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Georg 1-22

DER KLEINE GEORG ist eine Fachzeitschrift für den Pferdefreund, welche im Raum zwischen Harz und Heide sowie in der Umgebung und im westlichen Sachsen-Anhalt vertrieben wird. Hier wird über Pferdesport und Zucht in allen Facetten berichtet. Dabei macht die bunte Mischung aus überwiegend regionaler und überregionaler Berichterstattung sowie diversen Fachartikeln DER KLEINE GEORG so einzigartig.

DER KLEINE GEORG ist eine Fachzeitschrift für den Pferdefreund, welche im Raum zwischen Harz und Heide sowie in der Umgebung und im westlichen Sachsen-Anhalt vertrieben wird. Hier wird über Pferdesport und Zucht in allen Facetten berichtet. Dabei macht die bunte Mischung aus überwiegend regionaler und überregionaler Berichterstattung sowie diversen Fachartikeln DER KLEINE GEORG so einzigartig.

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Wie beim Menschen kann auch dem<br />

Pferd der Lernstress wortwörtlich<br />

auf den Magen schlagen! Pferde sind<br />

Pferde und Menschen sind Menschen,<br />

jedoch verfügen beide über dasselbe<br />

Nervensystem und auch Pferde haben<br />

Emotionen. Damit möchte ich sagen,<br />

dass man sich sehr wohl bei diesem<br />

Thema trauen darf, sich eins zu eins in<br />

die Lage des Pferdes zu versetzen und<br />

zu erspüren, wie sich solche Situationen<br />

für das Pferd wohl anfühlen mögen. Es<br />

gibt keinen großen Unterschied.<br />

Ich darf mich also fragen, wie<br />

möchte ich in einer Partnerschaft Dinge<br />

erklärt bekommen, um sie verstehen<br />

zu können? Wie würde ich ermutigt<br />

werden wollen, Leistung zu erbringen,<br />

insbesondere, wenn ich mir die<br />

Aufgabe nicht selber ausgesucht<br />

habe? Wie könnte man mir zeigen,<br />

was man sich von mir wünscht und<br />

das auch noch in einer Fremdsprache?<br />

Wie könnte ich motiviert werden und<br />

auch Freude dabei empfinden? Diese<br />

Fragen passend zum Pferd umgesetzt<br />

sind die Basis der wahren, korrekten<br />

und partnerschaftlichen, also<br />

beziehungsstärkenden Hilfengebung.<br />

Stellen sie sich folgendes Szenario<br />

vor: Sie besuchen einen Tanzkurs. Ihr<br />

Tanzlehrer spricht eine andere Sprache<br />

als Sie. Er möchte Ihnen die ersten<br />

Tanzschritte im Paartanz beibringen.<br />

Mit weichen Bewegungen dirigiert er<br />

sie in die gewünschten Richtungen,<br />

sobald sie unsicher werden, gibt er<br />

Ihnen sanften Halt und erspürt dabei<br />

merklich, weil sanft, ob es zu viel<br />

körperlicher Druck ist für Sie. Er nimmt<br />

ihre Atmung und Mimik wahr, ob sie<br />

muskulär gegenspannen, körperliche<br />

Schwierigkeiten haben oder sich<br />

allgemein unwohl fühlen. Wenn er<br />

solche Aspekte partnerschaftlich<br />

wahrnimmt, verändert er sofort die<br />

Energie, nimmt den körperlichen<br />

Druck aus der Situation und vermindert<br />

den Anspruch. Er reagiert ermunternd<br />

auf kleine Fehler, vielleicht sogar<br />

humorvoll und nimmt Ihnen damit ihre<br />

Unsicherheit und den Stress, weil sie<br />

sich etwas unzulänglich fühlen.<br />

Sie fühlen sich dadurch instinktiv<br />

wahrgenommen und wagen weitere<br />

Tanzschritte. Von Tanzstunde zu<br />

Tanzstunde werden sie ein immer<br />

harmonischeres freundschaftliches<br />

Team, welches gleichzeitig<br />

anspruchsvollere Tanzschritte wagt.<br />

Ihr Körper ist mittlerweile trainierter<br />

und routinierter und vieles hat sich<br />

„spielerisch“ entwickelt und ist so nun<br />

leichter abruf- und ausführbar.<br />

Stellen sie sich jetzt dasselbe Szenario<br />

vor mit einem anderen Tanzlehrer.<br />

Auch er spricht eine andere Sprache.<br />

Er hält sie dauerhaft oder immer wieder<br />

zu stark fest, um sie in die gewünschten<br />

Richtungen zu dirigieren, gefühlt zu<br />

zwingen. Zwischendurch erhöht er das<br />

Tempo, obwohl sie mit dem vorigen<br />

Tempo noch vollauf beschäftigt sind,<br />

die Schritte in der richtigen Länge u.<br />

Richtung zu bewältigen. Sie vergessen<br />

den Richtungswechsel und mit<br />

noch mehr körperlichen Druck zieht<br />

und drückt er Sie andauernd in die<br />

gewünschte Richtung.<br />

Nachdem Sie ein paar Fehler machen,<br />

wirkt er genervt und gereizt. Ihnen tut<br />

mittlerweile die Schulter weh und sie<br />

sind völlig verspannt. Sie schämen<br />

sich, da sie sich nicht gut genug fühlen.<br />

Sie versuchen, Ihrem Ausbilder ihr<br />

Unwohlsein zu signalisieren, aber er<br />

macht einfach weiter mit den Worten<br />

„Stellen Sie sich nicht so an!“ Am Ende<br />

der Stunde sind Sie völlig erschöpft,<br />

fühlen sich ver- oder gar missbraucht,<br />

zumindest missverstanden.<br />

Die Tanzstunde ist dann eine<br />

unangenehme, vielleicht sogar<br />

traumatische Erfahrung.<br />

Es ist vielleicht nicht eins zu eins auf<br />

das Pferd übertragbar, dennoch finden<br />

sich viele Parallelen in diesem Beispiel.<br />

Doch, es ist nahezu eins zu eins<br />

übertragbar, denn die Arbeit mit dem<br />

Pferd, das soll(te) wie Tanzen mit dem<br />

Pferd sein, sowohl vom Boden als<br />

auch aus dem Sattel heraus. Einziger<br />

Unterschied:<br />

Das Pferd hat sich seine „Verwendung“,<br />

seinen sportlichen Einsatz nicht selber<br />

ausgesucht!<br />

Die Art der Kommunikation auf jeder<br />

Ebene zwischen zwei Lebewesen<br />

stellt einen elementaren Punkt<br />

bezüglich Beziehungsempfinden<br />

und Sicherheitsgefühl dar - beides<br />

unabdingbare und voraussetzende<br />

Elemente von Wohlbefinden.<br />

Danke Yve, und wenn wir die<br />

Hilfengebung nicht nur technisch<br />

definieren sondern auch als Mittel<br />

zum Entwickeln einer Beziehung<br />

im Kontext mit der Ausbildung des<br />

Partners betrachten, dann wird doch<br />

letztlich das Pferd zum Ausbilder.<br />

Foto: Yve Ehler-Klatte<br />

Harmonie ist keine Frage der Erziehung, sondern von Respekt und Einfühlungsvermögen,<br />

das gilt auch für das Bodenpersonal.<br />

29<br />

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