Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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SOZIALE BEWEGUNGEN UND POLITIK<br />
Frauen-Politik<br />
Leger, Daniêle: Le Féminisme en France. Editions Le Sycomore,<br />
Paris 1982 (126 S., br.)<br />
<strong>Das</strong> Buch beginnt mit der Beschreibung einer Aktion, die<br />
den Feminismus oder besser die feministische Frauenbewegung<br />
in Frankreich einleitete: Eine kleine Gruppe von Frauen<br />
legte im August 1970 vor dem Triumphbogen einen Kranz<br />
nieder <strong>für</strong> die Frau des unbekannten Soldaten. Die Presse<br />
war am nächsten Tag voll davon und half, die neue Bewegung<br />
aus der Taufe zu heben, ebenso wie sie jetzt durch Verschweigen<br />
ihren Niedergang mitbetreibt.<br />
Ähnlich wie diese Eingangsszene beschreibt die Autorin<br />
mit distanzierter Freundlichkeit die Stationen der Bewegung,<br />
ihre theoretischen Debatten, die von ihren Praxen<br />
kaum zu trennen sind: über Selbsterfahrungsgruppen und Gewalt,<br />
über Körper und Alltag, über Sprache und Sexualität;<br />
über den Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen und die<br />
Frage der Organisation, die gegen die der Spontaneität<br />
stand und also <strong>für</strong> eine andere Art, Politik zu machen. -<br />
In einem zweiten Teil geht es um die Frage der Gleichheit<br />
im Unterschied zu der einer eigenen Identität. Auch hier<br />
führt sie die bekannten Positionen vor und ergänzt sie<br />
durch einen Streifzug durch die Geschichte im allgemeinen<br />
wie die der Arbeiterbewegung und ihrer an Personen festzumachenden<br />
(etwa Proudhon und seiri Antifeminismus) wechselnden<br />
Positionen zur Frauenfrage. Es folgt ein ausführlicher<br />
Teil zum Verhältnis von Marxismus und Frauenfrage. Hier<br />
führt Leger die bekannten Zitate aus der deutschen Ideologie,<br />
Ursprung der Familie, Kapital usw. vor, um die Orientierung,<br />
die wir aus Marx'/Engels' Schriften <strong>für</strong> die Frauenfrage<br />
entnehmen können, zu verdeutlichen. Sie arbeitet<br />
heraus, daß zumindest Marx etwa die Prostitution als vollendete<br />
Warenbeziehung und also als gleichartig wie die<br />
Lohnarbeit begriff. Zugleich zeigt sie, daß die Erwerbsarbeit<br />
als Vorbedingung <strong>für</strong> die Emanzipation der Frau bei<br />
Marx und Engels angedeutet ist und bei Lenin sogar die Abschaffung<br />
der Haushalte auf der Tagesordnung stand. Alle<br />
drei aber dachten einen Zusammenhang zwischen Frauenunterdrückung,<br />
Familienform und kapitalistischer Gesellschaftsformation.<br />
Diesen Zusammenhang zugunsten einer reinen Propagierung<br />
der Berufstätigkeit aufgelöst zu haben, beschuldigt<br />
sie die KPF (Komm. Partei Frankreichs). Sie führt einige<br />
Sätze aus dem Frauenprogramm vor, die angesichts der<br />
Verhältnisse in der Tat merkwürdig klingen. Ohne Rücksicht<br />
auf die Familienform, ja sogar die Gesellschaftsform scheint<br />
die KPF demnach ihre Arbeit <strong>für</strong> die Frauen darin zu erschöpfen,<br />
ihnen Erleichterungen <strong>für</strong> den Haushalt verschaffen<br />
zu wollen, damit sie ihre Mutterpflichten mit der<br />
DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83