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Thermenland_11-2021

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AKTUELL<br />

spiel für die himmlische Katastrophe durch:<br />

rwald, Bayerwald und <strong>Thermenland</strong><br />

Hoffnung auf genügend Weitblick: Das Vera Rubin-Observatorium in Chile geht in gut zwei Jahren<br />

in Betrieb. Dieses Teleskop hätte den Asteroiden dieses Planspiels schon viele Jahre vor dem Einschlag<br />

erfasst. Damit wäre eine Rettung möglich gewesen. Foto: LSST Project/NSF/AURA<br />

Lorenzen: Auch dramatisch. Anfangs<br />

weiß man wirklich nicht, wie groß dieser<br />

Brocken ist. In den Teleskopen bleibt so<br />

ein Objekt ja nur ein Punkt. Dann gibt es<br />

Modellannahmen, die hängen einfach nur<br />

davon ab, wie viel Licht denn die Oberfläche<br />

dieses Asteroiden reflektiert, das heißt<br />

anfangs weiß man nur zwischen 50 und<br />

700 Metern groß, also ein gewaltiger Unterschied.<br />

Und dann muss man wirklich<br />

auf das Radar warten. Das heißt, wenn<br />

der Asteroid der Erde schon nah genug<br />

ist, dass man ihn mit Radarwellen, mit<br />

großen Radioteleskopen erreicht, dann<br />

kann man ihn sehr genau vermessen. Die<br />

genauen Ausmaße liegen also erst wenige<br />

Tage vor dem Einschlag vor und da war<br />

klar: Da kommt ein Brocken, der ist etwa<br />

100 Meter groß und der kommt mit<br />

34.000 Kilometern pro Stunde und wird –<br />

auch das war mit den den Radardaten<br />

jetzt auf etwa 20 Kilometer sicher –, in der<br />

Gegend von Passau einschlagen.<br />

Evakuierung unmöglich<br />

Krauter: Wenn aus dem Spiel ernst würde<br />

und heute Abend tatsächlich solch ein<br />

Meteorit in Süddeutschland einschlagen<br />

würde – wie verheerend wäre das denn?<br />

Lorenzen: Auf jeden Fall sehr schlimm.<br />

Wie schlimm hängt davon ab, ob der Asteroid<br />

eher locker aufgebaut ist, also aus<br />

Eis und Staub nur so etwas zusammengedrückt,<br />

oder ein sehr massiver Körper<br />

auch noch mit Metall darin – auch das<br />

weiß man vorher nicht. Sicher ist nur: In<br />

rund 50 Kilometer Umkreis um die Einschlagstelle<br />

wäre alles verwüstet – in<br />

einem Umkreis von 150 Kilometer gäbe<br />

es sehr schwere Schäden, das wäre in<br />

diesem Planspiel ein Gebiet, das sich von<br />

Prag bis Berchtesgaden erstreckt. So<br />

einen großen Bereich binnen nur weniger<br />

Tage zu evakuieren, das ist natürlich<br />

kaum möglich. So ein Einschlag hätte<br />

schreckliche Folgen.<br />

Sprengung ist keine Option<br />

Krauter: Nun tüfteln die Experten der<br />

Planetary Defence Society, die dieses<br />

Planspiel organisiert und durchgeführt<br />

haben, ja auch an Methoden, um solche<br />

Katastrophen letztlich zu verhindern.<br />

Ließe sich denn so ein Einschlag irgendwie<br />

abwenden? Also Bruce Willis hat das<br />

im Hollywood-Streifen Armaggedon ja<br />

mal vorgemacht…<br />

Lorenzen: Ja, in Hollywood funktioniert<br />

das gut, aber sprengen bringt gar nichts,<br />

da käme dann eine Schrotladung. Bei<br />

sechs Monaten Vorwarnzeit kann man<br />

gar nichts machen. Wenn man langfristig<br />

Bescheid weiß, viele Jahre vorher, dann<br />

kann man eine Raumsonde hinschicken<br />

und zum Beispiel den Asteroiden rammen.<br />

Dann wird er ein klein bisschen aus<br />

der Bahn geschubst, aber dass reicht, dass<br />

er dann Jahre später die Erde nicht trifft,<br />

sondern knapp an ihr vorbeizieht.<br />

„Irgendwann fällt uns<br />

der Himmel auf den Kopf“<br />

Krauter: Wie realistisch ist das Szenario<br />

jetzt letztlich, das die Experten da durchgespielt<br />

haben. Sind Asteroiden wirklich<br />

eine ernstzunehmende Gefahr, die man<br />

auf dem Schirm haben sollte?<br />

Lorenzen: Die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Treffers ist wirklich sehr gering. Insofern<br />

könnte man auch sagen, dass man es vergessen<br />

sollte. Aber: Wenn es denn erfolgt,<br />

dann kommt es doch zu sehr fatalen Folgen.<br />

Das Nördlinger Ries ist ein über 20<br />

Kilometer großer Krater auf der Schwäbischen<br />

Alb – entstanden vor 15 Millionen<br />

Jahren. Da könnte man sagen, das ist doch<br />

lange her, aber erdgeschichtlich war das<br />

erst letzte Woche. Das heißt: So ein Treffer<br />

könnte eigentlich jederzeit wieder erfolgen<br />

und würde ganz Europa verwüsten. Die<br />

Frage ist also nicht, ob die Erde irgendwann<br />

wieder von einem Asteroiden bedroht<br />

wird. Es muss niemand panisch<br />

werden, aber es ist völlig klar, dass die Erde<br />

irgendwann wieder von einem Asteroiden<br />

bedroht wird, sondern nur, wann das ist.<br />

Da liegen eben jetzt die Astronomen auf<br />

der Lauer, möchten die Objekte eben finden,<br />

damit man sie rechtzeitig ablenken<br />

können. Und wie man das Unheil<br />

eben abwenden kann, das spielen sie eben<br />

immer wieder auf solchen Konferenzen<br />

durch, um die Erde dann im entscheidenden<br />

Moment retten zu können.<br />

„Irgendwann dürfte uns der Himmel<br />

wieder auf den Kopf fallen, aber mit etwas<br />

Glück nicht allzu bald“, schloss Ralf<br />

Krauter launig das Gespräch mit Dirk<br />

Lorenzen über einen verheerenden Asteroiden-Einschlag,<br />

der auch das <strong>Thermenland</strong><br />

mit von der Erde getilgt hätte, aber<br />

so –gottseidank –nie stattfand. sam<br />

In seinem soeben erschienen Buch „Der neue<br />

Wettlauf ins All: Die Zukunft der Raumfahrt“<br />

hat Dirk H. Lorenzen den Gefahren, die aus<br />

dem Weltall auf uns zukommen können, ein<br />

eigenes Kapitel gewidmet.<br />

Erschienen im Verlag Kosmos, 208 Seiten,<br />

gebunden, 25 Euro, ISBN 978-3-440-17271-1<br />

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www.thermenland-magazin.de

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