECT in der Klebtechnik .................................................. 32<br />

3.2. Klebstoffauswahl ................................................................................................................... 33<br />

4. Ergebnisse Arbeitspaket 2 ................................................................................................... 34<br />

4.1. Beurteilung einer kommerzielle ECT ..................................................................................... 35<br />

4.2. Schutz der Sensorik ............................................................................................................... 37<br />

4.2.1. Liner ....................................................................................................................................... 37<br />

4.2.2. Einfluss des Liners .................................................................................................................. 38<br />

4.3. Entwicklung einer klebtechnisch orientierten Software zur Auswertung<br />

von ECT-Messungen ................................................................................................................. 42<br />

4.3.1. Zielsetzung der Softwareentwicklung ................................................................................... 42<br />

4.3.2. Umsetzung und Implementierung ........................................................................................ 43<br />

4.3.3. Anpassung der ECT ................................................................................................................ 45<br />

4.3.4. Test der klebtechnischen Anpassungen ................................................................................ 49<br />

4.3.5. Grenzen der Liner-Korrektur ................................................................................................. 53<br />

4.3.6. Betrachtung der Rekonstruktionsalgorithmen...................................................................... 54<br />

iii


Seite iv des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

4.4. Definition ECT-Eignungsindex................................................................................................ 57<br />

5. Ergebnisse Arbeitspaket 3 ................................................................................................... 59<br />

5.1. Übersicht ............................................................................................................................... 59<br />

5.2. Methode zur Messung der Permittivität von Klebstoffen .................................................... 60<br />

5.2.1. Vorüberlegungen und Konstruktion ...................................................................................... 60<br />

5.2.2. Messablauf ............................................................................................................................ 62<br />

5.2.3. Kalibrierung und Verifikation ................................................................................................ 63<br />

5.3. Messung der Permittivität von Klebstoffkomponenten ....................................................... 66<br />

5.4. Messung der Permittivität von Gemischen ........................................................................... 69<br />

5.4.1. Ausführliche Darstellung der Systematik am Beispiel von EPX_A2 ....................................... 69<br />

5.4.2. Bestimmung ECT-Eignungsindex ........................................................................................... 72<br />

5.4.3. Ergebnisse und Daten weiterer Klebstoffe............................................................................ 73<br />

5.5. Einfluss des Härtungsgrades .................................................................................................. 74<br />

5.6. Einfluss von Füllstoffen .......................................................................................................... 75<br />

6. Ergebnisse Arbeitspaket 4 ................................................................................................... 81<br />

6.1. Detektion des Mischungsverhältnisses ................................................................................. 82<br />

6.1.1. Setup ...................................................................................................................................... 82<br />

6.1.2. Referenzmessung am Klebstoff EPX_A2 ............................................................................... 84<br />

6.1.3. Einfluss der Normierung ........................................................................................................ 86<br />

6.1.4. Einfluss der Value-Korrektur ................................................................................................. 87<br />

6.1.5. Einfluss der Liner-Korrektur................................................................................................... 88<br />

6.1.6. Einfluss des Liners .................................................................................................................. 89<br />

6.1.7. Optimierte Referenzierung ................................................................................................... 91<br />

6.2. Detektion der Inhomogenität „Luftblasen“........................................................................... 96<br />

6.2.1. Setup ...................................................................................................................................... 96<br />

6.2.2. Ergebnisse.............................................................................................................................. 98<br />

6.3. Detektion der Mischungsgüten ........................................................................................... 101<br />

6.4. Zusammenhänge Betrachtung ............................................................................................ 104<br />

6.4.1. Parameterstudie zum ECT-Eignungsindex und zur Eignung von Klebstoffen ..................... 105<br />

7. Ergebnisse Arbeitspaket 5 .................................................................................................. 109<br />

7.1. Übersicht ............................................................................................................................. 109<br />

7.2. Konzept zur Integration in Applikationsprozesse ................................................................ 110<br />

iv


Seite v des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

7.3. Softwarekonzept ................................................................................................................. 112<br />

7.4. Konzept zur Visualisierung .................................................................................................. 115<br />

7.5. Bewertung des Konzeptes anhand der Anforderungen ...................................................... 116<br />

8. Ergebnisse Arbeitspaket 6 .................................................................................................. 117<br />

8.1. Übersicht ............................................................................................................................. 117<br />

8.2. Ziel der Versuche ................................................................................................................. 118<br />

8.3. Anlage und Aufbau .............................................................................................................. 118<br />

8.4. Ergebnisse............................................................................................................................ 121<br />

8.4.1. Messung des Mischungsverhältnisses bei Strömung .......................................................... 121<br />

8.4.2. Einfluss der Temperatur ...................................................................................................... 122<br />

8.4.3. Einfluss des Volumenstroms ............................................................................................... 123<br />

8.4.4. Einfluss von eingebrachter Luft im Klebstoff ...................................................................... 124<br />

8.4.5. Kombinierter Einfluss .......................................................................................................... 125<br />

8.4.6. Einfluss des Linerwechsels .................................................................................................. 126<br />

9. Ergebnisse Arbeitspaket 7 .................................................................................................. 127<br />

9.1. Übersicht ............................................................................................................................. 127<br />

9.2. Aufbau des Technologie-Versuchsstandes .......................................................................... 128<br />

9.3. Funktionstest ....................................................................................................................... 130<br />

9.3.1. Einfahren der Anlage ........................................................................................................... 130<br />

9.3.2. Betrachtung des Startverhaltens und Fehldosierungen ...................................................... 131<br />

9.3.3. Simulation instationärer Zustände ...................................................................................... 132<br />

9.4. Investitionskosten des Systems ........................................................................................... 133<br />

10. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen ............................................................... 134<br />

11. Zusammenfassung des Projektverlaufes ............................................................................. 136<br />

11.1. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und der Ergebnisse mit den Zielen ....... 136<br />

11.2. Nutzen und wirtschaftliche Bedeutung der Forschungsergebnisse für kleine<br />

und mittlere Unternehmen (KMU) ......................................................................................... 137<br />

11.3. Verwendung der Zuwendung .............................................................................................. 138<br />

11.4. Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeiten .......................................... 138<br />

11.5. Ergebnistransfer .................................................................................................................. 139<br />

11.5.1. Spezifische Transfermaßnahmen während der Projektlaufzeit .......................................... 139<br />

11.5.2. Geplante spezifische Transfermaßnahmen nach Ablauf des Vorhabens ............................ 140<br />

v


Seite vi des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

11.5.3. Veröffentlichungen und geplante Veröffentlichungen ....................................................... 140<br />

11.5.4. Einschätzung der Realisierbarkeit des Transferkonzeptes .................................................. 141<br />

Literaturverzeichnis ..................................................................................................................... I<br />

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. VIII<br />

Tabellenverzeichnis ................................................................................................................... XII<br />

Abkürzungen ........................................................................................................................... XIII<br />

Formelzeichen .......................................................................................................................... XIV<br />

vi


Seite 1 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

1. Problemstellung und Zielsetzung<br />

1.1. Problemstellung und Zielsetzung<br />

Kleben - als innovatives Fügeverfahren - ist in vielen Industrien zum Standard geworden. Dennoch ist<br />

Kleben mehr als das simple Verbinden zweier Fügeteile mit Hilfe eines Klebstoffes. Es ist ein komplexer<br />

Fügeprozess mit vielen qualitätsbeeinflussenden Einflussgrößen und damit vielen potenziellen<br />

Fehlerquellen. Eine qualitativ hochwertige Klebung setzt die Einhaltung definierter Randbedingungen<br />

voraus. Beispielhaft seien hier eine adäquate Vorbereitung der Fügeteile und die Einhaltung definierter<br />

Prozessbedingungen genannt. Abweichungen von diesen Randbedingungen können zu fehlerhaften<br />

Klebungen und immensen Schäden führen. Eine Hauptursache für fehlerhafte Klebungen stellen<br />

Anwendungsfehler dar. Insbesondere die Verarbeitung zweikomponentiger Klebstoffe stellt aufgrund<br />

der zusätzlichen Prozessschritte „Dosieren“ und „Mischen“ erhöhte Anforderungen an den Klebprozess<br />

und das klebtechnische Personal. Die Einhaltung des klebstoffspezifischen Mischungsverhältnisses und<br />

eine homogene, blasenfreie Durchmischung bilden die Basis für eine qualitativ hochwertige Klebung.<br />

Um die Qualität von Klebungen konstant gewährleisten zu können, wird an passenden<br />

Qualitätssicherungskonzepten gearbeitet. Eine lückenlose Überwachung und Dokumentation<br />

prozessrelevanter klebtechnischer Parameter, zu denen das Mischungsverhältnis und die Homogenität<br />

des gemischten Klebstoffes zählen, ist hierbei fundamental. Stand der Technik zur Überwachung des<br />

Mischungsverhältnisses in Dosieranlagen ist die Auswertung anlagenspezifischer Kenngrößen, wie<br />

beispielsweise den Druckverhältnissen an verschiedenen Positionen des Dosierstranges und die<br />

Überwachung charakteristischer Pumpenparameter (Drehzahl / Kolbenposition). Alternativ erfolgt der<br />

Einbau von Messzellen zur getrennten Detektion der Volumenströme von Harz und Härter. Diese<br />

Verfahren haben unter anderem den Nachteil, dass das Mischungsverhältnis nur indirekt ermittelt<br />

werden kann. Zudem sind Fehler in der Durchmischung (Abweichungen der Mischungsgüte) und der<br />

Eintrag von Gasblasen nicht detektierbar. Derzeit gibt es keine direkte Methode zur kontinuierlichen<br />

Überwachung des Mischungsverhältnisses und der Homogenität des Klebstoffes während des<br />

Dosierprozesses.<br />

Im Rahmen des vorliegenden Projektes wird als Lösungsansatz die elektrische Kapazitätstomografie<br />

(ECT) betrachtet. Die ECT ermöglicht im Allgemeinen die Detektion räumlicher Materialverteilungen<br />

mit Hilfe kapazitiver Messungen. Aus der gemessenen Materialverteilung lässt sich im Anschluss das<br />

vorliegende Mischungsverhältnis ableiten. Obwohl die ECT vor über 50 Jahren entwickelt wurde und<br />

in einigen Industrien (Lebensmittel- und Getränkeindustrie) eingesetzt wird, ist diese Technologie für<br />

die Klebtechnik gänzlich neu. Das Ziel des Projektes ist es, die Grundlagen für den Einsatz der ECT in<br />

der Klebtechnik zu schaffen und die ECT praxistauglich zu machen.<br />

1


Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

1.2. Lösungsansatz<br />

Die aufgezeigte Zielsetzung wird in acht Arbeitspaketen verfolgt. Die Bearbeitungsschritte des<br />

Projekts laufen aus der industriellen Praxis kommend, zum Erkenntnisgewinn im Laborversuch und<br />

nach der Optimierung zurück in die industrielle Praxis. Sie beginnen bei der Aufstellung von<br />

Anforderungen an ein inline-Messsystem zur Detektion von Mischfehlern aus der industriellen<br />

Praxis mit Hilfe des PA (AP1). Die Anforderungen des PA werden systematisch durch die<br />

Anpassung des Sensors und der Auswerte-Algorithmen aufgenommen (AP2). Gleichzeitig erfolgt<br />

die dielektrische Charakterisierung von Klebstoffen und die Untersuchung von Möglichkeiten zur<br />

Modifikation ungeeigneter Klebstoffe (AP3). Mit den ausgewählten Sensoren, Algorithmen und<br />

Materialien erfolgen erste Testmessungen der Homogenität im Laboraufbau, dabei ist der Sensor<br />

noch nicht an eine Dosieranlage gekoppelt (AP4). Im nächsten Schritt werden die Erkenntnisse und<br />

das optimierte ECT-System in ein Gesamtkonzept zur Detektion von Mischfehlern überführt<br />

(AP 5). Im Anschluss wird das Konzept zur Messung durchströmender Medien getestet und<br />

fehlende Parameter ermittelt. Geplante Fehler in der Homogenität werden erzeugt und deren<br />

Detektierbarkeit geprüft. Die Prüfalgorithmen werden kontinuierlich optimiert (AP6). Das Projekt<br />

schließt mit dem Aufbau einer praxisnahen Testanwendung (AP7), die für den Transfer der<br />

Ergebnisse in die Industrie auch nach Projektabschluss verfügbar bleibt (AP8).<br />

Abbildung 1 - Projektübersicht<br />

2


Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21.544 N<br />

2. Technischer Hintergrund<br />

2.1. Einführung: Qualitätssicherung in der Klebtechnik<br />

Was ist Produktqualität? Für den Laien obliegt die Definition von guter oder schlechter Produktqualität<br />

der individuellen Beurteilung jedes Einzelnen und ist eng mit der Erfüllung bestimmter Erwartungen an<br />

ein Produkt verknüpft. Oft ist mit der Entscheidung für ein bestimmtes Produkt eine Erwartungshaltung<br />

verbunden. Crosby versuchte bereits 1980 den Qualitätsbegriff zu objektivieren und definierte Qualität<br />

als „die Erfüllung von definierten Anforderungen“ [1,p.13-20]. Eine vergleichbare Definition wurde mit<br />

der DIN ISO 9000 eingeführt, welche Qualität als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines<br />

Objekts Anforderungen erfüllt“ bezeichnet [2].<br />

Ein Produkt guter Qualität hat demnach nicht zwingend den Anspruch, die höchsten (Kunden-)<br />

Anforderungen zu erfüllen. Vielmehr zeichnet sich ein Produkt guter Qualität dadurch aus, nach der<br />

Produktion und über die gesamte Lebensdauer des Produktes stets über dieselben, vom Hersteller<br />

definierten, charakteristischen Eigenschaften zu verfügen. [3]<br />

Analog kann der Begriff „Qualität“ im Sinne der Klebtechnik definiert werden. Eine qualitativ<br />

hochwertige Klebung verfügt stets über dieselben vorab festgelegten Eigenschaften und erreicht<br />

demnach nicht automatisch maximale Festigkeitskennwerte oder eine maximale Lebensdauer, sondern<br />

die bei der Auslegung definierte Eigenschaften. [4,5]<br />

Eine konstante Qualität während der Herstellung zu gewährleisten, ist Aufgabe der Qualitätssicherung.<br />

Das Ziel der Qualitätssicherung ist es, die zuvor definierten Eigenschaften zu garantieren und deren<br />

Einhaltung zu überprüfen [6]. Im Kontext der Klebtechnik ist diese Anforderung an die<br />

Qualitätssicherung nicht trivial. Kleben gilt im Sinne der DIN 9001 als sogenannter "Spezieller Prozess"<br />

[7]. Dies bedeutet, dass die Qualität von Klebungen, insbesondere deren mechanischen Eigenschaften,<br />

nicht vollständig durch zerstörungsfreie Methoden geprüft werden können. Um die Qualität einer<br />

Klebung dennoch gewährleisten zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, die gesamte<br />

Prozesskette - beginnend bei den Rohstoffen bis zum geklebten Endprodukt - zu betrachten [8,9]. Etwa<br />

90 % der fehlerhaften Klebungen gehen auf Anwendungsfehler zurück [8]. Diese Fehler reichen von<br />

einer ungenügenden Vorbereitung der Fügeteiloberflächen bis zu einer fehlerhaften Verarbeitung des<br />

Klebstoffes.<br />

Daher werden vermehrt technische Möglichkeiten zur automatisierten und inlinefähigen Überwachung<br />

kritischer qualitätsbeeinflussender Parameter entwickelt. Jedes dieser Systeme ist in der Lage, einen Teil<br />

der klebtechnischen Prozesskette zu überwachen. Beispielhaft seien an dieser Stelle der patentierte<br />

Aerosol Wetting Test zur Überwachung der Fügeteiloberfläche [10] oder kamerabasierte Systeme zur<br />

3

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