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Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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12 Soziale Bewegungen und Politik<br />

Partei gegründet werden ; die Initiatorinnen der Tagung waren<br />

die Frauen um die Zeitschrift "Elles voient rouge", die<br />

ursprünglich von vier Frauen gegründet wurde, die aus der<br />

Kommunistischen Partei wegen ihrer orthodoxen Frauenpolitik<br />

ausgetreten waren. Heute gibt es in der Redaktion sowohl<br />

organisierte als auch nicht organisierte Frauen, die sich<br />

allesamt als Kommunistinnen bezeichnen. - <strong>Das</strong> Problem, das<br />

sie verband: wie können wir verhindern, daß die Frauenbewegung<br />

in die Bedeutungslosigkeit und Geschichtslosigkeit zurückfällt,<br />

ohne uns in den Kampf um die Macht im Staat einzulassen?<br />

Und weiter: Wie können wir an der Macht teilhaben,<br />

ohne unsere Stärke, Bewegung zu sein, die an der alltäglichen<br />

Erfahrung jeder einzelnen ansetzt und von daher<br />

einem dürren Delegationsprinzip widerstreitet, zu verlieren?<br />

Wie können wir also Politik im juridisch-öffentlichen<br />

Bereich verändern, ohne seine Strukturen zu bedienen? - Die<br />

Auffassungen waren nicht einhellig, die Diskussionsweise<br />

aber gekennzeichnet von einer wirklichen Suche nach einer<br />

Problemlösung, nicht nach Effekten und Profilierungen. Die<br />

konkretesten Vorstellungen waren die einer Partei anderen<br />

(nicht leninschen) Typs, organisiert wie die Frauenhäuser<br />

(mit Delegierten jeder Gruppe) und nicht als Ersatz, sondern<br />

als Interessenartikulation <strong>für</strong> die Bewegung, als Koordinatorin<br />

der in vielen Arbeitsgruppen oder projektförmig<br />

strukturierten Frauenbewegung.<br />

Die diskutierten Themen waren am ersten Tag die Strategien<br />

um die Hausarbeit. Hier neigen die Kommunistinnen um<br />

die Zeitschrift zumindest eher zu einer Position, die Hausarbeit<br />

als unproduktiv und nicht wertschaffend im Kapitalismus<br />

begreift, und von daher empfehlen sie, eine Strategie<br />

gegen den Ort, der sie notwendig macht - die Familienform<br />

-,und die dazugehörige Ideologie zu entwickeln. Christine<br />

Buci versuchte hier, zusätzlich das Problem des Staates<br />

als Organisatorin des Patriarchats hineinzubringen. Am<br />

zweiten Tag wurden die Organisationsprobleme, die Machtfrage,<br />

die Zukunft der Bewegung sowie die Fragen des Persönlichen<br />

und Politischen, der Komplizenschaft der Frauen und<br />

schließlich Fragen der Strategie um Homo- und Heterosexualität<br />

diskutiert. Unter dem Stichwort "Komplizenschaft"<br />

verstehen sie so etwas wie unsere "Opfer-Täter-Debatte".<br />

Auch hier wird um die psychologische Dimension einer angenommenen<br />

Komplizenschaft der Frauen bei ihrer Unterdrückung<br />

und damit bei der Aufrechterhaltung des Systems gestritten,<br />

um Schuld und Verantwortung und wieder um die Macht. Bei<br />

dieser Debatte, die offenbar auch in Frankreich Tradition<br />

hat, sind die Positionen etwas unscharf: So wird unter Komplizenschaft<br />

sowohl das Zusammenleben mit einem Mann bezeichnet<br />

als auch eine individuelle Karriere im System (leben<br />

wie ein Mann) als auch die Reproduktion des Gesamtsystems<br />

in der weiblichen Knechtsgestalt, die die Herren mit<br />

hervorbringt.<br />

Immer wieder äußern sich die Frauen - ob organisiert<br />

DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83

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