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Taxi Times Berlin - 3. Quartal 2021

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<strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> 3,50 €<br />

www.taxi-times.taxi<br />

B E R L I N<br />

UNZUFRIEDENHEIT MIT DER VERKEHRSPOLITIK<br />

WER KANN ES BESSER?<br />

PBEFG-NOVELLE<br />

Wann kommt die<br />

Fachkundeprüfung?<br />

INTERVIEW<br />

Fünf Unternehmer haben<br />

Regine Günther angezeigt<br />

FLUGHAFEN BER<br />

Warteschlangen und die<br />

Suche nach Lösungen


LONDONER LEGENDE TRIFFT<br />

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kombiniert 101 km, innerstädtisch 126 km<br />

Werte gemäß WLTP Testzyklus. Verbrauch, CO<br />

<br />

1<br />

<br />

<br />

2<br />

<br />

<br />

2 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


FOTO Seite 3: <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>. FOTOS Titelseite: AfD, Mihai Blank, Bündnis 90/Die Grünen <strong>Berlin</strong>,<br />

Roland Horn, DiG, Martin Rulsch, Harry Schnitger, SPD, Yves Sucksdorff, Matthias Tüxen<br />

DIE WAHL DER QUAL<br />

Manche meinen, die Parteien werden sich inhaltlich immer<br />

ähnlicher. Darüber lässt sich streiten. (Kleine Information am<br />

Rande für die jüngeren Leser: Früher standen auf Wahlplakaten<br />

meist Inhalte, also konkrete Aussagen darüber, welche Partei was<br />

machen wollte.) Auf den heutigen Wahlplakaten sind kaum noch<br />

Inhalte zu finden, das meiste ist austauschbar, wie die nachfolgenden<br />

Beispiele zeigen: „Holen wir uns die Zukunft!“, „Gemeinsam<br />

<strong>Berlin</strong> bewegen“, Bereit, weil ihr es seid.“, „Klar und direkt“ oder<br />

auch „Alle im Blick.“ Letzteres trifft in Bezug auf die überall aufgestellten<br />

Wahlplakate leider ganz besonders beim <strong>Taxi</strong>fahren zu,<br />

wenn man in der Stadt unterwegs ist und dem Plakatwahnsinn<br />

schutzlos ausgeliefert ist. Warum hat hier eigentlich die politisch<br />

so hochgelobte Digitalisierung noch nicht zugeschlagen?<br />

Doch keine Sorge, so inhaltsleer, wie mancher Wahlspruch<br />

klingt, sind die Wahlprogramme der Parteien nicht. Auch, wenn<br />

sie auf den ersten Blick mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede<br />

und in Gesprächen zwischen uns bzw. Gewerbevertretern<br />

und Politikern (wie auf dem Foto unten) oft inhaltlich Ähnliches<br />

rüberkam, gibt es doch auch unterschiedliche Aussagen zur Verkehrspolitik<br />

und zur Einstellung zum <strong>Taxi</strong>gewerbe sowie zu Uber<br />

& Co. von den einzelnen Parteien und ihren Spitzenkandidaten.<br />

Darüber informieren wir Sie mit dieser Ausgabe kurz vor der<br />

Wahl ausführlich.<br />

Als Politiker(in) hat man es vermutlich schwer: Bei jeder Entscheidung<br />

jubeln die einen, die anderen sind empört, und Empörung<br />

kann im Zeitalter des Shitstorms sehr ungemütlich sein.<br />

Star-Poet Reinhard Mey brachte es schon vor 49 Jahren auf den<br />

Punkt: „Dem einen ist meine Nase zu weit links im Gesicht. Zu<br />

weit rechts erscheint sie dem ander’n, und das gefällt ihm nicht.<br />

Und flugs ergreift das Wort der dritte, und der bemerkt sodann:<br />

Sie sitzt zu sehr in der Mitte und ich sollt’ was ändern daran.“<br />

So ähnlich muss es <strong>Berlin</strong>s Verkehrssenatorin momentan gehen:<br />

Radfahrerverbände kritisieren, sie setze das Mobilitätsgesetz<br />

nur halbherzig und zu langsam um. Autofahrer dagegen finden,<br />

dass ihre Maßnahmen zu Ungunsten des motorisierten Verkehrs<br />

viel zu weit gehen. Interessengruppenübergreifend wird Regine<br />

Günther aber dafür kritisiert, im Umgang mit etlichen Problemen<br />

wie z. B. dem Mietwagen-Wildwuchs untätig zu sein – viel Stoff<br />

für Wahlkampf (und sogar für eine Strafanzeige, siehe Seite 20).<br />

Viel Spaß und Erkenntnisse beim Lesen wünscht<br />

– die Redaktion –<br />

<strong>Taxi</strong>-<strong>Berlin</strong>-Geschäftsführer Hermann Waldner mit SPD-Spitzenkandidatin<br />

Franziska Giffey im Juni <strong>2021</strong><br />

INHALT<br />

MELDUNGEN<br />

4 News<br />

WAHL ZUM ABGEORDNETENHAUS<br />

5 <strong>Taxi</strong>-Wahlprüfsteine<br />

6 Politiker im <strong>Taxi</strong>zentrum<br />

8 Der Verkehr in <strong>Berlin</strong> – wie geht es<br />

weiter?<br />

10 Streifzug durch die Wahlprogramme<br />

TAXI BERLIN<br />

12 ViaVan gewinnt SFD-Ausschreibung<br />

12 Vorbestellung am BER anbieten<br />

13 Lobbyarbeit für ein starkes <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

auf europäischer Ebene<br />

GEWERBE<br />

14 Düstere Aussichten<br />

15 Fachkunde: Freilos mit Nachprüfung<br />

16 PBefG lässt viel Gestaltungsspielraum –<br />

wie will der Senat damit umgehen?<br />

19 Verbände durften mitreden<br />

20 Strafanzeige wegen Untätigkeit<br />

22 Weiter Ärger um BER-Laderechte<br />

E-MOBILITÄT<br />

24 Neue E-<strong>Taxi</strong>-Modelle<br />

25 <strong>Berlin</strong>s E-<strong>Taxi</strong>-Fördertopf<br />

KOLUMNE<br />

26 Unwissenheit ist Stärke<br />

26 Impressum<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

3


MELDUNGEN<br />

NEWSTICKER<br />

HILFE FÜR<br />

HOCHWASSEROPFER<br />

BUSSGELD FÜR<br />

ILLEGALES BEREITHALTEN<br />

Die Länder und Gemeinden können das<br />

Bereithalten von Taxen – außer an beschilderten<br />

Halteplätzen – an weiteren Orten<br />

zeitweise gestatten. So erlaubt die <strong>Berlin</strong>er<br />

<strong>Taxi</strong>ordnung es „in der Zeit von 20.00 Uhr<br />

bis 6.00 Uhr oder anlässlich öffentlicher<br />

Veranstaltungen.“ Die zweite Angabe ist<br />

schwammig, während die erste klar das<br />

nächtliche Stehen vor Lokalen zulässt.<br />

München erlaubt solche Ausnahmen<br />

nicht. Ein Kollege, der sich dort trotzdem<br />

vor einer Lokaltür bereithielt, sollte ein<br />

Bußgeld bezahlen. Er wehrte sich erfolgreich<br />

vor Gericht. Der Gesetzgeber hatte es<br />

versäumt, den Verstoß im PBefG mit einem<br />

Bußgeld zu bewehren.<br />

Dieses Manko ist mit der PBefG-Novelle<br />

behoben worden. Seit 1. August ist das illegale<br />

Bereithalten bußgeldbewehrt. ar<br />

Die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands hat<br />

auch <strong>Taxi</strong>unternehmen hohe Schäden zugefügt und einigen die<br />

Existenz zerstört. Fahrzeuge sind demoliert worden, Büroräume<br />

verwüstet. Mancherorts ist die Straßeninfrastruktur nicht mehr<br />

funktionstüchtig, um das Geschäft auszuüben. Die <strong>Taxi</strong>stiftung<br />

Deutschland, die vom Bundesverband ins Leben gerufen wurde,<br />

bietet seriöse Hilfe für betroffene <strong>Taxi</strong>unternehmer(innen). Ihr Vorstandsvorsitzender<br />

Michael Oppermann, zugleich Geschäftsführer<br />

des BVTM, betont, dass jeder gespendete Betrag „1:1 an hilfsbedürftige<br />

Kolleginnen<br />

und Kollegen fließt“,<br />

wie es im offiziellen<br />

Spendenaufruf <strong>Taxi</strong>stiftung Deutschland<br />

SPENDENKONTO<br />

heißt. Auch der IBAN: DE85 5019 0000 0000 3733 11<br />

<strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong>-Verlag Frankfurter Volksbank<br />

hat bereits 500 Euro Verwendungszweck: „Soforthilfe Flut“<br />

gespendet. ar<br />

BVG-POOLING FÜR BERLINS OSTEN<br />

Der Senat hat für 2022 die BVG mit der<br />

Erprobung eines Rufbus-Systems beauftragt.<br />

Das umfasst keinen Haustür-Dienst<br />

wie beim <strong>Taxi</strong>, sondern es werden virtuelle<br />

Haltestellen bedient. Ab Mai soll das Gebiet<br />

zwischen der S5 (Ostkreuz–Mahlsdorf), der<br />

S3 (Ostkreuz–Köpenick) und der Stadtgrenze<br />

mit barrierefreien Acht-Personen-Rufbussen<br />

bedient werden.<br />

Zunächst ist eine dreijährige Erprobungsphase<br />

vorgesehen. Das Land steuert drei Millionen<br />

Euro bei. Noch steht nicht fest, wer die<br />

Fahrzeuge im Auftrag der BVG betreiben soll.<br />

Das <strong>Taxi</strong>gewerbe hofft, dass die BVG aus dem<br />

Fehler beim Berlkönig gelernt hat und diesmal<br />

im Sinne der nachhaltigen grünen <strong>Berlin</strong>er<br />

Verkehrspolitik das <strong>Taxi</strong>gewerbe unter<br />

Einbeziehung der bestehenden Flotte für das<br />

neue Rufbusprojekt heranzieht. ar<br />

Nichtbezahlung<br />

von Krankenfahrten<br />

verhindern<br />

ABRECHNUNGS-PROBLEME BEI KRANKENFAHRTEN<br />

Krankenkassen sind Institutionen, die – wie alle anderen – kostensparend<br />

haushalten müssen. Einige gehen dabei sehr weit und<br />

spielen bei Krankenfahrten die Anbieter gegeneinander aus oder<br />

entwickeln gar Tricks, sich ganz vor der Zahlung zu drücken. Der<br />

Bundesverband <strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V. (BVTM) verzeichnet<br />

zunehmend Meldungen, bei denen <strong>Taxi</strong>betriebe auf den Fahrtkosten<br />

sitzen geblieben sind. Aberwitzige Argumentation der Kassen: Der<br />

Unternehmer habe gar kein Recht, die Fahrtkosten dem Kassenmitglied<br />

in Rechnung zu stellen. Abrechnungsexpertin Gisela Spitzlei<br />

empfiehlt daher, sich von Fahrgästen eine Haftungserklärung unterschreiben<br />

zu lassen, die den Fahrgast im Zweifelsfall verpflichtet,<br />

den Fahrpreis vorzustrecken. Einen entsprechenden Textbaustein<br />

finden Sie durch das Scannen des QR-Codes.<br />

ar<br />

FOTOS: <strong>Taxi</strong> Gillessen, Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> (2)<br />

4 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


WAHLEN<br />

Franziska<br />

Giffey (43)<br />

war von 2015<br />

bis 2018 als<br />

Nachfolgerin<br />

von Heinz<br />

Buschkowsky<br />

Neuköllner Bezirksbürgermeisterin,<br />

dann bis Mai<br />

<strong>2021</strong> Bundesfamilienministerin,<br />

ist seit November<br />

gemeinsam mit Raed Saleh<br />

<strong>Berlin</strong>er SPD-Vorsitzende<br />

und nun Spitzenkandidatin<br />

für das Amt der Regierenden<br />

Bürgermeisterin.<br />

Kai<br />

Wegner (49)<br />

ist seit 2005<br />

Abgeordneter<br />

im Deutschen<br />

Bundestag,<br />

war von 2011<br />

bis 2016 Generalsekretär<br />

der <strong>Berlin</strong>er CDU, ist seit<br />

Mai 2019 als Nachfolger<br />

von Monika Grütters Landesvorsitzender<br />

und nun<br />

Spitzenkandidat für den<br />

Chefsessel im „roten Rathaus“,<br />

wo er Michael Müller<br />

(SPD) ablösen möchte.<br />

Bettina<br />

Jarasch (52)<br />

war von 2013<br />

bis 2018 im<br />

Bundesvorstand<br />

und<br />

von 2011 bis<br />

2016 Landesvorsitzende<br />

von Bündnis 90/Die Grünen.<br />

Nachdem sie 2017 den<br />

Einzug in den Bundestag<br />

verpasste, kandidiert sie für<br />

das Amt der Regierenden<br />

Bürgermeisterin.<br />

Klaus<br />

Lederer (47)<br />

war von 2005<br />

bis 2016<br />

Landesvorsitzender<br />

der<br />

Linken und<br />

ist in der rot-rot-grünen<br />

Koalition Kultur- und<br />

Europasenator. Nachdem<br />

er 2009 und 2013 den<br />

Einzug in den Bundestag<br />

verpasste, kandidiert er<br />

derzeit zum zweiten Mal für<br />

das Amt des Regierenden<br />

Bürgermeisters.<br />

TAXI-WAHLPRÜFSTEINE<br />

Die <strong>Taxi</strong>-„Innung“ hat Ende Juli die Spitzenkandidaten von fünf <strong>Berlin</strong>er<br />

Parteien schriftlich nach deren Standpunkten zu typischen <strong>Taxi</strong>-Themen<br />

gefragt. Vier Wochen später hatten nur zwei von Ihnen geantwortet.<br />

FOTOS: Jonas Holthaus, Yves Sucksdorff, Bündnis 90/Die Grünen <strong>Berlin</strong>, DiG<br />

Der Stadtverkehr steht vor einem<br />

Umbruch. Für die <strong>Taxi</strong>branche gilt<br />

es, wichtige Weichen zu stellen:<br />

Wird auch der nächste Senat die Inklusion<br />

und die E-Mobilität des Gewerbes fördern<br />

und ihm so in die Zukunft helfen? Im Bemühen,<br />

einen Beitrag zur Klimarettung zu<br />

leisten, wollen viele Parteien Deutschlands<br />

Kfz mehr oder weniger schnell emissionsfrei<br />

haben – eine von vielen Herausforderungen<br />

für das <strong>Taxi</strong>gewerbe. Die „Innung“<br />

sieht in den „neuesten Förderungsmaßnahmen“<br />

neue Möglichkeiten für die Branche<br />

entstehen und weist darauf hin, dass die<br />

Autoindustrie nicht schnell genug liefern<br />

könne. Sie wünscht sich daher eine Verlängerung<br />

des Förderprojekts Wirtschaftsnahe<br />

Elektromobilität (WELMO) für Taxen.<br />

Wie stehen die Parteien dazu?<br />

Eines der beiden Antwortschreiben<br />

kommt von der Linken: Man habe sich über<br />

den Vorausgang der „Innung“ mit dem selbst<br />

finanzierten E-<strong>Taxi</strong> gefreut, weswegen die<br />

Förderung durch das Land „auch überfällig“<br />

gewesen sei. Man wolle diese demnächst<br />

auswerten, werde das Projekt weiterhin<br />

positiv begleiten und „die Förderung verstetigen<br />

und ausweiten, wenn das Erfolg<br />

hat und auf Akzeptanz und Zustimmung<br />

stößt.“ Gleichermaßen müsse man den Ausbau<br />

der E-Ladeinfrastruktur voranbringen,<br />

dies sei ein entscheidender Faktor bei der<br />

Durchsetzung, ebenso, wie sich der Preis<br />

pro Ladung im Vergleich zu Benzin und<br />

Diesel entwickeln werde. „Die Strompreise<br />

müssen attraktiv und kalkulierbar sein.“<br />

Die FDP, derzeit <strong>Berlin</strong>s kleinste Fraktion<br />

und in der Opposition, hat ebenfalls<br />

geantwortet und unterstützt eine WELMO-<br />

Verlängerung, möchte das Programm sogar<br />

auf Brennstoffzellen-/Wasserstoff-<strong>Taxi</strong>s<br />

ausweiten und prüfen, warum die Mittel<br />

bisher zögerlich abgerufen wurden, und<br />

die Förderbedingungen entsprechend verbessern,<br />

unter anderem durch Berücksichtigung<br />

der Lieferzeiten.<br />

DIE HALTEPLÄTZE,<br />

DER ALTE FLICKENTEPPICH<br />

Zum Problem der „kontinuierlichen Reduzierung<br />

von <strong>Taxi</strong>halteplätzen“ schreibt die<br />

FDP, sie unterstütze die Erhaltung der <strong>Taxi</strong>halteplätze<br />

und deren bessere Ausstattung.<br />

Dabei wolle man neben der Infrastruktur<br />

für die Fahrerinnen und Fahrer auch die<br />

dortige Ladeinfrastruktur ausbauen. Insgesamt<br />

will die FDP „individuelle Mobilität<br />

weiter gewährleisten“ und stellt sich den<br />

Ideen einer ‚autofreien Stadt’, die das Auto<br />

zum Feindbild erklären, klar entgegen.<br />

Die Linke weist darauf hin, dass Halteplätze<br />

Bezirks- und nicht Senatssache<br />

sind, will aber prüfen, „wie das Land <strong>Berlin</strong><br />

eine gesamtstädtische Steuerung etablieren<br />

kann“, um den „Flickenteppich“<br />

abzuschaffen.<br />

Die Inklusionsförderung will Die Linke<br />

verbessern. Sie fordere im Wahlprogramm<br />

die Festschreibung eines Anteils barrierefreier<br />

Taxen und die Anschaffung von<br />

Fahrzeugen durch den Senat, die an die<br />

Unternehmen verleast werden sollen.<br />

Auch die FDP will die Förderung verbessern<br />

und weist darauf hin, dass andere<br />

Städte zeigen, dass „eine flächendeckende<br />

Versorgung von Inklusionstaxis in <strong>Berlin</strong><br />

theoretisch möglich wäre“.<br />

Pauschale Festpreise beim <strong>Taxi</strong> würde<br />

die FDP im Sinne der Attraktivität der <strong>Taxi</strong>nutzung<br />

aufgrund<br />

höherer Transparenz<br />

begrüßen, besonders<br />

bei Flughafenfahrten.<br />

Die Linke sieht das<br />

ebenso, „z. B. auch<br />

an der Messe“. Zudem<br />

möchte die FDP „die<br />

Benachteiligung von<br />

<strong>Taxi</strong>s gegenüber Mietwagen<br />

beim Ridesharing“<br />

aufheben.<br />

Die Wahlprüfsteine<br />

für die<br />

Parteien im<br />

Bundestag<br />

Zu Sozialstandards und Dumping fordert<br />

Die Linke mehr Kontrollen von Mietwagenfirmen,<br />

die Verpflichtung zu Fiskal-<br />

Wegstreckenzählern, die Durchsetzung<br />

der Rückkehrpflicht, eine Begrenzung der<br />

Mietwagenkonzessionen sowie „die Möglichkeit<br />

der Festlegung von Mindestpreisen<br />

für Mietwagenfahrten, um Sozialdumping<br />

zu vermeiden (gemäß PBefG)“. Aus dem gleichen<br />

Beweggrund möchte die FDP durch<br />

„klare, gleichwertige Spielregeln für alle“<br />

die „Dumping-Angebote im Mobilitätsmarkt<br />

unterbinden“. Auch sie hält dazu Mindestpreise<br />

für Mietwagen für sinnvoll.<br />

Seitens CDU, Grünen und SPD lagen der<br />

„Innung“ zum Redaktionsschluss dieser<br />

Ausgabe noch keine Antworten vor. ar<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

5


WAHLEN<br />

Gesprächsrunde im <strong>Taxi</strong>-Museum (v.l.n.r.): Boto Töpfer und Ralf Titzmann (TVB), Leszek Nadolski („Innung“), Kai Wegner (CDU), Hermann<br />

Waldner und Jens Schmiljun (<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>), Carsten Reichert („Innung“), Ahmad Vahdati (TD <strong>Berlin</strong>)<br />

POLITIKER IM<br />

TAXIZENTRUM<br />

Letztens machten einige <strong>Berlin</strong>er Politiker auf ihren Wahlkampftouren<br />

Station in der Persiusstraße, tauschten sich mit Gewerbevertretern aus<br />

und machten zum Teil Zusagen. Werden sie Wort halten?<br />

Funktionsträger aus Koalition, Opposition<br />

und Verwaltung waren schon<br />

des Öfteren im <strong>Taxi</strong>zentrum in den<br />

letzten Jahren – neben dem Regierenden<br />

Bürgermeister Michael Müller unter anderem<br />

Ramona Pop, Stefan Gelbhaar, Elke<br />

Breitenbach und Kevin Kühnert. Die aktuell<br />

wichtigste <strong>Berlin</strong>er Verkehrspolitikerin,<br />

Regine Günther, setzte noch keinen Fuß auf<br />

das Terrain in Friedrichshain.<br />

Zu Beginn des jetzigen Wahlkampfs<br />

Anfang Juni <strong>2021</strong> besuchten Franziska<br />

Giffey und Raed Saleh (beide SPD) das<br />

<strong>Taxi</strong>zentrum (<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> berichtete). Mitte<br />

Juli folgte Kai Wegner (CDU). Knapp drei<br />

Wochen später kamen Klaus Lederer und<br />

Kristian Ronneburg (Die Linke). Die Politiker<br />

trafen mit den Gastgebern von <strong>Taxi</strong><br />

<strong>Berlin</strong> sowie mit den Verbandsspitzen der<br />

<strong>Berlin</strong>er Gewerbevertretungen zusammen.<br />

Ort der Gespräche über Anliegen<br />

und Probleme des <strong>Taxi</strong>gewerbes war der<br />

Konferenzsaal des <strong>Taxi</strong>-Museums von <strong>Taxi</strong><br />

<strong>Berlin</strong>, wobei stets schon vorher auf dem<br />

Parkplatz geplaudert, gefachsimpelt und<br />

E-Ladesäulen sowie Fahrzeuge besichtigt<br />

wurden, etwa elektrisch angetriebene oder<br />

barrierefreie Taxen.<br />

Leszek Nadolski, Erster Vorsitzender der<br />

„Innung“ des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes, die<br />

zu den Treffen eingeladen hatte, sprach<br />

als Kenner der Inklusionsthematik und<br />

der Elektromobilität. Er erklärte: „Bislang<br />

haben wir viele Rollstuhlfahrer transportiert.<br />

Doch jetzt ist die Ausschreibung<br />

zugunsten eines Anbieters entschieden<br />

worden, der noch nicht einmal Fahrzeuge<br />

dafür hat, geschweige denn die Erfahrung<br />

mit diesen Fahrten“ (siehe dazu Seite 12,<br />

„ViaVan“).<br />

WER PROBLEME LÖSEN WILL,<br />

MUSS SIE KENNEN<br />

Für einen Regierenden Bürgermeister<br />

sind der Gesamtüberblick und die Koordination<br />

der politischen Bereiche wichtig. Für<br />

Einzelthemen sind die Fachpolitiker, sprich<br />

die Senatoren, zuständig. Dennoch hörten<br />

Plauderei im Museum: Jens Schmiljun von<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> und Kai Wegner (CDU)<br />

sich alle Politiker die Deatails mit nicht<br />

nachlassendem Interesse an. Kai Wegner<br />

sagte dazu: „Ich will Lösungen schaffen,<br />

dazu muss ich die Probleme kennen“.<br />

Gastgeber Hermann Waldner machte<br />

gegenüber den Kandidaten klar, was vom<br />

nächsten Regierenden Bürgermeister<br />

erwartet wird: ein fairer Wettbewerb. Das<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe fordert – bisher vergeblich –<br />

das überfällige Eindämmen des Wildwuchses<br />

bei Uber, Free Now & Co., den unter<br />

anderem die <strong>Berlin</strong>er Ordnungsbehörden<br />

FOTOS: Matthias Tüxen<br />

6 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


WAHLEN<br />

FOTOS: Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V., Danielo Baltrusch, Matthias Tüxen<br />

mit ihrem tatenlosen Zusehen bei den permanenten<br />

Rechtsverstößen der Mietwagenfahrer<br />

ermöglicht haben. Da die Novelle<br />

des Personenbeförderungsgesetzes den<br />

Kommunen und Ländern umfangreiche<br />

Steuerungsinstrumente an die Hand gibt,<br />

sind im Bezug auf den Personenbeförderungsmarkt<br />

jetzt tatsächlich wichtige Weichen<br />

zu stellen, wie Hermann Waldner und<br />

„Innungs“-Vorstand Carsten Reichert den<br />

Politikern bei deren Besuchen erläuterten.<br />

Für CDU-Chef Wegner war das Thema<br />

ein Angriffspunkt, um den rot-rot-grünen<br />

Senat zu kritisieren, wenngleich er sich<br />

eher zurückhaltend über die unseriösen<br />

Konkurrenzanbieter äußerte.<br />

Dass eine wirksame Kontrolle möglich<br />

ist, zeigen die Behörden in Hamburg, wo<br />

die Zahl der Mietwagen überschaubar ist<br />

und die <strong>Taxi</strong>branche somit gute Überlebenschancen<br />

hat. Dort müsse ein Mietwagenunternehmer<br />

etwa einen Businessplan<br />

Kristian Ronneburg und Klaus Lederer (beide Die Linke) im<br />

Gespräch mit Carsten Reichert (<strong>Taxi</strong>-„Innung“)<br />

vorlegen. „Anhand konkreter Zahlen wird<br />

dann die Wirtschaftlichkeit des Mietwagenbetriebes<br />

geprüft. Und da ist für viele<br />

nach einer gewissen Probezeit wieder<br />

Schluss, denn ein finanzielles Überleben<br />

ist nur mit Gesetzesverstößen möglich“, so<br />

Reichert. In <strong>Berlin</strong> werde das aber nicht<br />

geahndet.<br />

Von vielen im <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe ist<br />

zu hören, das Personal in der Verkehrsverwaltung<br />

sei weder quantitativ noch<br />

qualitativ in der Lage, seine Aufgaben zu<br />

erfüllen. Es fehle am Problembewusstsein.<br />

„Was man machen kann, ist, dass man die<br />

Mietwagenbetriebe besser kontrolliert.<br />

Dass man diese Konzessionen nicht einfach<br />

wie Chips verteilt“, forderte Waldner.<br />

Auch wird bemängelt, dass die Vertreter<br />

der Branche zu wenig in Abstimmungsprozesse<br />

einbezogen werden.<br />

Kai Wegner zeigte sich gut informiert.<br />

So war ihm auch der Verweis auf Hamburg<br />

nicht neu. „Ich höre das so oft: Bei Mieten,<br />

bei der Wirtschaft, beim Verkehr ist<br />

Hamburg uns überlegen. Aber da regiert<br />

auch rot-grün.“ Sein Vorschlag: Alle müssten<br />

an einen Tisch, was eigentlich eine<br />

Franziska Giffey<br />

zu Besuch im<br />

<strong>Taxi</strong>-Zentrum<br />

Selbstverständlichkeit<br />

sei, und dann müssen<br />

endlich ideologiefrei die<br />

besten Lösungen gesucht werden. Dazu<br />

gehöre auch, dass das Landesamt für Bürger-<br />

und Ordnungsangelegenheiten (LABO)<br />

endlich seinen Job mache. Dies versprach er<br />

anzupacken, sollten die politischen Zeichen<br />

nach der Wahl am 26. September anders<br />

stehen.<br />

Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des<br />

<strong>Taxi</strong>verbandes <strong>Berlin</strong>,<br />

Brandenburg,<br />

brachte praktische<br />

Probleme des <strong>Berlin</strong>er<br />

Gewerbes noch<br />

einmal direkt mit<br />

Lösungsansätzen<br />

auf den Punkt:<br />

„Wenn Sie Regierender<br />

Bürgermeister<br />

wären und Sie<br />

hätten einen guten<br />

F i n a n z s e n a t o r<br />

und einen guten<br />

Innensenator, dann<br />

könnten Sie die unseriöse Mietwagenkonkurrenz<br />

sofort von der Straße bekommen,<br />

wenn Sie die Abgabenordnung und<br />

das Sozialversicherungsrecht anwenden<br />

lassen, denn die Herrschaften<br />

zahlen weder<br />

ordnungsgemäß Steuern<br />

noch korrekt ihre<br />

Sozialabgaben.“<br />

Ebenso wurden die<br />

Bedienung des Flughafens<br />

sowie die (mangelnde)<br />

Inklusion im<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe thematisiert.<br />

Doch auch konkrete<br />

Alltagsprobleme<br />

wurden beim Namen<br />

genannt. So beklagte<br />

Töpfer, die Parkraumbewirtschaftung<br />

in der<br />

Innenstadt stelle für<br />

Mehrwagenbetriebe ein existentielles Problem<br />

dar, da jeder Betrieb nur eine Parkplakette<br />

für ein einziges Fahrzeug erhält.<br />

Klaus Lederer ist kein Verkehrspolitiker,<br />

erschien aber mit seinem verkehrspolitischen<br />

Sprecher: Kristian Ronneburg<br />

SPD-Spitzenkandidatin Giffey mit „Innungs“-Chef Leszek<br />

Nadolski (links) und <strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong>-Redakteur Hayrettin Şimşek<br />

erwies sich erneut als Kenner der Materie.<br />

Die Linke vertritt zum Teil Positionen<br />

zugunsten des <strong>Taxi</strong>gewerbes, zum Teil aber<br />

auch Positionen, die in der Branche eher<br />

auf Unverständnis stoßen. So lehnt sie wie<br />

die Grünen den 16. und 17. Bauabschnitt<br />

der A 100 ab, während das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

der Verlängerung der Stadtautobahn eine<br />

hohe Wichtigkeit zumisst. Ganz auf der<br />

Seite des <strong>Taxi</strong>gewerbes waren die beiden<br />

Linken-Politiker aber, was den Wildwuchs<br />

des Mietwagengewerbes betrifft. Das<br />

Geschäftsgebaren von Uber, Free Now &<br />

Co. lehnt die Linke schon aus rein sozialpolitischen<br />

Gründen ab.<br />

CDU-VORSITZENDER<br />

WILL KONTAKT HALTEN<br />

Kai Wegner versprach der versammelten<br />

Runde, das <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe in seinen<br />

Anliegen voll zu unterstützen. Zudem<br />

wolle er sich, egal in welcher künftigen<br />

Funktion, mindestens einmal jährlich in<br />

ähnlicher Runde austauschen. Sollte die<br />

CDU an der nächsten Landesregierung<br />

beteiligt sein, so wird Wegner – wie auch<br />

seine Parteifreunde Burkard Dregger und<br />

Kai Wegner hörte Hermann Waldner interessiert zu.<br />

Oliver Friederici, die vor zwei Jahren am<br />

gleichen Ort zu Besuch waren – vom <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

in die Pflicht genommen werden,<br />

und man wird genau hinsehen, ob den<br />

Ankündigungen der Politiker auch Maßnahmen<br />

folgen.<br />

ar<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

7


WAHLEN<br />

(v. l. n. r.) Oliver Friederici, Henner Schmidt, Hermann Waldner, Stephan Wilhelm, Michael Rothe<br />

DER VERKEHR IN BERLIN –<br />

WIE GEHT ES WEITER?<br />

Zu einer Online-Diskussion waren nicht die „üblichen Verdächtigen“<br />

eingeladen, sondern Oppositionspolitiker und Verkehrsexperten.<br />

Für das <strong>Taxi</strong>gewerbe war Hermann Waldner dabei.<br />

Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-<br />

Stiftung hatte Ende Juli zum<br />

Webinar über den <strong>Berlin</strong>er Stadtverkehr<br />

der Zukunft geladen. Programmreferent<br />

Dr. Georg Mannsperger übergab das<br />

Wort nach einer Begrüßungsansprache an<br />

die Moderatorin, Jessica Hanack, Redakteurin<br />

für Mobilität der <strong>Berlin</strong>er Morgenpost.<br />

Da das <strong>Taxi</strong> kein zentrales Thema in<br />

der allgemeinen Verkehrspolitik ist, stand<br />

zunächst der Linienverkehr im Vordergrund.<br />

Die Experten kritisierten, in <strong>Berlin</strong><br />

würden zu viele Planungen<br />

und Verkehrsprojekte<br />

endlos gegeneinander<br />

abgewogen<br />

und immer weiter<br />

geprüft, als wolle man<br />

sich vor Entscheidungen<br />

drücken.<br />

Henner Schmidt,<br />

Sprecher für Infrastruktur<br />

und Umwelt<br />

der FDP-Fraktion im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus,<br />

pflichtete den Vorrednern bei<br />

und meinte, dass schnell zu realisierende<br />

Projekte parallel mit langfristigen in<br />

Angriff genommen werden sollten. Oliver<br />

Friederici, verkehrspolitischer Sprecher<br />

der CDU-Fraktion und Vorsitzender des<br />

Verkehrsausschusses im Abgeordnetenhaus,<br />

kritisierte die Senatspolitik in vielen<br />

Punkten, beispielsweise fehle es an<br />

der mutigen Umsetzung von Projekten und<br />

der Fähigkeit, Dinge an mehreren Stellen<br />

«Der Senat hat<br />

mit dem LDS<br />

völlig falsch<br />

verhandelt.»<br />

Oliver Friederici<br />

gleichzeitig in Angriff zu nehmen, wie<br />

andere Bundesländer es tun. Die Koalitionsparteien<br />

seien sich untereinander in zu<br />

vielen Dingen uneinig.<br />

Zum Thema „Rufbus zur Überbrückung<br />

der letzten Meile“ fragte die Moderatorin<br />

Hermann Waldner, den sie als Gründer des<br />

europaweiten Mobilitätsservices taxi.eu<br />

mit der höchsten Fahrzeugdichte Europas<br />

vorstellte, auch bekannt als Vizepräsident<br />

des Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen<br />

e. V. und Geschäftsführer der Funkgesellschaft<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>, ob<br />

er mit dem geplanten<br />

Rufbus-Testprojekt im<br />

Osten der Stadt Konkurrenz<br />

auf das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

zukommen<br />

sehe. Waldner sagte,<br />

dass die <strong>Taxi</strong>branche<br />

zwar auf keinen Auftrag<br />

gerne verzichte,<br />

doch würden auch<br />

moderne Verkehrsformen gebraucht, dagegen<br />

stelle das <strong>Taxi</strong>gewerbe sich nicht. Man<br />

sollte es aber einbeziehen und das nutzen,<br />

was es seit Jahrzehnten könne. Für spontanen<br />

Schienenersatzverkehr habe sich das<br />

<strong>Taxi</strong> als bestens geeignet erwiesen. Eine<br />

bestehende Flotte eigne sich für solche<br />

Einsätze am besten.<br />

Schmidt bemerkte, dass Rufbusse aufgrund<br />

der schlechten Anbindung der<br />

Außenbezirke eine sinnvolle Ergänzung<br />

seien, und dass ein Rufbusprojekt schnell<br />

darstellbar sei: Man bräuchte nicht zehn<br />

Jahre lang Schienen zu bauen, sondern<br />

müsse nur Fahrzeuge kaufen und Verträge<br />

abschließen. Es sei sinnvoll, beim Erstellen<br />

solcher Konzepte „die <strong>Taxi</strong>wirtschaft mit in<br />

den Blick zu nehmen und zu überlegen, wie<br />

man die am besten einbindet“.<br />

NÄCHSTER SENAT WIRD<br />

WIEDER EISERN SPAREN MÜSSEN<br />

Michael Rothe, Vorstandsvorsitzender<br />

des Verkehrspolitischen Informationsvereins<br />

(VIV), merkte an, der Einsatz von<br />

Rufbussen in wesentlich mehr Gebieten<br />

könne den ÖPNV deutlich wirtschaftlicher<br />

machen, und die Erfordernis hierfür stelle<br />

sich nach der Corona-Krise leider sehr deutlich:<br />

Der nächste Senat werde erheblich<br />

weniger Geld zur Verfügung haben als der<br />

jetzige – wie auch Schmidt prognostizierte.<br />

Zweites großes Thema war die Sharing-<br />

Mobilität. Leihrädern und E-Scootern steht<br />

Stephan Wilhelm, Verkehrsplaner und Vertreter<br />

des Netzwerks Bündnis Schiene <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

(BSBB), skeptisch gegenüber,<br />

da noch zu viele grundlegende Dinge<br />

nicht ausgereift seien. Schmidt befürwortet<br />

die kleinen Fahrzeuge grundsätzlich, sieht<br />

aber viel Regelungsbedarf. Alles zu limitieren,<br />

zu lizenzieren oder „Strafzahlungen<br />

draufzuhauen“, wie der Senat es wolle, hält<br />

er dagegen für den falschen Weg. Auch<br />

Friederici sieht darin übertriebene staatliche<br />

Regelungswut und eine Beschränkung<br />

der sozialen Marktwirtschaft. Er erwartet,<br />

FOTOS: Martin Rulsch, Harry Schnitger, <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>, Agentur BahnStadt, VIV<br />

8 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


WAHLEN<br />

Screenshots: Friedrich-Naumann-Stiftung<br />

dass die von Grünen und Linken geplante<br />

Änderung des <strong>Berlin</strong>er Straßengesetzes<br />

(BerlStrG), die nicht nur die Opposition,<br />

sondern auch die SPD ablehne, vor Gericht<br />

ebenso „krachend scheitern“ werde wie der<br />

Mietendeckel. Rothe ergänzte, die Sharing-<br />

Zweiräder sollten dringend auch verpflichtend<br />

in Außenbezirke gebracht werden –<br />

was Friederici unterstützte, Schmidt jedoch<br />

für unwirtschaftlich hält.<br />

Schließlich ging es um das Thema <strong>Taxi</strong><br />

und Mietwagen. Laut Waldner muss die<br />

Verwaltung sich bewusst sein, ob sie eine<br />

Regulierung des Mietwagenmarktes bevorzugt<br />

oder weiterhin Wildwuchs zulassen<br />

will. Die ausufernde Zahl von Mietwagen<br />

gefährde Arbeitsplätze im <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />

Die an deren Stelle im Mietwagengewerbe<br />

geschaffenen Arbeitsplätze seien prekär,<br />

da bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

zwischen 23 und 34 km/h in der Stadt nur<br />

ein bestimmter Umsatz in der verfügbaren<br />

Zeit zu erzielen sei. Unterbiete man<br />

die <strong>Taxi</strong>-Fahrpreise, so sei zwangsläufig<br />

„irgendjemand der Dumme“, d. h., dies<br />

geschehe auf Kosten der Arbeitnehmer<br />

und/oder des Gemeinwesens, das dafür<br />

bezahlen müsse – gemeint ist, dass Fahrer<br />

beispielsweise beim Arbeitsamt „aufstocken“<br />

müssen und dem Staat Steuern entgehen.<br />

Daher sei eine Regulierung nötig.<br />

In <strong>Berlin</strong> werde derzeit die Bedeutung des<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbes für die Daseinsvorsorge<br />

„böse missachtet“.<br />

FRIEDERICI: SENAT TUT NICHTS<br />

FÜR DAS TAXIGEWERBE<br />

Auf die Zuschauerfrage, wie die CDU<br />

einen fairen Wettbewerb garantieren wolle,<br />

antwortete Friederici ohne Zögern: „Indem<br />

wir das mehr kontrollieren, und zwar konzertiert<br />

mit Zoll, Finanzbehörden und der<br />

Polizei.“ Der Senat müsse sich mehr für die<br />

Branche engagieren, die für Preissicherheit<br />

und einen klaren Tarif stehe – „etwas ganz<br />

anderes als das, was Uber anbietet.“ Im Fall<br />

des Flughafens BER habe der Senat bei<br />

Moderatorin Jessica Hanack von der <strong>Berlin</strong>er Morgenpost und die fünf<br />

Verkehrsexperten beim Online-Gespräch<br />

der Tarifproblematik versagt. Auch gegen<br />

Schwarzarbeit im <strong>Taxi</strong>gewerbe gehe man<br />

etwa in München ungleich konsequenter<br />

vor als in <strong>Berlin</strong>.<br />

Zum Thema Mindestpreise für Mietwagen<br />

bezeichnete Schmidt den Wettbewerb<br />

zwischen <strong>Taxi</strong> und Mietwagen als „teilweise<br />

sehr unfair“. Dennoch solle man<br />

die neue Möglichkeit des Mindestpreises<br />

nicht missbrauchen und ihn zu hoch ansetzen.<br />

Ein vorsichtig und genau kalkulierter<br />

Mindestpreis, der auf die Kosten des Autos,<br />

des Benzins und den Mindestlohn für den<br />

Fahrer abstellt, sei eine wichtige Grundlinie.<br />

Die hohe Vermittlungsprovision und<br />

der Gewinn des Mietwagenunternehmers<br />

kamen in der Rechnung allerdings nicht vor.<br />

Beim Thema Flughafen erwähnte Moderatorin<br />

Hanack den häufigen Notstand mit<br />

langen Wartezeiten für die Passagiere und<br />

fragte Waldner nach Lösungsmöglichkeiten.<br />

Der beklagte das Fehlen eines vernünftigen<br />

Vertrages zwischen <strong>Berlin</strong> und<br />

Brandenburg, den man „vor vielen Jahren<br />

vergessen“ habe. LDS-Landrat Stephan<br />

Loge habe eine „etwas eigentümliche Vorstellung“<br />

davon, wie viele Taxen am Flughafen<br />

künftig benötigt werden. Zudem fahre<br />

kaum ein <strong>Taxi</strong> mit BER-Ladeberechtigung<br />

ohne Anlass nach Schönefeld, um sich dort<br />

womöglich mehrere Stunden bereitzuhalten.<br />

Zum Zeitpunkt der Diskussion war die<br />

neue 80-Prozent-Regel noch nicht bekannt<br />

(siehe S. 22).<br />

Als Ziel müsse die <strong>Berlin</strong>er Politik<br />

anstreben, dass <strong>3.</strong>000 bis 4.000 <strong>Berlin</strong>er<br />

Taxen am Hauptstadtflughafen ladeberechtigt<br />

werden. Da immer nur ein Bruchteil<br />

der berechtigten <strong>Taxi</strong>s bereitstehen werde,<br />

könne der Flughafen bei weitem nicht hinreichend<br />

bedient werden.<br />

Scharfe Kritik kam von Friederici: „Der<br />

Senat hat völlig falsch verhandelt.“ Von<br />

zehn Fluggästen am BER kämen etwa sieben<br />

aus <strong>Berlin</strong>, zwei aus Polen und einer<br />

aus Brandenburg. Wenn der LDS sich in<br />

den Verhandlungen nicht bewege, so müsse<br />

ein „Befahrverbot für die <strong>Taxi</strong>s“ her, technisch<br />

sei dies umsetzbar, indem man am<br />

Terminal 1 des Flughafens eine der beiden<br />

Ladeleisten für <strong>Berlin</strong>er Taxen und<br />

die andere für LDS-Taxen reserviere und<br />

keinem <strong>Taxi</strong>fahrer erlaube, einen Fahrgast<br />

in das jeweils andere Bundesland zu bringen.<br />

Friederici warf Verkehrsstaatssekretär<br />

Ingmar Streese vor, überhaupt nicht die<br />

Interessen <strong>Berlin</strong>s gegenüber Brandenburg<br />

zu vertreten.<br />

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TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

9


WAHLEN<br />

WAS DIE PARTEIEN WOLLEN: EIN<br />

STREIFZUG DURCH DIE WAHLPROGRAMME<br />

VIELE GEMEINSAMKEITEN,<br />

VIELE UNTERSCHIEDE<br />

Über die gewerbepolitischen Herausforderungen<br />

für die <strong>Taxi</strong>branche haben<br />

wir auf den vorherigen Seiten berichtet.<br />

Hier nun noch ein Überblick<br />

über die geplante Verkehrspolitik der<br />

sechs Parteien, die im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus<br />

vertreten sind. Dazu finden<br />

sich in den Wahlprogrammen mehr<br />

Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Ein<br />

Streifzug durch die Wahlprogramme<br />

kann hier nicht umfassend sein und hat<br />

keine bestimmte Reihenfolge.<br />

Inklusion ist für alle Parteien im Abgeordnetenhaus<br />

ein Muss, ebenso das Ziel<br />

eines umweltfreundlicheren Verkehrs<br />

mit mehr und attraktiverem ÖPNV.<br />

FDP-VERKEHRSPOLITIK<br />

Die FDP schreibt: „Wir wollen unsere<br />

Verkehrsinfrastruktur grundlegend<br />

modernisieren und Mobilität neu denken.“<br />

Man wolle die Daseinsberechtigung jedes<br />

Verkehrsmittels anerkennen; der Bürger<br />

müsse wählen können. Autoverkehr solle<br />

weder aus der Innenstadt verdrängt noch<br />

gezielt unattraktiv gemacht werden. Viel<br />

mehr sollen die Alternativen gestärkt werden.<br />

Das Mobilitätsgesetz müsse überarbeitet<br />

werden, Außenbezirke und Umland<br />

besser angebunden sein. Und ganz klare<br />

Ansage: Die FDP will das Straßennetz weiter<br />

ausbauen.<br />

Wie gewohnt setzt die FDP sich besonders<br />

für Innovationen ein, sei es autonomes<br />

Fahren (auch „durch Flotten autonomer<br />

Kleintaxis“), Wasserstoffantrieb, Rufbusse<br />

oder eine dichte Ladeinfrastruktur. Dabei<br />

wird eine Kooperation mit der Privatwirtschaft<br />

ausdrücklich angestrebt – wie etwa<br />

beim „Berlkönig“, dessen Weiterbetrieb<br />

gefordert wird.<br />

DAS TAXI IM<br />

FDP-WAHLPROGRAMM<br />

Auch von einer Liberalisierung des <strong>Taxi</strong>markts<br />

„im Interesse der Kundinnen und<br />

Kunden“ ist die Rede, um zusätzlichen<br />

Anbietern – damit sind ganz FDP-typisch<br />

Uber und Free Now gemeint – die Verwirklichung<br />

neuer Geschäftsmodelle zu<br />

ermöglichen.<br />

Die FDP hatte sich am stärksten gegen<br />

die TXL-Schließung eingesetzt. Nun sollen<br />

wenigstens alle <strong>Berlin</strong>er Taxen am<br />

BER laden dürfen – fraglich ist nur, wie<br />

das erreicht werden soll.<br />

GRÜNE VERKEHRSPOLITIK<br />

Das genaue Gegenteil vom Straßennetzausbau<br />

wollen Bündnis 90/Die Grünen<br />

(und Die Linke). Bettina Jarasch, die<br />

Spitzenkandidatin der Grünen, sagte im<br />

März, statt über den Weiterbau der A 100<br />

sollte man über den Rückbau reden. „Ich<br />

meine damit, dass <strong>Berlin</strong> mit der A 100 vor<br />

vielen Jahrzehnten etwas begonnen hat,<br />

was im Jahr <strong>2021</strong> ganz klar ein Fehler ist.<br />

Innerstädtischer Raum ist heutzutage viel<br />

zu wertvoll, um ihn an eine Autobahn zu<br />

verschwenden.“<br />

Da bei Autobahnen auch der Bund mitzureden<br />

hat, wird die A 100 voraussichtlich<br />

ab 2024 im Ortsteil Alt-Treptow enden. An<br />

der vorläufig letzten Ausfahrt an der Straße<br />

Am Treptower Park droht dann ein extremes<br />

Stauchaos, da die Fertigstellung der<br />

Elsenbrücke erst für 2028 erwartet wird –<br />

für die Grünen ein Grund, die aktuelle Bautätigkeit<br />

in Frage zu stellen. Für die anderen<br />

– mit Ausnahme der Linken – ist es<br />

dagegen ein Grund, den 17. Bauabschnitt,<br />

also die Fortsetzung von Alt-Treptow nach<br />

Lichtenberg, zügig anzugehen.<br />

An einigen Stellen fordert das grüne<br />

Wahlprogramm eine kosequente Umsetzung<br />

der Klimaschutzziele: Autos mit Verbrennungsmotor<br />

sollen bis 2030 aus der<br />

Innenstadt und bis 2035 aus ganz <strong>Berlin</strong><br />

verschwinden. Zudem wollen Sie eine „City-<br />

Maut“ für die Innenstadt einführen.<br />

Mit der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes<br />

von 2018, das deutlich die grüne<br />

Handschrift trägt,<br />

sind weitere Vorhaben<br />

bereits in Teilen<br />

umgesetzt worden und<br />

im Straßenraum sichtbar,<br />

etwa die Umverteilung<br />

des Straßenraums zugunsten<br />

des Fahrradverkehrs oder die<br />

Erweiterung des Busspurnetzes mit<br />

punktueller Verbreiterung von Busspurabschnitten,<br />

die das Überholen von Radfahrern<br />

durch Busse und Taxen ermöglicht.<br />

DAS TAXI IM<br />

GRÜNEN WAHLPROGRAMM<br />

Das <strong>Taxi</strong>gewerbe wollen die Grünen<br />

erhalten und „ihm neue Geschäftsfelder<br />

eröffnen: ob beim Pooling oder durch Inklusionstaxis.“<br />

Deren Anzahl wollen die Grünen<br />

deutlich erhöhen.<br />

AFD-VERKEHRSPOLITIK<br />

Ganz andere Vorstellungen als die Grünen<br />

hat die AfD, deren verkehrspolitischer<br />

Sprecher Frank Scholtysek mit zwei Co-<br />

Autoren ein umfassendes und detailreiches<br />

Verkehrskonzept für <strong>Berlin</strong> verfasst hat.<br />

Hier wird auch der Weiterbau der A100 nach<br />

Lichtenberg mit Tendenz zum kompletten<br />

Ringschluss gefordert, um die Innenstadt<br />

mehr zu entlasten. Außerdem soll die Tangentiale<br />

Verbindung Ost vorangetrieben<br />

und als Tangentiale Verbindung Nord über<br />

Weißensee bis nach Reinickendorf weitergebaut<br />

werden.<br />

Pendlern soll der Umstieg in den Zug<br />

durch Verbesserungen bei der Bahninfrastruktur<br />

schmackhaft gemacht werden.<br />

Nicht Zwang, sondern die Attraktivität<br />

eines Verkehrsmittels müsse laut AfD<br />

der Grund zum Umstieg sein. Finanziert<br />

werden soll das ganze dadurch, dass der<br />

dann attraktivere ÖPNV von sehr viel mehr<br />

Fahrgästen genutzt wird, die auch höhere<br />

Fahrpreise bezahlen sollen – was wiederum<br />

nicht nach Attraktivitätssteigerung klingt.<br />

FOTOS: Siehe Seite 3<br />

10 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


WAHLEN<br />

Von oben rechts im Uhrzeigersinn: Franziska Giffey (SPD), Kai Wegner (CDU),<br />

Kristian Ronneburg (Linke), Regine Günther (Grüne), Frank Scholtysek (AfD),<br />

Henner Schmidt (FDP), Klaus Lederer (Linke), Bettina Jarasch (Grüne),<br />

Tino Schopf (SPD), Oliver Friederici (CDU)<br />

DAS TAXI IM<br />

AFD-WAHLPROGRAMM<br />

Die Auto-, E-Moped-, E-Roller- und Fahrradflotten<br />

des Free-Floating-Sharing müssen<br />

nach Meinung der AfD kontingentiert<br />

werden, denn sie „kannibalisieren <strong>Taxi</strong><br />

und ÖPNV“ .<br />

LINKE VERKEHRSPOLITIK<br />

Die Linke stimmt den Grünen zu, die<br />

A 100 solle zurückgebaut werden. Der<br />

Zugang zu Mobilität solle weder vom<br />

Wohnort noch vom Besitz eines Autos,<br />

vom Gesundheitszustand und auch nicht<br />

vom Geldbeutel abhängen. Zudem wünscht<br />

sich die Linke kostenlosen Linienverkehr,<br />

wie er für Schüler üblich ist, langfristig<br />

für alle.<br />

Finanzieren wollen die Linken das unter<br />

anderem mit einer Nahverkehrsabgabe und<br />

einer höheren Besteuerung von Diesel. Im<br />

Unterschied zu den Grünen lehnen sie<br />

eine City-Maut ab und wollen „niemanden<br />

zwangsbeglücken“, sondern allen die Wahl<br />

des Verkehrsmittels lassen.<br />

DAS TAXI IM<br />

LINKEN WAHLPROGRAMM<br />

Zur Umsetzung des Inklusionsgedanken<br />

regt Die Linke an, das Land <strong>Berlin</strong> solle<br />

Inklusionstaxen kaufen und an die Unternehmer<br />

verleasen, um die Barriere der<br />

hohen Anschaffungskosten<br />

zu<br />

umgehen (ein Vorschlag,<br />

den auch<br />

Oliver Friederici<br />

von der CDU bereits<br />

äußerte). Außerdem<br />

steht in ihrem allgemeinen,<br />

aber sehr<br />

umfangreichen Wahlprogramm,<br />

man wolle<br />

die „Bevorteilung von Uber<br />

und Co beenden, da Taxen<br />

eine wichtige Aufgabe in der<br />

Ergänzung des ÖPNV übernehmen.<br />

Wir wollen Kontrollen von Mietwagenunternehmen<br />

bezüglich der Einhaltung<br />

der gesetzlichen Bestimmungen deutlich<br />

verstärken. <strong>Berlin</strong> sollte nach dem Vorbild<br />

Hamburgs Mietwagenunternehmen<br />

zur Installation von Fiskaltaxametern<br />

verpflichten, damit Kontrollen wirksam<br />

durchgeführt werden können.“<br />

SPD-VERKEHRSPOLITIK<br />

Die SPD hat als Spitzenkandidatin Franziska<br />

Giffey aufgestellt, eine Kennerin der<br />

Stadt und besonders ihrer sozialen Probleme.<br />

Was die verkehrspolitischen Vorstellungen<br />

der SPD betrifft, so lässt sich<br />

eine große Schnittmenge mit den beiden<br />

Koalitionspartnern ausmachen. Auch<br />

die SPD sieht im Auto nicht die Mobilität<br />

der Zukunft und steht hinter dem Mobilitätsgesetz,<br />

aber <strong>Berlin</strong> könne und werde<br />

weder ausschließlich eine Autostadt noch<br />

ausschließlich eine Fahrradstadt sein. Folglich<br />

wird kein radikaler Kurs gegen den<br />

Autoverkehr angestrebt, sondern ebenfalls<br />

ein Ausbau des ÖPNV-Netzes als Anreiz<br />

zum Umstieg.<br />

DAS TAXI IM<br />

SPD-WAHLPROGRAMM<br />

Zu taxirelevanten Themen schreibt die<br />

SPD: „Carsharing-Angebote werden wir<br />

möglichst auf ganz <strong>Berlin</strong> ausweiten und<br />

das lokale <strong>Taxi</strong>gewerbe fördern.“ Das<br />

Inklusionstaxi will man „erhalten und verbessern“.<br />

Private Fahrdienste, die wie <strong>Taxi</strong>s<br />

agieren, „müssen auch wie <strong>Taxi</strong>s reguliert<br />

werden. Wir wollen das lokale <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

vor unlauterem Wettbewerb schützen.“<br />

CDU-VERKEHRSPOLITIK<br />

Last but not least: CDU-Spitzenkandidat<br />

Kai Wegner befürwortet den Weiterbau der<br />

A 100 und hätte zur Steigerung der Attraktivität<br />

des ÖPNV am liebsten einen Zwei-<br />

Minuten-Takt zu Stoßzeiten, außerdem<br />

deutlich bessere Takte in allen Stadtteilen<br />

auch beim Bus und ein 365-Euro-Ticket, da<br />

nur ein viel attraktiverer ÖPNV die Straßen<br />

entlasten könne. Von jeder Haltestelle<br />

<strong>Berlin</strong>s aus sollen in maximal 30 Minuten<br />

Alex oder Zoo erreichbar sein, hierzu<br />

bedürfe es weiterer „Expressverkehrsmittel<br />

(Regio, S- oder U-Bahn, Tram, X-Bus)“<br />

sowie Rufbusse nach „Berlkönig“-Vorbild.<br />

Zudem werden umfangreiche Ausbaumaßnahmen<br />

und Verbesserungen im Regionalund<br />

Fernverkehr angekündigt, wobei ein<br />

Schwerpunkt auf PR-Parkplätzen liegt.<br />

Diese gelten als Schlüssel zur Entlastung<br />

innerstädtischer Straßen.<br />

Im „fairen Miteinander aller Mobilitätsformen“<br />

habe auch das Auto seinen<br />

„berechtigten Platz“. Eine City-Maut lehnt<br />

die CDU ab. „Auch die Elektromobilität<br />

bringen wir voran – mit Batteriewechselstationen<br />

und 50.000 zusätzlichen Ladepunkten“,<br />

so das Wahlprogramm. Für eine<br />

„nachhaltige, vernünftige und unideologische<br />

Verkehrswende“ setzt die CDU auch<br />

auf die Wasserstofftechnologie.<br />

DAS TAXI IM<br />

CDU-WAHLPROGRAMM<br />

Unter der Überschrift „Zukunftsprogramm<br />

<strong>Taxi</strong>“ heißt es im Wahlprogramm:<br />

„Wir werden ein Zukunftsprogramm <strong>Taxi</strong><br />

auflegen, um diese Mobilitätsform fit für<br />

die kommenden Jahrzehnte zu machen.<br />

Dazu gehören die klimagerechte Umwandlung<br />

der <strong>Taxi</strong>flotte, eine angepasste Konzessionsvergabe<br />

und das konsequente<br />

Vorgehen der Ordnungsbehörden gegen<br />

schwarze Schafe unter den <strong>Taxi</strong>unternehmen.“<br />

Gleich anschließend steht im Absatz<br />

„Neuartige Fahrvermittlungsdienste“ dann<br />

aber: „Dank digitaler Innovationen können<br />

neuartige Fahrvermittlungsdienste einen<br />

Beitrag zur Individualmobilität in <strong>Berlin</strong><br />

leisten. Wir wollen diese Dienste in <strong>Berlin</strong><br />

zulassen, solange für die Fahrer und Fahrzeuge<br />

die gleichen Qualitätsanforderungen<br />

gelten wie im <strong>Taxi</strong>bereich.“<br />

ar<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

11


TAXI BERLIN<br />

VIAVAN GEWINNT<br />

SFD-AUSSCHREIBUNG<br />

Der „Berlkönig“ von ViaVan – bald der große<br />

<strong>Berlin</strong>er Anbieter von Behindertenfahrten?<br />

Bisher wird der Sonderfahrdienst in <strong>Berlin</strong> von<br />

der WBT betrieben. Bei der letzten<br />

Ausschreibung hat ViaVan die WBT unterboten<br />

und erhält nun für knapp fünf Jahre den<br />

Auftrag zur Behindertenbeförderung.<br />

Die Ausschreibung war verschoben<br />

worden, so dass der nächste Turnus<br />

nun statt am 1.6. erst am 1.10.<br />

beginnt – und am 30.6.2026 endet. ViaVan,<br />

ein Plattformanbieter, der auf Ridepooling<br />

per App spezialisiert ist und in <strong>Berlin</strong> in<br />

Kooperation mit der BVG den „Berlkönig“<br />

betreibt, ist seit 2017 ein Joint-Venture<br />

zwischen dem deutschen Daimler-Konzern<br />

und der amerikanisch-israelischen Via<br />

Transportation Incorporated, die weltweit<br />

Ridepooling-Dienste betreibt.<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> rechnet damit, dass ein Teil<br />

der Subunternehmer, die die Fahrten bisher<br />

im Auftrag des SFD durchführten, weiterhin<br />

im Geschäft bleibt, nur nicht mehr im<br />

Auftrag der Wirtschaftsgenossenschaft<br />

<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>besitzer (WBT), sondern von<br />

der ViaVan GmbH. Fahrgäste berichten<br />

aber auch von Stammfahrern, die sich<br />

bereits von ihren treuen Kunden verabschieden<br />

mit dem Worten: „Ab Oktober<br />

bin ich arbeitslos.“<br />

ViaVan stellt für den Sonderfahrdienst<br />

laut <strong>Berlin</strong>er Behinderten-Zeitung 54<br />

Fahrzeuge bereit und erhofft sich durch<br />

die Bündelung der Fahrten eine Steigerung<br />

der Effektivität. Dies dürfte bei rund<br />

300 Fahrten pro Tag aber die Ausnahme<br />

bleiben. Zudem können oder wollen viele<br />

Nutzer des Sonderfahrdienstes keine App<br />

benutzen.<br />

Aufträge, die die Kapazitäten des<br />

Sonderfahrdienstes übersteigen, werden<br />

nach Möglichkeit an das <strong>Taxi</strong>gewerbe weitergegeben.<br />

Dies könnte zumindest in der<br />

ersten Zeit zu Problemen führen, da es <strong>Berlin</strong>-weit<br />

noch keine 30 barrierefreien <strong>Taxi</strong>s<br />

gibt. Hier übersteigt die Nachfrage das<br />

Angebot bei Weitem, was die Umrüstung<br />

eines <strong>Taxi</strong>s zum Inklusionstaxi zu einer<br />

lukrativen Investition macht, wie <strong>Taxi</strong>-<br />

<strong>Berlin</strong>-Chef Hermann Waldner vorrechnet.<br />

Er sieht in der bevorstehenden Kooperation<br />

eine Chance für das <strong>Taxi</strong>gewerbe und appelliert<br />

seit Langem an die Unternehmer, bei<br />

der Erneuerung des Fuhrparks die Prämien<br />

für Inklusion und Elektromobilität mitzunehmen,<br />

da man so mit BAFA-Förderung bis<br />

zu 39.000 Euro Förderung je Fahrzeug erhalten<br />

kann.<br />

ar<br />

VORBESTELLUNG<br />

AM BER ANBIETEN<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> punktet derzeit bei<br />

Fahrgästen mit Verlässlichkeit:<br />

Aufgrund der Unterversorgung des<br />

Flughafens BER mit Taxen entstehen häufig<br />

Schlangen von wartenden Fahrgästen.<br />

Die Lösung: Kunden können Taxen am<br />

BER bestellen oder sogar vorbestellen. Da<br />

Taxen ohne Transponder die Ladeleisten<br />

nicht befahren können, werden Vorbestellkunden<br />

am Terminal 1 auf der Ebene<br />

0 (Ankunftsebene) zum Kurzzeitparkplatz<br />

geschickt. Er befindet sich links neben der<br />

Busvorfahrt, an der die Ladeleisten für<br />

Taxen mit Transponder abzweigen. Hier ist<br />

auch ein sinnvoller Standort für Kunden,<br />

die ihr <strong>Taxi</strong> per App bestellen.<br />

<strong>Taxi</strong>-<strong>Berlin</strong>-Geschäftsführer Hermann<br />

Waldner bittet alle Kolleginnen und Kollegen,<br />

die jemanden zum Flughafen bringen,<br />

ihre Fahrgäste über diese Möglichkeit zu<br />

informieren: „Wer Fluggäste veranlasst, ihr<br />

<strong>Taxi</strong> für die Heimfahrt bei uns vorzubestellen,<br />

bindet Kunden an das <strong>Taxi</strong>gewerbe. So<br />

entsteht auch ein Vorteil im Wettbewerb<br />

mit den Mietwagenanbietern.<br />

Jeder Fahrer mit Funkauftrag kann auf<br />

dem Kurzzeitparkplatz laden. Das berührt<br />

keine Verträge zwischen <strong>Berlin</strong> und Brandenburg.<br />

Wer als Fahrgast auf Nummer<br />

sicher gehen will, sollte also unter Tel.<br />

(030) 20 20 20 sein <strong>Taxi</strong> rechtzeitig zum<br />

BER bestellen. In der Fahrer-App kann man<br />

die tatsächliche Ankunftszeit des Fluges<br />

abrufen.“<br />

ar<br />

FOTOS: BVG/Oliver Lang, <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong><br />

12 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


TAXI BERLIN<br />

LOBBYARBEIT AUF<br />

EUROPÄISCHER EBENE<br />

Mit „<strong>Taxi</strong>s4SmartMobility“ ist seit einigen Monaten eine <strong>Taxi</strong>vertretung<br />

in Brüssel aktiv. Die Gründung geht auf Hermann Waldner zurück.<br />

FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

Hermann Waldner vertritt die <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>-<br />

Interessen bis nach Brüssel.<br />

Das <strong>Taxi</strong>s4SmartMobility-Netzwerk<br />

(T4SM) ist die konsequente Weiterentwicklung<br />

von zunächst<br />

bilateralen Gesprächen zwischen Hermann<br />

Waldner und Vertretern der großen französischen<br />

<strong>Taxi</strong>zentrale G7, die der <strong>Berlin</strong>er<br />

und Geschäftsführer von taxi.eu sowohl<br />

in seiner Funktion als Vizepräsident des<br />

Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen<br />

als auch als Vorstandsmitglied von <strong>Taxi</strong><br />

Deutschland führte – schon damals mit<br />

dem Ziel, eine schlagkräftige Organisation<br />

auf europäischer Ebene aufzustellen.<br />

Heute ist T4SM ein Zusammenschluss<br />

von Verbänden, Vermittlern und Zentralen<br />

aus Deutschland, Dänemark, Frankreich,<br />

den Niederlanden und der Schweiz.<br />

Deren Ziel definiert Waldner wie folgt: „Wir<br />

kennen den starken Einfluss von Uber &<br />

Co. in Brüssel. Dies darf aber keinesfalls<br />

dazu führen, dass die Europäische Union<br />

in Bezug auf die Personenbeförderung<br />

gesetzliche Regelungen trifft, die bewährte<br />

nationale Personenbeförderungsgesetze<br />

unter dem Deckmantel der Digitalisierung<br />

verwässert.“<br />

Vorsitzender von T4SM ist der Münchener<br />

Mehrwagenunternehmer und Verbandsfunktionär<br />

Gregor Beiner. Für ihn<br />

ist der Zusammenschluss auf europäischer<br />

Ebene von großer Bedeutung: „Die Arbeit<br />

von <strong>Taxi</strong>s4SmartMobility (T4SM) zeigt –<br />

und hat bereits gezeigt –, wie wichtig diese<br />

ist. Auf europäischer Ebene werden die Entscheidungen<br />

getroffen, welche zukünftig<br />

auch für unser Gewerbe relevant werden.<br />

Mit T4SM sind wir in der Lage, die Entscheidungen<br />

zu beeinflussen und dem <strong>Taxi</strong><br />

gerade auch auf dieser Ebene ein Gesicht zu<br />

geben. Wie wichtig das ist, sehen wir in den<br />

verschiedenen Kommissionssitzungen, an<br />

denen wir teilnehmen, wo große Plattformanbieter<br />

ebenfalls starke Präsenz zeigen<br />

und versuchen, Rahmenbedingungen für<br />

sich optimal zu gestalten.”<br />

DAS TAXIGEWERBE ALS<br />

STARKE EUROPÄISCHE MARKE<br />

Gründungsmitglieder des Netzwerks,<br />

welches sich direkt in Brüssel für das<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe einsetzt, sind taxi.eu, les<br />

taxis G7, <strong>Taxi</strong> Deutschland eG, <strong>Taxi</strong> 40100<br />

für das österreichische <strong>Taxi</strong>gewerbe,<br />

Gescop, Koninklijk Nederlands Vervoer,<br />

Dansk Person Transport, Bundesverband<br />

<strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V. und <strong>Taxi</strong>-phone<br />

Genève. Die Mitglieder stehen für digitale<br />

Innovation, sozial verantwortliches<br />

Handeln sowie für das Vorantreiben einer<br />

nachhaltigen und „grünen“ Zukunft in der<br />

Personenbeförderung. Zudem verfolgt das<br />

Netzwerk eine effiziente und transparente<br />

Nutzung und Auswertung der durch die<br />

Personenbeförderung gewonnenen Daten.<br />

In einem Manifest, das auf der Webseite<br />

der Organisation zu finden ist, wird das<br />

Ziel klar ausgesprochen: „Wir fordern<br />

die Europäische Kommission auf, sicherzustellen,<br />

dass die Zukunft der Mobilität<br />

nachhaltig, innovativ, sozial verantwortlich<br />

und sicher ist und die Einzigartigkeit<br />

des <strong>Taxi</strong>gewerbes anerkannt wird.“ Die<br />

oben genannten ‚Best-Practice‘-Beispiele<br />

zeigen, dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe seine Stärke<br />

lokal und regional ausspielen kann. Nimmt<br />

man zudem die lokalen Unterschiede in<br />

der Gesetzgebung mit in die Betrachtung<br />

auf, dann erklärt sich auch, warum T4SM<br />

auf EU-Ebene verdeutlichen will, warum<br />

es gut ist, dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe und die<br />

politischen Rechtsgrundlagen in jedem<br />

Land individuell organisiert sind und eine<br />

EU-einheitliche Gesetzgebung das vor<br />

Ort geleistete Engagement, wie beispielsweise<br />

die Krankenbeförderung, gefährden<br />

könnte und stattdessen den sogenannten<br />

Plattformanbietern Tür und Tor öffnen<br />

würde. Erst letzten Monat haben Vertreter<br />

der T4SM-Geschäftsstelle in Brüssel<br />

an mehreren Workshops und Politikgesprächen<br />

teilgenommen und konnten dort<br />

gegenüber Stakeholdern und Abgesandten<br />

von Kommissionen die Interessen des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />

vertreten. Bei den von DG MOVE,<br />

Cerre und POLIS veranstalteten Workshops<br />

mit dem Titel „EU-Regulierung von Ride-<br />

Hailing“ waren auch Vertreter von Uber<br />

& Co. unter den Teilnehmern. Genau das<br />

zeigt, wie wichtig es ist, dass auch die<br />

<strong>Taxi</strong>branche auf der europäischen Ebene<br />

präsent ist.<br />

jh<br />

TAXI BERLIN TZB GMBH<br />

Persiusstraße 7, 10245 <strong>Berlin</strong><br />

Telefon: +49 (0)30 / 690 27 20<br />

Telefax: +49 (0)30 / 690 27 19<br />

E-Mail: info@taxi-berlin.de<br />

www.taxi-berlin.de<br />

Das Kundencenter ist derzeit coronabedingt<br />

geschlossen. Verbrauchsmaterialien<br />

wie Quittungen etc. sind im<br />

Technikcenter Mo-Fr 8-16 Uhr und in<br />

der Außenstelle Ruhleben (Freiheit<br />

22, Mo-Fr 9-18 Uhr) erhältlich.<br />

Fahrer- und Unternehmerbetreuung:<br />

fub@taxi-berlin.de, Tel. 20 20 21-130<br />

Geschäftsführer: Hermann Waldner<br />

Presserechtlich verantwortlich für<br />

diese Seite: Hermann Waldner<br />

Redaktion: Axel Rühle (ar)<br />

Pressekontakt: presse@taxi-berlin.de<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

13


GEWERBE<br />

Dominik Eggers und Richard Leipold beim Webinar<br />

DÜSTERE AUSSICHTEN<br />

Als die PBefG-Novelle Ende Mai weitgehend ausgearbeitet war, klärte<br />

der BVTM über die künftigen Regelungen, Möglichkeiten und Gefahren<br />

auf. Regionale Gewerbevertreter gaben Einschätzungen dazu ab.<br />

Das Frühjahr <strong>2021</strong> war die Zeit des<br />

zweiten großen Lockdowns, so<br />

dass eine umfangreiche Seminarreihe<br />

zum neuen Personenbeförderungsgesetz<br />

(PBefG) digital stattfand. Der neu<br />

gewählte Präsident Herwig Kollar erklärte<br />

die wichtigen Änderungen, die Telekom-<br />

Vertreter Thomas Sell und Christian Meyer<br />

steuerten technische Aspekte bei, regionale<br />

Gewerbevertreter beleuchteten die Fakten<br />

im Zusammenhang mit den örtlichen Gegebenheiten,<br />

und Dominik Eggers vom BVTM<br />

moderierte die vier Webinare, die für die<br />

Regionen Nord, West, Ost und Süd abgehalten<br />

wurden.<br />

Am Webinar Ost nahm für <strong>Berlin</strong> Richard<br />

Leipold, erster Vorsitzender der <strong>Berlin</strong>er<br />

<strong>Taxi</strong>vereinigung e. V. (BTV), teil. Er zeichnete<br />

ein recht düsteres Bild der Zukunft für<br />

die <strong>Taxi</strong>branche der Bundeshauptstadt. Ein<br />

großes Problem resultiert seiner Einschätzung<br />

nach aus dem Wörtchen „kann“ in den<br />

Paragraphen 51 und 51 a des novellierten<br />

PBefG. So geben einzelne Kann-Bestimmungen<br />

den Genehmigungsbehörden<br />

die Möglichkeit, Kontingentierungen und<br />

Tarifkorridore festzulegen.<br />

Hamburg werde aufgrund seiner funktionierenden<br />

Politik und funktionierender<br />

Genehmigungsbehörden damit geringe<br />

Schwierigkeiten haben. In <strong>Berlin</strong> mit seiner<br />

„unwilligen“ Behörde sehe es jedoch<br />

ganz anders aus: Egal, wie viele Prozesse<br />

man gewinne und wie viele Rechtsverstöße<br />

durch digitale Plattformanbieter man<br />

belege, die Zahl der Mietwagen wachse<br />

unaufhörlich und werde demnächst die<br />

Zahl von 5.000 erreichen.<br />

UBERS ZUSCHUSSGESCHÄFT<br />

„Das Wort ‚kann’ macht uns also erhebliche<br />

Schwierigkeiten, weil es bedeutet,<br />

dass die Genehmigungsbehörden nicht<br />

verpflichtet sind, bestimmte Maßnahmen<br />

einzuleiten, die notwendig wären, um das<br />

Überleben des Taxengewerbes zu gewährleisten“,<br />

so Leipold. Der Hauptgrund für<br />

den Erfolg der Plattformanbieter liegt nach<br />

Leipolds Ansicht darin, dass sie das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

systematisch preislich unterbieten<br />

– was bei weitgehender Einhaltung rechtlicher<br />

Regeln wie Umsatzsteuergesetz und<br />

Arbeitsrecht gar nicht möglich sei – was<br />

er anhand einer Beispielrechnung belegt<br />

hat, die bereits in der letzten <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

<strong>Berlin</strong> erschienen ist. Die Angebote der<br />

Plattformanbieter könnten folglich nicht<br />

im Rahmen der Legalität liegen.<br />

Als Folge rechnet Leipold mit dem<br />

Verschwinden des über 100 Jahre alten<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbes. Seine Konkurrenzunfähigkeit<br />

resultiere nicht aus der Corona-Krise,<br />

sondern sei ein strukturelles, systemisches<br />

Problem. Durch die Vorteile des Mietwagengewerbes<br />

gegenüber dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

– nicht vorhandene Betriebspflicht, Beförderungspflicht<br />

und Tarifpflicht – würden<br />

die Plattformanbieter das <strong>Taxi</strong>gewerbe weiterhin<br />

durch Rosinenpickerei kannibalisieren,<br />

um sich nach dessen Verschwinden<br />

vom Markt einen erbitterten Konkurrenzkampf<br />

zu liefern.<br />

Die PBefG-Novelle sei somit nicht unbedingt<br />

als Fortschritt anzusehen, sondern<br />

bedeute in <strong>Berlin</strong> eher den Todesstoß des<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbes. Der Grund: Das Landesamt<br />

für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten<br />

(LABO) wäre in der Lage, zu sehen, was<br />

in <strong>Berlin</strong> passiert, doch sei der Wille, darauf<br />

zu reagieren, leider nicht erkennbar.<br />

Leipold zitierte den Oberbürgermeister<br />

einer westdeutschen Stadt, wenn man die<br />

Landesgrenze nach <strong>Berlin</strong> überschreite,<br />

verlasse man den funktionierenden Teil<br />

Deutschlands.<br />

Dass dieses Nichtfunktionieren nur am<br />

fehlenden Willen der Verwaltung bzw. der<br />

Politik liegt, zeige das Beispiel Hamburg,<br />

wo das Mietwagengewerbe funktionierend<br />

unter Kontrolle gehalten werde. ar<br />

FOTOS: BVTM, BTV<br />

14 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


GEWERBE<br />

FREILOS MIT<br />

NACHPRÜFUNG<br />

Eigentlich hätte die Ortskundeprüfung für <strong>Taxi</strong>fahrer durch eine<br />

Fachkunde für alle P-Schein-Neulinge ersetzt werden sollen. Weil die<br />

Politik dafür aber kein Konzept hatte, ist zunächst gar nichts nötig.<br />

FOTO: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

Es ist eine der vielen tiefgreifenden Änderungen der seit<br />

Anfang August gültigen PBefG-Novelle, die als „Gesetz<br />

zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“ am<br />

<strong>3.</strong> März von der Bundesregierung beschlossen worden war. Der<br />

Nachweis einer Ortskunde wurde abgeschafft. Stattdessen müssen<br />

Neubewerber um einen Personenbeförderungsschein (P-Schein)<br />

eine sogenannte Fachkunde nachweisen. Als der Bundesrat Ende<br />

März dem Gesetz zustimmte, wurde gleichzeitig das Bundesverkehrsministerium<br />

damit beauftragt, die Inhalte der neu aufgenommenen<br />

Fachkunde zu definieren.<br />

Seitdem passierte auf ministerialer Ebene herzlich wenig.<br />

Bemühungen des <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverbands TMV, die Inhalte<br />

gemeinsam mit der Politik an einem runden Tisch zu erörtern,<br />

blieben lange Zeit unbeantwortet. Scheuers Ministerium konnte<br />

sich nicht einmal darauf verständigen, ob die Fachkunde lediglich<br />

durch die Teilnahmebescheinigung eines Seminars oder mittels<br />

Prüfung nachgewiesen werden muss. Entsprechend ist bis heute<br />

nicht klar, wer eine solche Prüfung abnehmen darf.<br />

So verstrich wertvolle Zeit, bis schlussendlich die Bundesländer<br />

gezwungen waren, eine Übergangsregelung zu definieren. Anderenfalls<br />

hätte ab 1. August keine Behörde mehr einen Neu-Antrag<br />

auf den P-Schein bearbeiten können und somit kein Neuling mehr<br />

als <strong>Taxi</strong>fahrer, Mietwagenchauffeur oder Fahrer für den gebündelten<br />

Bedarfsverkehr beginnen können.<br />

Bayern war Anfang Juli das erste Bundesland, das eine solche<br />

Übergangsregelung erließ. Sie gilt „vorbehaltlich bis zu einer<br />

künftig bundeseinheitlichen Regelung durch das Bundesministerium<br />

für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Gültigkeit für<br />

das Gebiet des Freistaats Bayern.“<br />

Kernaussage der Übergangsregelung ist, dass der Nachweis der<br />

Fachkunde bei Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung<br />

mit Gültigkeit für <strong>Taxi</strong>s, Mietwagen und den gebündelten<br />

Bedarfsverkehr vorübergehend – wegen tatsächlicher Unmöglichkeit<br />

– nicht zu verlangen ist. Somit ist jede Führerscheinstelle<br />

angewiesen, Neubewerbern einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung<br />

auch ohne Fachkundenachweis auszustellen.<br />

Die P-Scheine, die seit dem 2. August beantragt werden, sind<br />

also mit folgender zwischen den Ländern vereinbarter Auflage<br />

verbunden: „Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung wird<br />

unter der auflösenden Bedingung erteilt, dass sie erlischt, wenn<br />

der Inhaber die Bestätigung zum Nachweis der Fachkunde nicht<br />

spätestens ein Jahr nach Beauftragung der für den Nachweis der<br />

Fachkunde geeigneten Stelle vorlegt. Der Beginn der Jahresfrist<br />

richtet sich nach dem Tag der Beauftragung.“<br />

Konkret bedeutet dies, dass aktuell jeder Bewerber um einen<br />

P-Schein bei der Genehmigungsbehörde lediglich ein medizinisches<br />

Gutachten sowie das obligatorische Führungszeugnis<br />

vorlegen muss. Sobald der Gesetzgeber dann aber die Inhalte<br />

und das Prüfungsverfahren für eine Fachkunde festgelegt hat,<br />

muss der Nachweis dieser Fachkunde innerhalb von 12 Monaten<br />

nachgereicht werden.<br />

jh<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

15


GEWERBE<br />

Verkehrssenatorin Regine Günther geht viele Probleme noch nicht an, wie ihr Staatssekretär Ingmar Streese erläuterte.<br />

ES GIBT VIEL ZU TUN –<br />

WARTEN WIR’S AB!<br />

Das neue PBefG überlässt den Genehmigungsbehörden viel Spielraum für<br />

Regelungen. Wie will <strong>Berlin</strong> damit umgehen? SPD-Verkehrsexperte Tino<br />

Schopf hat vom Senat konkrete Stellungnahmen eingefordert.<br />

Tino Schopf ist seit Jahren der verkehrspolitische<br />

Sprecher der SPD-<br />

Fraktion im Abgeordnetenhaus.<br />

Er setzt sich seit Langem immer wieder<br />

für die Interessen des <strong>Taxi</strong>gewerbes ein<br />

und beweist hohe Fachkompetenz bei den<br />

taxispezifischen Fragen. Dies wird auch in<br />

einer umfangreichen Anfrage zu den neuen<br />

Möglichkeiten des novellierten Personenbeförderungsgesetzes<br />

(PBefG) deutlich,<br />

die Schopf im Sommer an die Senatsverwaltung<br />

stellte. Wir fassen die Antworten<br />

von Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese<br />

zusammen.<br />

Genehmigungspflicht für Plattformanbieter:<br />

Streese berichtete, <strong>Berlin</strong> und<br />

andere Länder hätten bei der Ausarbeitung<br />

des neuen PBefG die Einführung<br />

einer speziellen „Plattformgenehmigung“<br />

und eine Definition spezifischer Genehmigungsvoraussetzungen<br />

und -folgen für<br />

Plattformbetreiber, eine „Anti-Dumping-<br />

Regelung“ und Vorgaben zur Barrierefreiheit<br />

für Mietwagen gefordert, was im<br />

Bundesrat zwar abgelehnt, später aber<br />

vom Bundestag weitgehend übernommen<br />

worden sei. Der aus Sicht des Landes<br />

<strong>Berlin</strong> und der kommunalen Spitzenverbände<br />

besonders relevante Aspekt, für die<br />

URSACHENFORSCHUNG ZUM MIETWAGEN-WILDWUCHS<br />

Warum ist die Zahl der <strong>Berlin</strong>er Taxenkonzessionen<br />

rückgängig, während<br />

die der Mietwagen um das Dreifache<br />

ansteigt? Tino Schopf richtete diese<br />

Frage zum wiederholten Mal an die<br />

Senatsverwaltung. Dabei verbat er sich<br />

vorsorglich, ihn wieder mit der Ausrede<br />

abzuspeisen, man habe die Mietwagenunternehmer<br />

nicht nach ihrer Motivation<br />

gefragt.<br />

So fiel die Antwort des Staatssekretärs<br />

zwar nicht befriedigend, jedoch<br />

umfangreich aus: Dem „hier implizierten“<br />

Zusammenhang widerspreche<br />

die Zunahme von Taxen im Jahr 2018.<br />

Abgesehen davon müsse man vieles<br />

berücksichtigen, etwa dass die Plattformanbieter<br />

in <strong>Berlin</strong> früher auf den<br />

Markt gekommen seien als in anderen<br />

Städten, dass sie sehr offensiv geworben<br />

hätten und den Kunden großzügige<br />

Rabatte angeboten hätten.<br />

Auch, dass Mietwagen nicht den<br />

berühmten drei Pflichten des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />

unterliegen (Tarif-, Beförderungs-<br />

und Betriebspflicht) und dass<br />

mit der Ortskundeprüfung 2017 eine<br />

große Hürde für Mietwagenfahrer<br />

gefallen sei, zog Streese als Argument<br />

heran, aber letzteres sei ja nun abgeschafft.<br />

Anmerkung der Redaktion: Die von<br />

Streese hier aufgeführten Gründe<br />

mögen allesamt stichhaltig sein. Die<br />

Tatsache, dass die Duldung der permanenten<br />

Rechtsverstöße den Wildwuchs<br />

ebenfalls erheblich befeuert haben,<br />

verschweigt Streese aber in seiner<br />

Antwort.<br />

ar<br />

FOTO: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

16 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


GEWERBE<br />

digitalen Vermittlungsplattformen einen<br />

eigenständigen Genehmigungstatbestand<br />

einzuführen, sei hingegen nicht aufgenommen<br />

worden.<br />

Bessere Kontrollmöglichkeiten im<br />

Mietwagensektor: Bei dieser Frage<br />

blieb Streese inkonkret: Dies hänge „von<br />

einer praxistauglichen Ausgestaltung der<br />

neuen Regelungsansätze“ ab. Die Kennzeichnungspflicht<br />

für Mietwagen erleichtere<br />

Kontrollen. Man setze sich gegenüber<br />

dem Bundesverkehrsministerium für eine<br />

Kennzeichnung ein, die auch den Ort der<br />

Konzessionierung erkennen lasse, „um<br />

insbesondere zu verhindern, dass innerhalb<br />

einer Stadt mehrere Fahrzeuge mit<br />

der gleichen Nummer im Einsatz sind.“ Die<br />

Kontrolle anderer Pflichten wie der Rückkehrpflicht<br />

hänge entscheidend von den<br />

neuen Datenlieferpflichten ab – die aber<br />

im Bundesrecht noch nicht festgelegt sind.<br />

Erst im Januar oder Juli 2022 könne man<br />

prüfen, „wie Kontrollkonzepte an die neuen<br />

Regelungen anzupassen sind einschließlich<br />

der personellen Auswirkungen.“<br />

Leider beantwortete Streese auch die<br />

Frage nicht, anhand welcher Kriterien<br />

der Marktanteil von Mietwagen berechnet<br />

wird, um bei Überschreiten von 25 Prozent<br />

die Regelungen des Gebündelten Bedarfsverkehres<br />

anzuwenden. Laut Insidern ist<br />

hier das Büro Linne+Krause im Spiel, dessen<br />

Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des<br />

<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes im Jahr der letzten<br />

Wahl, 2016, so viel Sprengstoff enthielt,<br />

dass der erste Müller-Senat es eine Weile<br />

unter Verschluss hielt.<br />

Gebündelter Bedarfsverkehr (Mietwagen-Pooling):<br />

Zu den Fragen nach<br />

zeitlichen und räumlichen Ausschlussgebieten,<br />

Kontingentierung der Anzahl der<br />

angebotenen Fahrzeuge, Pooling-Quote<br />

(samt Kriterien zu deren Festlegung,<br />

Überprüfbarkeit und Konsequenzen<br />

bei Nicht-Erreichen), Festlegung einer<br />

Rückkehrpflicht und Sozialstandards<br />

für Beschäftigte wurde von Streese nur<br />

zusammenfassend angemerkt, dass noch<br />

Diskussionen zwischen den Bundesländern<br />

im Gange und „komplexe juristische und<br />

verkehrswirtschaftliche Fragen zu klären“<br />

seien, wozu der Senat externe Experten<br />

heranziehen werde. Das Vergabeverfahren<br />

dazu laufe derzeit.<br />

Tarifkorridor: Die novellierte Version<br />

des Paragraphen 51 PBefG ermöglicht es<br />

dem Senat, Mindest- und Höchstpreise<br />

für vorbestellte Fahrten zu erlauben. Die<br />

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr<br />

und Klimaschutz positioniert sich dazu<br />

folgendermaßen: „Wie bei Anpassungen<br />

des Taxentarifs generell liegt hier die Initiative<br />

beim Gewerbe, zu prüfen, welche der<br />

neuen tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten<br />

genutzt werden sollen. Die Beurteilung<br />

der Anträge durch den Verordnungsgeber<br />

erfolgt dann auf Basis der Vorgaben gem.<br />

§ 51 Abs. 3 PBefG.“<br />

Fachkunde: Die genauen Parameter zum<br />

Inhalt der Fachkunde müssen vom Bundesgesetzgeber<br />

noch ausgearbeitet werden<br />

(siehe Seite 15). Streese legte hierzu<br />

die Sicht des Landes <strong>Berlin</strong> dar, dass die<br />

Anforderung zwingend als Prüfung auszugestalten<br />

sei, dass also eine bloße Teilnahmebescheinigung<br />

einer einschlägigen<br />

Lehrveranstaltung nicht als Qualifikation<br />

für P-Schein-Anwärter ausreichen dürfe<br />

(eine Ansicht, die nicht von allen Bundesländern<br />

geteilt wird). Hier muss der Bundestag<br />

noch Entscheidungen treffen.<br />

Anzeige<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

17


GEWERBE<br />

Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher<br />

der <strong>Berlin</strong>er SPD-Fraktion<br />

Ingmar Streese, Verkehrsstaatssekretär<br />

Konformitätsbewehrte, softwarebasierte<br />

Systeme anstelle von<br />

Taxametern: Das neue PBefG erlaubt<br />

statt des Fiskaltaxameters künftig die Nutzungkonformitätsbewehrter,<br />

softwarebasierter<br />

Systeme.<br />

Welche Herausforderungen sich dadurch<br />

für LABO und Eichamt ergeben, lässt sich<br />

laut Streese noch nicht bestimmen: „Die<br />

Regelungen im Mess- und Eichgesetz<br />

(MessEG) sind derzeit nicht kompatibel<br />

mit softwarebasierten Messungen, da<br />

die Regelungen der Messgeräterichtlinie<br />

2014/32/EU auf die Messung nach zurückgelegter<br />

Wegstrecke abstellen und das<br />

Messgerät Taxameter aus EU-Taxameter<br />

mit Wegstreckensignalgeber besteht. Hier<br />

wären zunächst vom Gesetzgeber die notwendigen<br />

Grundlagen zu schaffen und die<br />

Anforderungen zu definieren bzw. entsprechende<br />

Ausnahmen zu regeln.“ Gegebenenfalls<br />

müssten weitere Regeln für Hersteller<br />

und Verwender her, bevor die beiden<br />

Behörden die damit verbundenen Aufgaben<br />

einschätzen könnten.<br />

Übermittlung von Echtzeitdaten<br />

(Mobilitätsdaten) und Mobilitätsdatenverordnung:<br />

Streese verweist<br />

darauf, dass das BMVI erst noch die<br />

nötige Mobilitätsdatenverordnung erlassen<br />

müsse. Einen Entwurf habe Scheuers<br />

Ministerium den Ländern und Verbänden<br />

bereits übermittelt „und die Länder haben<br />

eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben.<br />

Das Land <strong>Berlin</strong> hat hier konkrete<br />

Hinweise zu Ergänzungs-, Korrektur- und<br />

Klarstellungsbedarf in Bezug auf den Gelegenheitsverkehr<br />

eingebracht“, die vollumfänglich<br />

übernommen worden seien.<br />

Experimentierklausel (Paragraph 2<br />

PBefG): Die Verlängerung der möglichen<br />

Genehmigung von drei auf fünf Jahre spiele<br />

für <strong>Berlin</strong> derzeit keine Rolle, und „Implikationen<br />

für noch laufende Verkehre“, also<br />

den „Berlkönig“, bestehen laut Streese<br />

nicht. So handele es sich auch beim geplanten<br />

BVG-Pooling in Marzahn-Hellersdorf<br />

und Treptow-Köpenick (siehe Seite 4) nicht<br />

um „einen Rufbus auf Basis von § 2 Abs.<br />

7 PBefG“. Vielmehr sei für nächstes Jahr<br />

„die Erprobung eines Linienbedarfsverkehrs<br />

gem. § 44 PBefG in einem begrenzten<br />

Bediengebiet als Teil des ÖPNV“ geplant.<br />

In dem Paragraphen geht es um die<br />

„Beförderung von Fahrgästen auf vorherige<br />

Bestellung ohne festen Linienweg<br />

zwischen bestimmten Einstiegs- und<br />

Ausstiegspunkten“ zu „Beförderungsentgelten<br />

und -bedingungen im Rahmen der<br />

Vorgaben des Aufgabenträgers im Nahverkehrsplan,<br />

im öffentlichen Dienstleistungsauftrag<br />

oder der Vorabbekanntmachung“,<br />

also vom Senat festgelegte Fahrpreise und<br />

ohne Haustür-Service.<br />

ar/jh<br />

WEGSTRECKENZÄHLER FÜR MIETWAGEN<br />

Laut einem Beschluss des Abgeordnetenhauses<br />

müssen den Mietwagenanbietern<br />

Fiskal-Wegstreckenzähler<br />

auferlegt und bestehende Ausnahmegenehmigungen<br />

widerrufen werden.<br />

Umgesetzt wurde allerdings nur der<br />

erste dieser beiden Punkte. Der Senat<br />

habe gar nicht vor, auch den zweiten<br />

Punkt umzusetzen, da dies „für<br />

das LABO einen Aufwand bedeuten<br />

würde“, kritisierte Tino Schopf in<br />

seiner Anfrage an das LABO. Von dort<br />

lautetet die Antwort sinngemäß: Die<br />

Ausnahmegenehmigungen seien rechtmäßig<br />

erteilt worden, und laut Paragraph<br />

49 Verwaltungsverfahrensgesetz<br />

(VwVfG) dürfe ein solcher Verwaltungsakt<br />

nur widerrufen werden, „wenn<br />

die Behörde auf Grund nachträglich<br />

eingetretener Tatsachen berechtigt<br />

wäre, den Verwaltungsakt nicht zu<br />

erlassen“, oder „wenn ohne den Widerruf<br />

das öffentliche Interesse gefährdet<br />

würde, oder um schwere Nachteile für<br />

das Gemeinwohl<br />

zu verhüten oder<br />

zu beseitigen“.<br />

Da müsse jeder<br />

Einzelfall begründet<br />

werden. Ansonsten<br />

könnten die Betroffenen<br />

verlangen,<br />

für den erlittenen<br />

Vermögensnachteil<br />

entschädigt zu<br />

werden, da sie auf<br />

den Bestand des<br />

Verwaltungsaktes vertraut hätten.<br />

Doch immerhin gelte die Pflicht zum<br />

Einbau auch bei Alt-Genehmigungen<br />

von letztem Jahr, wenn die Konzession<br />

dieses Jahr erteilt wurde. Somit führe<br />

sowohl die regelmäßige Fuhrparkerneuerung<br />

als auch die erforderliche<br />

Wiedererteilung von ausgelaufenen<br />

Genehmigungen zu einem sukzessiven<br />

Wegstreckenzählereinbau bei allen<br />

Mietwagen, was auch der geplanten<br />

Entwicklung der Kapazitäten des Eichamtes<br />

entspreche.<br />

Ergänzend wies die Verwaltung darauf<br />

hin, „dass es nach derzeitiger Rechtslage<br />

nicht möglich ist, den Einbau eines<br />

Wegstreckenzählers mit fiskalischen<br />

Erfassungseinrichtungen (analog dem<br />

sog. Fiskaltaxameter im Taxengewerbe)<br />

oder GPS-Datenerfassung zur Kontrolle<br />

der Rückkehrpflicht zu fordern“. ar<br />

FOTOS: SPD, Die Hoffotografen, Hale<br />

18 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


Deutschland.<br />

<strong>Berlin</strong> e.V.<br />

GEWERBE<br />

DOCH MAL MIT AM TISCH<br />

Seit Jahren fordern <strong>Berlin</strong>s <strong>Taxi</strong>verbände einen engeren Austausch<br />

mit der Verkehrsverwaltung. Nun wurde das Rufen endlich erhört.<br />

Drei Gewerbevertreter berichten von einem Gespräch im August.<br />

FOTOS: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> (3), Ahmad Vahdati<br />

Mitte August saßen im Dienstgebäude<br />

der Senatsverwaltung für<br />

Umwelt, Verkehr und Klimaschutz<br />

(SenUVK) Carsten Reichert von der<br />

Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.,<br />

Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des <strong>Taxi</strong>verbandes<br />

<strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V. (TVB)<br />

und Irene Jaxtheimer von <strong>Taxi</strong> Deutschland<br />

<strong>Berlin</strong> e. V. mit Dr. Lutz Kaden von<br />

der IHK (der das Treffen mit angestoßen<br />

hatte) sowie zwei LABO- und vier SenUVK-<br />

Leuten am Tisch. Senatorin Günther und<br />

Staatssekretär Streese waren nicht dabei.<br />

Das Hauptaugenmerk während der<br />

Gesprächsrunde lag auf einer neuen Regelung<br />

in Paragraph 49, Absatz 4 PBefG: „In<br />

Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern<br />

kann die Genehmigungsbehörde zum<br />

Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen<br />

die [...] Regelungen für den gebündelten<br />

Bedarfsverkehr auch auf den [...]<br />

Verkehr mit Mietwagen anwenden, wenn<br />

per App vermittelter Verkehr mit Mietwagen<br />

einen Marktanteil von 25 Prozent am<br />

Fahrtaufkommen im Gelegenheitsverkehr<br />

mit Taxen, Mietwagen und gebündelten<br />

Bedarfsverkehr überschreitet.“<br />

Konkret bedeutet dies, dass eine Behörde<br />

in diesem Fall beispielsweise die Anzahl<br />

der taxiähnlich agierenden Mietwagenkonzessionen<br />

begrenzen könnte. Es wäre<br />

ein sehr wirksames Instrument, wie man<br />

den <strong>Berlin</strong>er Mietwagen-Wildwuchs und<br />

den damit einhergehenden permanenten<br />

Rechtsbruch endlich eindämmen könnte.<br />

Doch davon scheint man im LABO weit entfernt<br />

zu sein, denn dort geht es zunächst<br />

einmal darum, wie man die 25 Prozent<br />

ermitteln soll: Darüber herrscht Rätselraten<br />

– offenbar auch beim Senat. Er denkt an<br />

einen versuchsweisen Erhebungszeitraum<br />

von einem Jahr und soll in Gesprächen mit<br />

dem Gutachterbüro Linne+Krause stehen.<br />

Im Zusammenhang mit der Ladeberechtigung<br />

am Flughafen BER (siehe Seite<br />

22) wurde der gemeinsame Tarif angesprochen.<br />

Jedoch soll sich der überfällige<br />

gemeinsame <strong>Taxi</strong>tarif von <strong>Berlin</strong> und dem<br />

LDS in der Ausarbeitung befinden. Boto<br />

Töpfer signalisierte Kooperationsbereitschaft<br />

seitens des Gewerbes durch das<br />

Angebot, die Differenzierung zwischen<br />

Tag- und Nachtfahrpreisen aus dem LDS-<br />

Tarif zu übernehmen.<br />

Was die Fachkunde betrifft, so hatte<br />

die „Innung“ sich dafür ausgesprochen,<br />

zumindest ein Minimum an Ortskunde,<br />

bestehend etwa aus den Adressen der<br />

Krankenhäuser mit Notaufnahme, in den<br />

Prüfungsstoff aufzunehmen. Daran zeigte<br />

der Senat kein Interesse.<br />

Auf die Frage von Irene Jaxtheimer von<br />

<strong>Taxi</strong> Deutschland, wann <strong>Berlin</strong>er Mietwagen<br />

Konzessionsnummern erhalten, wie<br />

es in München bereits erfolgt ist, hieß es,<br />

zwei bis drei Monate würde es noch dauern.<br />

Auch bei der geplanten Erhebung und<br />

Auswertung von Daten aus dem Mietwagengewerbe<br />

scheint der Senat weit zurückzuliegen,<br />

wie Reichert kritisierte. Dafür<br />

fehle noch die Software.<br />

Zum Tagesordnungspunkt „Lückenlose<br />

Erfassung und zeitnahe Überprüfung<br />

der Umsätze von 18-Monats-GmbHs im<br />

<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>verkehr und seiner illegalen<br />

Konkurrenten beim Mietwagen per App“<br />

hieß es von Behördenseite, eine solche<br />

Überprüfung erfolge heute regelmäßig<br />

bereits nach sechs Monaten.<br />

Sitzungsleiter Guido Schötz von der<br />

SenUVK regte weitere Treffen im Zwei-<br />

Monats-Turnus an.<br />

red<br />

DREI BERLINER TAXI-VERBÄNDE<br />

AN EINER ADRESSE:<br />

Persiusstraße 7,<br />

10245 <strong>Berlin</strong><br />

<strong>Taxi</strong>verband <strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V.<br />

Derzeit eingeschränkte Öffnungszeiten<br />

Tel. +49 30 / 20 20 21 319<br />

E-Mail: info@taxiverband-berlin.de<br />

Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.<br />

Sekretariat: Mo bis Do 10 bis 16 Uhr,<br />

Fr 10 bis 14 Uhr<br />

Tel.: + 49 30 / 23 62 72-01, -02<br />

Fax: + 49 30 / 23 62 72 03<br />

E-Mail: info@taxiinnung.org<br />

www.facebook.com/taxiinnung<br />

<strong>Taxi</strong> Deutschland <strong>Berlin</strong> e.V.<br />

Sekretariat: Di und Do 12 bis 16 Uhr<br />

Tel.: +49 30 / 202 02 13 10<br />

Fax: +49 30 / 202 02 13 11<br />

E-Mail: berlin@taxideutschland.eu<br />

www.taxideutschland.eu<br />

www.facebook.com/taxi.deutschland.eu<br />

Pressekontakt: presse@taxi-berlin.de<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

19


GEWERBE<br />

MICHAEL KLEWER UND VIER WEITERE<br />

UNTERNEHMER HATTEN GENUG VON DER<br />

UNTÄTIGKEIT DER BEHÖRDEN:<br />

STRAFANZEIGE GEGEN<br />

GÜNTHER UND SCHWARZ<br />

Eine Gruppe <strong>Taxi</strong>unternehmer hat im<br />

Juli einen lange in Erwägung gezogenen<br />

Schritt gewagt und Strafanzeige<br />

gegen Verkehrssenatorin Regine Günther<br />

(Bündnis 90/Die Grünen) und Günter<br />

Schwarz, den Gruppenleiter Personenbeförderung<br />

beim Landesamt für<br />

Bürger- und Ordnungsangelegenheiten<br />

(LABO), erstattet (Aktenzeichen:<br />

246 Js 518/21). <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> sprach mit<br />

Michael Klewer, einem der Unternehmer,<br />

die Strafanzeige gestellt haben.<br />

TAXI TIMES: Herr Klewer, wie kam es<br />

zu dem Entschluss zur Anzeige?<br />

Michael Klewer: Dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

in existentiellen Schwierigkeiten steckt,<br />

weiß ja jeder, und Corona hat es<br />

zwar noch schlimmer gemacht,<br />

aber den Hauptgrund gab es<br />

schon vorher: die Untätigkeit der<br />

Behörden gegenüber der Mietwagenplage.<br />

Man kann ja seit Jahren<br />

zuschauen, wie das Problem<br />

immer schlimmer wird und wie<br />

die Behörden nichts und wieder<br />

nichts machen. Ich sehe abends<br />

inzwischen mehr Uber- und Free-<br />

Now-Autos als Taxen. Darüber wird geredet<br />

und geredet, aber irgendwann merkt<br />

man, dass Worte nicht mehr reichen.<br />

Sie sind ja Mitglied in der „Innung“<br />

und waren sogar mal im Vorstand.<br />

Erreicht man als Verband nichts?<br />

Absolut gar nichts. Das, was heute im<br />

Mietwagenbereich läuft, kennen wir ja von<br />

früher ähnlich im Taxenbereich. Schon<br />

damals wurde auf nichts reagiert. Auf die<br />

Missstände haben doch Vertreter aller<br />

Gewerbevertretungen immer und immer<br />

wieder hingewiesen, sowohl damals als<br />

auch heute bei den Mietwagen. Es gab<br />

Demonstrationen „gegen den Wildwest<br />

von Uber & Co.“, aber Frau Günther hat<br />

sich nicht blicken lassen, sie ignoriert einfach<br />

alles. Sie hat ja nicht mal zu Verhandlungen<br />

über die Laderechte am Flughafen<br />

die Verbände an den Tisch geholt. Ich habe<br />

das Gefühl, unsere Probleme sind ihr und<br />

Herrn Streese einfach nur lästig.<br />

Haben Sie schon mal an das LABO oder<br />

an Frau Günther geschrieben?<br />

Einmal? Ein Kollege aus unserer Gruppe,<br />

der mitzählt, hat in den letzten zwei<br />

Jahren ziemlich genau 600 mal schriftlich<br />

beim LABO auf Verstöße von Mietwagenfahrern<br />

hingewiesen, und von einem<br />

anderen Kollegen weiß ich, dass er auch<br />

kurz vor der 600er-Marke ist. Das heißt,<br />

schon die zwei haben an die 1.200 Fälle<br />

dokumentiert und an das LABO gemeldet,<br />

«Laut Gerichtsurteil sind<br />

erwiesene Verstöße gegen<br />

die Rückkehrpflicht in<br />

erheblicher Anzahl ein Grund,<br />

Konzessionen zu entziehen.»<br />

und es gibt sicherlich etliche weitere Kollegen,<br />

ich schätze mehrere hundert, die das<br />

ebenso fleißig taten und zum Teil vielleicht<br />

sogar noch tun. Es liegen also seit Jahren<br />

Hunderte, höchstwahrscheinlich sogar<br />

Tausende von Meldungen vor. Es gibt ein<br />

Gerichtsurteil aus Nordrhein-Westfalen,<br />

nach dem erwiesene Verstöße gegen die<br />

Rückkehrpflicht in erheblicher Anzahl ein<br />

hinreichender Grund sind, Konzessionen<br />

zu entziehen.<br />

Was passiert in <strong>Berlin</strong> nach so einer<br />

Meldung?<br />

In der Regel kommt nicht mehr als eine<br />

Eingangsbestätigung. Und wenn das LABO<br />

mal ausnahmsweise etwas unternimmt,<br />

gibt es die Firmen<br />

meist schon gar nicht<br />

mehr. Wir alle kennen<br />

ja die berüchtigten<br />

20-Monats-GmbHs. Inzwischen<br />

sind sie dazu übergegangen,<br />

wenn die Behörden<br />

ihnen auf die Pelle rücken, dass<br />

die Firma dann schnell nach Polen,<br />

Ungarn oder Bulgarien verkauft wird.<br />

Welchen Tatbestand werfen Sie Frau<br />

Günther und Herrn Schwarz vor?<br />

Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum<br />

Sozialabgabenbetrug. Unserer Meinung<br />

nach begünstigen sie mit ihrer Untätigkeit<br />

die Schwarzarbeit. Wir haben es ja beim<br />

Mietwagengewerbe mit einem immensen<br />

Ausmaß an organisierter Kriminalität<br />

zu tun, die auch das LABO<br />

sieht – aber sie tun einfach nichts.<br />

Es wird heruntergespielt, es wird<br />

bagatellisiert, es werden keine<br />

Informationen herausgegeben ...<br />

Mich würde mal brennend interessieren,<br />

wie viele der Mietwagenbetriebe,<br />

die in den letzten zwei,<br />

drei, vier Jahren Konzessionen<br />

beantragt haben, heute noch existieren.<br />

Wenn wir darüber Zahlen hätten,<br />

würde das ganze Desaster auf dem Tisch<br />

liegen. Aber deshalb bekommt man diese<br />

Zahlen ja nicht.<br />

Das Hauptproblem sehen Sie also beim<br />

LABO?<br />

Die Funktion, die Herr Ritter in Hamburg<br />

hat, hat in <strong>Berlin</strong> Herr Schwarz inne. Ich<br />

weiß nicht, warum die beiden das Problem<br />

so unterschiedlich behandeln, aber sie tun<br />

es. Ich kann Ihnen die Geschichte eines<br />

Unternehmers erzählen, ein bekannter<br />

Uber-Partner. Der wollte letztes Jahr nach<br />

Hamburg expandieren und da mal eben<br />

100 B-Klassen mit schicker Free-Now-Türwerbung<br />

als Mietwagen anmelden. Herr<br />

20 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


GEWERBE<br />

«Was ich in meinem<br />

Umfeld immer wieder höre:<br />

Viele Kollegen haben das<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe inzwischen<br />

resigniert verlassen. Was<br />

aber noch viel schlimmer ist:<br />

Sie haben aufgrund unserer<br />

Situation den Glauben<br />

an unseren Rechtsstaat<br />

verloren.»<br />

FOTOS: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

R i t -<br />

ter hat<br />

ihm dann die<br />

Voraussetzungen genannt<br />

und was er dafür darzulegen hätte –<br />

woraufhin der die 100 Anträge zurückzog.<br />

Dann ist er zurück nach <strong>Berlin</strong>, und<br />

Herr Ritter hat das LABO angeschrieben<br />

und gewarnt, dass die betreffende GmbH<br />

es sicherlich in <strong>Berlin</strong> versuchen werde.<br />

Raten Sie mal, wo die 100 B-Klassen jetzt<br />

trotzdem als Mietwagen unterwegs sind!<br />

Anderes Beispiel: Ein Kollege hat 2018<br />

beim LABO Bescheid gesagt, dass in Nürnberg<br />

Unternehmerscheine verkauft wurden,<br />

auch an <strong>Berlin</strong>er Unternehmer. Das<br />

haben die ihm nicht geglaubt und wollten<br />

nichts davon wissen, bis sie es nach ein<br />

paar Wochen schwarz auf Weiß aus Nürnberg<br />

hatten. Da mussten sie zugeben, dass<br />

er Recht hatte.<br />

Also Herr Schwarz hat genug Leute, um<br />

Ausnahmegenehmigungen zu verteilen,<br />

zu wenige, um sie zu widerrufen, und<br />

anscheinend überhaupt keine, um sich<br />

um die offensichtliche Kriminalität zu<br />

kümmern.<br />

Also eine Art Geschäftsschädigung des<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbes durch Unterlassen?<br />

Das LABO sollte sich Herrn Ritter zum Vorbild<br />

nehmen. Der genehmigt den antragstellenden<br />

Mietwagenunternehmern bei<br />

Erstkonzessionierung erst mal nur drei<br />

oder fünf Autos für eine Probezeit. Wenn<br />

der Betrieb sich als seriös erweist, kann<br />

man über mehr reden.<br />

Vor allem aber müsste das<br />

LABO so wie in Hamburg<br />

die Betriebssitze kontrollieren:<br />

Haben die so viele Stellplätze wie<br />

Autos, haben die Aufenthaltsräume,<br />

Toiletten usw., und haben sie eine plausible<br />

Kalkulation, um das Geschäft wirtschaftlich<br />

zu betreiben? Damit wäre das<br />

Problem schnell angepackt, denn wie wir<br />

wissen, können Uber- und Free-Now-Partner<br />

gar nicht wirtschaftlich arbeiten, ohne<br />

die Gesetze mit Füßen zu treten.<br />

Können Sie das<br />

vor Gericht mit<br />

Zahlen belegen?<br />

Es ist ja eine einfache<br />

Rechnung:<br />

Ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />

zahlt 7 Prozent<br />

Mehr wer tsteuer<br />

und ungefähr 3<br />

Prozent Vermittlungsprovision,<br />

macht zusammen<br />

10 Prozent. Unter<br />

dem Strich kann er froh sein, wenn er 10<br />

Prozent Gewinn macht; realistisch sind<br />

eher knapp über 5. Beim Mietwagen ist<br />

es so, dass zu den 19 Prozent Mehrwertsteuer<br />

25 bis 30 Prozent Vermittlungsprovision<br />

kommen, und die Fahrpreise sind<br />

oft niedriger als beim <strong>Taxi</strong>, Personal- und<br />

Fahrzeugkosten aber ähnlich. Damit kann<br />

man logischerweise legal keinen Gewinn<br />

erwirtschaften, es sei denn, man bezahlt<br />

die Fahrer auf dem Papier unter Mindestlohn<br />

und hinterzieht in erheblichem<br />

Maße Steuern. In Wirklichkeit lässt man<br />

sie schwarz arbeiten. Wir haben Beweise,<br />

dass viele Mietwagenfahrer entweder<br />

gar nicht oder als geringfügig Beschäftigte<br />

angemeldet sind, wissen aber zugleich,<br />

dass sie bei 60, 70 Wochenarbeitsstunden<br />

<strong>3.</strong>000, 4.000 Euro auf die Hand „verdienen“.<br />

Wenn denen das Arbeitslosengeld<br />

um 120 Euro gekürzt wird, weil sie ihre<br />

Zeit nicht mit Fortbildungsmaßnahmen<br />

verschwenden, lachen die sich tot.<br />

Wir können uns nicht vorstellen, dass<br />

Herr Schwarz das alles nicht weiß. Und<br />

dass er es dennoch zulässt und billigend<br />

in Kauf nimmt, dass damit das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

weiter und weiter in den Ruin getrieben<br />

wird, das dürfen wir nicht länger zulassen.<br />

Es ist ja so, dass Wirtschaftskriminelle<br />

Allnächtliches Bild in <strong>Berlin</strong>: mehr Mietwagen als Taxen<br />

eher mit Deals davonkommen als mit echten<br />

Strafen. Man kommt in unserem Land<br />

eher für Schwarzfahren in den Knast als<br />

für Schwarzarbeit.<br />

Was ich in meinem Umfeld immer wieder<br />

höre: Viele Kollegen haben das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

inzwischen resigniert verlassen.<br />

Was aber noch viel schlimmer ist: Sie haben<br />

aufgrund unserer Situation den Glauben an<br />

unseren Rechtsstaat verloren.<br />

Wir sind dennoch zuversichtlich, dass<br />

wir mit unserer Strafanzeige Erfolg haben<br />

werden, und haben vor, die Vorwürfe<br />

noch zu erweitern – um den Verdacht der<br />

Strafvereitelung.<br />

Das Gespräch führte Axel Rühle.<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

21


GEWERBE<br />

Guido Beermann, brandenburgischer Minister für Infrastruktur und Landesplanung<br />

BER: HOFFEN AUF<br />

GUIDO BEERMANN<br />

Mit steigenden Fluggastzahlen wird die Untauglichkeit des Vertrags zu<br />

den <strong>Taxi</strong>-Laderechten offensichtlich. Die „80-Prozent-Regel“ tut ein<br />

Übriges. Kann der brandenburgische Verkehrsminister sich einschalten?<br />

Am 1. Oktober will die Senatsverwaltung<br />

für Umwelt, Verkehr und<br />

Klimaschutz (SenUVK) bekanntgeben,<br />

welche 300 <strong>Berlin</strong>er Taxen für die<br />

nächsten zwölf Monate eine Ladeberechtigung<br />

am Flughafen erhalten. Anfang<br />

August hatte man die <strong>Taxi</strong>betriebe über<br />

die Konditionen informiert, zu denen sie<br />

sich bewerben konnten.<br />

Eine der Bedingungen stößt dabei auf völliges<br />

Unverständnis innerhalb der Branche:<br />

Mit der Abgabe der Bewerbung verpflichten<br />

Unternehmer ihre Fahrer, sich im Fall<br />

der Erteilung einer BER-Berechtigung in<br />

mindestens vier von fünf Schichten mindestens<br />

einmal am Flughafen bereitzuhalten.<br />

Zur Kontrolle dieser „80-Prozent-<br />

Regel“ müssen sie der Übermittlung der<br />

entsprechenden Daten von der Firma<br />

Apcoa, die die Park- und Ladeinfrastruktur<br />

am Flughafen betreibt, an das LABO<br />

zustimmen. <strong>Taxi</strong>s, die in weniger als 80<br />

Prozent aller gefahrenen Schichten die<br />

Schranke am Flughafen passieren, können<br />

die Berechtigung wieder verlieren.<br />

Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des <strong>Taxi</strong>verbandes<br />

<strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V. (TVB),<br />

RECHENBEISPIEL: LEERFAHRTEN DURCH 80-PROZENT-REGEL<br />

Welche Zahl an Leerfahrten von <strong>Berlin</strong><br />

zum Flughafen BER die 80-Prozent-<br />

Regel verursachen dürfte, lässt sich<br />

anhand eines Rechenexempels mit<br />

geschätzten Zahlen betrachten: Angenommen,<br />

die gegenwärtig 6.372 <strong>Berlin</strong>er<br />

Taxen, von denen 300 (also 4,71<br />

Prozent) am Flughafen laden dürfen,<br />

fahren im Durchschnitt 1,5 Schichten<br />

pro Tag (ein Teil steht still, der Hauptteil<br />

ist werktags oder täglich im Zweischichtbetrieb<br />

unterwegs, und einige<br />

Betriebe haben sogar ein Drei-Schicht-<br />

System eingeführt). Dann finden an<br />

einem durchschnittlichen Tag in <strong>Berlin</strong><br />

9.558 <strong>Taxi</strong>schichten statt, davon 450<br />

mit BER-Plakette. Rechnen wir mit<br />

der doppelten Zahl an Fluggästen pro<br />

Monat verglichen mit Juli <strong>2021</strong>. Wenn<br />

ein Zehntel aller 1,25 Millionen abfliegenden<br />

Passagiere eines Monats (also<br />

125.000) mit dem <strong>Taxi</strong> zum BER fährt,<br />

davon 80 Prozent (100.000) aus <strong>Berlin</strong><br />

und im Durchschnitt zu zweit in einem<br />

Fahrzeug, dann ergibt dies monatlich<br />

50.000 oder täglich 1.613 <strong>Taxi</strong>fahrten<br />

von <strong>Berlin</strong> zum Flughafen. Dies trifft<br />

wahrscheinlich in 4,71 Prozent der Fälle,<br />

also 76 mal, ein <strong>Taxi</strong> mit BER-Plakette.<br />

Die restlichen 374 Schichten von Taxen<br />

mit BER-Plakette werden zu 80 Prozent<br />

eine Leerfahrt zum Flughafen beinhalten,<br />

das sind 449 Leerfahrten täglich<br />

oder monatlich 1<strong>3.</strong>915 Leerfahrten.<br />

Auf ein Jahr hochgerechnet ergibt dies<br />

16<strong>3.</strong>952 weitere Leerfahrten mit Taxen<br />

von <strong>Berlin</strong> zum Flughafen BER, die der<br />

rot-rot-grüne Senat dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

aufzwingt. ar<br />

FOTO: BMWI<br />

22 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


GEWERBE<br />

FOTOS: J.-H. Janßen, Roland Horn,<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong><br />

kommentiert dies gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

sehr kritisch: „Die geplante Regelung mutet<br />

schon etwas satirisch an. Sollen Bewerber<br />

auf die blaue Plakette damit abgeschreckt<br />

werden? Eine sinnvolle Regelung würde<br />

so aussehen, dass alle <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>s in<br />

Schönefeld laden dürfen, so dass nur<br />

wenige leer hinfahren und eben immer die<br />

100, 200 Kollegen sich am BER bereithalten,<br />

die da ausgeladen haben. Bei 300 kann<br />

die Schranke meinetwegen unten bleiben.<br />

Die rot-rot-grüne Koalition und insbesondere<br />

die grün geführte Verkehrsverwaltung<br />

predigen permanent Klimaschutz um<br />

jeden Preis, zwingen aber <strong>Taxi</strong>fahrer mit<br />

dieser Regelung zu massenhaften Leerfahrten<br />

und erreichen so das genaue Gegenteil.<br />

Abgesehen davon werden die <strong>Taxi</strong>s weiterhin<br />

nicht ausreichen, um den Flughafen<br />

zuverlässig zu bedienen.“<br />

Regine Günther, <strong>Berlin</strong>er Senatorin für<br />

Umwelt, Verkehr und Klimaschutz<br />

Was aber treibt eine grün geführte<br />

Senatsverwaltung dazu, solch eine klimafeindliche<br />

Regelung zu treffen? Um das zu<br />

verstehen, muss man gut ein Jahr zurückblicken:<br />

Die SenUVK hatte im vergangenen<br />

Herbst in letzter Minute (und ohne<br />

die <strong>Taxi</strong>verbände einzubeziehen) mit dem<br />

Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) eine<br />

Vereinbarung ausgehandelt, nach der je<br />

300 <strong>Taxi</strong>s aus <strong>Berlin</strong> und dem LDS (zusammen<br />

600) eine Ladeberechtigung am Flughafen<br />

erhalten, was bei Bedarf auf bis zu je<br />

550 <strong>Taxi</strong>s (zusammen 1.100) erhöht werden<br />

soll. Das bedeutet, dass 98 Prozent aller<br />

<strong>Taxi</strong>s des dünn besiedelten LDS am Flughafen<br />

laden dürfen, während es – nach aktuellem<br />

Stand – immer nur 4,7 Prozent aller<br />

<strong>Berlin</strong>er Taxen sind. Die restlichen 95,3<br />

Prozent müssen stets leer vom Flughafen<br />

nach <strong>Berlin</strong> zurückfahren, was einhellig<br />

als ökologisch und ökonomisch unsinnig<br />

kritisiert wird. Entsprechend empört fielen<br />

damals die Reaktionen im Gewerbe und die<br />

Debatte im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus aus.<br />

Das Verhandlungsergebnis ist aber<br />

zum großen Teil der ungünstigen <strong>Berlin</strong>er<br />

Verhandlungsposition geschuldet, da der<br />

Flughafen im LDS liegt und der dortige<br />

Landrat Stephan Loge offenbar keinen<br />

Grund sah, der <strong>Berlin</strong>er Seite mehr Zugeständnisse<br />

zu machen, wenngleich die<br />

damals 306 im LDS konzessionierten Taxen<br />

– heute sind es unter 300 – den Flughafen<br />

nicht alleine bedienen könnten.<br />

Doch auch die aktuell zugelassenen<br />

600 Taxen reichen nicht aus. Seit die<br />

Zahl der Landungen nach den Corona-<br />

Beschränkungen wieder steigt, herrscht<br />

am BER chronischer <strong>Taxi</strong>mangel. Oft stehen<br />

nur 25 bis 30 Taxen am BER bereit,<br />

was nicht einmal für eine einzige gelandete<br />

Maschine ausreicht. Das ist zum Bedauern<br />

der <strong>Taxi</strong>branche mittlerweile auch medial<br />

ein großes Thema. „Für das Image unserer<br />

Hauptstadt-Region <strong>Berlin</strong>-Brandenburg ist<br />

das eine absolute Katastrophe“, wird Hermann<br />

Waldner, Geschäftsführer von <strong>Taxi</strong><br />

<strong>Berlin</strong>, in einem Bericht der <strong>Berlin</strong>er Zeitung<br />

zitiert. „Kein Wunder, dass viele Gäste<br />

sagen: Erst kriegen sie den Flughafen über<br />

Jahre nicht fertig gebaut, nun gibt es dort<br />

nicht genug <strong>Taxi</strong>s.“<br />

Auch Waldner hält nicht viel von der<br />

80-Prozent-Regel: „Die <strong>Taxi</strong>betreiber sollen<br />

gezwungen werden, zum neuen Flughafen<br />

zu fahren – das ist nicht akzeptabel“.<br />

Ins selbe Horn stößt in der <strong>Berlin</strong>er<br />

Zeitung Leszek Nadolski von der Innung<br />

des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.: Was das<br />

Landesamt hier dekretiere, sei nicht mehr<br />

und nicht weniger als ein Eingriff in die<br />

unternehmerische Freiheit. „<strong>Taxi</strong>betriebe<br />

haben zwar eine Betriebspflicht, aber keine<br />

Behörde kann einem Betrieb im Pflichtfahrgebiet<br />

vorschreiben, dass ein bestimmter<br />

Halteplatz angefahren werden muss. Wie<br />

sollen die Unternehmer bei einer Betriebsprüfung<br />

ihre ungewöhnlichen Leerkilometer<br />

begründen, oder zahlt das LABO dem<br />

Finanzamt die Differenz?“<br />

Keine Seltenheit: Nachfrage > Angebot<br />

Es geht also bei dieser ablehnenden Haltung<br />

um den wirtschaftlichen Aspekt. Die<br />

„erzwungene“ Fahrt nach Schönefeld zum<br />

Bereithalten, die aus dem Westen und Norden<br />

<strong>Berlin</strong>s ziemlich lange dauern kann,<br />

LDS-Landrat Stephan Loge<br />

lohne sich nur, wenn man auch auf dem<br />

Weg zum Flughafen zahlende Kundschaft<br />

im Wagen hat. „Einfach so leer zum BER<br />

fahren – das macht niemand“, so ein Fahrer<br />

gegenüber der <strong>Berlin</strong>er Zeitung. Hermann<br />

Waldner sieht es ebenso kritisch: „Falls<br />

man nicht mindestens drei- bis viertausend<br />

<strong>Taxi</strong>s zum Flughafenservice zulässt, wird<br />

man den Flughafen BER niemals befriedigend<br />

bedienen können. Jedes <strong>Taxi</strong>, welches<br />

einen Fluggast aus der Stadt hinaus<br />

zum Flughafen<br />

bringt, muss<br />

auch wieder<br />

einen zurückkehrenden<br />

Fluggast<br />

nach <strong>Berlin</strong><br />

bringen, sonst<br />

geht diese Rechnung<br />

doch nicht<br />

auf.“<br />

Boto Töpfer<br />

sieht deshalb<br />

d r i n g e n d e n<br />

Nachverhandl<br />

u n g s b e d a r f<br />

– sowohl zur<br />

Zum Nachlesen:<br />

Welche Bedingungen<br />

der<br />

Senat an eine<br />

Bewerbung für<br />

die BER-Ladeberechtigung<br />

geknüpft hat.<br />

Anzahl der Ladeberechtigungen als auch<br />

zur Vereinheitlichung der <strong>Taxi</strong>tarife von<br />

<strong>Berlin</strong> und dem LDS. Nadolski sieht das<br />

genau so: „Alle <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>s sollten eine<br />

Ladeberechtigung erhalten und dafür alle<br />

LDS-<strong>Taxi</strong>s überall in <strong>Berlin</strong> Fahrgäste aufnehmen<br />

können“, zitiert ihn die <strong>Berlin</strong>er<br />

Zeitung. „Wenn statt maximal 600 mehrere<br />

tausend <strong>Taxi</strong>s am Flughafen Fahrgäste<br />

aufnehmen dürften, gäbe es unterm Strich<br />

genug Wagen – und der Hauptstadt-Region<br />

bliebe die jetzige Blamage erspart.“<br />

Doch all diese Forderungen werden<br />

weiterhin ungehört verhallen, solange<br />

der zuständige LDS-Landrat Stephan Loge<br />

das tatsächliche Ausmaß seines regionalen<br />

Protektionismus weiterhin ignoriert.<br />

Waldner drängt deshalb darauf, dass sich<br />

der brandenburgische Infrastrukturminister<br />

Guido Beermann einschaltet. „Er<br />

sollte dringend mit LDS-Landrat Stephan<br />

Loge sprechen. Es besteht auch die rechtliche<br />

Möglichkeit, dass er das Thema ganz<br />

an sich zieht.“<br />

ar/jh<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

23


E-MOBILITÄT<br />

NEWSTICKER<br />

Der Mirai soll mit einer Tankfüllung bis zu<br />

650 Kilometer weit fahren.<br />

DAS H2-TAXI<br />

Das erste Toyota-Mirai-<strong>Taxi</strong> steht derzeit<br />

beim Münchener Autohaus DIT. Der<br />

Japaner fährt elektrisch, der Strom für<br />

die E-Maschine kommt aber nicht aus der<br />

Steckdose, sondern wird an Bord von einer<br />

Brennstoffzelle erzeugt. Lokal emittiert der<br />

Mirai, genau wie andere BEVs (batterieelektrische<br />

Fahrzeuge), kein CO₂, sondern<br />

lediglich ein wenig Wasser. Bereits die<br />

erste Generation des Mirai konnte als <strong>Taxi</strong><br />

geordert werden, mehr Sinn im <strong>Taxi</strong>einsatz<br />

ergibt aber die aktuelle Generation. Im Vergleich<br />

zum Vorgänger ist die Reichweite<br />

größer und der Wagen ist für fünf Personen<br />

zugelassen. Rein optisch macht er einiges<br />

her. Kleine Details wie die eingezogene<br />

Dachlinie in der Fahrzeugmitte fallen erst<br />

beim zweiten Hinsehen auf. Der Mirai ist<br />

derzeit das einzige Brennstoffzellenfahrzeug<br />

auf dem deutschen Markt, das auch<br />

als <strong>Taxi</strong> umgerüstet werden kann. sg<br />

„ELECTRIC ONLY“<br />

BEI MERCEDES<br />

Nachdem sich Volkswagen,<br />

Audi oder auch<br />

Volvo zur Elektromobilität<br />

bekannt haben, zieht jetzt<br />

auch der Stuttgarter Konzern<br />

nach. Anstatt wie bislang<br />

mit „Electric first“, also<br />

einer Vorrangstellung für<br />

elektrifizierte Fahrzeuge,<br />

lautet jetzt das neue Credo<br />

bei Mercedes „Electric only“. Die Marke mit dem Stern will ab 2025<br />

alle neuen Fahrzeugstrukturen rein elektrisch auslegen. In der<br />

Praxis sollen drei neue Elektro-Architekturen geschaffen werden,<br />

die alle Bereiche von mittelgroßen Pkw bis hin zu leichten Nutzfahrzeugen<br />

abdecken sollen. Ziel der neuen Strategie ist es, bis zum<br />

Ende des Jahrzehnts, falls erforderlich, vollelektrisch zu werden.<br />

Natürlich lässt sich der Konzern bei einer so umfassenden<br />

Umstrukturierung nicht auf eine hundertprozentige Kehrtwende<br />

festnageln, denn wo es die Marktbedingungen nicht zulassen, elektrisch<br />

zu fahren, wird es wohl auch weiterhin Mercedes-Benz-<br />

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben. Ob allerdings auch die<br />

<strong>Taxi</strong>flotte diesem exklusiven Club angehören wird, kann angezweifelt<br />

werden. Mit Blick auf die IAA wird deutlich, dass der Strategie<br />

schnell Taten folgen.<br />

sg<br />

NEUES MITSUBISHI-TAXI<br />

Der Mitsubishi Eclipse Cross Plug-in-<br />

Hybrid verfügt standardmäßig über einen<br />

Allradantrieb und kann bis zu 61 Kilometer<br />

rein elektrisch fahren. Mitsubishi setzt auf<br />

einen Benzin-Motor und zwei E-Maschinen.<br />

Besonders sticht dabei der auf Sparsamkeit<br />

getrimmte Verbrenner hervor, der trotz 2,4<br />

Litern Hubraum lediglich 95 PS leistet.<br />

Unterstützung bekommt er von zwei weiteren<br />

E-Maschinen, jeweils eine pro Achse.<br />

Die Systemleistung wird vom Hersteller mit<br />

188 PS angegeben. Als <strong>Taxi</strong> kann das SUV<br />

direkt beim Händler geordert werden. Der<br />

Umbau erfolgt bei Intax in Oldenburg. Dort<br />

kostet das <strong>Taxi</strong>paket inklusive Folierung<br />

990 Euro. Inbegriffen sind eine Vorrüstung<br />

für Taxameter, Dachzeichen und Funkgerät<br />

sowie eine <strong>Taxi</strong>notalarmanlage und ein zentraler<br />

Innenlichtschalter.<br />

sg<br />

Hat das Model 3 ein Schiebedach, wird das Dachzeichen auf einem<br />

Dachträger montiert.<br />

MODEL 3 IN<br />

HELLELFENBEIN<br />

Mit der Auslieferung der ersten Tesla Model 3 mit <strong>Taxi</strong>paket hat<br />

der <strong>Taxi</strong>-Spezialist Intax erste Fotos der umgebauten Fahrzeuge<br />

veröffentlicht. Mit dem Model 3 ist jetzt neben Model S und Model<br />

X das dritte Tesla-Modell mit einem <strong>Taxi</strong>- oder Mietwagenpaket<br />

erhältlich. Das <strong>Taxi</strong>-Paket inklusive Folierung schlägt mit 2.450<br />

Euro zu Buche. Wer keine Folierung benötigt, zahlt lediglich 1.250<br />

Euro. Mittlerweile sind die <strong>Taxi</strong>- und Mietwagen-Pakete direkt über<br />

den sogenannten Tesla-Store bestellbar. Die Fahrzeuge werden dann<br />

bereits umgerüstet und mit voller Werksgarantie ausgeliefert. Wie<br />

bei allen Intax-<strong>Taxi</strong>umrüstungen ist eine komplette Rückrüstung<br />

ohne Probleme möglich.<br />

sg<br />

FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, INTAX<br />

24 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


E-MOBILITÄT<br />

Voraussichtlich<br />

bald häufiger zu<br />

sehen: E-Taxen<br />

an Ladesäulen<br />

(hier in der Persiusstraße).<br />

Viele Fragen<br />

beantwortet die<br />

eMO in den „FAQ“<br />

ihrer Internetseite.<br />

15.000 EURO FÜR JEDES<br />

NEUE BERLINER E-TAXI<br />

Der Senat fördert E-Taxen in der gleichen Höhe wie Inklusionstaxen.<br />

Kombiniert man beide Innovationen, so kann man einschließlich BAFA-<br />

Förderung für ein neues <strong>Taxi</strong> bis zu 39.000 Euro abgreifen.<br />

FOTO: Leszek Nadolski<br />

Das Förderprogramm Wirtschaftsnahe<br />

Elektromobilität (WELMO),<br />

mit dem der <strong>Berlin</strong>er Senat den<br />

Anteil elektrisch angetriebener Gewerbefahrzeuge<br />

möglichst schnell erhöhen<br />

möchte, umfasst seit Anfang Juli auch ein<br />

<strong>Taxi</strong>-Modul.<br />

Wie Birgit Heckmann vom Fachgebiet<br />

Mobilität der Senatsverwaltung für Wirtschaft,<br />

Energie und Betriebe (SenWEB)<br />

bei einem Webinar Anfang Juli erläuterte,<br />

gibt es die Förderung in Höhe von 25<br />

Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben,<br />

also dem Netto-Angebotspreis ohne<br />

BAFA-Förderung (maximal 15.000 Euro je<br />

Fahrzeug) für batterieelektrisch und mit<br />

Brennstoffzellen betriebene <strong>Taxi</strong>s mit bis<br />

zu acht Fahrgastplätzen. Plug-in-<strong>Taxi</strong>s werden<br />

nicht gefördert.<br />

Voraussetzungen für die Förderung sind:<br />

Betriebssitz oder Niederlassung in <strong>Berlin</strong>;<br />

Fahrzeug muss auf den Antragsteller zugelassen<br />

sein und (überwiegend in <strong>Berlin</strong>) als<br />

<strong>Taxi</strong> (nicht als Mietwagen) eingesetzt werden;<br />

Mindestzulassungsdauer: 12 Monate.<br />

Auch die Ladeinfrastruktur ist in <strong>Berlin</strong><br />

förderungsfähig: Für normale Ladesäulen<br />

auf privaten betrieblichen Flächen<br />

in <strong>Berlin</strong> bezahlt das Land 50 Prozent<br />

der Gesamtkosten (maximal 2.500 Euro<br />

pro Ladepunkt). Der Anschluss an das<br />

Niederspannungsnetz wird ebenfalls mit<br />

50 Prozent der Kosten (maximal 2.500<br />

Euro pro Ladepunkt) bezuschusst. Auch<br />

Schnellladesäulen werden mit 50 Prozent<br />

der Gesamtkosten bedacht, wobei hier der<br />

Höchstbetrag bei 30.000 Euro pro Schnellladepunkt<br />

liegt. Der Anschluss an das Mittelspannungsnetz<br />

wird hier mit ebenfalls<br />

50 Prozent der Kosten (maximal 55.000<br />

Euro pro Schnellladepunkt) gefördert.<br />

Was die Ladeinfrastruktur betrifft, so<br />

müssen die zu fördernden Ladepunkte im<br />

Stadtgebiet errichtet werden und den Strom<br />

ausschließlich aus regenerativer Energie<br />

beziehen.<br />

VERLÄNGERUNG DER<br />

FÖRDERUNG WÄRE WICHTIG<br />

Der Fördertopf soll zunächst bis Jahresende<br />

offenstehen. Heckmann hofft auf eine<br />

Fortsetzung, konnte aber angesichts der<br />

bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl<br />

keine verbindliche Prognose über den weiteren<br />

Verlauf abgeben.<br />

Die eMO berät interessierte Unternehmer<br />

in zwei Stufen: In der Potentialberatung<br />

kann der Interessent Aufschluss<br />

darüber erhalten, welche Antriebsart für<br />

sein Unternehmen sinnvoll erscheint. In<br />

der Realisierungsberatung wird genauer<br />

erörtert, welche Fahrzeugmodelle für das<br />

Unternehmen in Betracht kommen, welchen<br />

Anforderungen die Ladeinfrastruktur<br />

gerecht werden muss und welche Kosten<br />

durch die Elektrifizierung eingespart werden<br />

können. Die kostenpflichtige Beratung<br />

wird ebenfalls gefördert.<br />

Manuel Roddelkopf von der Inno2Grid<br />

GmbH, einem Anbieter für nachhaltige<br />

Mobilitätslösungen und Beratungsunternehmen<br />

bei WELMO, rechnet bei den<br />

Betriebskosten mit einer jährlichen Einsparung<br />

von 5.000 bis 6.250 Euro pro Fahrzeug<br />

für den Unternehmer, nicht zuletzt<br />

aufgrund der geringeren Wartungskosten<br />

(kein Ölwechsel usw.). Er erwartet eine<br />

Verfünffachung der E-Mobilität bis 2025,<br />

wofür seiner Einschätzung nach ein enormer<br />

Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine<br />

teilweise Verlagerung der Ladestellen in den<br />

privaten Bereich erforderlich ist. ar<br />

WICHTIGE REIHENFOLGE<br />

BEI DER ANTRAGSTELLUNG<br />

Äußerst wichtig ist die Reihenfolge<br />

von Angebotseinholung, Förderanträgen<br />

und Fahrzeugkauf:<br />

1. Angebot des Händlers einholen<br />

2. WELMO-Antrag stellen und<br />

Zuwendungsbescheid abwarten<br />

(ist man antragsberechtigt?)<br />

<strong>3.</strong> Fahrzeug kaufen oder leasen<br />

4. Antrag auf Umweltbonus beim<br />

Bundesamt für Wirtschaft und<br />

Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellen<br />

und Auszahlung erhalten<br />

5. WELMO-Auszahlung beantragen<br />

und erhalten. Darüber<br />

informiert die IBB Business<br />

Team GmbH auch auf ihrer<br />

Internetseite. Die Antragstellung<br />

erfolgt elektronisch, das<br />

heißt, per Mausklick auf der<br />

Internetseite. Die IBB meldet<br />

sich etwa zwei Wochen nach<br />

Antragstellung.<br />

Mit der Einhaltung der Abfolge<br />

lässt sich ein Verlust des Förderanspruchs<br />

vermeiden. ar<br />

TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />

25


KOLUMNE<br />

UNWISSENHEIT IST STÄRKE<br />

Wir leben in einer Zeit des lebenslangen Lernens, so wurde und wird<br />

es uns erzählt, praktisch bis heute. Diese Ära ist dabei, zu Ende zu<br />

gehen, und das <strong>Taxi</strong> fährt voran.<br />

Demnächst soll ein jeder <strong>Taxi</strong> fahren<br />

dürfen, auch wenn er nicht eine<br />

Straße oder auch nur einen Platz<br />

kennt. Sollte er doch einmal danach gefragt<br />

werden, wird die Antwort die sein, die es<br />

in Amerika zum Running-Gag der gesamten<br />

Dienstleistungsbranche geschafft hat:<br />

„I don’t know, I’m just working here!“ –<br />

Frag’ in Zukunft nicht den <strong>Taxi</strong>fahrer nach<br />

irgendetwas in der Stadt, sondern sei froh,<br />

wenn er Autofahren kann.<br />

Dann wird es passieren,<br />

du kommst<br />

am <strong>Berlin</strong>er Hauptbahnhof<br />

an, steigst<br />

in ein <strong>Taxi</strong>, in dem<br />

der <strong>Taxi</strong>fahrer,<br />

bevor er die Fahrt<br />

beginnen kann, in<br />

sein Navi das Brandenburger<br />

Tor, dein<br />

Fahrziel, eingeben<br />

muss, auch wenn<br />

dies kaum einen<br />

Kilometer entfernt<br />

und praktisch in<br />

Sichtweite liegt.<br />

Vorausgesetzt, der<br />

Fahrer ist des korrekten<br />

Schreibens<br />

kundig, weswegen<br />

die Eingabe wohl bald fernmündlich à la<br />

„Alexa“ erfolgen wird oder bereits erfolgt.<br />

Nun kann es auch schon losgehen mit<br />

deiner Beförderung, alles auf mündliche<br />

Anweisung aus dem Off und völlig ohne<br />

Ortskenntnisse.<br />

Ich will das <strong>Taxi</strong>fahren nicht überbewerten.<br />

Ärzte ohne anatomische „Ortskenntnisse“<br />

wird es wohl nicht geben – oder?<br />

Möglicherweise ist das nur so einer dummer<br />

Spruch, dass derjenige, der nichts<br />

weiß, alles glauben muss. Bestimmt ist<br />

alles ganz anders, und vor allem als man<br />

denkt. Für mich stellt sich mit dem Wegfall<br />

der Ortskunde für <strong>Taxi</strong>fahrer die Frage, ob<br />

ich mich noch einmal hinter das Lenkrad<br />

eines <strong>Taxi</strong>s setze. Warum soll ich mich<br />

selbst downgraden und mich unter Wert<br />

verkaufen? Und überhaupt: <strong>Taxi</strong>fahren hat<br />

auch Ehre!<br />

Falls das mit dem ewigen Dazulernen nun<br />

aber doch noch gilt, dann ist das jetzt nur<br />

eine Phase, die sich morgen, vermutlich<br />

eher übermorgen, ins Gegenteil verkehrt<br />

– und Wissen ist plötzlich wieder wichtig.<br />

Ich schließe das nicht aus, erlaube mir<br />

allerdings anzumerken, dass die Unwissenheit<br />

vergleichsweise zügig voranschreitet<br />

– abwärts geht es bekanntlich immer<br />

schneller. Setzt man es in Relation zu der<br />

Zeit, die nötig ist, um sich Wissen anzueignen,<br />

tippe ich aus dem Bauch heraus<br />

auf 1:5, wenn nicht gar 1:10. Mit anderen<br />

Worten: Um ein Jahr<br />

Unwissenheit wieder<br />

gut zu machen,<br />

bedarf es fünf, wenn<br />

nicht gar 10 Jahre<br />

Wissensaneignung.<br />

Möglicherweise<br />

ist der Point of no<br />

Return, ab dem die<br />

Unwissenheit als<br />

Normalität wahrgenommen<br />

wird, die<br />

dementsprechend<br />

nicht mehr korrigiert<br />

werden muss,<br />

auch schon erreicht.<br />

Denn die Dummheit<br />

des Menschen ist<br />

nicht nur unendlich,<br />

wie Einstein meinte,<br />

sondern es gibt für sie, ganz wie auf unseren<br />

Autobahnen, auch kein Tempolimit.<br />

Immerhin wird uns die fortschreitende<br />

Verdummung seit Jahren überaus erfolgreich<br />

als „Modernisierung“ verkauft.<br />

Dann ist alles egal, dann kann ich auch<br />

mein persönliches Lieblings-Endzeitszenario<br />

verraten, bei der wie eingangs erwähnt<br />

das <strong>Taxi</strong> voran fährt: Ein Mensch von morgen,<br />

ich wette, einer von diesen <strong>Taxi</strong>fahrern<br />

ohne Ortskenntnisse, wird von der<br />

Künstlichen Intelligenz, eine Art Super-<br />

Navi für alles und jeden, mit angenehmer<br />

aber fester Stimme dazu aufgefordert,<br />

einen ganz bestimmten Knopf auf seinem<br />

mobilen End-Gerät zu drücken, weil dies<br />

für die Welt das beste sei. Und was macht<br />

der Mensch von morgen? Genau, er drückt<br />

diesen ganz bestimmten Knopf, und die<br />

Welt wird erlöst sein. Denn die Welt ist besser<br />

dran ohne den Menschen, allen voran<br />

ohne den von morgen.<br />

rm<br />

IMPRESSUM<br />

Verlag<br />

taxi-times Verlags GmbH<br />

Persiusstr. 7<br />

10245 <strong>Berlin</strong>, Deutschland<br />

Telefon: +49 (0)30 / 55 57 92 67-0<br />

E-Mail: info@taxi-times.com<br />

Internet: www.taxi-times.com<br />

Geschäftsführer und V. i. S. d. P.<br />

Jürgen Hartmann (jh)<br />

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Handelsregister: Amtsgericht München<br />

HRB 209524<br />

Redaktion (tt)<br />

Simon Günnewig (sg), Jürgen Hartmann (jh),<br />

Axel Rühle (ar)<br />

E-Mail: tt-berlin@taxi-times.taxi<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Rumen Milkow (rm)<br />

Grafik & Layout<br />

Stanislav Statsenko, layout@inversi-design.de<br />

Anzeigen und Vertrieb<br />

anzeigen@taxi-times.com<br />

Telefon: +49 (0)30 / 55 57 92 67-0<br />

Druck<br />

Silber Druck oHG,<br />

Otto-Hahn-Straße 25<br />

D-34253 Lohfelden<br />

Erscheinungsweise: 4 x pro Jahr<br />

Heftpreis: 3,50 €<br />

(inkl. MwSt und Versand)<br />

ISSN-Nr.: 2367-3842<br />

Weitere Verlagsmagazine:<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> DACH, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> München<br />

Die <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> TZB GmbH bekommt in <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

<strong>Berlin</strong> eigens gekennzeichnete Mitteilungsseiten,<br />

für deren Inhalte die Genannte im Sinne des<br />

Presserechtes selbst verantwortlich ist.<br />

FOTO: Rumen Milkow<br />

26 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI


BERLINER TAXI-NEUIGKEITEN<br />

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STÜTZER<br />

DES TAXI<br />

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www.taxi-times.com<br />

www.taxi-times.com/berlin


Mit Platz für Fahrer * in<br />

und 5 Fahrgäste plus<br />

1 Rollstuhlfahrer * in<br />

oder 7 Fahrgäste. 1<br />

Null Barrieren. Null lokale Emissionen 2 .<br />

Der neue eVito Tourer als rollstuhlgerechtes <strong>Taxi</strong>.<br />

Sorgen Sie für mehr Bewegungsfreiheit – für Ihr Business und für Rollstuhlfahrer*innen<br />

oder Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität: Durch eine<br />

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Zugang zum Innenraum für diese Fahrgastgruppe zum Kinderspiel. Der vollelektrische<br />

eVito Tourer PRO mit Heckausschnitt und Auffahrrampe der Firma<br />

AMF-Bruns GmbH & Co. KG 3 fährt lokal immer emissionsfrei – und das bis<br />

zu 421 km weit ohne Nachladen 4 . Ausführliche Informationen zu diesem<br />

Fahrzeug erhalten Sie von unserem <strong>Taxi</strong>Team im <strong>Taxi</strong>-Kompetenzcenter des<br />

AirportCenters der Mercedes-Benz Niederlassung <strong>Berlin</strong>: online, telefonisch<br />

unter +49 30 3901 6212 und gern auch persönlich bei uns vor Ort.<br />

eVito Tourer PRO extralang: Leistung 150 kW, Stromverbrauch in kWh/100 km<br />

(kombiniert): 26,2 4 ; CO 2<br />

-Emissionen in g/km (kombiniert): 0 4 ; Energieeffizienzklasse<br />

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Mehr Informationen und Angebote zum Thema finden<br />

Sie auch unter www.benz.me/inklusionstaxi<br />

1<br />

Konfigurationen sind abhängig von optional erhältlichen, aufpreispflichtigen Sonderausstatttungen.<br />

| 2 Der eVito Tourer fährt lokal emissionsfrei. | 3 Mercedes-Benz VanPartner: AMF-<br />

Bruns GmbH & Co. KG, Hauptstraße 101, 26689 Apen; E-Mail: hubmatik@amf-bruns.de; Telefon:<br />

+49 4489 727101; www.amf-bruns.de. Rechtlicher Hinweis: Die Listung der aufgeführten<br />

Produkte stellt keine Empfehlung der Mercedes-Benz AG dar. Sie und ihre verbundenen<br />

Unternehmen übernehmen keine Haftung für die Inhalte der hier dargestellten Informationen.<br />

Alle Angaben zum Fahrzeug sind als annähernd zu betrachten. Informationen bezüglich<br />

des Aufbaus stammen ausschließlich vom Aufbauhersteller und werden auch von diesem<br />

eingestellt. Die Mercedes-Benz AG hat die Informationen des Aufbauherstellers nicht auf<br />

Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft und übernimmt auch keinerlei Haftung oder Garantie<br />

für die Informationen des Aufbauherstellers. Die hier angegebenen technischen Daten bilden<br />

beispielhaft eine zu erwerbende Fahrzeugvariante ab und können vom kaufbaren Fahrzeug<br />

abweichen. Die Ansichten und Darstellung sind beispielhaft für das hier präsentierte Produkt<br />

und stellen nicht den am Ende kaufbaren Endzustand des Fahrzeugs dar. Die teilweise hinterlegten<br />

Ausstattungsumfänge des Grundfahrzeugs bilden nicht den vollen Umfang ab. Die<br />

Ausstattungsumfänge des Grundfahrzeugs müssen in Abstimmung mit dem Aufbauhersteller<br />

gewählt werden, damit der volle Einsatzzweck und die Sicherheit für den Anwender gewährleistet<br />

werden können. | 4 Stromverbrauch und Reichweite wurden auf der Grundlage der<br />

VO 692/2008/EG ermittelt. Stromverbrauch und Reichweite sind abhängig von der Fahrzeugkonfiguration,<br />

insbesondere von der Auswahl der Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung. Die<br />

tatsächliche Reichweite ist zudem abhängig von der individuellen Fahrweise, von Straßenund<br />

Verkehrsbedingungen, der Außentemperatur, Nutzung von Klimaanlage/Heizung etc. und<br />

kann ggf. abweichen. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den<br />

offiziellen spezifischen CO 2<br />

-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem Leitfaden<br />

über den Kraftstoffverbrauch, die CO 2<br />

-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen<br />

entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der DAT Deutsche<br />

Automobil Treuhand GmbH (www.dat.de) unentgeltlich erhältlich ist.<br />

Anbieter:<br />

Mercedes-Benz AG, Niederlassung <strong>Berlin</strong> | 10 x in und um <strong>Berlin</strong><br />

Salzufer 1, 10587 <strong>Berlin</strong>, Telefon +49 30 3901 2000, www.mercedes-benz-berlin.de<br />

<strong>Taxi</strong>-Kompetenzcenter: AirportCenter <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, Hans-Grade-Allee 61 in Schönefeld (Verkauf & Service) und Prinzessinnenstraße 21–24 in Kreuzberg (Service)

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