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bogevischs buero – gewohnt

Die 2016 nun aus Anlass des 20. Bürojubiläums erscheinende Publikation „bogevischs buero gewohnt“ ist eine Wiederholungstat. Bereits 2012 erschien „bogevischs buero live“, eine Dokumentation wichtiger Projekte, die in den Jahren nach der Bürogründung realisiert wurden. Die Zusammenarbeit mit der Hamburger Fotojournalistin Julia Knop wurde fortgesetzt. Ihr Blick auf die Menschen, die Bewohner und Besucher der Projekte bereichern auch in der aktuellen Werksschau die Wahrnehmung der Bauprojekte um eine ungewöhnliche, teils sehr persönliche Komponente. Zusammen mit Till Brieglebs unkonventionellen Texten zu den vorgestellten Bauten ergibt sich daraus ein sehr gelungenes Doppel. „In allen Objekten, die ich mit den ‚bogevischen’ besucht habe, ist der Wille zu spüren, besondere Orte der Gemeinschaft und der Kommunikation zu schaffen, selbst wenn dafür überhaupt kein Geld vorhanden ist. Gentlemanship in der Architektur, so wie ich es bei meinen Besichtigungstouren zu zehn Projekten von bogevischs buero kennengelernt habe, bedeutet für die Entwurfsarbeit, seine guten Vorsätze und dienenden Anstrengungen nicht vom Status eines Nutzers abhängig zu machen.“ schreibt Till Briegleb in seinem Vorwort zum Buch. „Die Tür mit derselben Freundlichkeit aufzuhalten für die Bedürfnisse von Menschen, die für das Besondere nicht zahlen können, ist eine besonders schöne Geste der Zuvorkommenheit in der Architektur.“ Die im Buch vorgestellten Projekte spiegeln die große In diesem Sinne schauen die bogevische mit Stolz auf ihre 20-jährige Bürogeschichte zurück und – gottlob! – mit weiterhin lodernder Leidenschaft in die Zukunft! Ausgezeichnet von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten Deutschen Bücher 2017

Die 2016 nun aus Anlass des 20. Bürojubiläums erscheinende Publikation „bogevischs buero gewohnt“ ist eine Wiederholungstat. Bereits 2012 erschien „bogevischs buero live“, eine Dokumentation wichtiger Projekte, die in den Jahren nach der Bürogründung realisiert wurden. Die Zusammenarbeit mit der Hamburger Fotojournalistin Julia Knop wurde fortgesetzt. Ihr Blick auf die Menschen, die Bewohner und Besucher der Projekte bereichern auch in der aktuellen Werksschau die Wahrnehmung der Bauprojekte um eine ungewöhnliche, teils sehr persönliche Komponente. Zusammen mit Till Brieglebs unkonventionellen Texten zu den vorgestellten Bauten ergibt sich daraus ein sehr gelungenes Doppel.

„In allen Objekten, die ich mit den ‚bogevischen’ besucht habe, ist der Wille zu spüren, besondere Orte der Gemeinschaft und der Kommunikation zu schaffen, selbst wenn dafür überhaupt kein Geld vorhanden ist. Gentlemanship in der Architektur, so wie ich es bei meinen Besichtigungstouren zu zehn Projekten von bogevischs buero kennengelernt habe, bedeutet für die Entwurfsarbeit, seine guten Vorsätze und dienenden Anstrengungen nicht vom Status eines Nutzers abhängig zu machen.“ schreibt Till Briegleb in seinem Vorwort zum Buch. „Die Tür mit derselben Freundlichkeit aufzuhalten für die Bedürfnisse von Menschen, die für das Besondere nicht zahlen können, ist eine besonders schöne Geste der Zuvorkommenheit in der Architektur.“

Die im Buch vorgestellten Projekte spiegeln die große In diesem Sinne schauen die bogevische mit Stolz auf ihre 20-jährige Bürogeschichte zurück und – gottlob! – mit weiterhin lodernder Leidenschaft in die Zukunft!

Ausgezeichnet von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten Deutschen Bücher 2017

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<strong>gewohnt</strong><br />

306 301<br />

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258<br />

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INHALT<br />

247<br />

5 <strong>gewohnt</strong> <strong>–</strong> 20 Jahre <strong>bogevischs</strong> <strong>buero</strong><br />

7 Bauen im Geist einer Gentlemen-Moderne<br />

9 159 Geförderte Wohnanlage Aschenbrennerstraße, München<br />

21 167 Betriebs- und Waagengebäude Entsorgungspark Freimann, München<br />

35 220 Geförderte Wohnanlage mit Straßenreinigungsstützpunkt Belgradstraße, München<br />

49 221 Ramersdorf Mitte <strong>–</strong> Familien zurück in die Stadt, München<br />

63 247 Erweiterung Bayerische Beamtenfachhochschule, Herrsching<br />

76 258 Studierendenwohnanlage Upper West Side, Ulm<br />

93 301 Mehrgenerationenplatz Forstenried, München<br />

107 306 EOS Kunden- und Technologiezentrum, Krailling<br />

121 307 Wohnanlage Finsterwalderstraße, Rosenheim<br />

135 367 Wohnanlage wagnisART, München<br />

152 Projektdaten<br />

153 Ausstellungen/Auszeichnungen<br />

154 Projekte bis 2016<br />

156 Wettbewerbe<br />

158 Büroinhaber/Assoziierte<br />

159 Mitarbeiter<br />

160 Impressum<br />

307<br />

4<br />

5


Brancusi statt Banane<br />

Warum haben Großwohnanlagen der Nachkriegszeit<br />

so gerne niedliche Tiernamen? Kranichstein, Finkenberg,<br />

Buntekuh, Elsternbogen, Biber-West oder<br />

Mümmelmannsberg sind Geschosswohnungsanlagen<br />

wie das Hasenbergl in München, die doch vor allem<br />

als sogenannte „Problembezirke“ bekannt wurden. Ist<br />

diese Benennung ruchlosen Worterfindern geschuldet,<br />

die eine trostlose Stadtentwicklung mit Emotionsvokabeln<br />

vertuschen wollten? Oder liegt die putzige<br />

Namensgebung vielleicht doch primär daran, dass all<br />

diese monofunktionalen Wohnballungen wegen ihrer<br />

geringen Dichte und den großen Abstandsflächen nur<br />

auf der grünen Wiese gebaut werden konnten, wo<br />

früher Kraniche, Biber, bunte Kühe und Hasen unterwegs<br />

waren?<br />

Unabhängig davon, ob die Verniedlichung Ausdruck<br />

schlechten Gewissens der Bauträger ist oder die Konsequenz<br />

der Charta von Athen, durch die sich Wiese<br />

in Distanzgrün und Land in Siedlung verwandelt hat <strong>–</strong><br />

hinter den Namen verbergen sich immer Geschichten<br />

urbaner Verluste. Der internationale Stil mit seinen<br />

Versprechungen universaler Lösungen ist bis heute<br />

den Beweis schuldig geblieben, dass er so heimatlich<br />

und liebenswert sein kann, dass er schöne lokale Tiernamen<br />

verdient. Oder anders gesagt: Die deutschen<br />

Hasenbergl sind eher globale Problemigel.<br />

Was lässt sich also mit einem einzigen Projekt erreichen,<br />

um die auffälligsten Missstände des modernen<br />

Städtebaus zu korrigieren: seine Unfähigkeit, angenehme<br />

Stadträume zu bilden und seine erdrückende<br />

Ästhetik serieller Monotonie? Vor allem, wenn das<br />

Budget auch bei der gewünschten Aufwertung der<br />

Wohnanlagen an Standards orientiert ist, die Nutzvieh<br />

statt Zierfisch verlangen.<br />

<strong>bogevischs</strong> Bebauungsmotto „Brancusi statt Banane“<br />

für einen Neubau im Sanierungsgebiet „Am Hasenbergl“<br />

bezeichnet da schon mal eine blendende<br />

Voraussetzung: Ein bisschen Humor schadet nicht,<br />

wenn man es mit dem Ernst moderner Planungslogik<br />

zu tun hat. Vielmehr hilft Spaß offensichtlich, Dinge<br />

mal anders aufzuziehen. Zum Beispiel einen lang gezogenen<br />

Riegel an einer sanften Kurve nicht glatt wie<br />

eine Banane, sondern gefaltet wie Brancusis „Endlose<br />

Säulen“ zu denken.<br />

Allerdings liegt Brancusi hier bequem. Fünf polygonal<br />

gefaltete Hauskörper, die tatsächlich entfernt an<br />

die gestapelten Romben des rumänischen Künstlers<br />

in horizontal erinnern (und an sein berühmtes Zitat:<br />

„Architektur ist bewohnte Skulptur.“), schmiegen sich<br />

an den Schwung der Aschenbrennerstraße. Durch silberne<br />

Balkonbänder elegant verschnürt, wirkt die helle<br />

Fassade aus gesandstrahltem Beton von Ferne eher<br />

wie die dynamische Tribüne eines Motodroms. Die<br />

differenzierte Tiefenwirkung der vor- und zurückwandernden<br />

Wandflächen hinter den langen Silberstreifen<br />

prägt den Charakter des Hauses dagegen von der<br />

Nähe stärker, zumal das warme Orange der Balkonunterseiten<br />

die Schwingung unaufdringlich betont.<br />

In die eher banale Zeilenbauweise der Bestandsnachbarn<br />

bringt diese fröhliche Zickzacklinie eine schöne<br />

Musikalität mit ein paar kräftigen Tutti, etwa an den<br />

Kopfseiten, wo die fünf auskragenden Notenlinien der<br />

Balkonbänder einen starken Akkord setzen. Aufgabe<br />

eins der freundlichen Modernekritik ist also schon<br />

erfüllt. Der Rechteckzwang im Billigwohnen erfährt mit<br />

dieser Stimmungskurve eine Alternative, für die es keine<br />

Schnick-Schnack-Kosten braucht, nur gute Planung.<br />

Aber was ist mit dem Städtebau? Lässt sich mit der<br />

Nachverdichtung hier wirklich neue urbane Qualität<br />

erzeugen? Auf der Fläche am Ende loser Wohnzeilen,<br />

wo der „anständige“ moderne Stadtplaner selbstverständlich<br />

den Parkplatz sieht? Die New Kids on the<br />

Block rücken hier frech nahe an die Kopfseiten der<br />

Ureinwohner heran. Aber das ist nicht arrogant, das<br />

ist Begegnung. Die Unterschreitung der absurden<br />

bayerischen Abstandsflächenregelung schafft hier<br />

endlich einen Rahmen für den Leerraum zwischen den<br />

Häusern. Der neue Abschluss zur Straße verwandelt<br />

das zugige und nutzlose Distanzgrün in einen potentiellen<br />

Aufenthaltsort, in einen halb geschlossenen Hof,<br />

der nachbarschaftliche Intimität erzeugen kann. Nicht<br />

zuletzt, indem dieser Bau dem Lärm der stark befahrenen<br />

Aschenbrennerstraße einen Riegel vorschiebt.<br />

Aber die neuen Hasenbergl-Mieter im liegenden Brancusi<br />

müssen diese Schallschutzmaßnahme nicht mit<br />

Schlaflosigkeit ausbaden. Die 3- und 4-Zimmer-Wohnungen<br />

sind mit kombinierten Wohn-Ess-Kochräumen<br />

so durch das Gebäude gesteckt, dass sie auf beiden<br />

Seiten Zimmer und damit eine ruhige Hälfte besitzen.<br />

159 Geförderte Wohnanlage Aschenbrennerstraße, München<br />

Maßstab 1:5000<br />

13


Die zwei kleinen Wohnungen der Vierspänner orientieren<br />

sich zur Sonne, nach Süd-Osten. Und Sozialwohnungen<br />

mit zwei Balkonen, für Morgen- und Abendsonne,<br />

wo gibt’s denn sowas? Höchstens in der alten<br />

Stadt, wo viele Menschen so viel lieber wohnen würden,<br />

als im Hasenbergl <strong>–</strong> was Normalverdiener sich in<br />

München aber einfach nicht mehr leisten können.<br />

Dieser Trend zur Münchner Segregation in armes und<br />

reiches Wohnen wird mit der städtischen Anlage des<br />

Bauträgers GWG im Kleinen bekämpft. Denn so, wie<br />

Gut- und Wenigverdiener sich in den Zentren mischen<br />

sollten, um eine ausbalancierte Stadtgesellschaft zu<br />

ermöglichen, so gilt das reziprok für die Randlagen.<br />

Um Ghettobildung zu vermeiden, ist der Zuzug von<br />

Menschen, die sich eine frei finanzierte Wohnung<br />

leisten können, ganz im Sinne der gemischten Stadt.<br />

35 der 89 Wohnungen sind deshalb für den freien<br />

Markt gebaut, dezent hochwertiger ausgestattet,<br />

ansonsten aber durch die einheitliche Architektur<br />

verschweißt mit dem ganzen Block.<br />

Zwar wurde die Mischung nicht pro Treppenhaus<br />

umgesetzt, aber auch die Aufteilung in drei geförderte<br />

Häuser und zwei freifinanzierte Häuser, getrennt nur<br />

durch einen öffentlichen Weg unter den Balkonen<br />

hindurch, ist ein lohnenswerter Schritt, den Ruf des<br />

Quartiers zu verbessern. Zu dieser gestalterischen<br />

Imagekampagne gehört, dass alle Bewohner die gleiche<br />

ästhetische Zuwendung erhalten. Aber auch, dass<br />

an der Aschenbrennerstraße die Natur der Vorsiedlungszeit<br />

wie ein Phoenix wieder emporsteigen darf.<br />

Gelb blühende Büsche und Gräser vor dem Haus, fest<br />

installierte Halterungen für Balkonkästen, die von den<br />

Mietern mit dem bayerischen Identitätsgewächs Geranien<br />

und anderen Baumarktblumen bestückt werden,<br />

und Hecken zum Hof hin als Sichtschutz für die Erdgeschosswohnungen<br />

bilden zusammen eine kleine<br />

Gartenschau, die Konzept ist. Diese fürs Bauträgerwohnen<br />

ungewöhnliche Landschaftsgestaltung verscheucht<br />

nicht nur jede Anmutung von Problembezirk.<br />

Sie ist vielmehr ein weiterer Bestandteil der Überlegung,<br />

wie man Schritt für Schritt Idylle und Heimat<br />

zurück in die Rasterplanung bringt. Mut zu Individualisierung<br />

statt Addition von Hasenställen, das bringt die<br />

urbanen Qualitäten zurück in die abstrakte Siedlungsmathematik<br />

der Moderne. Um nochmal Brancusi zu<br />

zitieren: „Theorien sind Muster ohne Wert. Was zählt,<br />

ist Aktion.“<br />

159 Geförderte Wohnanlage Aschenbrennerstraße<br />

RG<br />

14<br />

15


34<br />

PROJEKTTITEL


258 Studierendenwohnanlage Upper West Side, Ulm<br />

78<br />

79


Maßstab 1:5000<br />

Produktive Grauzone zwischen privat und öffentlich<br />

Ästheten im Architekturberuf fürchten wenig mehr<br />

als den Geschmack von Mietern. Garfield-Puppen<br />

mit Saugnäpfen, die von innen an Glasfronten gepappt<br />

werden, Yuccapalmen in Sichtbetonfluren oder<br />

Bürosprüche im goldenen Plastikrahmen über ausgesuchten<br />

Designmöbeln empfinden viele Baukünstler<br />

wie ein Säureattentat auf Alte Meister. Anekdoten<br />

über verzweifelte Versuche, die Homogenität eines<br />

Bauwerks gegen den gemeinen Originalitätsbewuchs<br />

durchzusetzen, gibt es zuhauf.<br />

Von Vorschriften über Schulungen, von Vertragswerken<br />

bis zu handgreiflichem Herunterreißen volksnaher<br />

Dekorationsartikel durch den Architekten ist kaum<br />

etwas unversucht geblieben, um den künstlerischen<br />

Kodex eines Bauwerks durchzusetzen. Selbstverständlich<br />

komplett vergeblich. Spätestens beim ersten<br />

Nutzerwechsel hängen halslose Kinderzeichnungen<br />

in IKEA-Rahmen überm Schreibtisch, verstaubt eine<br />

Nikolausmütze von der letzten Weihnachtsfeier auf<br />

dem Garderobenständer und klebt an der Glastür<br />

ein Aufkleber mit dem Spruch: „Nicht hupen, Fahrer<br />

träumt vom FCB.“<br />

Wenn ein Kampf so nutzlos ist, muss man den Feind<br />

umarmen. So jedenfalls kann man die Vitrinenfenster<br />

verstehen, die im Studentenwohnheim „Upper West<br />

Side“ auf dem Universitätscampus von Ulm in die<br />

Wand gesetzt sind <strong>–</strong> zur individuellen Gestaltung.<br />

In den Glasrahmen zwischen Küche und Hausflur<br />

mit Durchsicht in die großen asketisch gestalteten<br />

Innenhöfe der Anlage wird der Ausdruck persönlicher<br />

Vorlieben zu einer Art temporärer Volkskundeausstellung.<br />

„I kiss better than I cook“, steht hier auf einem<br />

Schild neben einer Batterie schottischer Whisky-<br />

Flaschen. Die Nachbarn präsentieren die bunte Vielfalt<br />

deutscher Klorollen zusammen mit einer Wackelkatze,<br />

eine Gewichtheberfigur steht auf dem Taschenbuch<br />

„Menschliches, allzu Menschliches“ von Nietzsche,<br />

und natürlich glotzt irgendwo auch ein gelber Minion<br />

fröhlich durchs Glas.<br />

Rainer Hofmann nennt diese dosierte Individualisierung<br />

eine „produktive Grauzone zwischen privat und<br />

öffentlich“. In zahlreichen Projekten von <strong>bogevischs</strong><br />

<strong>buero</strong> gibt es solche definierten Zonen des persönlichen<br />

Ausdrucks, die eine Selbstdarstellung der Nutzer<br />

nach außen erlauben, ohne dass es aufdringlich<br />

wird. Eingebettet in kompakte architektonische Strukturen<br />

vermitteln diese menschlichen, allzu menschlichen<br />

Geschmacksnoten zwischen dem städtischen<br />

Raum, dem ästhetischen Rahmen des Entwurfs und<br />

der privaten Natur des Wohnens.<br />

In Ulm bildet sich dieses Spiel mit dem Privatgeschmack<br />

zur inneren Erschließungsachse durch die<br />

Dekoration der Küchenfenster ab. Als horizontale<br />

Vitrinen prägen sie die Eingangsbereiche der Erdgeschosswohnungen<br />

in der dreiteiligen Anlage Für die<br />

Studenten erfüllen sie eben eine ähnliche Funktion<br />

individualisierter Sendung. Aber auch die Außenfenster<br />

werden individualisiert. Auf den Bodenflächen der<br />

Kästen aus grüngelben Blechen <strong>–</strong> die einen kecken<br />

Farbakzent setzen und den Bewohnern einen großartigen<br />

Blick ins Donautal erlauben <strong>–</strong> stehen mal<br />

Küchenkräuter, Topfpflanzen, Red-Bull-Dosen oder<br />

ein Buddha. Hinter dem Glas dieser streng seriellen<br />

Elemente mit ihren schwarzen Faltblechfensterläden<br />

wechseln die Muster der individuell anzubringenden<br />

Gardinen.<br />

In der Massivität der drei abgetreppten „Schiffsdocks“,<br />

die durchaus surreal auf der Kuppe des Eselsbergs<br />

am Rande der Schwäbischen Alb thronen, sorgen die<br />

tief sitzenden Fensterreihen mit ihrer Signalfarbe für<br />

lebendige Porosität, die textilen Elemente dahinter für<br />

den zarten Akzent. Und diese Abstufung von wuchtig<br />

zu dezent wiederholt sich vom Städtebau bis ins Detail<br />

als Motiv.<br />

Räumlich behaupten sich die klaren rechtwinkligen<br />

Zeichen als abstrakte Antwort auf die Architektursprachen<br />

des Umfelds, namentlich zu Otto Steidles<br />

bunt-filigranen Universitätsriegeln und dem gerundeten<br />

weißen Forschungszentrum von DaimlerChrysler,<br />

das Richard Meier entworfen hat. Aber die imposante<br />

Fernwirkung der kantigen Großformen, die im Büro<br />

„Katamaran“ genannt werden, zeigt von nahem<br />

durchaus spielerische Oberflächen. Das Fugenmuster<br />

der großen Betonfertigteile dieser Pfostenriegelfassade<br />

<strong>–</strong> deren Sandwichbauweise den Energiestandard<br />

Effizienzhaus 55 KfW erreicht <strong>–</strong> ist gegeneinander<br />

versetzt wie ein Mauerwerk. Die Anzahl der Fenster<br />

auf den Kopfseiten variiert entsprechend der Grundrisse,<br />

die im Westriegel Wohngemeinschaften von<br />

11 Zimmern, im Osten von vier vorsehen. Ihre<br />

metrische Reihe wird mehrmals unterbrochen von<br />

mehrgeschossigen Loggien.<br />

258 Studierendenwohnanlage Upper West Side, Ulm<br />

81


258 Studierendenwohnanlage Upper West Side, Ulm<br />

84<br />

Maßstab 1:1000


106<br />

107


367 Wohnanlage wagnisART, München<br />

148<br />

149


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>bogevischs</strong> <strong>buero</strong> architekten & stadtplaner gmbh<br />

Schulstraße 5, 80634 München<br />

Text: Till Briegleb, Hamburg<br />

Till Briegleb, geboren1962 in München. Studium der Politischen Wissenschaften<br />

und der Germanistik in Hamburg. Ab 1991 Kulturredakteur der „Tageszeitung“ (taz)<br />

in Hamburg, von 1997 bis 2002 Kulturredakteur der Wochenzeitung „Die Woche“,<br />

danach bis 2006 freier Autor für diverse Zeitungen und Zeitschriften. 2006 Textchef des<br />

Kunstmagazins „art“, seit 2007 fester Autor der „Süddeutschen Zeitung“ und von „art“.<br />

Publikationen zu diversen Themen der Architektur, der Kunst, der Kulturgeschichte und<br />

des Theaters. Beim Insel-Verlag erschien in der Bibliothek der Lebenskunst das Essay<br />

„Die diskrete Scham“. Mitglied diverser Auswahljurys im Bereich Theater, Kunst und<br />

Architektur. Lebt in Hamburg.<br />

Fotos: Julia Knop, Hamburg; Seiten 66 - 75: Michael Heinrich, München<br />

Julia Knop, geboren 1971 in Oberhausen. Studium Foto/Film-Design an der FH Dortmund.<br />

Seit 1998 in Hamburg lebend. Von dort aus Auftragsarbeiten für Magazine<br />

und Agenturen im Bereich der Portrait- und Reportagefotografie. Realisierung freier<br />

Projekte auf Reisen. 2015 Stipendiatin des Goethe-Instituts im südindischen Bangalore.<br />

Ausstellungsbeteiligungen unter anderem in der Photographers‘ Gallery in London,<br />

im Fotomuseum Winterthur und auf der photobiennale in Daegu, Korea. Mitglied der<br />

Kölner Fotoagentur „laif“.<br />

Redaktion: Nicolette Baumeister, Büro Baumeister, München<br />

Gestaltung: Büro Wilhelm Kommunikation und Gestaltung, Amberg<br />

Produktion: Frischmann Druck & Medien, Amberg<br />

Schrift: Zurich BT<br />

Papier: Römerturm Druckfein<br />

Verlag: Büro Wilhelm. Verlag<br />

Lederergasse 5-7, 92224 Amberg<br />

www.<strong>buero</strong>-wilhelm.de<br />

ISBN:ISBN 978-3-943242-70-6<br />

Printed in Germany 2016<br />

Die Deutsche Bibliothek - CIP Einheitsaufnahme<br />

Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. Das<br />

Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />

außerhalb der engen Grenzen des Urherberrechtes ist ohne schriftliche Genehmigung<br />

des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,<br />

Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen<br />

Systemen.<br />

© 2016 Büro Wilhelm. Verlag<br />

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