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AKTUELL<br />
spiel für die himmlische Katastrophe durch:<br />
rwald, Bayerwald und <strong>Thermenland</strong><br />
Hoffnung auf genügend Weitblick: Das Vera Rubin-Observatorium in Chile geht in gut zwei Jahren<br />
in Betrieb. Dieses Teleskop hätte den Asteroiden dieses Planspiels schon viele Jahre vor dem Einschlag<br />
erfasst. Damit wäre eine Rettung möglich gewesen. Foto: LSST Project/NSF/AURA<br />
Lorenzen: Auch dramatisch. Anfangs<br />
weiß man wirklich nicht, wie groß dieser<br />
Brocken ist. In den Teleskopen bleibt so<br />
ein Objekt ja nur ein Punkt. Dann gibt es<br />
Modellannahmen, die hängen einfach nur<br />
davon ab, wie viel Licht denn die Oberfläche<br />
dieses Asteroiden reflektiert, das heißt<br />
anfangs weiß man nur zwischen 50 und<br />
700 Metern groß, also ein gewaltiger Unterschied.<br />
Und dann muss man wirklich<br />
auf das Radar warten. Das heißt, wenn<br />
der Asteroid der Erde schon nah genug<br />
ist, dass man ihn mit Radarwellen, mit<br />
großen Radioteleskopen erreicht, dann<br />
kann man ihn sehr genau vermessen. Die<br />
genauen Ausmaße liegen also erst wenige<br />
Tage vor dem Einschlag vor und da war<br />
klar: Da kommt ein Brocken, der ist etwa<br />
100 Meter groß und der kommt mit<br />
34.000 Kilometern pro Stunde und wird –<br />
auch das war mit den den Radardaten<br />
jetzt auf etwa 20 Kilometer sicher –, in der<br />
Gegend von Passau einschlagen.<br />
Evakuierung unmöglich<br />
Krauter: Wenn aus dem Spiel ernst würde<br />
und heute Abend tatsächlich solch ein<br />
Meteorit in Süddeutschland einschlagen<br />
würde – wie verheerend wäre das denn?<br />
Lorenzen: Auf jeden Fall sehr schlimm.<br />
Wie schlimm hängt davon ab, ob der Asteroid<br />
eher locker aufgebaut ist, also aus<br />
Eis und Staub nur so etwas zusammengedrückt,<br />
oder ein sehr massiver Körper<br />
auch noch mit Metall darin – auch das<br />
weiß man vorher nicht. Sicher ist nur: In<br />
rund 50 Kilometer Umkreis um die Einschlagstelle<br />
wäre alles verwüstet – in<br />
einem Umkreis von 150 Kilometer gäbe<br />
es sehr schwere Schäden, das wäre in<br />
diesem Planspiel ein Gebiet, das sich von<br />
Prag bis Berchtesgaden erstreckt. So<br />
einen großen Bereich binnen nur weniger<br />
Tage zu evakuieren, das ist natürlich<br />
kaum möglich. So ein Einschlag hätte<br />
schreckliche Folgen.<br />
Sprengung ist keine Option<br />
Krauter: Nun tüfteln die Experten der<br />
Planetary Defence Society, die dieses<br />
Planspiel organisiert und durchgeführt<br />
haben, ja auch an Methoden, um solche<br />
Katastrophen letztlich zu verhindern.<br />
Ließe sich denn so ein Einschlag irgendwie<br />
abwenden? Also Bruce Willis hat das<br />
im Hollywood-Streifen Armaggedon ja<br />
mal vorgemacht…<br />
Lorenzen: Ja, in Hollywood funktioniert<br />
das gut, aber sprengen bringt gar nichts,<br />
da käme dann eine Schrotladung. Bei<br />
sechs Monaten Vorwarnzeit kann man<br />
gar nichts machen. Wenn man langfristig<br />
Bescheid weiß, viele Jahre vorher, dann<br />
kann man eine Raumsonde hinschicken<br />
und zum Beispiel den Asteroiden rammen.<br />
Dann wird er ein klein bisschen aus<br />
der Bahn geschubst, aber dass reicht, dass<br />
er dann Jahre später die Erde nicht trifft,<br />
sondern knapp an ihr vorbeizieht.<br />
„Irgendwann fällt uns<br />
der Himmel auf den Kopf“<br />
Krauter: Wie realistisch ist das Szenario<br />
jetzt letztlich, das die Experten da durchgespielt<br />
haben. Sind Asteroiden wirklich<br />
eine ernstzunehmende Gefahr, die man<br />
auf dem Schirm haben sollte?<br />
Lorenzen: Die Wahrscheinlichkeit eines<br />
Treffers ist wirklich sehr gering. Insofern<br />
könnte man auch sagen, dass man es vergessen<br />
sollte. Aber: Wenn es denn erfolgt,<br />
dann kommt es doch zu sehr fatalen Folgen.<br />
Das Nördlinger Ries ist ein über 20<br />
Kilometer großer Krater auf der Schwäbischen<br />
Alb – entstanden vor 15 Millionen<br />
Jahren. Da könnte man sagen, das ist doch<br />
lange her, aber erdgeschichtlich war das<br />
erst letzte Woche. Das heißt: So ein Treffer<br />
könnte eigentlich jederzeit wieder erfolgen<br />
und würde ganz Europa verwüsten. Die<br />
Frage ist also nicht, ob die Erde irgendwann<br />
wieder von einem Asteroiden bedroht<br />
wird. Es muss niemand panisch<br />
werden, aber es ist völlig klar, dass die Erde<br />
irgendwann wieder von einem Asteroiden<br />
bedroht wird, sondern nur, wann das ist.<br />
Da liegen eben jetzt die Astronomen auf<br />
der Lauer, möchten die Objekte eben finden,<br />
damit man sie rechtzeitig ablenken<br />
können. Und wie man das Unheil<br />
eben abwenden kann, das spielen sie eben<br />
immer wieder auf solchen Konferenzen<br />
durch, um die Erde dann im entscheidenden<br />
Moment retten zu können.<br />
„Irgendwann dürfte uns der Himmel<br />
wieder auf den Kopf fallen, aber mit etwas<br />
Glück nicht allzu bald“, schloss Ralf<br />
Krauter launig das Gespräch mit Dirk<br />
Lorenzen über einen verheerenden Asteroiden-Einschlag,<br />
der auch das <strong>Thermenland</strong><br />
mit von der Erde getilgt hätte, aber<br />
so –gottseidank –nie stattfand. sam<br />
In seinem soeben erschienen Buch „Der neue<br />
Wettlauf ins All: Die Zukunft der Raumfahrt“<br />
hat Dirk H. Lorenzen den Gefahren, die aus<br />
dem Weltall auf uns zukommen können, ein<br />
eigenes Kapitel gewidmet.<br />
Erschienen im Verlag Kosmos, 208 Seiten,<br />
gebunden, 25 Euro, ISBN 978-3-440-17271-1<br />
7<br />
www.thermenland-magazin.de