Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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18 Soziale Bewegungen und Politik<br />
... und <strong>für</strong> die Praxis, das heißt <strong>für</strong> eine vernünftige Gestaltung<br />
der Lebensverhältnisse zu nutzen" (98). Im Versuch,<br />
die objektivierenden Wissenschaften in die Lebenswelten<br />
zurückzuholen, lägen die Ansatzpunkte breiter Teile der<br />
Ökologie-, Alternativ- und Frauenbewegung. "Der Irrtum all<br />
dieser Versuche liegt nach Habermas darin, eines dieser<br />
verselbständigten Momente mit der Alltagspraxis kurzschließen<br />
zu wollen ohne zu berücksichtigen, daß in den Verständigungsprozessen<br />
der Lebenswelt kognitive Deutungen,<br />
moralische Erwartungen, Expressionen und Bewertungen einander<br />
zwanglos durchdringen können müssen" (98). Als Resultat<br />
der vorschnellen Verwerfung des "Projekts der Moderne"<br />
stellten sich dann Antimodernismus und Prämodernismus in<br />
den grünen und alternativen Gruppen ein.<br />
Die zunhemende Durchdringung der Gesellschaft durch die<br />
Verwertungsbedürfnisse des Kapitals stellt J. Hirsch in<br />
seinem Buch "Der Sicherheitsstaat" heraus. Sie lasse in unterschiedlichsten<br />
Lebensbereichen Konflikte entstehen, in<br />
denen die Kämpfe dezentralisiert, nicht ausschließlich um<br />
die Konfliktlinie Arbeit/Kapital kristallisiert sind. Durch<br />
institutionelle Absicherung - der vielfältigen Interessen<br />
will er die Möglichkeit schaffen, die Konflikte "radikalreformistisch"<br />
auszutragen. Eine Ursache <strong>für</strong> die "Heterogenisierung"<br />
der Konflikte ist die "fordistische Vergesellschaftung",<br />
die Kapitalisierung aller Lebenssphären auf<br />
Grundlage des Taylorismus. "... die Segmentierung, Dezentralisierung<br />
und Partialisierung der Interessenlagen und<br />
Erfahrungszusammenhänge führt dazu, daß sich soziale Konflikte<br />
und Bewegungen quer zu den Klassengrenzen entwikkeln,<br />
uneinheitlicher, dezentraler und in ihren Zielen und<br />
Perspektiven vielgestaltiger werden" (113). Brand bemängelt<br />
die unklare politische Perspektive dieser Konzeption. Es<br />
werde nicht gezeigt, "wie es gelingen soll, nichtkapitalistische<br />
Strukturen gesamtgesellschaftlich mit Erfolg durchzusetzen<br />
;.." (118).<br />
In seiner "Zwischenbilanz" versucht K.-W. Brand, die Ansätze<br />
zu "verschränken", ihre unterschiedlichen Problemstellungen<br />
unter seinem Generaltheorem: "die NSB formieren<br />
sich um die Kritik am industriellen Entwicklungsparadigma"<br />
zu integrieren. Gegen bürgerliche und sozialistische Strategien,<br />
die nur die krisenhaften Folgeprobleme der kapitalistischen<br />
Produktionsweise zu bewältigen trachteten, führt<br />
Brand seine These an, die NSB seien "auf eine säkulare Entwicklungstendenz<br />
industrieller, reformkapitalistischer Vergesellschaftung<br />
und die dadurch geschaffenen Folgeprobleme"<br />
zurückzuführen (129).<br />
Brand geht es um eine Kritik der Herrschaftslogik des<br />
gesellschaftlichen Rationalisierungsprozesses. Dabei wird<br />
das Problem in "... der formalen/instrumentellen/technischen<br />
Rationalität gesehen, die im Maße der Herausbildung<br />
der bürgerlichen Gesellschaft, der kapitalistischen Warenökonomie<br />
und des zentralisierten, bürokratischen Staatsap-<br />
DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83