Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
36 Soziale Bewegungen und Politik<br />
hen und reflektierend kommentierten.<br />
Eine entscheidende Lücke, die diese Textsammlung aufwies<br />
, wurde durch die Herausgabe des Bandes "Kämpferin <strong>für</strong><br />
den Frieden. Bertha von Suttner" geschlossen: Er bringt<br />
Auszüge aus Suttners Memoiren, aus ihren Tagebuchaufzeichnungen,<br />
aus ihren publizistischen Arbeiten und Vorträgen.<br />
Die Herausgeberin bemüht sich in ihrer Einleitung um eine<br />
historische Einordnung der Aktivitäten von Suttner, um zu<br />
zeigen, "wie der Gedanke der Friedensbewegung von ihr Besitz<br />
ergriff und wie sie die Bewegung zu organisieren begann,<br />
welche Ideen sie entwickelte und wie sie den Militarismus<br />
ihrer Zeit analysierte; ebenso sollte ein Einblick<br />
in ihr persönliches Leben gegeben werden" (36). Bertha von<br />
Suttner widmete sich den Problemen der Friedenssicherung,<br />
des Nationalismus, der staatsbürgerlichen Rechte und<br />
Pflichten, der Frauenemanzipation, des Antisemitismus und<br />
der Jugenderziehung. Letzterem besonders in ihrem 1889 erschienenen<br />
Buch "<strong>Das</strong> Maschinenzeitalter". Es zeigt ihren<br />
Weg zu fast allen Friedenskonferenzen vor 1914 und ihren<br />
Einsatz <strong>für</strong> die Organisierung einer internationalen Friedensfront<br />
und,damit kombiniert,die Notwendigkeit einer Analyse<br />
der Kriegsursachen (s. Zweite Haager Friedenskonferenz<br />
1907, 117ff.).<br />
Die Bemühungen der Tochter aus adeligem Hause fallen in<br />
die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, dessen Ausbruch zu erleben<br />
ihr glücklicherweise erspart geblieben ist. 1906 hatte<br />
sie als erste Frau den Friedensnobelpreis erhalten. Sie<br />
warb in einer Zeit, als Frauen kein Wahlrecht hatten, keiner<br />
politischen Partei angehören, ja nicht einmal eine politische<br />
Versammlung besuchen durften. Mit aus diesem Grunde<br />
hatten die 1891 und 1892 in Deutschland und Österreich<br />
gegründeten Friedensgesellschaften einen überparteilichen,<br />
humanitären Status, was ihnen von Seiten der Sozialisten immer<br />
wieder als unpolitisch vorgeworfen wurde: Für die Arbeiterbewegung<br />
mußte die Friedensbewegung gleichzeitig ein<br />
Bekenntnis zur sozialistischen Gesellschaft implizieren.<br />
Eine Bewegung nur gegen den Krieg stellte <strong>für</strong> sie eine Herausforderung<br />
dar.<br />
Die beiden Exponentinnen der Antikriegsbewegung der Sozialisten<br />
nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren unbestreitbar<br />
Rosa Luxemburg und Clara Zetkin. Leider wurde in<br />
"Frauen gegen den Krieg" besonders Clara Zetkins Haltung<br />
gegen Krieg allgemein und ihr Widerstand gegen die Bewilligung<br />
der Kriegskredite zu Unrecht in Kontrast gesetzt zu<br />
ihrer Haltung in den 20er Jahren (als KPD-Mitglied): Derartige<br />
Brüche in ihrer <strong>Argument</strong>ation <strong>für</strong> den Weltfrieden gibt<br />
es nicht. Sie erhofft sich nach der Oktoberrevolution lediglich<br />
eine besondere Unterstützung Rußlands <strong>für</strong> den Weltfrieden.<br />
Die Ideen und Initiativen von Bertha von Suttner wurden<br />
nicht nur, wie gemeinhin angenommen wird, von Männern fortgesetzt,<br />
sondern auch von Exponentinnen der radikalen bür-<br />
DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83