Piaggio: Neuheiten 2012 - ZWEIRAD-online
Piaggio: Neuheiten 2012 - ZWEIRAD-online
Piaggio: Neuheiten 2012 - ZWEIRAD-online
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20 Reportage<br />
Route B4<br />
abgefahren und fotografiert von Mathias<br />
Autobahnausfahrt Nürnberg<br />
Fischbach: Gleich<br />
neben der Unterführung<br />
steht der ersten Hinweis<br />
auf die B4. Eine Bundesstraße<br />
in Deutschland, die viele Franken<br />
kennen. Wo führt die eigentlich<br />
hin? Wen ich auch frage,<br />
die meisten kommen bis Bamberg<br />
oder Coburg. „Und dann<br />
ging sie, glaube ich, früher in die<br />
DDR.“ Glauben heißt nicht wissen,<br />
pflegte mein Vater bei solchen<br />
Antworten zu sagen. Also<br />
mache ich mich zuerst im Internet,<br />
dann real auf die Spurensuche.<br />
Frei nach dem Motto: Route<br />
66 kann schließlich jeder; aber<br />
einmal die B4 komplett abzufahren,<br />
müsste doch auch seinen<br />
Reiz haben.<br />
Die B4 endet in Bad Bramsted.<br />
Bad Bramsted? Das liegt doch<br />
irgendwo in Norddeutschland.<br />
Genau genommen knapp 50 Kilometer<br />
nördlich vom Hamburg<br />
gleich neben der nach Flensburg<br />
führenden Autobahn A7.<br />
Sie folgt im Abschnitt von<br />
Braunschweig bis in die Nähe<br />
Der erste Hinweis an<br />
der Autobahnausfahrt<br />
Nürnberg-Fischbach.<br />
von Hamburg einer jahrhundertealten<br />
mitteleuropäischen Post-<br />
und Verkehrsverbindung, die<br />
als „Salzstraße“ bekannt war. In<br />
diesem Abschnitt geht die heutige<br />
Trasse, mit Ausnahme der in<br />
neuerer Zeit gebauten Ortsumgehungen<br />
und Autobahnabschnitte<br />
auf die Zeit um 1800<br />
zurück. Hat also schon ganz<br />
schön was auf dem Buckel, die<br />
B4.<br />
Früher führte sie als Handelsstraße<br />
sogar weiter bis Kiel, aber<br />
als man dort um 1990 die Autobahn<br />
baute, wurde die Straße<br />
zur Landesstraße zurückgestuft.<br />
Und das hat finanzielle Gründe:<br />
Jetzt muss das Land für den Unterhalt<br />
aufkommen, nicht mehr<br />
der Bund.<br />
Die B4 ist heute 610 Kilometer<br />
lang und damit eine kürzere<br />
Verbindung zwischen Nürnberg<br />
und Hamburg als die Autobahn.<br />
Auf der würde es freilich erheblich<br />
schneller gehen.<br />
An einem schönen Sommertag<br />
stehe ich an der Fischbacher<br />
Autobahnausfahrt, fotografiere<br />
das erste Schild, nehme mir fest<br />
vor: Es soll eine gemütliche Reise<br />
werden. Doch wie schon oft<br />
bleibt es bei diesem Vorsatz.<br />
Mein Motorrad für diese Tour<br />
ist eine BMW F 650 GS. Ursprünglich<br />
war ein 400er Peugeot-Roller<br />
eingeplant, aber ich<br />
bekomme auf ihm nach längerer<br />
Fahrt Kreuzschmerzen. Was<br />
sicher nicht am Roller, sondern<br />
meinen nicht mehr ganz jungen<br />
Knochen liegen wird.<br />
Und so entscheide ich mich für<br />
die BMW, obwohl sie als kurzfristig<br />
gebuchtes Testfahrzeug<br />
nur in der 34-PS-Version zur<br />
Verfügung steht. Umso besser,<br />
denke ich, ich habe es ja nicht<br />
eilig.<br />
Die ersten Meter sind reine<br />
Pflichtübung, Nürnberg, Erlangen<br />
und Forchheim schnell abgehakt.<br />
Denn die alte B4 existiert<br />
hier nicht mehr als Bundesstraße,<br />
sie wurde nach dem Bau der<br />
A 73 - landläufig auch „Frankenschnellweg“<br />
genannt – ebenfalls<br />
zur Landstraße heruntergestuft.<br />
Während ich gen Bamberg<br />
brumme, fällt mir wieder ein,<br />
wie ich als kleiner Junge mit<br />
meinen Eltern am Erlanger Hugenottenplatz<br />
stand und den<br />
Fernfahrern nachsah. Die saßen<br />
mit einer Ledermütze und kräftigen<br />
Oberarmen hinter riesigen<br />
Steuerrädern, fuhren damals<br />
auf der B4 noch mitten durch<br />
die Stadt, und mein Vater erklärte<br />
mir, dass ihre Reise wohl bis<br />
nach Hamburg oder weiter gehen<br />
würde. Hamburg - das war<br />
für mich damals ungefähr so<br />
weit weg wie Amerika. Oder der<br />
Mond.<br />
Heute fährt kein Lkw mehr<br />
durch die Fußgängerzone über<br />
den Erlanger Hugenottenplatz,<br />
die Fernfahrern nennen sich<br />
heute Trucker sind und meist<br />
unterbezahlte Osteuropäer,<br />
die allabendlich um die letzten<br />
freien Stellplätze auf Raststätten<br />
und Autohöfen kämpfen.<br />
Die weite Welt-Romantik mit<br />
Fernweh - sollte es sie je gegeben<br />
haben - ist heute der sturen<br />
Fahrerei und Termindruck ohne<br />
Ende gewichen.<br />
Darüber sinnierend erreiche<br />
ich Bamberg. Hier gibt es sie<br />
noch, die echte B4. Sie führt ordentlich<br />
ausgeschildert sogar<br />
durch die Innenstadt und am<br />
historischen Hafen mit seinen<br />
Kranen vorbei. Ich bin geistig<br />
bereits auf der Touri-Schiene,<br />
wobei Bamberg für einen Erlanger<br />
natürlich nicht wirklich auswärtig<br />
ist.<br />
Absteigen, fotografieren, aha,<br />
sagen zwei ältere Oberfränkinnen,<br />
als sie die BMW mit dem<br />
Münchner Nummerntaferl passieren,<br />
da schauen die Münchner,<br />
wie schön es bei uns in<br />
Franken ist.<br />
Über Hallstadt geht es hinaus<br />
in den Itzgrund. Hier hat die B4<br />
noch ihren Namen, obwohl die<br />
weitaus bequemere Verbindung<br />
nach Coburg inzwischen über<br />
die Autobahn und Lichtenfels<br />
führt.<br />
Der Itzgrund hat seitdem wieder<br />
seine Ruhe gefunden. Früher<br />
wurde die Stecke zwischen<br />
Breitengüßbach und Untersiemau<br />
oft zur Geduldsprobe, denn<br />
der gesamte Schwerverkehr rollte<br />
hier in den Coburger Raum<br />
und Überholen war auf der teils<br />
unübersichtlichen Straße mit<br />
dem starken Gegenverkehr gefährlich<br />
bis unmöglich. Und es<br />
gibt auf halber Strecke sogar<br />
noch einen Trucker-Imbiss, der<br />
aber inzwischen ein echter Geheimtipp<br />
sein dürfte.<br />
Kurz vor Coburg wird die B4<br />
vierspurig und führt gut ausgebaut<br />
durch die Stadt. Danach<br />
ist wieder für viele Kilometer<br />
Schluss. Erst hinter Eisfeld ist<br />
die B4 wieder auf den Karten<br />
ausgeschildert, bis dorthin dient<br />
die A 73 als Ersatz. Der Bund<br />
spart eben, wo er kann, und<br />
drückt die Unterhaltskosten den<br />
Ländern aufs Auge.