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FOCUS Magazin 47:2021 Vorschau

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Seite 6<br />

In einem aufgewühlten Land<br />

EDITORIAL<br />

Von Robert Schneider, Chefredakteur<br />

Fotos: Jens Oellermann für <strong>FOCUS</strong>-<strong>Magazin</strong>,Peter Rigaud/<strong>FOCUS</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

unser Land zwischen zwei Regierungen,<br />

die Sehnsucht nach Aufbruch, auch wenn<br />

Corona alles zu hemmen scheint. Und<br />

plötzlich grüßt das Gestern.<br />

Ja, als gestrig, üppig-besitzstandswahrend<br />

empfand ich am Dienstag die Nachricht<br />

über die Größe des Büros der künftigen<br />

Altkanzlerin Angela Merkel. Neun<br />

Mitarbeiter und Monatsgehälter bis zu<br />

10 000 Euro, obwohl 2019 der Haushaltsausschuss<br />

des Bundestages beschlossen<br />

hatte, dass künftige Bundeskanzler nach<br />

ihrer Amtszeit höchstens fünf Mitarbeiter<br />

haben dürften. Will Merkel sich als Reserve-Kanzlerin<br />

positionieren, falls Scholz<br />

ausfallen sollte? Gebt ihr doch gleich ein<br />

Büro im Kanzleramt, da sind die Wege zum<br />

gemeinsamen Kaffee kürzer, und billiger<br />

wäre es für den Steuerzahler auch …<br />

Doch im Ernst: Mit dem Bild der „schwäbischen<br />

Hausfrau“, mit dem Merkel so<br />

gerne kokettiert hat, ist dieser „Hofstaat“<br />

ebenso wenig zu vereinbaren wie mit<br />

ihrem Image als persönlich bescheidene<br />

Kanzlerin, die am Freitagabend vor der<br />

Fahrt in die Uckermark noch schnell im<br />

Supermarkt „Ullrich“ einkaufen war.<br />

Möglicherweise ist Angela Merkel nicht<br />

klar, auf welche Mühlräder sie da Wasser<br />

leitet. Viele Bürger werden sicher enttäuscht<br />

denken: Sie also auch. Es ist Wasser<br />

auf die Mühlen der Entfremdung zwischen<br />

den gerne so bezeichneten „kleinen<br />

Leuten“ und denen da oben. Nach der<br />

Melodie: Die, die eh schon alles haben,<br />

bekommen immer mehr, und wir können<br />

sehen, wo wir bleiben. Staatsverächter<br />

und radikale Spinner verstärken diesen<br />

Chor nur zu gerne!<br />

An Beispielen ist aus deren Sicht kein<br />

Mangel: Politiker, die oft nicht mehr wissen,<br />

was der Sprit kostet, verordnen den<br />

Bürgern mit wechselnden Gründen noch<br />

höhere Benzinpreise. Oder: Politiker und<br />

Beamte, deren Altersbezüge für Angestellte<br />

unerreichbar sind, verordnen diesen die<br />

Rente mit 67, 68 oder gar 69.<br />

Die Gräben in unserer Gesellschaft sind<br />

so tief wie breit. Sie tun sich auf<br />

zwischen Stadt und Land, Jung<br />

und Alt, zwischen denen, die<br />

als Beamte oder Festangestellte<br />

eine sichere Zukunftsperspektive<br />

genießen, und denen, die in der Welt der<br />

befristeten Arbeitsverträge, der Scheinselbstständigkeit<br />

und des Niedriglohnsektors<br />

leben. Zwischen der Welt der<br />

Sicherheit und des Wohlstands sowie der<br />

Welt der Zukunftsangst und der Kargheit<br />

gibt es wenig Berührungspunkte.<br />

Das ist natürlich eine Schwarz-Weiß-<br />

Sicht auf die Verhältnisse, aber manchmal<br />

verhilft gerade sie zu Erkenntnissen. Ich<br />

frage mich zum Beispiel, warum so viele<br />

Bürger sich so hartnäckig den ehrlichen<br />

und in der Sache ja allzu berechtigten<br />

Impfappellen von Politik, Wirtschaft und<br />

Wissenschaft verschließen?<br />

Mein Verdacht: Neben den Esoterikern,<br />

Freiheitspuristen und gewissenlosen<br />

Populisten geht es vielen um ein Zeichen<br />

des Protests gegen Verhältnisse, die von<br />

ihnen als zutiefst ungerecht und als Kränkung<br />

empfunden werden. Die Zündstoffe<br />

können wechseln; man denke nur an den<br />

Euro oder die Flüchtlingskrise.<br />

Die Verweigerung des Impfens oder des<br />

Masketragens ist auch und vielleicht nicht<br />

einmal zuletzt Ausdruck einer Dagegen-<br />

Haltung, einer Nicht-mein-Staat-Haltung.<br />

Wer so denkt und empfindet, der sieht<br />

sich auch nicht mehr an Gesetze gebunden.<br />

Das Phänomen ist nicht unbekannt.<br />

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20. November <strong>2021</strong> | #3<br />

Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch<br />

Schon in den 70er und vor allem in den<br />

80er Jahren regten sich heftige Proteste<br />

gegen Symbolprojekte wie den Ausbau<br />

des Frankfurter Flughafens oder das atomare<br />

Endlager in Gorleben. Neben dem<br />

Widerstand aus der Region, der sich an<br />

konkreten Umständen wie der Rodung<br />

von Wäldern entzündete, manifestierte<br />

sich hier auch eine bundesweit vor allem<br />

in der Jugend verbreitete Dagegen-Haltung<br />

von links.<br />

Ich glaube nicht, dass man mit Sozialpolitik<br />

und Umverteilung dieser Dagegen-<br />

Haltung von heute beikommt. Für mich<br />

gehört zu den tieferliegenden Ursachen,<br />

dass Rechte und Pflichten in Deutschland<br />

aus dem Gleichgewicht geraten sind. Wer<br />

als Einzelner Rechte und Freiheiten einfordert,<br />

hat immer auch eine Verantwortung.<br />

Für sich und für die Gemeinschaft, die ihm<br />

diese Rechte gewährt.<br />

Wer das Recht auf eine umfassende und<br />

bestmögliche gesundheitliche Versorgung<br />

geltend macht, muss sich meiner Meinung<br />

nach selbst die Frage nach der Pflicht zum<br />

Impfen stellen. Wer als Staatsbediensteter<br />

ganz unmittelbar von unserem Gemeinwesen<br />

lebt, sollte gar nicht erst auf die<br />

Impfpflicht warten, sondern der Aufforderung<br />

durch ebendiesen Staat nachkommen.<br />

Wer als Unternehmer die trotz<br />

aller berechtigter Kritik gute Infrastruktur<br />

in Deutschland in Anspruch<br />

nimmt, sollte nicht versuchen, Steuern<br />

zu vermeiden. Wer als Dienstleister<br />

seinen Kunden einen guten Service<br />

bieten will, um auf dieses Weise<br />

gutes Geld zu verdienen, sollte seine<br />

Mitarbeiter (Paketboten, Pizzabäcker<br />

z. B.) ebenso gut behandeln und bezahlen.<br />

Wer öffentliche Anlagen jedweder<br />

Art (Parks, Spielplätze) nutzt, sollte sie<br />

so pfleglich behandeln wie sein persönliches<br />

Eigentum.<br />

Schaffen wir ein solches Umdenken?<br />

Vielleicht, denn Krisenzeiten sind für Veränderungen<br />

nicht die schlechtesten Zeiten.<br />

Vor allem aber braucht es viele, die<br />

die Balance von Rechten und Pflichten<br />

überzeugend vorleben. Denn es geht um<br />

unser Land. Um unseren Wohlstand. Um<br />

einen Aufbruch!<br />

Herzlich Ihr<br />

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<strong>FOCUS</strong> <strong>47</strong>/<strong>2021</strong> 3

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