Thermenland_02-2022
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
AKTUELL<br />
Zu viele Studenten – zu wenige Auszubildende:<br />
Fachkräftemangel gefährdet Wohlstand aller<br />
Trotz der Auswirkungen der Corona-<br />
Pandemie auf den Arbeitsmarkt bleiben<br />
zahlreiche Fachkräftestellen in vielen<br />
Branchen der bayerischen Wirtschaft<br />
weiterhin unbesetzt. Verstärkt durch die<br />
demographische Entwicklung werden in<br />
Bayern bis zum Jahr 2030 über 1,3 Millionen<br />
Menschen im Arbeitsmarkt fehlen –<br />
ein Problem, das auch den Rudertinger<br />
Architekten und Bauunternehmer Markus<br />
Krenn umtreibt. Neben der Demographie<br />
sieht Krenn in der zunehmenden<br />
Akademisierung der Gesellschaft einen<br />
zentralen Faktor des sich verstärkenden<br />
Mangels an Fachkräften. Hierzu tauschte<br />
sich der Unternehmer im Rahmen eines<br />
Fachgespräches unlängst mit dem CSU-<br />
Landtagsabgeordneten Walter Taubeneder<br />
aus, der in seiner Funktion als<br />
Vorsitzender des Berufsschulverbandes<br />
Passau selbst seit vielen Jahren eine sinkende<br />
Schülerzahl im Bereich der beruflichen<br />
Bildung beobachtet.<br />
Versorgung und Wohlstand<br />
gefährdet<br />
„Die Bewältigung des Fachkräftemangels<br />
ist eine der zentralen Herausforderungen<br />
unserer Zeit und mit Blick auf den Erhalt<br />
unseres Wohlstandes zugleich eine existenzielle<br />
Frage“, veranschaulicht MdL<br />
Walter Taubeneder die Dramatik der<br />
immer geringer werdenden Zahl an Fachkräften,<br />
allen voran im Handwerk und<br />
Bausektor. Dabei bestehe in Bayern und<br />
Deutschland eines der besten Systeme beruflicher<br />
Bildung weltweit. Die deutsche<br />
Berufsausbildung werde quer über den<br />
Globus geschätzt und anerkannt und<br />
biete zudem beste Verdienstmöglichkeiten,<br />
ist Taubeneder überzeugt. Dass hierzulande<br />
dennoch ein eklatanter Mangel<br />
an Fachkräften und Auszubildenden<br />
herrscht, ist für Unternehmer Markus<br />
Krenn auch unweigerlich auf die zunehmende<br />
Akademisierung der Gesellschaft<br />
zurückzuführen und gefährdet in<br />
letzter Konsequenz die Versorgungssicherheit<br />
und den Wohlstand des gesamten<br />
Landes.<br />
Studium meist fern der Praxis<br />
Der Anteil der Abiturienten in einem<br />
Jahrgang liegt heute bereits über 50%.<br />
Der Anteil derjenigen, die sich für einen<br />
akademischen Werdegang entscheiden ist<br />
Machen sich ernsthafte Sorgen wegen der Auswirkungen des Fachkräftemangels: MdL Walter Taubeneder<br />
(links) und der Rudertinger Architekt und Bauunternehmer Markus Krenn (rechts) wünschen<br />
sich mehr Absolventen aller Schularten für die klassische Berufsausbildung. Foto: Weishäupl<br />
nur unwesentlich geringer. Weil dies<br />
aber nicht die wirtschaftlichen Bedarfe<br />
widerspiegelt, treten zwei gleichermaßen<br />
problematische Effekte auf: Einerseits<br />
mangle es in immer mehr akademischen<br />
Fachrichtungen an einer ausreichenden<br />
Zahl an qualifizierten Arbeitsplätzen für<br />
die zahlreichen Absolventen, andererseits<br />
mangle es in den meisten klassischen<br />
Ausbildungsberufen an qualifizierten<br />
Fach- und Arbeitskräften. Ein weiteres<br />
Problem, so zeigt es Krenns Erfahrung, ist<br />
zudem der mangelnde Praxisbezug der<br />
akademischen Ausbildung in technischen<br />
Studiengängen. Nur die wenigsten Studenten<br />
absolvieren im Vorfeld ihres Bautechniker-,<br />
Ingenieurs- oder Architekturstudiums<br />
eine Berufsausbildung oder erwerben<br />
im Studienverlauf vergleichbare<br />
praktische Kompetenzen.<br />
Erst Ausbildung – dann Studium<br />
„Als ich am Oskar-von-Miller-Polytechnikum<br />
mein Studium aufnahm, war<br />
eine abgeschlossene Berufsausbildung –<br />
neben der Mittleren Reife bzw. später der<br />
Fachhochschulreife – Studienvoraussetzung“,<br />
erinnert sich Markus Krenn. „Mit<br />
diesem praktischen Erfahrungsschatz fiel<br />
es mir im Anschluss wesentlich leichter,<br />
mein Studium zu absolvieren und in das<br />
Berufsleben einzusteigen.“ Dieses Verständnis<br />
und der Bezug zur Praxis auf<br />
den Baustellen fehlen den meisten Hochschulabsolventen<br />
nicht nur im Bereich<br />
der technischen Berufe heute, wie Krenn<br />
mit Bedauern feststellt. Er fordert daher<br />
mehr praktische Ausbildung vor dem<br />
oder während des Studiums und empfiehlt<br />
– wo immer möglich – eine (verkürzte)<br />
Berufsausbildung im Vorfeld der<br />
akademischen Ausbildung. Auch MdL<br />
Walter Taubeneder will mehr Absolventen<br />
aller Schularten für die Berufsausbildung<br />
gewinnen: „Die berufliche Bildung<br />
bietet alle Chancen und ist keinesfalls<br />
weniger wert als eine akademische<br />
Laufbahn. Das gilt auch für Abiturienten.“<br />
Weniger Studienabbrecher<br />
Würden mehr junge Menschen sich nach<br />
ihrem Schulabschluss für eine Berufsausbildung<br />
entscheiden, gäbe es mehr<br />
dringend benötigte qualifizierte Fachkräfte<br />
im Handwerk und in der Baubranche,<br />
weniger arbeitssuchende oder für<br />
ihre Arbeitsstellen überqualifizierte Akademiker<br />
und womöglich auch eine geringere<br />
Abbruchquote im Studienbereich,<br />
ist Markus Krenn überzeugt. Zudem sei<br />
eine berufliche Ausbildung für verschiedenste<br />
Lebenswege ein großer Gewinn:<br />
„Ein Gesellen- oder Meisterbrief eröffnet<br />
heute alle Möglichkeiten: Ein auskömmliches<br />
Anstellungsverhältnis, den<br />
Weg in die Selbstständigkeit oder auch<br />
den Zugang zu einem ergänzendem<br />
Studium“, wie MdL Walter Taubeneder<br />
darstellt.<br />
Christoph Weishäupl<br />
www.thermenland-magazin.de<br />
12