13. Februar 2022
- Rückkehr der Grazer Stadtteilzentren - Stadt: auch ohne ÖBB-Card zum Senioren-Tarif - Gefährlicher Radweg in der Waagner-Biro-Straße - Valentinstag: Grazer stehen auf Online-Dating
- Rückkehr der Grazer Stadtteilzentren
- Stadt: auch ohne ÖBB-Card zum Senioren-Tarif
- Gefährlicher Radweg in der Waagner-Biro-Straße
- Valentinstag: Grazer stehen auf Online-Dating
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szene<br />
graz<br />
12 www.grazer.at <strong>13.</strong> FEBRUAR <strong>2022</strong><br />
12<br />
Verena Leitold<br />
verena.leitold@grazer.at<br />
To go ist für mich No-Go!“<br />
Die Klammwirtin im Schweizerhof bei Frohnleiten<br />
liebt ihren Beruf und den Kontakt mit<br />
den Menschen. Und das „Unter den Leuten Sein“ gehört<br />
für Bettina Lankmaier unbedingt dazu. SCREENSHOT ORF<br />
Aus für eine Institution<br />
SCHADE. Nach fast 83 Jahren hat das Zentralkartenbüro zugesperrt. Grund war – wie könnte es anders sein<br />
– Corona. Die Zeiten, in denen Schlange gestanden wurde, sind vorbei. Immer mehr kaufen Tickets online.<br />
einst<br />
heute<br />
Lang, lang ist’s her: Menschenschlangen vor dem Zentralkartenbüro in der<br />
Herrengassenpassage. Alle wollten Karten kaufen. ARCHIV/STEIRISCHER HEBST/PETER PHILIPP<br />
Das kultige Zentralkartenbüro ist Geschichte. Und auch andere Ticket-<br />
Anbieter merken: Immer mehr Grazer kaufen ihre Eintrittskarten online. KK<br />
Von Vojo Radkovic<br />
vojo.radkovic@grazer.at<br />
Seit ich denken kann, und das<br />
kann ich schon sehr lange,<br />
war das Zentralkartenbüro für<br />
mich ein Begriff. Als Kind bin ich mit<br />
meinen Eltern in die Herrengasse<br />
ins Zentralkartenbüro gegangen,<br />
damals war es nahezu am Eck zum<br />
Hauptplatz. Das Kartenbüro lag etwas<br />
tiefer als die Herrengasse und<br />
man ging über eine Stiege ins Innere,<br />
das bunte, aufregende Filmplakate<br />
an den Wänden hatte. Wir kauften<br />
Karten für Kinovorstellungen. War<br />
ein großer Film, heute heißt es Blockbuster,<br />
im Anrollen, musste man für<br />
Kinotickets im Vorverkauf Schlange<br />
stehen. Mein Vater kaufte mir dort<br />
mein erstes Konzertticket, das war<br />
ein aufregender Moment. Später<br />
arbeitete ich jahrzehntelang eng mit<br />
dem Kartenbüro zusammen.<br />
Legendär: Abendkasse<br />
Theresia Undesser, die das Zentralkartenbüro<br />
in den 50er Jahren<br />
übernommen hatte, war für mich,<br />
als ich Anfang der 70er neben meinem<br />
Zeitungsjob begann, Konzerte<br />
zu organisieren, eine große Hilfe.<br />
Sie zeigte mir, wie man die Karten,<br />
damals alles analog, anlegt, die Abrechnung<br />
macht etc. Bei den Veranstaltungen<br />
selbst saß Undesser<br />
Abend für Abend an der Kasse und<br />
verkaufte die Abendkarten. Annemarie<br />
Friess kam dann Anfang<br />
der 80er, arbeitete etliche Jahre mit<br />
Undesser zusammen, zog mir ihr<br />
in der Passage Herrengasse 7 ein<br />
und setzte, nachdem Undesser ihr<br />
das Kartenbüro übergeben hatte,<br />
die Traditionen fort. Auch Friess bot<br />
jahrzehntelang den Veranstaltern<br />
und vor allem den Kunden ein sehr<br />
persönliches Service. Auch wenn<br />
keiner mehr Kinokarten benötigte,<br />
war das Zentralkartenbüro viele Jahre<br />
die erste Adresse in Graz, wenn es<br />
um Kartenvorverkäufe ging.<br />
Als die Vorrangstellung zu bröckeln<br />
begann, spürte Friess die großen<br />
Veränderungen in der Branche.<br />
Online-Verkäufe boomten, Top-<br />
Stars wie Monika Gruber oder Ed<br />
Sheeran bauten sich ihre eigenen<br />
Kartensysteme. Covid setzte den<br />
finalen Schuss. Annemarie Friess<br />
kann es nicht fassen, das unwiderrufbare<br />
Aus ist ein Schock.<br />
Von Verena Leitold<br />
verena.leitold@grazer.at<br />
Dort, wo früher alles mit Plakaten<br />
austapeziert war, ist<br />
jetzt alles mit Packpapier<br />
verklebt. Auf der Tür des Zentralkartenbüros<br />
in der Altstadtpassage<br />
steht „Geschlossen“ – und zwar<br />
endgültig, nach fast 83 Jahren!<br />
Die Corona-Pandemie und die<br />
dadurch fehlenden Einnahmen<br />
haben dem Vernehmen nach das<br />
Aus für die einstige Institution bedeutet.<br />
Lange Schlangen hatte es<br />
vor dem Zentralkartenbüro schon<br />
länger keine mehr gegeben. Denn<br />
auch vor der Pandemie hatten<br />
immer mehr Grazer ihre Eintrittskarten<br />
online gebucht.<br />
Eine Entwicklung, die auch die<br />
anderen Ticketing-Firmen seit<br />
Jahren bemerken. Beim Theaterservice<br />
Graz, das ja auch das<br />
Ticketzentrum am Kaiser-Josef-<br />
Platz betreibt, verzeichnet man<br />
inzwischen 33 Prozent Online-<br />
Anteil. In der Oper, dem Schauspielhaus<br />
und im Next Liberty<br />
sind es 28 bis 34 Prozent. Bei den<br />
Spielstätten (Orpheum, Dom im<br />
Berg, Kasematten) sogar 60 Prozent.<br />
Vor zehn Jahren stand man<br />
noch bei sieben (Bühnen) und<br />
zwölf (Spielstätten) Prozent.<br />
Keine Schließung<br />
„Trotzdem werden wir das Ticketzentrum<br />
weiter betreiben. Es<br />
ist die erste Schnittstelle zu unserem<br />
Publikum“, betont Geschäftsführer<br />
Wolfgang Hülbig. Anders<br />
als bei Konzerten, bei denen die<br />
Besucher meist ganz genau wissen,<br />
sie wollen Helene Fischer<br />
oder Die Ärzte sehen, beraten die<br />
Mitarbeiter auch zu passenden<br />
Opern und Theaterstücken. Kundenbefragungen<br />
zufolge ist diese<br />
persönliche Beratung auch ein<br />
besonders wesentlicher Faktor.<br />
„Dennoch sind wir natürlich<br />
bemüht, unser digitales Angebot<br />
ständig zu verbessern“, so Bernd<br />
Pürcher, Leiter des Konzernmarketings.<br />
Für alle ehemaligen<br />
Stammkunden des Zentralkartenbüros:<br />
Im Ticketzentrum am<br />
Kaiser-Josef-Platz gibt es übrigens<br />
Karten nicht nur für Oper und Co,<br />
sondern auch für alle anderen<br />
Konzerte und Events in Graz.