Das Argument B83 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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22 Soziale Bewegungen und Politik<br />
aus Industrie und Gewerkschaften ausgerichtet sind und sich<br />
über kurz oder lang als höchst bestandsgefährdend <strong>für</strong> diese<br />
Gesellschaft herausstellen werden. Nicht die Planungswiderstände<br />
sind es, die mit der gesamtgesellschaftlichen Systemrationalität<br />
kollidieren - das tun vielmehr die staatlichen<br />
Planungen, gegen die Widerstand geleistet wird. Gerade<br />
diejenigen, die von der etablierten Politik - die <strong>für</strong><br />
sich ja das Auslegungsmonopol hinsichtlich der Erfordernisse<br />
gesamtgesellschaftlicher Systemrationalität beansprucht<br />
- als irrationale Schwärmer und Unruhestifter diffamiert<br />
werden, leisten somit durch ihren Protest, sofern sie ihm<br />
politisch Geltung zu verschaffen vermögen, eine im Sinne<br />
gesamtgesellschaftlicher Systemrationalität notwendige Korrektur<br />
der etablierten Politik.<br />
So besehen, liegen die Ursachen <strong>für</strong> die Planungswiderstände<br />
nicht so sehr in Forderungen nach verstärkter politischer<br />
Partizipation als Wert an sich, sondern vielmehr in<br />
spezifischen Betroffenheiten durch selbstzerstörerische<br />
Strukturwandlungen der Gegenwartsgesellschaft: von der ökologischen<br />
Problematik bis hin zur militärischen Aufrüstung.<br />
Diese Betroffenheiten nehmen dann die politische Erscheinungsform<br />
des Legitimitätsentzugs durch unkoventionelle politische<br />
Partizipationsformen an - solange man jedoch nur<br />
diese Erscheinungsform defizitärer Sozialintegration sieht<br />
und die dahinter stehenden systemintegrativen Defizite der<br />
Gesellschaft bagatellisiert, kuriert man mittels sozialintegrativer<br />
Beschwichtigungsmanöver wie der Planungszelle sin<br />
Symptomen herum, anstatt die Probleme bei der Wurzel zu<br />
packen. Die etablierte Politik mag aus strukturellen Gründen<br />
zu einer reduktionistischen Betrachtungsweise des politischen<br />
Protests neigen müssen - die sozialwissenschaftliche<br />
<strong>Theorie</strong>bildung sollte solche Scheuklappen jedoch, will<br />
sie nicht zum ideologischen Hoflieferanten herunterkommen,<br />
tunlichst ablegen. Uwe Schimank (Bielefeld)<br />
Steigerwald, Robert: Protestbewegungen. Streitfragen und<br />
Gemeinsamkeiten. Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt/M.<br />
1982 (218 S., br.)<br />
Mit diesem Buch, das der Verlag im Umschlagtext als<br />
"Beitrag zur grundsätzlichen marxistischen Orientierung"<br />
ankündigt, versucht Robert Steigerwald die Stellung der<br />
Kommunisten zu den neuen "Protestbewegungen" zu bestimmen.<br />
Dabei geht es ihm darum, die "ideologische Klarheit" (6) zu<br />
schaffen, die notwendige Voraussetzung eines Bündnisses sei.<br />
Als wesentlichen und gemeinsamen Kern von Friedensbewegung,<br />
Frauenbewegung, Ökologie- und Alternativbewegung bestimmt<br />
er den nichtproletarischen Charakter ihres Protestes<br />
(11). Ausschlaggebend <strong>für</strong> den nichtproletarischen Charakter<br />
dieser Bewegungen ist, daß sie ihre soziale Basis nicht in<br />
der Arbeiterklasse haben, sondern in den abhängigen Mittelschichten,<br />
die durch die wissenschaftlich-technische Revolution<br />
Einbußen an Privilegien und Freiheiten sowie Be-<br />
DAS ARGUMENT-BEIHEFT '83