Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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32 Soziale Bewegungen und Politik<br />
der Frauen <strong>für</strong> Autonomie sorgen müßten, da sonst erneut die<br />
Gefahr des männlichen Expansions- und Kriegs"dranges" bestehe.<br />
Für den Frieden hieße dann nicht, lediglich <strong>für</strong> die<br />
Abwesenheit von Pershing II und Cruise Missiles zu sein,<br />
sondern <strong>für</strong> einen Zustand frei von personeller und struktureller<br />
Gewalt mit der Möglichkeit der Autonomie <strong>für</strong> jede/n.<br />
Maria Mies fragt, ob und wie nationale Befreiungskämpfe<br />
in der "Dritten Welt" mit dem Kampf <strong>für</strong> die Frauenbefreiung<br />
zusammengehen. Dies sei auch <strong>für</strong> uns von Bedeutung, würden<br />
wir doch gegenwärtig mit der Frage des Verhältnisses von<br />
Frau und Nation konfrontiert (Vaterland mitverteidigen,<br />
Kinder gebären). Sehr viele Frauen hätten die nationalen<br />
Befreiungskämpfe z.B. Nicaraguas oder Grenadas mitgetragen,<br />
doch die Ziele der Frauenbewegungen seien nach den Revolutionen<br />
stets unter den Tisch gefallen. Dies zeigt sie an<br />
einer Fülle von Beispielen. Hausfrauisierung und Überkonsum<br />
basierten auf der Ausbeutung der Frauen der "Dritten Welt".<br />
Frauen sollten energisch gegen geschlechtliche Arbeitsteilung<br />
kämpfen, den Konsum unnötiger Waren boykottieren, sich<br />
so organisieren, daß sie Einfluß auf volkswirtschaftliche<br />
Entscheidungen nehmen können, indem sie ihre de facto bestehende<br />
ökonomische Bedeutung in politische Macht umsetzen;<br />
Frauen sollten Autonomieforderungen in alle Bereiche<br />
tragen (auch in Wirtschaft und Politik). Somit würden Kapitalismus,<br />
Imperialismus und Patriarchat letztlich zerstörbar.<br />
Den Zusammenhang von Krise, Krieg, Verschuldung der<br />
"Dritten Welt" und Frauenarbeit beleuchten Ute Annecke und<br />
Carola Müller. Die Zahlungsunfähigkeit dieser Länder sei<br />
ein Ergebnis der weltweiten Überproduktionskrise, welche<br />
auf dem ausbeuterischen Arbeitsteilungsverhältnis zwischen<br />
"Erster" und "Dritter" Welt beruhe. Die Frauen, die unteroder<br />
unbezahlte (Mehr-)Arbeit leisteten - hier wie dort -<br />
bewirkten, daß noch nicht längst alles zusammengebrochen<br />
sei. Wie aber könnte es anders gehen? Die Autorinnen plädieren<br />
<strong>für</strong> eine <strong>kritische</strong> Betrachtung von "Basisdemokratie",<br />
"Dezentralisierung" und "überschaubare Einheiten", da<br />
sie sehr viel Kontrolle beinhalten könnten und die Inferiorität<br />
der Frauen nicht zwangsläufig beseitige. Wir müßten<br />
vielmehr bis übermorgen denken, beispielsweise an Aufhebung<br />
der internationalen und geschlechtlichen Arbeitsteilung, ein<br />
arbeits- statt kapitalorientierte Wege, an kollektive Neubestimmung<br />
bedürfnisorientierter Produktion und gesellschaftlich<br />
notwendiger Arbeit, ihrer Organisation und Bewertung<br />
.<br />
Besonders die letzten vier genannten Beiträge waren <strong>für</strong><br />
mich interessant, da ich sie spontan nicht im Zusammenhang<br />
mit der Frauen/Friedensdiskussion dachte. Leider sehe<br />
ich gerade bei ihnen die Gefahr, daß die Politikvorschläge<br />
im Appellcharakter verhaftet bleiben, wenn wir nicht auch<br />
versuchen, uns über die Herstellungsmöglichkeiten der politischen<br />
und kulturellen Bedingungen Gedanken zu machen, die<br />
DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83