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Thermenland-Magazin

das Magazin für das Thermenland, das Rottal, Lkr. Passau und das Innviertel

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TLM März 22:TLM März 21 neu 27.02.22 21:43 Seite 3<br />

EDITORIAL<br />

Martin Semmler M.A. | Chefredakteur<br />

Wir alle wollen<br />

verstehen, warum unser Leben in Sicherheit<br />

und Wohlstand plötzlich von einem<br />

politischen Potentaten im fernen Russland<br />

beendet sein soll. Es ist doch erst<br />

wenige Tage her, dass Wladimir Putin<br />

seinen Soldaten befohlen hat, die Grenze<br />

zur Ukraine zu überschreiten. Politiker<br />

müssen sich vorhalten lassen, sie hätten<br />

in den Gesprächen immer nur ihre eigene,<br />

westliche Sicht in die Aussagen des<br />

russischen Herrschers hineininterpretiert,<br />

um in einer Kosten-Nutzen-Rechnung<br />

den kleinsten Schaden für die deutsche<br />

Wirtschaft abzuwägen. Nun wird uns<br />

allen die Rechnung dafür präsentiert: Die<br />

Kurse an den Börsen waren die ersten<br />

Verluste, die vor allem diejenigen von uns<br />

bezahlen mussten, die ihre Altervorsorge<br />

über Fonds abgesichert haben. Wenige<br />

Tage später schossen die Preise an den<br />

Zapfsäulen in die Höhe. Das nächste,<br />

was uns an diesem Krieg teuer zu stehen<br />

kommt, sind die unabsehbaren Folgen<br />

unserer Abhängigkeit von russischer<br />

Kohle und Gas.<br />

Nach dem Zusammenbruch des Sowjetreiches<br />

1991 standen dem Aufbau eines<br />

gemeinsamen „Europäischen Hauses“<br />

alle Möglichkeiten offen. Selbst Wladimir<br />

Putin, damals bereits Präsident Russlands,<br />

konnte sich in einem Interview mit<br />

der BBC noch im Jahr 2000 vorstellen,<br />

dass sein Land Mitglied der Nato werden<br />

könnte. „Ich kann mir die Nato nur<br />

schwerlich als einen Feind vorstellen“,<br />

sagte er damals.<br />

Was ist passiert? Es sei ein Fehler gewesen,<br />

dass Europa nach dem Ende der<br />

Wende 1989/91 keine eigene, moderne<br />

Sicherheitsarchitektur geschaffen habe,<br />

sagte Gorbatschow den Funke-Zeitungen<br />

2019. „Stattdessen erklärte der Westen, er<br />

habe den Kalten Krieg gewonnen. Dieses<br />

Siegergehabe war ein großer Fehler des<br />

Westens.“ Putin hatte in einer seiner<br />

Bürgerfragestunden bereits im April 2015<br />

vom Westen mehr Respekt für die Interessen<br />

Russlands gefordert. „Was Putin wirklich<br />

will, ist Respekt“, erklärte auch der<br />

deutsche Marine-Chef, Vizeadmiral Kay-<br />

Achim Schönbach, wenige Tage vor dem<br />

russischen Überfall auf die Ukraine. Statt<br />

auf den hochrangigen Militär zu hören,<br />

musste er seinen Hut nehmen, weil der<br />

Gedanke an so etwas Abstraktes wie<br />

„Respekt“ nicht ins Konzept marktorientierter<br />

Politik passt.<br />

Doch schaut man in die Geschichte, wird<br />

schnell klar, dass vor der Gründung der<br />

Kiewer Rus durch Wikinger im Mittelalter<br />

über das Zarenreich bis in die Sowjetzeit<br />

im russischen Reich immer die Herrscher<br />

erfolgreich waren, die ihrem Streben nach<br />

persönlicher Macht alles untergeordnet<br />

haben. Welche Völker und Stämme ihnen<br />

dabei untertan waren, war ihnen immer<br />

herzlich egal und der Einzelne zählte<br />

ohnehin nichts in ihrer Welt. Konkurrenten<br />

wurden aus dem Weg geräumt,<br />

Ergebenheit durch Pfründe belohnt.<br />

Geherrscht wurde bis zum Tod. Eine<br />

Gesellschaft, geprägt von Überlegenheit<br />

und Respekt. Westliche Werte wie Selbstbestimmungsrecht,<br />

Menschenrechte und<br />

Demokratie kommen hier nicht vor. Sie<br />

bedrohen die mittelalterliche Machtstruktur.<br />

Darum musste die westliche Diplomatie<br />

auch scheitern. Man stelle sich nur<br />

Olaf Scholz mit nacktem Oberkörper auf<br />

einem Pferd bei der Jagd vor. Sein Volk<br />

liebt Putin in solcher Pose.<br />

Einem gewählten Wikinger-Fürsten kann<br />

man Respekt zollen, indem man das Knie<br />

beugt und den Kopf senkt – oder ihm sich<br />

fest gegenüber stellt und auf gleicher<br />

Augenhöhe die Stirn bietet. Putin rechnet<br />

damit, dass sich nach seinem Ukraine-<br />

Coup die wirtschaftsorientierte Politik<br />

des Westen bald wieder durchsetzt und<br />

für den Profit Gras über die Sache wachsen<br />

lässt. Er vertraut darauf, dass die<br />

deutschen Konzerne wieder billiges Gas<br />

beziehen und den Oligarchen teure<br />

Luxusgüter liefern wollen. Es liegt an uns,<br />

dem Herrn des Russischen Reiches die<br />

Stirn zu bieten, unablässig Sand in sein<br />

Machtgetriebe zu schaufeln, auch wenn<br />

es uns „Mühsal, Tränen und Schweiß“<br />

abfordern wird. Was wäre uns der Frieden<br />

wert, wenn er uns nichts kostet? Es ist<br />

schließlich unser Ziel, dass wir in unserem<br />

europäischen Haus<br />

in Frieden leben.<br />

DO SCHAU HER ...<br />

Was mit dem einfachen Maskennähen<br />

begann, hat sich zu einem kreativen<br />

Hilfsprojekt weiterentwickelt. Der Verein<br />

„Nähen hilft!“ aus dem Landkreis<br />

Dingolfing-Landau besteht aus rund<br />

50 ehrenamtlichen Näherinnen, die<br />

vorwiegend Produkte für krankenhausnahe<br />

Einrichtungen und Menschen mit<br />

Behinderungen erstellen. So werden<br />

beispielsweise Brustkrebskissen, Krankenhauströster,<br />

Produkte zur Unter -<br />

stützung der kindlichen Gehirntumorforschung,<br />

wärmende Kleidungsstücke<br />

für Obdachlose, Katheter-Beutel für die<br />

Kinderonkologie und viele weitere Produkte<br />

erstellt und gespendet – hier bei<br />

der Übergabe von Therapiematerialien<br />

an das Bezirksklinikum Mainkofen.<br />

Foto: Bezirksklinikum<br />

3 www.thermenland-magazin.de

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