IV. Berufsausbildung (§ 1 Abs. 2 BBiG) - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Das Bundesarbeitsgericht hat für die Anwendung des Schwerbehindertenrechts<br />
auf Auszubildende betont, dass die Frage, ob Elemente<br />
des Arbeitsverhältnisses oder des Erziehungsverhältnisses überwögen,<br />
nicht einheitlich, sondern im Hinblick auf die jeweilige<br />
Rechtsfrage und den Zweck des Gesetzes zu beantworten sei 1 .<br />
b) Bedeutsamkeit des Streits<br />
7 Die praktische Bedeutung dieses Meinungsstreites ist gering. Dies ergibt<br />
sich aus <strong>§</strong> 3 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BBiG</strong>:<br />
8Û<br />
<strong>§</strong>3 Vertrag<br />
Hinweis: Gemäß <strong>§</strong> 3 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BBiG</strong> sind auf den <strong>Berufsausbildung</strong>svertrag,<br />
soweit sich aus seinem Wesen und Zweck nichts<br />
anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften<br />
und -grundsätze anzuwenden (Beispiele siehe Rz. 82 ff.).<br />
c) Wertung<br />
9 Die Regelung des <strong>§</strong> 3 <strong>Abs</strong>. 2 <strong>BBiG</strong> legt klar, dass das Ausbildungsverhältnis<br />
nach gesetzgeberischer Wertung nicht als reines Arbeitsverhältnis<br />
betrachtet werden kann, ansonsten hätte es einer solchen<br />
Vorschrift nicht bedurft. Für diese Sichtweise streitet auch, dass die<br />
synallagmatischen Hauptleistungspflichten bei Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen<br />
differieren. Die Hauptpflicht des Auszubildenden<br />
besteht im Gegensatz zu derjenigen des Arbeitnehmers nicht in der<br />
Erbringung von Arbeitsleistungen, sondern in der Ausbildung. Die<br />
Hauptpflicht des Ausbildenden besteht nicht in der Vergütung der<br />
Arbeitsleistung, sondern in der Vermittlung von Kenntnissen und<br />
Fertigkeiten zur Erreichung des Ausbildungsziels.<br />
10 Zuzustimmen ist damit einer differenzierenden Betrachtungsweise,<br />
die dem Mischcharakter des Ausbildungsverhältnisses gerecht wird 2 .<br />
Das Ausbildungsverhältnis enthält sowohl arbeitsrechtliche Momente,<br />
etwa das Direktionsrecht des Ausbildenden, als auch solche mit<br />
primär erzieherischer Intention. Für die Frage der Anwendung arbeitsrechtlicher<br />
Bestimmungen ist mithin entscheidend, ob die betroffene<br />
Regelung ihrem Sinn und Zweck nach auf das Ausbildungsverhältnis<br />
angewendet werden kann oder ob die Besonderheiten im<br />
Charakter des Ausbildungsverhältnisses einer solchen Anwendung<br />
entgegenstehen. Diese Sicht entspricht der gesetzgeberischen Wer-<br />
1 BAG, Urt. v. 10.12.1987 – 2 AZR 385/87, NZA 1988, 428.<br />
2 So auch HWK/C.S. Hergenröder, <strong>§</strong> 3 <strong>BBiG</strong> Rz. 1; weitergehend Leinemann/<br />
Taubert, <strong>§</strong> 3 <strong>BBiG</strong> Rz. 6, wonach Ausbildungsverhältnisse weder Arbeitsnoch<br />
Mischverhältnisse darstellten.<br />
56 | Munk