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22. Februar 2022

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<strong>22.</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2022</strong><br />

AUS DER BÜMPLIZER VERGANGENHEIT – HEITERE GESCHICHTEN VON MAX WERREN<br />

Die bewegte Geschichte<br />

des Fellerstocks<br />

Von den vier Bümplizer Herrschaftssitzen<br />

Altes und Neues<br />

Schloss, Brünnenschlössli und<br />

Fellerstock weist letzterer den<br />

geringsten Bekanntheitsgrad auf.<br />

Das mag am Umstand liegen, dass<br />

die Campagne inmitten seines<br />

prächtigen Baumbestandes sowohl<br />

von der benachbarten Bümpliz-,<br />

als auch von der Heimstrasse kaum<br />

einsichtbar ist. Gleichzeitig weist<br />

der Name auch darauf hin, dass<br />

der seinerzeitige Besitzer Karl Feller<br />

eine bis in die heutige Zeit reichende<br />

Bedeutung genoss.<br />

Der Erbauer als Spross<br />

einer mächtigen Familie<br />

Viktor von Erlach I. (1648 - 1730)<br />

gilt als mutmasslicher Erbauer<br />

des ersten einfachen Landhauses.<br />

Als Sohn des letzten Besitzers<br />

des (Alten) Schlosses musste<br />

er erleben, dass sein Vater Franz<br />

Ludwig von Erlach wegen eines<br />

Raufhandels mit tödlichem Ausgang<br />

ausser Landes verwiesen<br />

wurde und das Schlossgut verkaufen<br />

musste. Ganz offensichtlich<br />

fühlte sich Sohn Viktor dem<br />

einfachen Bauerndorf Bümpliz<br />

so verbunden, dass er seinen<br />

Wohnsitz am Standort seiner<br />

Kindheit belassen wollte. Als Angehöriger<br />

des bedeutenden Berner<br />

Adelsgeschlechtes leistete er<br />

Militärdienst am französischen<br />

Hof, war Landvogt von Aarberg<br />

und Sumiswald. Er überlebte<br />

alle seine Söhne, Brüder und<br />

Neffen.<br />

1738 erwarb Samuel von Jenner,<br />

Brigadier und Maréchal de Camp<br />

in französischen Diensten das<br />

Haus und gestaltete es im Stil des<br />

Spätbarocks um. Als er 1774 zum<br />

Landvogt von Romainmôtier ernannt<br />

wurde, verkaufte er den als<br />

«Stock» bekannten Sitz an Beat<br />

Rudolf Tscharner, Landvogt zu<br />

Der südliche Eingang des Fellerstocks mit Säulen und Treppe.<br />

Nidau und Salzdirektor. Vermutlich<br />

aus dieser Zeit stammt der<br />

Flurname «Tscharnergut». Der<br />

wohlhabende Tscharner erwarb<br />

nicht nur das Landhaus – den<br />

heutigen Fellerstock – sondern<br />

auch die landwirtschaftlich genutzte<br />

Fläche bis an den Rand des<br />

heutigen Eichholzwaldes.<br />

Das Ende des Ancien Régime und<br />

die darauffolgenden wirtschaftlichen<br />

und politischen Unsicherheiten<br />

hatten zur Folge, dass der<br />

Besitz in spekulativer Weise oft<br />

kurzfristig in wechselnde Hände<br />

überging. Auf diese Weise erwarb<br />

1857 Frau Marie Ninet-<br />

Lukmaggi (von Genf und Aubonne)<br />

das Landhaus samt Umgebung.<br />

Unter ihrer Regie erfuhr<br />

das Gebäude eine entscheidende<br />

Erweiterung. Die Aufstockung<br />

DER AUTOR<br />

Max Werren ist ehemaliger Inhaber<br />

einer Kommunikations-Agentur und<br />

einstiger ehrenamtlicher Co-Ortsarchivar<br />

von Bümpliz. Er ist Verfasser<br />

zahlreicher Publikationen, darunter<br />

der «Bümplizer Geschichte(n)».<br />

Zudem ist Werren Präsident von<br />

«Kultur Schloss Bümpliz».<br />

durch ein Geschoss erforderte<br />

eine neue Dachgestaltung und<br />

die südliche Front erhielt einen<br />

toskanisch anmutenden Vorbau<br />

mit Säulenperistyl und Freitreppe.<br />

Der Park wurde von seinen<br />

strengen geometrischen Mustern<br />

befreit und präsentierte sich ab<br />

diesem Zeitpunkt als «englische»<br />

Gartenanlage mit Springbrunnen<br />

und Rondell. Eine prächtige<br />

Allee führte in nördlicher Richtung<br />

bis an die Murtenstrasse<br />

(Aufhebung durch den Bau der<br />

Eisenbahnlinie Bern-Neuenburg<br />

1901 bzw. durch den Bau des<br />

Tscharnerguts 1958); der südliche<br />

Teil bis an die Bümplizstrasse<br />

ist bis heute erhalten. Ein Teil<br />

der alten Umfassungsmauer sowie<br />

die Kalksteinpostamente als<br />

Eingang zur Allee sind an der<br />

Bümplizstrasse noch sichtbar.<br />

Der Name Fellerstock entsteht<br />

Im Jahre 1877 erwarb der Geometer<br />

Karl Feller das herrschaftliche<br />

Gebäude samt dem benachbarten<br />

Gutshof und die ausgedehnte Fläche<br />

des heutigen Tscharnerguts.<br />

Der Name Fellerstock bürgerte<br />

sich rasch ein. Fast gleichzeitig<br />

konnte sein Bruder Gottfried,<br />

Bauer vom Rehhag, durch Heirat<br />

Fotos: R. Burkhart<br />

mit Elisabeth Sahli das angrenzende<br />

Bethlehemgut übernehmen.<br />

Die beiden Brüder gehörten<br />

fortan zu den reichsten Landbesitzern<br />

der Bauerngemeinde<br />

Bümpliz.<br />

Karl Feller absolvierte das staatliche<br />

Lehrerseminar in Münchenbuchsee,<br />

entschloss sich allerdings<br />

nach zwei Jahren zum Berufswechsel.<br />

Er wählte jenes Arbeitsfeld,<br />

das sein Vater – ebenfalls<br />

Lehrer in Bümpliz – schon im Nebenamt<br />

ausübte, nämlich Geometer.<br />

Nebst seinem auf Präzision<br />

und Detailtreue ausgerichteten<br />

Berufs wies Karl Feller auch eine<br />

Begabung für innovative und<br />

kommerziell erfolgreiche Nebenbeschäftigungen<br />

auf. Sein 1878<br />

publizierter Übersichtsplan der<br />

Gemeinde Bümpliz diente über<br />

Jahrzehnte als Grundlage für<br />

Landverkäufe, Zusammenlegungen<br />

oder Neunutzungen. Die genauen<br />

Kenntnisse über Landbesitz<br />

und -werte nutzte er für spontane<br />

Arrondierungen seines Besitzes.<br />

Bei Erbstreitigkeiten<br />

fungierte er oft als Vermittler;<br />

manchen Streit schlichtete er<br />

durch einvernehmlichen Kauf<br />

der Hinterlassenschaft.

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