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Chef Sache Magazin 01-2022

Das Magazin fokussiert auf die Unternehmer der Gastronomie und die, die es werden wollen. Das Magazin liefert Antworten für die Entscheidungsträger auf die wichtigsten unternehmerischen Fragen, Herausforderungen, Trends und Marktentwicklungen.

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DANIEL WIESNER<br />

FAMILIENREGENT<br />

IN DER<br />

KÜCHENREPUBLIK<br />

SEITE 32<br />

Nº 1/22


Ihr bäcker.<br />

Restaurant-<br />

Da greift man gerne zu: Mit viel Leidenschaft und Bäckerstolz<br />

produzieren wir als eigenständiges Schweizer<br />

Familienunternehmen ein breites Sortiment tiefgekühlter<br />

Feinbackwaren sowie Konditoreiprodukte und beliefern<br />

damit die ganze Schweiz. So können Sie Ihre Gäste<br />

jederzeit verwöhnen.<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch auf romers.swiss<br />

oder Ihren Anruf unter 055 293 36 36.


SPIELT DIE<br />

WELT VER-<br />

RÜCKT?<br />

Im Moment passiert so viel – ich komme<br />

manchmal fast nicht mehr nach mit den<br />

Aktualitäten. Folgen all die Schreckensmeldungen<br />

und Dauerkrisen einem Plan<br />

bzw. will Mutter Erde uns etwas mitteilen?<br />

Ich weiss es nicht.<br />

Was ich weiss: Der Mensch ändert sich<br />

bekanntlich, wenn es weh tut, und passt<br />

sich an. Das haben auch die vergangenen<br />

zwei Jahre gezeigt. Unserer Branche<br />

wurde auf den Kopf gestellt. Und viele<br />

von uns wurden dadurch erst recht kreativ.<br />

Krise als Antrieb – beruhigend, dass<br />

wir Menschen uns nicht so leicht unterkriegen<br />

lassen. Dennoch hoffe ich nicht,<br />

dass dies nun immer so bleiben soll.<br />

Mein Team und ich jedenfalls haben unsere<br />

Motivation sowie den Drang, weiter<br />

nach vorne zu gehen, um unsere Ziele<br />

zu erreichen, noch lange nicht verloren.<br />

Da muss man halt aus der Komfortzone<br />

raus. Die Gegebenheiten annehmen und<br />

weiter nach Lösungen suchen. Denn<br />

Erfolg schafft man nur, wenn man eine<br />

Vision hat. Dazu kommen Engagement<br />

und Beharrlichkeit; Jammern gehört<br />

nicht dazu. Zum Glück haben wir viele<br />

positive Beispiele in unserer Branche<br />

erlebt. Daumen hoch für all die Macherinnen<br />

und Macher, die sich nicht unterkriegen<br />

lassen!<br />

Die Herausforderungen der Branche<br />

sind vielfältig – und das gilt auch für die<br />

Chancen. Neue, innovative Ideen, wie sie<br />

beispielsweise die Clubszene während der<br />

Pandemie entwickelt hat (ab Seite 102),<br />

zeigen, wie eine Vorwärts strategie aussehen<br />

kann. Und welche Lösungen fallen<br />

der Branche ein, um z. B. den Fachkräftemangel<br />

in Zukunft zu lösen? Wird die<br />

Digitalisierung uns auch hier weiterhin<br />

fordern, und sind Roboter in der Küche<br />

und im Service Teil der Lösung?<br />

Reale Beispiele gibt es inzwischen, wie<br />

wir auf Seite 82 ff. zeigen. Überhaupt<br />

werfen wir in diesem CHEF-<strong>Sache</strong>-<br />

Maga zin einen besonderen Blick auf<br />

das Thema TECHNIK & INFRASTRUKTUR,<br />

und schauen, welche Lösungen sich für<br />

kleine, aber auch grössere Probleme eignen.<br />

Wir alle bleiben von nötigen Veränderungen<br />

nicht verschont. Das kann<br />

manchmal Stress verursachen. Sei’s<br />

drum. Wir verleihen auf jeden Fall die<br />

BOSG-Awards dieses Jahr gleich zweimal.<br />

Wenn Sie das <strong>Magazin</strong> in den<br />

Händen halten, haben wir die Gewinnerinnen<br />

und Gewinner von 2021 endlich<br />

gekürt (ab Seite 68), und die Vorbereitung<br />

für die Award-Show im November<br />

<strong>2022</strong> laufen bereits auf Hochtouren.<br />

Wir bleiben dran!<br />

Schauen wir weiterhin nach vorne, halten<br />

wir zusammen und machen wir uns<br />

gegenseitig Mut. So schaffen wir gemeinsam<br />

Lösungen – und können die<br />

Welt vielleicht wieder ein kleines bisschen<br />

besser machen. Die Hoffnung<br />

stirbt zuletzt. Let’s do it!<br />

Ihr Andreas Krumes


AUS FREUDE<br />

AN GENUSS UND<br />

KULINARIK<br />

Starke Marken für Sie vereint. swissgastrosolutions.ch


INHALT<br />

TAT-SACHE<br />

KOPF-SACHE<br />

1.1 Businessplan 08<br />

1.2 Insight 20<br />

1.3 Konzepte im Fokus 38<br />

1.4 Technik 48<br />

1.5 Digital 50<br />

2.1 <strong>Chef</strong>sache 54<br />

2.2 Dreamteam 58<br />

2.3 Headhunting 64<br />

2.4 Best of Swiss Gastro 68<br />

TREND-SACHE<br />

SPEZIAL-SACHE<br />

3.1 Trending Topic 82<br />

3.2 Buzzword 88<br />

3.3 Mixology 92<br />

4.1 Clubspezial 104<br />

Titelseite: Daniel Wiesner, Co-Geschäftsführer der Familie Wiesner Gastronomie. Foto: Philipp Hodel


Die Geschichte der<br />

Gastronomie ist immer<br />

auch eine Geschichte<br />

von Innovation und<br />

dem Beschreiten neuer<br />

Wege. Kitchen Republic,<br />

ab Seite 32.


TAT-SACHE<br />

1.1 Businessplan<br />

Kennen Sie Ihre grösste Stromsünde? 08<br />

Wer falsch plant, zahlt die Zeche 14<br />

1.2 Insights<br />

Ein halbes Jahr Kochen in der «Wüste» 20<br />

Geschichten aus der «Geisterküche» 26<br />

Die unendliche Geschichte technischer<br />

Innovationen 32<br />

1.4 Technik<br />

Wie aus einer Postenküche eine<br />

Prozessküche wurde 48<br />

1.5 Digital<br />

Reservationssysteme – Erstkontakt findet<br />

online statt 50<br />

1.3 Konzepte im Fokus<br />

Revolutionär, gemeinschaftlich, digital! 38<br />

Wie man Wände durchbricht 40


808<br />

1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

KENNEN SIE<br />

IHRE GRÖSSTE<br />

STROMSÜNDE?<br />

Zuerst die schlechte Nachricht: Strom wird vielleicht nie<br />

mehr so günstig sein wie bisher. Die guten News sind, dass<br />

man mit günstigen Massnahmen einfach teure Energie<br />

und damit Kosten sparen kann. Hier gibt’s Tipps vom<br />

Profi. Umsonst.<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

FOTOS ZVG<br />

Hand aufs Herz: Wissen Sie, wie viel Sie<br />

für eine Kilowattstunde bezahlen? Und<br />

wie viel davon Sie jeden Tag brauchen,<br />

und wofür? Wenn ja: Gratulation. Wenn<br />

nein: Keine Sorge, Sie sind nicht allein.<br />

«70 Prozent der Anwender in der Gastronomie<br />

wissen nicht, wofür sie wie viel<br />

Strom verbrauchen und wie viel sie das<br />

kostet», sagt Urs Jenny, Präsident des<br />

Vereins Enak (Energetischer Anforderungskatalog<br />

an Geräte für die Verpflegung<br />

und Beherbergung). Und dieses<br />

Unwissen ist die grösste Stromsünde<br />

überhaupt. Denn: «Wer nicht weiss, was<br />

wie viel Strom braucht, verpasst es meist,<br />

Energiekosten zu sparen.» Doch 60 Prozent<br />

aller Gastronomiebetriebe haben<br />

Sparpotenzial – durchschnittlich 10 bis<br />

15 Prozent schätzt Jenny.<br />

Halb voll verbraucht<br />

mehr Energie. Deshalb:<br />

die Geschirrspülmaschine<br />

wenn möglich ganz füllen.


1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN 09


10 1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

Der Möglichkeiten, im<br />

Gastroalltag Energie zu<br />

sparen, sind viele: Deckel<br />

auf die Pfanne, Kühlschrank<br />

schliessen etc.<br />

BENUTZERVERHALTEN ALS<br />

ENTSCHEI DENDER FAKTOR<br />

Zur Theorie: Die Energiekosten in gastronomischen<br />

Betrieben machen durchschnittlich<br />

2,2 Prozent der Gesamtkosten<br />

aus. In der Hotellerie liegt der Wert<br />

bei 2,8 Prozent. Im Vergleich zu Personal-,<br />

Waren- oder Mietkosten sind das<br />

zwar relativ tiefe Beträge, doch das Einsparpotenzial<br />

im Energiebereich ist laut<br />

Jenny vergleichsweise hoch. Nicht zuletzt<br />

deshalb, weil das Benutzerverhalten<br />

zu 50 Prozent über den Energiebedarf<br />

eines Betriebs entscheidet, die anderen<br />

50 Prozent fallen auf den Gerätekauf.<br />

«Wenn wir davon ausgehen, dass die<br />

gesamten Energiekosten für die Grossküche<br />

in einem Restaurant zwischen 2,5<br />

und 3,5 Prozent betragen, ist das – so<br />

die Statistik – mehr als der Reingewinn<br />

im Gastgewerbe. Mit anderen Worten:<br />

Wenn man die Energiekosten halbiert,<br />

so erhöht sich der Reingewinn um 50<br />

Prozent», so der Experte. Deshalb seien<br />

die Energiekosten ein nicht zu vernachlässigender<br />

Wettbewerbsfaktor.<br />

KLEINE VERHALTENSÄNDERUNG,<br />

GROSSER EFFEKT<br />

Viele Energiesparmassnahmen lassen<br />

sich darum ohne hohe Kostenfolgen<br />

realisieren. Oftmals stecke der Teufel im<br />

Detail. «Es sind kleine Dinge, die unnötig<br />

viel verbrauchen; zum Beispiel, wenn<br />

der Geschirrspüler nur halbvoll ausgelas-<br />

tet läuft, die Deckel beim Kochen nicht<br />

auf den Pfannen liegen, die Türen zu<br />

Kühlräumen unnötig lange offenbleiben<br />

und Maschinen eingeschaltet sind, wenn<br />

man sie nicht braucht», sagt Urs Jenny.<br />

Oftmals liessen sich Geräte viel energieeffizienter<br />

einsetzen. Es lohne sich,<br />

bei Herstellern entsprechende Hilfe zu<br />

holen und seine Belegschaft von ihnen<br />

schulen zu lassen.<br />

Ein weiteres verhältnismässig einfaches<br />

Instrument, Energiekosten zu reduzieren,<br />

ist das Brechen der Stromverbrauchsspitzen.<br />

Zu Spitzen kommt es<br />

dann, wenn man mehrere Geräte oder<br />

Maschinen gleichzeitig laufen lässt und<br />

der Verbrauch dadurch kurzfristig über


1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

11


12 1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

EINFACHE ENERGIESPARTIPPS<br />

› Schalten Sie alles Mögliche aus<br />

Die einfachste, aber effizienteste<br />

Massnahme überhaupt: Schalten Sie<br />

aus, was Sie ausschalten können.<br />

Sei es die künstliche Beleuchtung,<br />

wenn draussen die Sonne scheint,<br />

oder Küchengeräte, die vergeblich<br />

auf Arbeit warten. Und trennen Sie<br />

Geräte vom Netz, die Sie nur selten<br />

benutzen.<br />

› Meiden Sie Spitzenlasten<br />

Versuchen Sie, grosse Verbraucher<br />

(wie Abwaschmaschine, Waschmaschine,<br />

Tumbler etc.) gestaffelt in<br />

Betrieb zu haben, damit Sie nicht in<br />

die vom Elektrizitätswerk vorgegebene<br />

Spitzenlast fallen.<br />

› Gehen Sie über die Bücher<br />

Halten Sie Halbjahres- und Jahresverbrauch<br />

von Strom, Heizöl, Gas<br />

und Wasser fest, und vergleichen Sie<br />

die Werte mit dem Vorjahr. Wenn etwas<br />

aus dem Rahmen fällt, schauen<br />

Sie hin. Einfache Messungen können<br />

Klarheit bringen. Die gibt’s vom<br />

Stromversorger gratis und franko.<br />

› Holen Sie Ihre Mitarbeitenden ins Boot<br />

Lassen Sie Ihre Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter wissen, was Sie<br />

im Energiebereich vorhaben und<br />

was Sie damit erreichen möchten.<br />

Geben Sie ihnen die Möglichkeit,<br />

sich einzubringen, und belohnen Sie<br />

gute Ideen. Wichtig ist auch: Zeigen<br />

Sie erreichte Einsparungen auf.<br />

einen für den Betrieb bestimmten Wert<br />

steigt. Was viele nicht wissen: Elektrizitätswerke<br />

berechnen die Stromkosten in<br />

bestimmten Zeitabschnitten. In diesen<br />

gilt nicht der durchschnittliche oder kumulierte,<br />

sondern der höchste Verbrauch.<br />

Wer die Spitze in dieser Zeitperiode (je<br />

nach Anbieter beispielsweise 10 oder 15<br />

Minuten) nur einmal durchbricht, zahlt<br />

für den Rest der Abrechnungsperiode<br />

den Preis dafür – anstelle der normalen<br />

20 Rappen für die Kilowattstunde plötzlich<br />

40 Rappen. Schweizer Energieversorger<br />

bieten Unternehmen übrigens<br />

einfache Messungen im Betrieb an, sogenannte<br />

Lastgangsanalysen, die ihnen<br />

diese Spitzen aufzeigen.<br />

hen. «In Anbetracht dessen, dass Strom<br />

in den nächsten Jahren knapper und<br />

teurer wird, lohnt es sich, ganz genau<br />

hinzusehen», sagt Stromexperte Jenny.<br />

Denn diese 10 bis 15 Prozent, die sich<br />

mit einfachen und kurzfristig realisierbaren<br />

Massnahmen wie richtiger Gerätehandhabung<br />

oder Brechen von Stromspitzen<br />

sparen lassen, sind die billigsten.<br />

Wer mehr Strom sparen will, muss tiefer<br />

in die Tasche greifen. In einem nächsten<br />

Schritt heisst es dann, alte Maschinen<br />

und Systeme durch neue und effizientere<br />

zu ersetzen. Das kostet, zahlt sich allerdings<br />

langfristig in Einsparungen aus.<br />

GENAU HINSEHEN LOHNT SICH<br />

Energiesparen heisst also in erster Linie,<br />

über die Bücher des eigenen Betriebs ge-<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


WIR SIND MITTENDRIN<br />

WENN’S UM<br />

DEINEN<br />

BURGER<br />

GEHT!<br />

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14 1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

WER FALSCH<br />

PLANT,<br />

ZAHLT DIE<br />

ZECHE<br />

Wer im schrumpfenden Gastromarkt mit einem neuen<br />

Restaurant Erfolg haben will, sollte ein klares Konzept<br />

haben, bei der Umsetzung flexibel bleiben und vor allem<br />

nachhaltig denken.<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

FOTOS ZVG<br />

Corona scheint überstanden (Stand<br />

März). Doch die Pandemie hinterlässt<br />

Spuren – auch in der Gastronomie. Die<br />

zwei Tage pro Woche, an denen jetzt<br />

viele Angestellte vom Zuhause-Büro aus<br />

arbeiten, statt ins Büro in der Stadt zu<br />

pendeln, gehen an Restaurants und Kantinen<br />

nicht unbemerkt vorüber. «Retail,<br />

Selber-Kochen und Delivery haben von<br />

der Krise profitiert – auf Kosten der klassischen<br />

Gastronomie. Umsätze verlagern<br />

sich auf andere Marktsegmente und<br />

-formate, der Marktanteil schrumpft.<br />

Das wird unweigerlich zu Bereinigungen<br />

führen», sagt Peter Herzog.<br />

KLARE LINIE, FLEXIBLE GASTGEBER<br />

Der Unternehmensberater für Gastronomie<br />

und Hotellerie hat im letzten Jahr<br />

bis Ende 2023 zwölf Prozent Konkurse<br />

prophezeit, alleine für die Schweizer<br />

Gastronomie; zurzeit seien wir bereits<br />

bei acht Prozent. Danach dürfte sich<br />

der Negativtrend wieder stabilisieren.<br />

Bis dahin sind es aber 3500 Betriebe, die<br />

Ein Konzept der Firma Promafox<br />

von Vinoo Mehera:<br />

das Restaurant Chreis 14 in<br />

der neuen Grossüberbauung<br />

The Circle beim Zürcher<br />

Flughafen.


1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

15


16 1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

Oben: Peter Herzog, langjähriger<br />

Gastroplaner. Foto: Tobias Stahel<br />

Links: Für das Restaurant L'Oro<br />

die Napoli im Flughafen Zürich<br />

zeichnet Vinoo Mehera verantwortlich.<br />

schliessen müssen. Laut Herzog gebe es<br />

allerdings nicht erst seit gestern zu viele<br />

Beizen – das sei schon in den 90ern so<br />

gewesen. «Die Bereinigung war überfällig.»<br />

Diese Einschätzung sei nicht pessimistisch,<br />

sondern realistisch.<br />

Ganz realistisch gefragt: Lohnt es sich<br />

post Corona überhaupt noch, ein Restaurant<br />

zu eröffnen? «Klar», antwortet<br />

Herzog. «Ich bin überzeugt, dass jeder,<br />

der dem Gast mit motiviertem, freundlichem<br />

und aufmerksamem Personal ein<br />

stimmiges Erlebnis bieten kann, nach<br />

wie vor gute Chancen hat, genug Umsatz<br />

zu erwirtschaften, um langfristig erfolgreich<br />

zu sein. Unabhängig davon, ob<br />

er gutbürgerlich, italienisch oder indisch<br />

kocht.»<br />

MIT WENIGER MEHR ERREICHEN<br />

Ein klares kulinarisches Konzept ist für<br />

Herzog neben der Gastfreundlichkeit<br />

essenziell für Erfolg. «Klar» heisst in<br />

seinen Augen jedoch nicht starr. «Ein<br />

Gastronom muss heute flexibel bleiben<br />

und auf die Bedürfnisse von Gästen<br />

und Markt reagieren können.» Sprich:<br />

Nur weil man asiatische Küche anbietet,<br />

heisst das nicht, dass man nicht auch<br />

saisonale Gemüse verarbeiten, dem Gast<br />

seine Mittagsmenüs als Take-away anbieten<br />

und die Karte schmaler fahren<br />

kann, wenn das Geschäft mal weniger<br />

läuft.<br />

«Die Menükarten in der Schweiz sind<br />

sowieso allesamt zu gross», so Herzog.<br />

Kein Mensch wolle sich durch zehn<br />

Seiten lesen. Eine kleinere Karte schone<br />

nicht nur die Nerven der Gäste, sondern<br />

helfe auch, Warenkosten und Food<br />

Waste zu minimieren, die Frische der<br />

Produkte und damit die Qualität des<br />

Essens zu verbessern.<br />

Wie man mit möglichst wenig möglichst<br />

viel herausholt, damit kennt sich<br />

Vinoo Mehera aus. Der Gastroplaner<br />

hilft Gastro nominnen und Gastrono-


1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

17<br />

Vinoo Mehera:<br />

Gastroplaner und<br />

Geschäftsführer der<br />

Promafox AG.<br />

men, ihre Ideen im Kopf so in die Praxis<br />

umzusetzen, dass sie mit optimalen Abläufen<br />

und Geräten möglichst gewinnbringend<br />

wirtschaften. Das ist nicht immer<br />

ganz ohne. Denn: «Alle haben eine<br />

klare Vorstellung davon, wie ihr Restaurant<br />

aussehen soll und was sie damit<br />

erreichen wollen. Aber nur wenige sind<br />

sich bewusst, wie viel Platz und Geld es<br />

braucht, um ihr Konzept genauso umzusetzen»,<br />

sagt er. Mit Corona sei der Kostendruck<br />

noch einmal gestiegen.<br />

WEG VOM PREIS, HIN ZUR<br />

NACHHALTIG KEIT<br />

Weil man mit dem Back of House – also<br />

mit allem, was hinter den Kulissen passiert<br />

– kein Geld verdiene, müssen für<br />

die Küche heute meist 40 Prozent der<br />

Fläche reichen, früher waren es 45 oder<br />

50. Bei der Planung gastronomischer<br />

Räumlichkeiten ging es laut Mehera<br />

lange Zeit mehr oder weniger nur darum,<br />

mit wenig Geld und Platz viel Gewinn<br />

zu machen.


18 1.1 TAT-SACHE BUSINESSPLAN<br />

Diese sauber aufgeräumte Grossküche gehört<br />

zum «The Circle Convention Center»<br />

im Hyatt Regency beim Flughafen Zürich.<br />

Ebenfalls ein Konzept von Vinoo Mehera.<br />

So stellte man vor 20 Jahren den Kühlschrank<br />

direkt neben Fritteuse und<br />

Combisteamer, damit der Koch nicht<br />

zwei unnötige Schritte machen musste.<br />

«In einem grossen Betrieb, wo alles<br />

schnell gehen muss, kann sich niemand<br />

Extrawege leisten.» Unnötige Abläufe<br />

könne sich nach wie vor niemand erlauben.<br />

In den letzten Jahren habe man<br />

aber angefangen, nicht mehr nur mit<br />

dem augenscheinlichen Preis zu rechnen,<br />

sondern nachhaltiger zu denken<br />

und Dinge wie CO₂-Fussabdruck und<br />

Food Waste mitein zukalkulieren. Diesem<br />

Trend hin zu Nachhaltigkeit hat die<br />

Pandemie einen weiteren Schub verliehen<br />

– wodurch die Planung noch wichtiger<br />

geworden ist.<br />

KLEINE DENKFEHLER, GROSSER<br />

VERBRAUCH<br />

«Bei der Planung legt man einen wichtigen<br />

Grundstein, um im Alltag Energieverbrauch<br />

und Food Waste zu minimie-<br />

ren», sagt Mehera. Wer beispielsweise<br />

statt einer grossen Kühlzelle für alles verschiedene<br />

kleinere für Gemüse, Fleisch<br />

und Milchprodukte hat, lagert Produkte<br />

besser und muss weniger wegschmeissen.<br />

Wenn Kühlschränke nicht neben<br />

der heissen Fritteuse stehen, müssen sie<br />

nicht ständig Hochleistungen erbringen,<br />

damit die Ware kühl bleibt, und brauchen<br />

so nicht unnötig Strom.<br />

Die grössten Stromfresser sind allerdings<br />

meist die billigen Gerätschaften,<br />

mit denen man vor zwei Jahrzehnten<br />

die Küchen bestückte, weil damals der<br />

Fokus beim Kauf ausschliesslich auf<br />

dem Preis lag. «Durch die steigenden<br />

Stromrechnungen ist vielen bewusst geworden,<br />

dass es sich langfristig auszahlt,<br />

am Anfang mehr in Geräte zu investieren.<br />

Qualitativ hochwertiges Equipment<br />

verbraucht weniger Strom und generiert<br />

tiefere Kosten.»<br />

LANGFRISTIG DENKEN RECHNET<br />

SICH<br />

Investitionen in energieeffiziente Geräte<br />

werden sich nach Einschätzung von<br />

Gastroplaner Mehera bald noch mehr<br />

rechnen. «Automatisierung, Digitalisierung<br />

und Künstliche Intelligenz gewinnen<br />

in der Gastronomie künftig noch<br />

mehr an Bedeutung, im Back of House<br />

und im Front of House – nicht zuletzt,<br />

weil Fachkräftemangel und Kostendruck<br />

weiter zunehmen. Damit steigt auch der<br />

Strombedarf und die Notwendigkeit,<br />

seinen Energieverbrauch zu optimieren.»<br />

Denn auch wenn ein Umdenken<br />

in Richtung Nachhaltigkeit stattgefunden<br />

hat, etwas ist gleich geblieben: Jeder<br />

Rappen zählt.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

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20 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

An der Weltausstellung<br />

in<br />

Dubai trumpfte<br />

die Schweiz mit –<br />

Raclette auf.


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

21<br />

EIN HALBES JAHR<br />

KOCHEN IN DER<br />

«WÜSTE»<br />

Philipp Mosimann hat das Catering im Schweizer Pavillon<br />

an der Expo in Dubai gestemmt. Ein Resümee über das anspruchsvolle<br />

Mandat – und was er daraus gelernt hat.<br />

TEXT DANIEL TSCHUDY<br />

FOTOS DANIEL TSCHUDY, ZVG<br />

Wenn die Schweiz irgendwo auf dem<br />

Globus hochoffiziell Präsenz markiert<br />

und Swissness verkauft, dann steckt<br />

wohl die Organisation Präsenz Schweiz<br />

dahinter. So geschehen auch kürzlich an<br />

der Weltausstellung in Dubai. Das Administrative<br />

zuerst: Präsenz Schweiz gehört<br />

zum Eidgenössischen Departement<br />

für auswärtige Angelegenheiten (EDA)<br />

und befasst sich unter anderem mit Angelegenheiten<br />

wie dem «Nation Branding».<br />

Dabei setzt Präsenz Schweiz die<br />

Strategie der Schweizer Regierung um.<br />

Dazu gehörte zum Beispiel der Auftritt<br />

an der Weltausstellung der kürzlich zu<br />

Ende gegangenen Dubai Expo. Dieser<br />

eigentlich für 2020 geplante Gross event<br />

wurde wegen der Pandemie um ein Jahr<br />

verschoben und dauerte ab Oktober<br />

2021 bis Ende März dieses Jahres.<br />

SCHON FAST EINE ROYALE FAMILIE<br />

Die Familie Mosimann kennt man über<br />

den Vater Anton, der sich in London<br />

mit seinem Club-Restaurant und seinem<br />

Engagement am Königshaus einen<br />

Ruf erarbeitet hat. Die Söhne Mark und<br />

Philipp, beide Absolventen der Hotelfachschule<br />

Lausanne (EHL), teilen<br />

sich heute die Aufgaben: Mark führt<br />

das Restaurant und Philipp hat sich als<br />

Cate rer bei internationalen Grossevents<br />

einen Namen gemacht. Zum Mandat


22 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

Präsenz Schweiz lädt ein: Auf dem<br />

Dach des Schweizer Pavillons an der<br />

Dubai Expo.<br />

des Schweizer Pavillons kam Philipp<br />

nicht per Zufall; er stieg schon 2008 in<br />

dieses Segment ein, als er für das IOC<br />

deren Corporate-Stand an den Olympischen<br />

Spielen in Peking bediente. Dann<br />

folgten Aufträge an Fussballweltmeisterschaften<br />

und Weltausstellungen, wie<br />

zum Beispiel 2<strong>01</strong>5 an der World Expo in<br />

Mailand. Philipp Mosimann, 48, hat dieses<br />

volatile Geschäft gelernt, entwickelt<br />

und in ein Geschäftsmodell gewandelt,<br />

welches jährlich rund 30 Prozent des<br />

Umsatzes des Familienunternehmens<br />

generiert. Mosimanns Jahresumsatz beträgt<br />

zwischen 6 und 8 Millionen Pfund.<br />

EIN VABANQUE-SPIEL<br />

Der Catering-Auftrag in Dubai hätte<br />

sich nicht schwieriger präsentieren<br />

können. Ein fremdes Land, eine andere<br />

Kultur, teils extreme Wetterbedingungen<br />

und hohe Hürden beim Import von<br />

Waren. Schon vor der eigentlichen Bewerbung<br />

reiste Philipp Mosimann nach<br />

Dubai und stellte sich in der damaligen<br />

Wüste die Umsetzung vor; heute heisst<br />

dieser Wüstenstrich «District 2020» und<br />

gehört zum Expo-Gelände. Mosimann<br />

suchte den Kontakt mit Behörden sowie<br />

potenziellen Zulieferern von Materialien<br />

und Esswaren. Er verstand schon damals,<br />

dass dieses temporäre Catering-Mandat<br />

in den Vereinigten Arabischen Emiraten<br />

(VAE) ein sehr gewagtes Unterfangen<br />

sein würde. Bei seiner Bewerbung in<br />

Bern hatte er die möglichen Schwierigkeiten<br />

aufgezeigt und gleichzeitig entsprechende<br />

Lösungsansätze präsentiert.<br />

Für das Familienunternehmen war klar,<br />

dass eine hohe Profitabilität bei diesem<br />

Projekt vielleicht nicht zu erreichen ist<br />

und dass man auch andere «fringe benefits»<br />

(nicht pekuniäre Nebenleistungen)<br />

berücksichtigen muss: Erfahrung,<br />

Ausbau des internationalen Netzwerkes,<br />

Kontakt zu Bern und zu den Sponsorenfirmen<br />

am Schweizer Pavillon usw.<br />

Dass die Weltausstellung dann aber um<br />

ein ganzes Jahr verschoben wurde – damit<br />

hatte niemand gerechnet. Schock für<br />

alle Beteiligten und vor allem eine lange<br />

Warterei, ob die Expo ein Jahr später<br />

dann tatsächlich eröffnen würde. Mosimann<br />

erinnert sich: «Wir wussten bis<br />

drei Monate vor der Neueröffnung am<br />

1. Oktober 2021 nicht, ob die Expo tat-<br />

sächlich aufgeht. Diese lange Unsicherheit<br />

war irritierend und hat mich sehr<br />

viel Energie und manchmal auch Motivation<br />

gekostet.»<br />

Die Dubai Expo fand dann doch statt<br />

und schloss vor wenigen Wochen ihre<br />

Tore. Zwar erreichten die Organisatoren<br />

die prognostizierten 25 Millionen Besucherinnen<br />

und Besucher nicht ganz,<br />

aber die Veranstaltung war trotzdem inhaltlich,<br />

organisatorisch und emotional<br />

ein grosser Erfolg – auch weil man sich<br />

mit der Pandemie «arrangieren» konnte.<br />

Dabei zählte das Schweizer Haus zu den<br />

fünf beliebtesten Länderpavillons. Die<br />

Schlussstatistik liegt zwar noch nicht<br />

vor, aber dennoch ist klar, dass über eine<br />

Million Gäste begrüsst werden durften.<br />

AUFREIBENDE PLANUNG<br />

INS BLAUE<br />

Schweiz Präsenz setzte das Dach ihres<br />

Pavillons als öffentliches Restaurant<br />

mit Bar ein. Genutzt wurde die Fläche<br />

für offizielle Empfänge, beispielsweise<br />

durch die Botschaft, und für geschlossene<br />

Veranstaltungen der Sponsoren-Fir-


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

23<br />

Catering-Angebot von<br />

Philipp Mosimann an<br />

der Dubai Expo. Der<br />

Schweizer Pavillion zählte<br />

zu den fünf beliebtesten<br />

Länderpavillons.


24 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

Alles in allem zufrieden:<br />

Philippe Mosimann auf<br />

dem Dach des Schweizer<br />

Pavillons.<br />

men. Mosimann: «Insgesamt haben wir<br />

in diesem halben Jahr mit unseren 15<br />

Vollzeitangestellten etwa 120 Events<br />

bekocht und bedient. Dazu kamen die<br />

individuellen Besucher, die den Weg<br />

aufs Dach fanden. Gross angeschrieben<br />

haben wir das Restaurant unten beim eigentlichen<br />

Pavilloneingang nicht. Auch<br />

wegen der Hygienevorgaben wollten wir<br />

den Zugang zum Dach eher auf Gäste<br />

mit Schweiz-Bezug leiten.»<br />

Angeboten hat der Schweizer Caterer<br />

unter anderem mehrere Weine und vier<br />

Käsesorten Schweizer Provenienz. Wer<br />

also Lust auf ein Raclette hatte, kam auf<br />

seine Rechnung. Natürlich wurden alle<br />

Spezialitäten eingeflogen. Mosimann<br />

stellt dazu fest: «Die Importabläufe in<br />

den VAE waren extrem mühsam, ein<br />

langatmiger Prozess, der uns allzu viele<br />

Sitzungen, Telefonate und E-Mails mit<br />

den verschiedenen Behörden abforderte.<br />

Da wir betreffend die tägliche Nachfrage<br />

keine Garantien hatten, mussten<br />

wir, grob gesagt, von Monat zu Monat<br />

einschätzen, was benötigt wird. Dabei<br />

mussten wir die lokalen Gesetze respektieren;<br />

Käse beispielsweise muss zwingend<br />

eine Haltbarkeit von sechs Monaten<br />

aufweisen.»<br />

FAZIT – ENDLICH WIEDER<br />

DURCHAT MEN<br />

Die Frage lässt sich nicht nur monetär<br />

beantworten. Philipp Mosimann sei im<br />

Moment einfach «happy», dass die Expo<br />

zu Ende sei, er sich zurückziehen und<br />

endlich mal wieder durchatmen könne.<br />

«Im Grossen und Ganzen hat das<br />

Mandat funktioniert und unsere Planung<br />

war, abgesehen von der einjährigen<br />

Verschiebung, richtig und konnte umgesetzt<br />

werden. Wenn man wirklich alle<br />

Kosten berücksichtigt, vor allem meine<br />

eigene Zeit, dann dürfte dieses Projekt<br />

wohl nicht profitabel gewesen sein. Als<br />

Erfolg sehe ich es trotzdem, vor allem<br />

weil unsere Crew es geschafft hat, dieses<br />

Mandat wie abgemacht durchzuführen.»<br />

Deshalb wird sich Philipp Mosimann –<br />

nach einer verdienten Verschnaufpause<br />

– um die nächste Grossbewerbung kümmern.<br />

Am 3. Mai 2025 eröffnet in Osaka<br />

die Expo 2025. Da will er dabei sein.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

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26 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

GESCHICHTEN<br />

AUS DER<br />

«GEISTER-<br />

KÜCHE»<br />

Mit dem 2<strong>01</strong>7 gegründeten Unternehmen Vertical Food/<br />

<strong>Chef</strong>ly zählt Beschir Hussain zu den deutschen Pionieren<br />

des «Ghost Kitchen»-Trends. Seine eigens für den<br />

Lieferservice entwickelten Food-Marken punkten mit<br />

Kundennähe – sowohl räumlich als auch in Bezug auf das<br />

nachfragegerechte Angebot.<br />

TEXT BARBARA SCHINDLER<br />

FOTOS ZVG<br />

«Wir sind keine Geisterküche, sondern<br />

eine Delivery Kitchen», stellt Beschir<br />

Hussain klar. Dem Gründer von <strong>Chef</strong>ly<br />

ist es wichtig, das noch junge, wahlweise<br />

als Ghost, Cloud oder Dark Kitchen<br />

bekannte Phänomen aus der Ecke des<br />

Geheimnisvollen und Verborgenen<br />

herauszuholen. «Auch wenn wir keine<br />

Restaurants betreiben und nur für das<br />

Liefergeschäft produzieren, stehen wir<br />

für Transparenz, Offenheit und faire<br />

Zusammenarbeit mit anderen Marktteilnehmern.»<br />

An demnächst fünf<br />

Standorten in Berlin und Frankfurt<br />

kochen die Mitarbeitenden von <strong>Chef</strong>ly<br />

Spezialitäten aus aller Welt. Diese werden<br />

unter Marken wie Fresh’s, Vadolì,<br />

BunUp oder Spyces über die grossen<br />

in Deutschland aktiven Lieferplattformen<br />

Lieferando, Uber Eats und Wolt<br />

zum Online-Bestellen angeboten – und<br />

natürlich auf der eigenen <strong>Chef</strong>ly-Website.<br />

Das Besondere: Die Kundschaft<br />

erfährt auf den ersten Blick nicht, dass<br />

die Bowls, Steinofenpizzas, Burger<br />

oder Shawarmas auf den verschiedenen<br />

Speisekarten in ein und derselben Küche<br />

hergestellt werden.<br />

Findiger Jungunternehmer:<br />

Baschir<br />

Hussain.


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

27<br />

Auch wenn die Burger<br />

aus der Ghost Kitchen<br />

kommen – schmecken<br />

tun sie.<br />

AUS DEN SCHWÄCHEN DES<br />

LIEFER GESCHÄFTS GELERNT<br />

Während Beschir Hussain von Saudi-​<br />

Arabien aus die im Mittleren Osten<br />

erste Lieferplattform «Hellofood» aufbaute,<br />

erkannte er zwei Schwachpunkte<br />

im Geschäft mit geliefertem Essen.<br />

«Die meisten Fehler passieren bei der<br />

Produktion und bei der Lieferung des<br />

Essens», weiss der Gründer. Zurück<br />

in Deutschland, lancierte er 2<strong>01</strong>7 sein<br />

Unternehmen Vertical Food – inzwischen<br />

unter der Dachmarke <strong>Chef</strong>ly aktiv<br />

– mit der Vision, diese Schwächen<br />

zu beheben und dazu nahe bei den<br />

Kundinnen und Kunden Food-Marken<br />

mit speziell entwickelten Sortimenten<br />

aufzubauen. Vorzugsweise mit Gerichten,<br />

die schnell zuzubereiten sind und<br />

den Lieferprozess sowohl optisch als<br />

auch geschmacklich gut überstehen.<br />

«Auch Speisen, die wie die Steinofenpizza<br />

ein bestimmtes Equipment benötigen<br />

oder im Liefermarkt bisher noch<br />

nicht erhältlich waren, sind für uns interessant»,<br />

sagt Hussain.<br />

DANK BAUKASTENPRINZIP<br />

WENIGER VERSCHWENDUNG<br />

Derzeit führt <strong>Chef</strong>ly mit rund 80 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern sieben<br />

eigene Marken, zwei davon als Retail-Kanäle.<br />

«Unsere Marken sind komplementär<br />

zueinander, operieren aber<br />

autark», erklärt Hussain. Kulinarisch<br />

bedienen sich die einzelnen Brands wo<br />

immer möglich aus demselben Zutatenkorb:<br />

Das Baukastenprinzip reduziert<br />

die Komplexität und den Food Waste.<br />

Für die Entscheidung, welche Marke<br />

wann und in welcher Küche «aufgeschaltet»<br />

wird, sodass die Kunden sie online<br />

bestellen können, spielen Daten eine<br />

wichtige Rolle. «Bei der Analyse, welches<br />

Essen wann wo am gefragtesten ist,<br />

arbeiten wir eng mit den grossen Lieferplattformen<br />

zusammen und nutzen ihr<br />

umfangreiches Wissen über die lokalen<br />

und tageszeitspezifischen Vorlieben der<br />

Kunden.» <strong>Chef</strong>ly kann so nicht nur die<br />

Bedürfnisse der Kundschaft punktgenau<br />

befriedigen, sondern auch die eigenen<br />

Küchen optimal auslasten.


28 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

HONEST FOOD COMPANY:<br />

NOCH EIN SPANNENDES LIEFERKONZEPT<br />

Das Start-up Honest Food Company<br />

von Robin Steps und Sebastian Klein,<br />

seit Ende 2<strong>01</strong>9 Teil des Liefergiganten<br />

Delivery Hero, unterhält für seine<br />

aktuell neun virtuellen Gastro-Marken<br />

in Österreich Kooperationen mit<br />

lokalen Restaurants, in deren Küchen<br />

die eigens für das Liefergeschäft entwickelten<br />

Gerichte zubereitet und anschliessend<br />

zur Kundschaft gebracht<br />

werden. Die Zutaten werden in einer<br />

zentralen Küche vorgefertigt, ein- bis<br />

zweimal pro Woche tiefgekühlt an<br />

die Restaurants ausgeliefert und vor<br />

Ort nach Anleitung von Honest Food<br />

finalisiert. Für die meist kleinen, familiengeführten<br />

Restaurants stellt die<br />

Partnerschaft eine Möglichkeit dar, ihr<br />

kulinarisches Portfolio zu erweitern<br />

und ihren Kunden über die Bestellplattform<br />

mjam.at von Delivery Hero<br />

hochwertige Gerichte im Lieferservice<br />

anzubieten.<br />

MIT EINER NEUEN MARKE IN<br />

ZWEI WOCHEN AM START<br />

Seit Kurzem öffnet sich <strong>Chef</strong>ly auch für<br />

externe Anbieter, die ihre Reichweite in<br />

die Stadtteile vergrössern wollen, ohne<br />

gleich einen weiteren Laden oder ein<br />

Restaurant zu bauen. Voraussetzung:<br />

Das Angebot muss hochwertig und<br />

für das Liefergeschäft geeignet sein,<br />

ausserdem für angelernte Mitarbeiter<br />

leicht zuzubereiten. Hussain verspricht:<br />

«Wir können eine Marke innerhalb<br />

von zwei Wochen liveschalten<br />

und ermöglichen damit sehr schnelles<br />

Wachstum.» Die Standorte verbinden<br />

ein dicht besiedeltes Wohnumfeld mit<br />

ausreichend Gewerbeeinheiten und<br />

einem kauf kräftigen, digitalaffinen Publikum.<br />

Dieses sorgt sowohl mittags<br />

als auch abends, wochentags ebenso<br />

wie am Wochenende für Bestellfrequenz.<br />

Stadtteile, in denen die grossen<br />

Plattformen nicht aktiv sind, deckt<br />

die eigene Lieferlogistik ab. «Selbst in<br />

Gegenden, in denen sich eine Präsenz<br />

für Lieferando und Co. nicht lohnt,<br />

da es nur wenige potenzielle Partnerrestaurants<br />

gibt, können wir so auf<br />

einen Schlag eine dynamisch angepasste<br />

Auswahl aus zehn oder mehr<br />

verschiedenen gastronomischen Angeboten<br />

liefern.» Wer über chefly.de<br />

ordert, kann da rüber hinaus die Angebote<br />

der einzelnen Brands nach dem<br />

Mix & Match-Prinzip in einer einzigen<br />

Bestellung kombinieren.<br />

IM GUINNESS-BUCH DER REKORDE<br />

Um die eigenen Marken und die Dachmarke<br />

<strong>Chef</strong>ly bei den Verbrauchern<br />

bekannt zu machen, setzt das Unternehmen<br />

nicht nur auf den Aufbau<br />

einer Community über eine starke Social-Media-Präsenz,<br />

sondern auch auf<br />

Sichtbarkeit der Küchen in der Nachbarschaft.<br />

Hussain: «Wir bieten immer<br />

auch Essen zum Abholen an. Am<br />

Standort Berlin-Mitte gibt es sogar ein<br />

paar Sitzplätze. Die Möglichkeit, vor<br />

Ort mit dem Team zu sprechen, und<br />

Transparenz bei der Zubereitung geben<br />

Vertrauen.» Storytelling hilft dabei, bestimmte<br />

Gerichte in den Vordergrund<br />

zu stellen. Wie die Steinofenpizza von<br />

«Vadolì», die dank ihrer 111 verschiedenen<br />

Käsesorten im Guinness-Buch


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

29<br />

Kein Küchenstil, der<br />

nicht auch in einer<br />

Ghost Kitchen ausgeführt<br />

werden könnte.<br />

«IRGENDWANN<br />

WIRD DIE<br />

ZAHL DER<br />

LIEFERKÜCHEN<br />

GRÖSSER SEIN<br />

ALS DIE DER<br />

RESTAURANTS.»<br />

BESCHIR HUSSAIN<br />

VERTICAL FOOD/CHEFLY


30 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

Die Pizzas des Restaurant<br />

Vadolì haben es sogar ins<br />

Guinessbuch der Rekorde<br />

geschafft.<br />

der Rekorde steht – und sich über euphorische<br />

Kommentare auf den einschlägigen<br />

Bewertungsportalen freuen<br />

darf. Oder die Kooperation mit dem<br />

Sternekoch Gal Ben Moshe für das<br />

mediterrane Konzept «Spyces». «Nur,<br />

weil wir kein Restaurant im klassischen<br />

Sinne sind, heisst das nicht, dass wir<br />

keine besonderen Geschichten zu erzählen<br />

haben und uns in der digitalen<br />

Anonymität verstecken», hebt der Unternehmer<br />

hervor. «Es ist uns wichtig,<br />

die Werte, die uns prägen, zu kommunizieren.»<br />

GROSSINVESTOR HILFT MIT<br />

Für die nächsten Monate stehen die Expansion<br />

in weitere acht Städte und die<br />

Eröffnung von fünfzehn zusätzlichen<br />

Küchen auf der Agenda. Mittelfristig<br />

soll sich <strong>Chef</strong>ly – mit Hilfe des Investors<br />

Unilever – in der ganzen DACH-Region<br />

etablieren, als Ergänzung zum<br />

beste henden gastronomischen Angebot.<br />

«Auch wenn Corona das Essenbestellen<br />

für viele Menschen alltäglich gemacht<br />

hat, wird die traditionelle Gastronomie<br />

nicht eines Tages komplett durch reine<br />

Lieferküchen ersetzt werden», glaubt<br />

Hussain und prognostiziert dem Lieferservice<br />

gleichzeitig eine Vormachtstellung<br />

im Ausser-Haus-Markt der<br />

Zukunft: «Irgendwann wird die Zahl<br />

der Lieferküchen grösser sein als die der<br />

Restaurants.»<br />

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32 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

DIE UNENDLICHE<br />

GESCHICHTE<br />

TECHNISCHER<br />

INNOVATIONEN<br />

Die Kitchen Republic ist ein neues Konzept aus der Erfolgsschmiede<br />

der Familie Wiesner Gastronomie (FWG). Wie alle<br />

etablierten FWG-Konzepte für Burger, Sushi, Pokes etc. wird<br />

auch das Essen der Kitchen Republic in einer Ghost Kitchen<br />

aufbereitet. Das ermöglicht einen Bestellprozess, den die Gäste<br />

je nach Bedürfnis auch rein digital und ohne menschliche Interaktionen<br />

durchlaufen können. Was nicht nur in Pandemiezeiten<br />

grosses Potenzial hat.<br />

TEXT MANUEL GAMMA<br />

FOTOS PHILIPP HODEL, ZVG<br />

Für viele traditionelle Restaurantbesucherinnen<br />

und -besucher mag es wie<br />

ein Alptraum klingen: ein Gastronomieerlebnis<br />

ohne zwischenmenschliche<br />

Interaktionen. Aber das Konzept funktioniert,<br />

z.B. in der Kitchen Republic in<br />

Zürich West. Es ist eine Art virtueller<br />

Foodmarkt, in dem alle etablierten Marken<br />

der Familie Wiesner Gastronomie<br />

AG erhältlich sind. Das funktioniert so:<br />

Der Gast kann an einer Easy-Order-Station<br />

vor Ort oder via Smartphone-App<br />

Yoordi das gesamte FWG-Angebot<br />

überschauen. Also Burger von The Butcher,<br />

Koreanisches von Miss Miu, Sushi<br />

von Negishi oder Fried Chicken von<br />

Angry Chicken. So können alle das ordern,<br />

worauf sie im Moment Lust haben.<br />

VERSCHIEDENE KOCHINSELN FÜR<br />

VERSCHIEDENE GERICHTE<br />

In der sogenannten Ghost Kitchen (nor-<br />

Daniel Wiesner bringt das<br />

erfolgreiche Gastrounternehmen<br />

"Familie Wiesner Gastronomie"<br />

mit klugem strategischem Blick<br />

weiter voran.


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

33


34 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

Impressionen aus der<br />

Kitchen Republic<br />

in Zürich, die zum<br />

Familienunternehmen<br />

Wiesner gehört.<br />

malerweise eine Restaurantküche ohne<br />

eigenen Gastraum) werden die Gerichte<br />

dann an parallelen Kochinseln zubereitet.<br />

Entsprechend braucht die Ghost Kitchen<br />

viel Fläche, damit alle Food-Stationen<br />

parallel funktionieren können. Die<br />

fertigen Gerichte der unterschiedlichen<br />

FWG-Marken werden im konkreten<br />

Fall koordiniert an die Tische der Kitchen<br />

Republic gebracht oder nach Hause<br />

geliefert. Dieser Service ist die einzige<br />

menschliche Interaktion des Gastroerlebnisses<br />

in der Kitchen Republic.<br />

Auch der gesamte Bezahlprozess funktioniert<br />

über eine App. Jeder Gast kann<br />

sich digital seine Konsumation ausrechnen<br />

und die Rechnung aufteilen.<br />

KONZEPT NICHT FÜR ALLE<br />

STANDORTE GEEIGNET<br />

Dieses Konzept ist so sicherlich nicht an<br />

jedem Standort umsetzbar. «Das Konzept<br />

ist auf junge Leute ausgerichtet, die<br />

zwar gut essen, aber nicht stundenlang<br />

am Tisch verbleiben wollen», sagt Daniel<br />

Wiesner, Co-Geschäftsführer der<br />

FWG. Zudem sei so ein Konzept stark<br />

auf Delivery ausgerichtet, was nur in einer<br />

grossstädtischen Umgebung profitabel<br />

sei. Uber Eats beliefert beispielsweise<br />

nur einen Radius von drei Kilometern,<br />

die Kitchen Republic selbst einen Fahrradweg<br />

von maximal 20 Fahrminuten.<br />

In diesem Radius müssen zwangsläufig<br />

genug Kundinnen und Kunden erreichbar<br />

sein.<br />

DAS PASSENDE KONZEPT ZUR<br />

RICHTIGEN ZEIT<br />

Das Konzept hat in die Pandemiezeit gepasst<br />

wie die Faust aufs Auge. Obschon<br />

es bereits lange vor Covid-19 entstanden<br />

ist. Durch die Pandemie wurden jedoch<br />

in der Öffentlichkeit gewisse digitale<br />

Konzepte schneller akzeptiert. QR-​<br />

Codes oder das Lesen der Speisekarte<br />

per Smartphone: Corona hat es salonfähig<br />

gemacht. Und die behördlich verordnete<br />

Reduktion zwischenmenschlicher<br />

Kontakte hat der Kitchen Republic noch


1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

35<br />

ÜBER DIE KITCHEN REPUBLIC<br />

› Standorte:<br />

Total vier; mit Sitzplätzen in Zürich,<br />

reine Take-aways in Bern, Basel und<br />

Uster<br />

› Mitarbeitende in Zürich:<br />

52 Angestellte, 40 Vollzeitäquivalent,<br />

23 Nationalitäten<br />

› Kapazität in Zürich:<br />

120 Sitzplätze<br />

› Innendesigner Zürich:<br />

Martin Stutz, Inqubator<br />

einen zusätzlichen Schub verpasst. Das<br />

Feedback der Gäste sei jedenfalls sehr<br />

gut, so Wiesner. Lockdowns und weitere<br />

Massnahmen gegen die Pandemie<br />

haben die FWG anderweitig gefordert.<br />

Die Geschäftsleitung hat Lieferdienste<br />

und Take-away in allen Betrieben nochmals<br />

gestärkt. Fast die Hälfte ihres Umsatzes<br />

werde mittlerweile nicht mehr im<br />

eigentlichen Restaurant generiert, betont<br />

Daniel Wiesner. Da die Margen im Lieferdienst<br />

klein seien, hätten ihnen vor<br />

allem Take-away-Angebote auf hohem<br />

Niveau dabei geholfen, auch in schlechten<br />

Zeiten Einnahmen zu generieren.<br />

DIGITALE ERLEBNISWELTEN<br />

SCHAFFEN<br />

Auch ihre Social-Media-Kanäle und<br />

verschiedenen Webseiten hat die FWG<br />

in der Pandemie stark ausgebaut. Dieses<br />

Jahr bringt sie zudem eine eigene App auf<br />

den Markt. Wenn die Gäste nicht mehr<br />

selber in ein Lokal kommen, können sie<br />

mit digitalen Aktivitäten auf der App<br />

angesprochen werden, damit sie dennoch<br />

in die Erlebniswelten der einzelnen<br />

FWG-Marken eintauchen können.<br />

Die Ideenschmiede hinter der Kitchen<br />

Republic ist breit aufgestellt. Mit allen<br />

Mitarbeitenden führt die Geschäftsleitung<br />

einen Chat, in dem Ideen gesammelt<br />

und vertieft werden. So generiert<br />

das Familienunternehmen ein vertieftes<br />

Wissen. Und dieses nutzen die Wiesners,<br />

um daraus neue Konzeptadaptionen<br />

für den Schweizer Markt zu kreieren.<br />

Erforderliche Hard- oder Software<br />

entwickelt und programmiert die FWG<br />

gleich selber, falls noch nichts Passendes<br />

existiert. Danach geht das Konzept<br />

in Form eines Pilots in eine intensive<br />

Testphase, bis es funktioniert – oder halt<br />

auch einmal nicht.<br />

MIT KLARER STRATEGIE IN DIE<br />

ZUKUNFT<br />

Der strategische Blick der Unternehmensfamilie<br />

hinter der Kitchen Republic<br />

reicht weit in die Zukunft. «Wir schauen<br />

uns intern bereits Delivery-Projekte mit<br />

autonomem Zustellservice an», erzählt<br />

Daniel Wiesner. Und gemeinsam mit<br />

dem jungen Start-up JobDone bauen<br />

die innovativen Gastronomieunternehmer<br />

zurzeit an einer App für die Mitarbeitenden:<br />

Diese können sich künftig per<br />

App einstempeln und ihren Zeitnachweis<br />

wie auch Arbeitspläne unkompliziert per<br />

Smartphone abrufen. Das schafft Vorteile<br />

für Management und Angestellte, und<br />

es steigert die Produktivität.<br />

Alle digitalen Werkzeuge und alle Apps<br />

entwickeln die Wiesners permanent<br />

weiter, so dass sie immer besser zu den<br />

Bedürfnissen der Gäste und Mitarbeitenden<br />

passen. Daniel Wiesner: «Innovation<br />

ist eine endlose Geschichte. Wir<br />

können immer etwas verbessern. Etwas<br />

Neues einzuführen, ist nur die halbe<br />

Miete. Diese Innovation nachher stetig<br />

zu begleiten und weiterzubringen, darin<br />

liegt das grosse Geheimnis!»


36 1.2 TAT-SACHE INSIGHT<br />

«WIR<br />

WOLLEN<br />

FORTLAUFEND<br />

WACHSEN.»<br />

DANIEL WIESNER<br />

CO-GESCHÄFTSFÜHRER DER FWG<br />

HERR WIESNER, WIE SIEHT IHRE<br />

VISION FÜR DIE UNTERNEHME-<br />

RISCHE ZUKUNFT DER FAMILIE<br />

WIESNER GASTRONOMIE AUS?<br />

Wir wollen digital ein führendes Unternehmen<br />

sein. Wir wollen im Bereich<br />

Delivery sehr stark aufgestellt sein. Wir<br />

wollen Vorbild in <strong>Sache</strong>n Mitarbeiterführung<br />

sein und dass unsere Leute gerne<br />

arbeiten kommen. Wir wollen neue<br />

Modelle einführen, damit die Gastronomie<br />

auch wieder als Arbeitgeber attraktiver<br />

wird. Bezüglich Finanzen haben wir<br />

keine fixen Ziele. Aber wir haben eine<br />

klare Strategie: Wir wollen fortlaufend<br />

wachsen. Das geht bei uns am besten,<br />

wenn wir neue Betriebe eröffnen. Neue<br />

Restaurants zu bauen, ist unsere grösste<br />

Leidenschaft.<br />

WELCHEN EINFLUSS HABEN<br />

TECHNISCHE UND DIGITALE<br />

NEUHEITEN AUF DIE UNTERNEH-<br />

MENSSTRATEGIE?<br />

Unsere Strategie lautet «fortlaufende Innovation»,<br />

digital und technisch. In unserer<br />

Strategie haben wir sogar schriftlich<br />

definiert, dass wir als Ziel jedes Jahr<br />

mindestens zwei bis drei technische<br />

Neuheiten einführen wollen.<br />

INWIEFERN HABEN DIE ERFAH-<br />

RUNGEN AUS DEN VERGANGE-<br />

NEN PANDEMIEJAHREN EINFLUSS<br />

AUF DIE ZUKUNFTSPLÄNE DER<br />

FWG?<br />

Erstens: Take-away, Delivery und Restaurant,<br />

alle drei Standbeine werden weiter<br />

gepusht. Zudem hat sich gezeigt, dass<br />

digitale Tools notwendig sind, um ortsunabhängig<br />

zusammenzuarbeiten. Diese<br />

Tools wollen wir weiterentwickeln. Der<br />

soziale Kontakt soll aber jetzt wieder<br />

stärker werden. Wir bauen unser Büro<br />

um und kreieren eine richtige Erlebniswelt,<br />

so dass die Zusammenarbeit wieder<br />

mehr Spass macht. Das setzen wir auch<br />

in den Restaurants um: Unsere Mitarbeitenden<br />

sollen Räume haben, in denen<br />

sie gerne zusammenkommen.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


Fast wie im Dschungel:<br />

Interieur in der Kitchen<br />

Republic.


38 1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

FACHBEITRAG<br />

REVOLUTIONÄR,<br />

GEMEINSCHAFT-<br />

LICH, DIGITAL!<br />

Auf engstem Raum und komplett digitalisiert – die Revolution in der<br />

Hotellerie. Eine neue Art von Unterkunft, mit der Mission, die Welt<br />

für alle zugänglich zu machen. Geschäftsführer Adrie Vreeke erklärt<br />

das Konzept des kürzlich eröffneten Kapselhotels Alpine Garden am<br />

Flughafen Zürich.<br />

FOTOS LISANNE VREEKE<br />

Die Idee vom Schlafen in Kapseln,<br />

welche aus Japan stammt, breitet sich<br />

langsam aus. Sich ausbreitend von den<br />

USA nach Singapur bis Vietnam, hat es<br />

2<strong>01</strong>8 auch in der Altstadt von Luzern<br />

mit der ersten Eröffnung eines Kapselhotels<br />

funktioniert. Mittlerweile ist das<br />

Unternehmen Capsule Services AG, das<br />

die «Capsule Hotels» betreibt, in der<br />

Schweiz auf drei Standorte herangewachsen.<br />

Der neuste: das Alpine Garden<br />

am Flughafen Zürich. Es ist die Unterkunft<br />

der Zukunft.<br />

REVOLUTIONÄR<br />

In unserer globalisierten Welt wird es<br />

Zeit, die traditionelle Hotellerie umzuwandeln.<br />

Mit dem Typus des Kapselhotels<br />

nimmt dieser Wandel neue Formen<br />

an. Es bietet den perfekten Mix für<br />

Gäste, welche sich eine private Schlafgelegenheit<br />

wünschen, aber dennoch<br />

nicht auf soziale Kontakte verzichten<br />

wollen. Ausgerichtet auf Alleinreisende,<br />

ist Privatsphäre dank den Schlafkapseln<br />

gegeben. Dennoch besteht die Möglichkeit,<br />

im vorhandenen Coworking-Space<br />

und in der Café Lounge Gleichgesinnte<br />

zu treffen. All dies ist möglich auf einer<br />

Erst im März <strong>2022</strong><br />

eröffnet: Das Capsule-<br />

Hotel beim Zürcher<br />

Flughafen.


1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

39<br />

ÜBER DEN AUTOR<br />

Adrie Vreeke, Mitgründer und CEO<br />

der Capsule Services AG, ist eine erfahrene<br />

Führungspersönlichkeit. Der<br />

gebürtige Niederländer fördert die<br />

Entwicklung von jungen Talenten und<br />

legt den Fokus zum Durchbruch auf<br />

seine Mitarbeitenden: «Mein Team ist<br />

die treibende Kraft für die Erfolgsgeschichte<br />

von Alpine Garden.»<br />

Fläche von gerade mal 1100 m2, direkt<br />

gegenüber vom Check-in 1 am Flughafen<br />

Zürich. Ein Ort, wo eine urbane<br />

Budgetlösung gepaart mit gutem Vibe<br />

eine perfekte Ergänzung ist.<br />

GEMEINSCHAFTLICH<br />

Den Aspekt, einen kollegialen Aufenthalt<br />

zu bieten, schreiben wir gross. Somit<br />

soll der Gastgeber vor Ort nicht damit<br />

beschäftigt sein, Gäste einzuchecken,<br />

sondern vielmehr damit, Besucherinnen<br />

und Besucher zu unterhalten und einander<br />

näherzubringen. Diese Community<br />

soll ebenfalls für Flughafenmitarbeiter<br />

und Tagesgäste gegeben sein. «Safe –<br />

fair – cozy»: Diese Schlagworte leiten<br />

uns, um nicht nur eine wundervolle und<br />

gemütliche Atmosphäre, sondern auch<br />

verschiedene Plätze zum Verweilen zu<br />

kreieren.<br />

DIGITAL<br />

Durch den Einsatz von Technologie<br />

können wir das Kundenerlebnis optimal<br />

gestalten und gleichzeitig den Betrieb<br />

kosteneffizient führen. Die Digitalisierung<br />

von Buchung bis Check-out birgt<br />

die grösste Herausforderung. Es geht dabei<br />

nicht um die technischen Schwierigkeiten,<br />

welche ganz klar auch vorhanden<br />

sind. Eher geht es darum, den Gästen verständlich<br />

zu kommunizieren, dass durch<br />

ebendiese Technologie der menschliche<br />

Kontakt nicht verloren geht. Dafür kann<br />

zusätzlich Zeit geschaffen werden für<br />

einen Austausch, welcher über das übliche<br />

«Guten Tag, wie war die Anreise?»<br />

hinausgeht. So gesehen, schafft eine digitalisierte<br />

Infrastruktur Platz für mehr<br />

Zwischenmenschliches.<br />

Über Capsule Services AG<br />

Alpine Garden ist das Flagship<br />

der Capsule Services AG mit über<br />

150 Investoren. 144 Schlafkapseln,<br />

inklusive einer rollstuhlbefahrbaren<br />

Kapsel, SPA-Bereich mit<br />

zwei Whirlpools zum Entspannen<br />

sowie zwölf Mitarbeitenden, die<br />

für das Wohl der Gäste sorgen.<br />

capsulehotel.ch/zurich-flughafen<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


40 1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

WIE MAN<br />

WÄNDE<br />

DURCHBRICHT<br />

Um für das Zwei-in-eins-Konzept des Theater-Restaurants<br />

Applaus zu bekommen,<br />

musste das Team der Vierten Wand in Bern<br />

eine Disziplin perfektionieren: die Improvisation.<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

FOTOS MICHAELA RUOSS, ZVG<br />

Immer mal wieder verirrt sich die eine<br />

ältere Dame oder der andere ältere Herr<br />

in die «Vierte Wand» in Bern, um Tickets<br />

für die Oper oder ein Konzert zu<br />

kaufen – und steht dann meist etwas<br />

verwirrt bei der Eingangstür. Denn das<br />

Restaurant von «Bühnen Bern» (das<br />

Vierspartenhaus umfasst Theater, Oper,<br />

Ballett und Konzert) befindet sich heute<br />

dort, wo früher die Theaterkasse des<br />

Stadttheaters einquartiert war.<br />

BRETTER, DIE DIE WELT BEDEUTEN<br />

Doch auch wer sich bewusst in die<br />

«Vierte Wand» verirrt, hält beim ersten<br />

Besuch wohl erst einmal im Entrée inne<br />

und lässt den Raum auf sich wirken, wo<br />

der alte Bühnenboden des Stadttheaters<br />

verlegt ist und in den durch Bogenfenster<br />

viel Licht hereindringt.<br />

Alles in einem: Theater,<br />

Oper, Konzert, Kantine,<br />

Restaurant und chillige<br />

Terrasse. Die Vierte<br />

Wand in Bern.


1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

41


42 1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

Der sieben Meter<br />

lange Eichentisch in der<br />

Vierten Wand bildet das<br />

gastronomische Zentrum<br />

der Bühnen Bern.<br />

Das Herzstück des Restaurants ist ein<br />

sieben Meter langer Eichentisch, der<br />

längste der Stadt Bern. Daran setzen<br />

sich den ganzen Tag Gäste; allein, zu<br />

zweit oder in Gruppen. So wird die Tafel<br />

zum Dreh- und Angelpunkt des Lokals,<br />

besonders am Mittag und spätabends.<br />

Faszinierend ist in diesen Zeiten das<br />

Geschehen an besagtem Tisch für Vierte-Wand-Neulinge<br />

vor allem darum,<br />

weil dort scheinbar wildfremde Menschen<br />

gemeinsam speisen, diskutieren<br />

und lachen, als ob sie sich schon lange<br />

kennen würden.<br />

Wenn man an einem der kleinen Nebentische<br />

sitzt, kann man den angeregten<br />

Gesprächen lauschen. Und beobachten,<br />

wie jemand nach einer Lautsprecher-Durchsage<br />

des Inspizienten («Tabea,<br />

auf die Bühne bitte!») seinen Platz<br />

schlagartig verlässt. Da realisiert man,<br />

dass die Leute am Tisch nicht nur einfach<br />

Stammgäste sind, sondern auch<br />

einen grossen gemeinsamen Nenner haben:<br />

das Stadttheater Bern.<br />

HÖHEN UND TIEFEN HINTER DEN<br />

KULISSEN<br />

Die Vierte Wand ist öffentliches Restaurant<br />

und Kantine zugleich. Ziel dieses<br />

Zwei-in-eins-Konzepts war es, einen<br />

Ort zu schaffen, der ebendiese in der<br />

Theaterwelt reale, aber imaginäre vierte<br />

Wand durchbricht: Diese unsichtbare<br />

Wand zwischen Bühne und Publikum,<br />

die Interaktionen entstehen lässt. «Das<br />

Restaurant für die 600 Angestellten und<br />

für all die externen Gäste so zu führen,<br />

dass es diese Brücke zwischen den zwei<br />

Welten schlägt, war eine Herausforderung»,<br />

erinnert sich Julia Wiebelt, die<br />

seit der Eröffnung im November 2<strong>01</strong>8<br />

mit dabei ist. Das Konzept habe anfänglich<br />

für Misstöne, Kritik und kleinere<br />

Dramen gesorgt.<br />

Wenn man weiss, wie eine normale<br />

Theaterkantine funktioniert, ist das<br />

nicht weiter verwunderlich. Glaubt man<br />

alten Bühnenhasen, ist die Kantine traditionell<br />

der Bauch des Theaters, wo es<br />

manchmal genauso dramatisch zu- und


ZDP<br />

Ihre digitale Plattform<br />

Zucchetti Switzerland SA<br />

In der Luberzen 29 CH-8902 Urdorf<br />

Tel. 044 8644410<br />

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Ob klassisches Bestellen und Bezahlen am<br />

Tisch, Click&Collect, oder Click&Delivery - mit<br />

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ZDP ist die omni-channel-fähige, digitale Plattform<br />

aus dem Hause Zucchetti welche Ihnen<br />

durch unzählige Features dabei hilft Ihr Restaurant<br />

oder Kantine weiter voranzutreiben.<br />

ZDP bietet Ihnen Zugang zu zahlreichen Standardfunktionen,<br />

welche Ihnen das Verwalten von<br />

Online-Bestellungen, Zahlungen sowie Abholungen<br />

und Lieferungen ermöglichen. Außerdem<br />

haben Sie die Möglichkeit ZDP durch die<br />

Anbindung von kundenspezifischen Funktionen<br />

oder APIs zu erweitern.<br />

In einer Welt, in der sich die Gewohnheiten und<br />

Erwartungen in Bezug auf die Art und Weise, wie<br />

sie Essen bestellen und bezahlen, schnell verändern,<br />

passt ZDP perfekt zur globalen Vision von<br />

Zucchetti und seiner führenden POS-Lösung<br />

TCPOS. Die zielt darauf ab, Unternehmen bestmöglich<br />

dabei zu unterstützen, zukunftsorientiert<br />

zu denken und zu handeln.<br />

ZDP umfasst Lösungen, die eine optimierte<br />

Customer Experience sicherstellen, wie z.B. die<br />

digitale Bestellung mit Click & Collect-Funktionen,<br />

die Bestellung am Tisch, Kioske oder die<br />

Zentralisierung von Bestellungen bei Drittlieferdiensten.<br />

Darüber hinaus bietet die digitale<br />

Plattform von Zucchetti zusätzliche Funktionalitäten<br />

wie mobiles Bezahlen, CRM und Produktinformationsmanagement<br />

(PIM).


44 1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

Alle Bedürfnisse der unterschiedlichen<br />

Gästegruppen<br />

(Künstler und «Normalos»)<br />

unter einen Hut zu kriegen,<br />

war zu Beginn nicht einfach.<br />

Heute ist die Harmonie<br />

wieder hergestellt.


1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

45<br />

BOSG-AWARDS 2020<br />

Bereits bei den Best of Swiss Gastro<br />

Awards vor zwei Jahren fällt die<br />

Vierte Wand auf: Damals gewinnt<br />

der Betrieb in der Kategorie «Trend»<br />

den Hauptpreis. Für einmal konnte<br />

also das Restaurant der Bühnen Bern<br />

selbst den verdienten Applaus entgegennehmen.<br />

hergeht wie auf einer Bühne: Da werden<br />

bei einer Portion Pommes Intrigen<br />

gesponnen, nach ein paar Bieren zu viel<br />

spielen sich Eifersuchtsszenen ab, oder<br />

es fliegen Gläser durch die Luft. Man ist<br />

ja unter sich. Wenn also jeder Zugang zu<br />

diesem intimen Setting hätte, wäre das,<br />

als würde einem jemand Unbekanntes<br />

durch die Stube latschen.<br />

OFFENHEIT UND FLEXIBILITÄT IN<br />

DEN HAUPTROLLEN<br />

Wie also löst man diese Herausforderungen?<br />

Die Antwort darauf klingt ein<br />

bisschen wie die Beschreibung von Improvisationstheater.<br />

«Indem man dem<br />

Publikum, intern wie extern, zuhört,<br />

offen und flexibel für dessen Inputs und<br />

Anregungen bleibt und trotzdem den<br />

Mut behält, auch einmal etwas durchzuziehen»,<br />

sagt Wiebelt. Ein bisschen<br />

Haare auf den Zähnen brauche man<br />

dafür schon, weil man es beim Theater<br />

mit starken Charakteren zu tun habe. So<br />

kommen dem Gastro-Team der Bühnen<br />

Bern keine Fritteusen in die Küche und<br />

keine Pommes auf den Tisch. Dafür hat<br />

es in der Vierten Wand trotz anfänglich<br />

anderer Pläne nun immer einen Burger<br />

auf der Karte, der (bis auf das Bri oche-<br />

Bun) selbst gemacht ist aus frischen, saisonalen<br />

und regionalen Produkten. «Wir<br />

kochen unkompliziert, frisch, bunt und<br />

fröhlich», sagt Michéle Zimmermann,<br />

die die Leitung Küche der Bühnen Bern<br />

innehat.


46 1.3 TAT-SACHE KONZEPTE IM FOKUS<br />

1 2 3 4<br />

DER ZAUBER VON ZUSAMMEN-<br />

ARBEIT<br />

Und wie bleibt man so «frech und<br />

schräg», wie sich die Vierte Wand auf<br />

der Website beschreibt? Die Produktionen<br />

im Stadttheater seien immer wieder<br />

eine unendliche Inspiration, die Einfluss<br />

auf das F & B-Angebot haben. «Konkrete<br />

Ideen kommen uns beim Zuhören, im<br />

Austausch mit Gästen, mit Künstlerinnen<br />

und Künstlern und natürlich untereinander<br />

im Team», so Zimmermann.<br />

Während des Lockdowns hätten sie es<br />

sich zur Gewohnheit gemacht, ihren offenen<br />

Austausch wann immer möglich<br />

irgendwo draussen abzuhalten. Darum<br />

«sitzt» die Crew der Vierten Wand gerne<br />

an der Aare, in einem Café in Bern<br />

oder in einer anderen Stadt. Bei solchen<br />

Treffen entstünden jeweils jede Menge<br />

spannender Gedanken.<br />

VON DER IDEE BIS ZUR PREMIERE<br />

Mit einem kreativen Einfall ist es aber<br />

bekanntlich nicht getan. Dazu Julia<br />

Wiebelt: «Ist die Idee mal geboren,<br />

braucht es dann wie beim Theater erst<br />

ein Skript.» Danach folgten jede Menge<br />

Proben, bis das Gericht dann auf der<br />

Karte seine Premiere feiern könne, um<br />

dann hoffentlich jede Menge Applaus zu<br />

ernten – und damit die vierte Wand zu<br />

durchbrechen.<br />

DAS FÜHRUNGSTEAM DER<br />

VIERTEN WAND<br />

1 Michéle Zimmermann<br />

Leitung Küche<br />

2 Mattia Wahlen<br />

Stv. Leitung Küche<br />

3 Anna Guzman<br />

Stv. Leitung Gastronomie<br />

4 Julia Wiebelt<br />

Leitung Gastronomie<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

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Paprika sowie tropisch-fruchtig mit Mango oder Passionsfrucht.<br />

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48 1.4 TAT-SACHE TECHNIK<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

FACHBEITRAG<br />

WIE AUS EINER<br />

POSTENKÜCHE<br />

EINE PROZESS-<br />

KÜCHE WURDE<br />

Die Küche im Universitätsspital Basel war in die Jahre gekommen.<br />

Die Ansprüche der unterschiedlichen Gästegruppen sowie die<br />

Prozesse entsprachen nicht mehr den modernen Anforderungen.<br />

Im folgenden Fachbeitrag beschreibt Jürg Stahel von der Planbar<br />

AG, wie sie die Spitalküche wieder auf Vordermann gebracht haben.<br />

FOTOS ZVG<br />

Der Sanierungsdruck in der über 30-jährigen<br />

Küche im Basler Universitätsspital<br />

(USB) war 2<strong>01</strong>8 gross. Es galt, neu zu<br />

definieren, welche Gruppen im Spital<br />

welche kulinarischen Bedürfnisse haben<br />

und wo die Schwachstellen in den Verpflegungsprozessen<br />

liegen. Herausforderung<br />

war, dass die Patientenverpflegung<br />

nach Mengengerüst nur einen kleinen<br />

Teil des gesamten Kochvolumens ausmacht.<br />

Dazu kommen noch über 2000<br />

Gäste in den Restaurationen und im<br />

Campus-Catering mit gänzlich anderen<br />

Bedürfnissen.<br />

Einige zentrale Fragen im Kontext mit<br />

der Essensauslieferung stellten sich vor<br />

Planungsbeginn: Ist der Patient überhaupt<br />

auf dem Zimmer? Decken sich<br />

seine aktuellen gastronomischen Gelüste<br />

mit der am Vortag aufgegebenen Bestellung?<br />

Und ist er zum Zeitpunkt der<br />

pünktlichen Ankunft des Essen-Verteilwagens<br />

in der Verfassung, sein Essen zu<br />

geniessen? Wurde nur eine dieser Fragen<br />

mit Nein beantwortet, bestand das Risiko,<br />

dass Mahlzeiten einfach entsorgt<br />

werden mussten. Nach der Analyse stand<br />

fest: Die Spitalverpflegung der Zukunft<br />

gilt es individuell, zeitunabhängig und<br />

Richtig organisiert,<br />

kann eine Prozessküche<br />

wie hier im<br />

Basler Unispital<br />

sehr effizient eingesetzt<br />

werden.


1.4 TAT-SACHE TECHNIK<br />

49<br />

ÜBER DEN AUTOR<br />

Jürg Stahel ist gelernter Bäcker-Konditor<br />

und Koch sowie Absolvent der<br />

Schweizerischen Hotelfachschule<br />

in Luzern. Nach zahlreichen Jahren<br />

im operativen Geschäft der Hotellerie<br />

gründete er im Jahr 2000 mit<br />

vier Partnern die Planbar AG. Die<br />

Planbar AG ist spezialisiert auf die<br />

Grossküchen- und Gastronomiefachplanung<br />

und hat bereits über 800<br />

Projekte umgesetzt.<br />

› planbar.ch<br />

in einem durchgängigen Prozess zu gestalten.<br />

VON DER POSTENKÜCHE ZUR<br />

PROZESSKÜCHE<br />

Mit dieser Überzeugung kam das USB<br />

auf uns zu. Nach gründlicher Klärung<br />

der spezifischen Spitalanforderungen<br />

empfahlen wir dem USB das System<br />

Micropast (siehe Box) für die Herstellung<br />

der Patienten-Einzelmahlzeiten.<br />

Der Einsatz dieses neuen Systems hat zu<br />

einem Umdenken im ganzen Kochprozess<br />

geführt. Denn der handwerklich-industrielle<br />

Produktionsablauf von Micropast<br />

verlangt nach exakten Rezepten,<br />

Vorfertigungsstufen und eindeutigen<br />

Kochmethoden für optimale Ergebnisse.<br />

Unsere Lösung für die Bedürfnisse von<br />

Menschen in Spitalpflege und der übrigen<br />

Gäste: eine nach Prozessen organisierte<br />

Küche für die Patientenverpflegung<br />

und ganz traditionelles «Cook and<br />

Serve» mit dem heute üblichen Anteil<br />

an Vorfertigungen für die Restaurants<br />

sowie das Catering.<br />

IMMER DAS GLEICHE RESULTAT<br />

So wurden aus einer nach Kompetenzen<br />

organisierten Postenküche zwei Küchen.<br />

Diese sind auf einer viel kleineren Fläche<br />

mit einem Bruchteil der zuvor herumstehenden<br />

Geräte platziert. Wesentliches<br />

Element einer Prozessküche ist<br />

die AVOR-Zone (AVOR = Arbeitsvorbereitung):<br />

Hier stellen die Mitarbeitenden<br />

die Produktionschargen garfertig<br />

zusammen, entsprechend den für die<br />

benötigte Produktionsmenge quantifizierten<br />

Rezepten. Das Rezept wird<br />

zum Laufzettel. Darauf sind nicht nur<br />

Zutaten vermerkt, sondern auch wo (in<br />

welcher Gerätegruppe), wann (zu welchem<br />

Zeitpunkt), wie (mit welchem<br />

Programm) und in welchen Gebinden<br />

zu kochen ist. Wo sinnvoll, sind Prozesse<br />

zusätzlich bebildert, um Interpretationen<br />

zu minimieren und allfällige<br />

Sprach barrieren aufzuheben. Ein solches<br />

Vorgehen setzt die Auseinandersetzung<br />

mit den Produkten sowie mit dem angestrebten<br />

Resultat voraus. Fast wie in<br />

der Sterneküche. Zufallsergebnisse je<br />

nach Tagesform der Mitarbeitenden<br />

sind jedoch praktisch ausgeschlossen.<br />

Die Produktionsküche ist klar geordnet<br />

in Brat center, Dämpfer-Gruppe,<br />

Kessel-Gruppe usw. Lediglich in der<br />

Schnittstelle zwischen den beiden Küchensystemen<br />

stehen noch Spezialgerä-<br />

Das Micropast-System<br />

Der Verarbeitungsprozess mit<br />

dem Verfahren Micropast steht für<br />

schonendes Dampfgaren, indem<br />

das Gargut gleichmässig durch<br />

Mikrowelle und Dampfdruck<br />

innert kürzester Zeit erhitzt wird.<br />

Garzeit-Unterschiede werden<br />

so überbrückt und das separate<br />

Vorkochen entfällt weitgehend.<br />

Der rasche und schonende, 5- bis<br />

10-minütige Gar- und Pasteurisationsprozess<br />

sorgt für ein optimales<br />

sensorisches Ergebnis und den<br />

Erhalt der Nährstoffe.<br />

te, die von beiden Küchenteams genutzt<br />

werden. Auf den Produktionsposten<br />

selbst wird nur gekocht. Alle Vorbereitungen<br />

geschehen in der AVOR-Zone.<br />

Fazit: Die Umstellung auf eine konsequente<br />

Organisation der Küche nach<br />

den Prozessen führt zu einer erstaunlichen<br />

Erhöhung der Produktivität.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


50 1.5 TAT-SACHE DIGITAL<br />

FACHBEITRAG<br />

RESERVATIONS-<br />

SYSTEME –<br />

ERSTKONTAKT<br />

FINDET ONLINE<br />

STATT<br />

Seien wir ehrlich: Wer Reservierungen, Planung und Tischbesetzung<br />

immer noch offline regelt, braucht viel zu viel Aufwand. Heutige<br />

Gastroprofis träumen von weniger Zeit am Rechner, dafür mehr<br />

Zeit für den Gast. Die Lösung: Online-Reservationssysteme.<br />

FOTOS ZVG<br />

Dank der wachsenden Digitalisierung<br />

sind die Erwartungen an ein gutes Restaurant<br />

gestiegen. Gäste möchten schnell<br />

und verlässlich reservieren können – und<br />

dies 24/7. Zudem müssen Sie Ihre Kundinnen<br />

und Kunden einfach finden, damit<br />

Sie die Kapazität Ihrer Gastronomie<br />

besser nutzen können. Benutzerfreundliche<br />

Prozesse führen zu einem verbesserten<br />

Gästeerlebnis und zu vollen Tischen.<br />

Doch welche Möglichkeiten haben Gastronomen<br />

heute, damit eine Online-Reservierung<br />

für alle Beteiligten möglichst<br />

reibungslos abläuft?<br />

ONLINE-RESERVATIONSSYSTEME<br />

SCHAFFEN ABHILFE<br />

Moderne Online-Reservationssysteme<br />

können natürlich weit mehr, als nur<br />

Reserva tionen anzunehmen. Ein sinnvolles<br />

System hilft Ihnen, die verfügbaren<br />

Tische optimal zu vermarkten und<br />

repetitive Prozesse sowie die Kommunikation<br />

zu automatisieren. In anderen<br />

Worten: Mehr Umsatz mit reduziertem<br />

Aufwand und zufriedenere Gäste.<br />

Wer heute für seine<br />

Gäste nicht per App<br />

erreichbar ist, ist wohl<br />

bald weg vom Markt.


1.5 TAT-SACHE DIGITAL<br />

51<br />

ÜBER DIE AUTORIN<br />

Die Autorin dieses Fachbeitrags,<br />

Samira Hammami, ist Copywriter bei<br />

Epu Design GmbH in Bern. Als ausgebildete<br />

Werbetexterin verfasst sie<br />

kreative Konzepte, knackige Texte und<br />

aussagekräftige Botschaften ganz den<br />

Wünschen der Kunden entsprechend.<br />

In der Full-Service-Designagentur<br />

Epu Design sind Mitarbeitende<br />

aus allen Disziplinen vertreten, und<br />

zusammen bringt das junge Team<br />

jedes noch so anspruchsvolle Projekt<br />

zum Glänzen – ob im Bereich Design,<br />

Branding oder Social Media.<br />

› epudesign.com<br />

NACHHALTIGE GÄSTEBILDUNG<br />

Die grosse Datenbasis ermöglicht Ihnen<br />

nicht nur den vorausschauenden Einsatz<br />

von Personal und Ressourcen, sondern<br />

stärkt auch die Kundenbindung durch<br />

personalisierte Kommunikation und<br />

gezielte Kampagnen. Auf Gästewünsche<br />

können Sie sich bereits im Voraus<br />

vorbereiten, zudem versendet das Tool<br />

Feedbackaufforderungen, und es minimiert<br />

No-Shows dank automatisierten<br />

Benachrichtigungen.<br />

DURCH DEN DSCHUNGEL DER<br />

SYSTEME<br />

Aktuell gibt es einige Möglichkeiten auf<br />

dem Markt. Damit Sie sich im Dschungel<br />

der Reservationssysteme etwas besser<br />

zurechtfinden, stelle ich Ihnen drei bewährte<br />

Online-Tools vor:<br />

1 ALENO<br />

Mit Aleno haben Sie ein digitales<br />

Reservierungsbuch und einen Tischplaner<br />

mit Drag & Drop-Funktion. Tische<br />

lassen sich für den Verlauf des Abends<br />

mehrfach belegen, und sogar die Verweildauer<br />

lässt sich begrenzen. Mit der<br />

inbegriffenen Funktion des Customer<br />

Relationship Management (CRM)<br />

können die Daten für Direktmarketing<br />

und Up-Selling genutzt werden. Zudem<br />

analysieren die Tracking-Tools, welche<br />

Kampagnen auf welchen Kanälen erfolgreich<br />

sind.<br />

2 LUNCHGATE<br />

Auch bei Lunchgate unterstützen<br />

CRM und Trackingtools einen Betrieb<br />

beim zielgenauen Marketing. Dank der<br />

Funktion, direkt über Google reservieren<br />

zu können, bietet das System den Restaurants<br />

eine erhöhte und bessere Sichtbarkeit<br />

– das führt potenziell zu mehr<br />

Gästen. Weiter lassen sich mehrere Betriebe<br />

durch ein System verbinden.<br />

3 OPENTABLE<br />

Opentable gilt als eines der ältesten<br />

und mit 60 000 teilnehmenden Restaurants<br />

mittlerweile auch als eines der<br />

grössten Reservierungssysteme auf dem<br />

Markt. Nebst den gängigen Anwendungen,<br />

welche andere Reservierungstools<br />

auch besitzen, ermöglicht Opentable<br />

Online- und In-App-Bestellungen sowie<br />

Zahlungen. Damit vereinfacht die<br />

Anwendung Take-away-Prozesse erheblich.<br />

Je nach Bedürfnis passt das eine oder andere<br />

Online-Reservierungssystem besser<br />

zu einem Betrieb. Daher empfehle ich,<br />

verschiedene Anbieter zu vergleichen<br />

oder sich vorab von Fachpersonal beraten<br />

zu lassen, um nicht unnötig Zeit und<br />

Nerven zu verlieren.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


Zoë Zimmermann –<br />

das Multitalent vom<br />

Zürcher Club Hive,<br />

Seite 64. Foto: Mischa<br />

Scherrer


KOPF-SACHE<br />

2<br />

2.1 <strong>Chef</strong>sache<br />

Tiger an der Wand und Rock ’n’ Roll im Hotel 54<br />

2.2 Dreamteam<br />

Revier Alpenraum 58<br />

2.3 Headhunting<br />

Das Multitalent vom Zürcher Club Hive 64<br />

2.4 Best of Swiss Gastro<br />

Die Besten der Besten bleiben die Besten 68


54 2.1 KOPF-SACHE CHEFSACHE<br />

TIGER AN DER<br />

WAND UND<br />

ROCK ’N’ ROLL<br />

IM HOTEL<br />

Fast scheint es, als ob sich ein österreichischer Globetrotter<br />

in die Bündner Berge verirrt hätte. Sein langjähriger<br />

Karriereweg nach Davos ist schon mal aussergewöhnlich<br />

und das Hotel, das Florian Walther dort<br />

führt, ebenso: Hard Rock Hotel.<br />

TEXT DANIEL TSCHUDY<br />

FOTOS ZVG<br />

Es ist sein Lieblingstier und gleichzeitig<br />

sein chinesisches Sternzeichen. Ein Tiger-Grossgemälde<br />

dominiert das Büro<br />

von Florian Walther, 48, und widerspiegelt<br />

zugleich Charakter und Angriffslust<br />

des Hoteldirektors. So hat ihn der Hotelund<br />

Gastgewerbe-Beruf, in Wien gelernt,<br />

durch die ganze Welt geführt, quer durch<br />

Deutschland beispielsweise oder dann<br />

nach Algerien und Gabun in Zentralafrika.<br />

Kraft und Motivation hat er auch<br />

heute noch, auch wenn er zugibt, dass die<br />

vergangenen vier Monate von Dezember<br />

2021 bis März <strong>2022</strong> für die Hotellerie in<br />

Davos äusserst intensiv waren.<br />

ABENTEUER IN EINEM KOMPLETT<br />

NEUEN MARKT<br />

Schon die Tatsache, dass Hard Rock<br />

International vor vier Jahren überhaupt<br />

den Weg ins Landwassertal gefunden<br />

hat, ist speziell. Denn bis dato führte<br />

der Konzern, der dem indigenen Stamm<br />

der Seminolen in Florida/USA gehört,<br />

So eine Art Rock'n'Roller<br />

im Anzug: General Manager<br />

Florian Walther.


2.1 KOPF-SACHE CHEFSACHE<br />

55<br />

Florian Walther hat Biss<br />

bewiesen und das Hard<br />

Rock Hotel Davos auf<br />

Vordermann gebracht.<br />

über 170 Hard Rock Cafes und ein Dutzend<br />

Casinos. Und dies in meist nichteuropäischen<br />

Städten. Das Hotel-Business<br />

der Gruppe ist jung – und Davos<br />

machte auf dem europäischen Festland<br />

den Anfang. Die Amerikaner fanden mit<br />

der International Hospitality Services<br />

AG (IHS), Eigentümerin des früheren<br />

Spenglers-Inn-Hotels, einen Partner,<br />

der gewillt war, eine völlig unbekannte<br />

Marke in einen für Hard Rock komplett<br />

neuen Markt einzuführen.<br />

Auch wenn das erste Hard Rock Cafe<br />

an der Old Park Lane in London bereits<br />

am 14. Juni 1971 eröffnete – mit<br />

diesem Player hatte man in Davos nicht<br />

gerechnet. «Wir hatten zwar einen Topbrand,<br />

den hier aber niemand kannte.<br />

Hard Rock Hotel biss auf Neuland und<br />

brauchte viel Zeit, um sich in Davos zu<br />

etablieren und eine eigene Kundschaft<br />

aufzubauen», resümiert Florian Walther.<br />

Die 79 Zimmer und 15 Apartments, die<br />

auch zum Kauf angeboten werden, galt<br />

es zu füllen. Man begann 2<strong>01</strong>8 mit fünf<br />

Millionen Franken Umsatz, steigerte<br />

sich im Jahr darauf auf 7,6 und 2020 auf<br />

9,6 Millionen Umsatz. Es schien eine<br />

richtige Erfolgsgeschichte zu werden;<br />

heute mit 95 Angestellten und mit bis zu<br />

90 Prozent Schweizer Gästen.<br />

SCHOCK UND KRISEN-<br />

MANAGEMENT<br />

Aber dann kam die Pandemie. Ab März<br />

2021 stotterte zeitweise die Nachfrage,<br />

auch wenn man letztlich das Geschäftsjahr<br />

nur wenig unterhalb des Vorjahres<br />

abschloss. Der richtige Schock kam erst<br />

im Dezember, als innert weniger Tage<br />

sowohl der Spengler Cup (über die<br />

Weihnachtszeit) wie auch das Weltwirtschaftsforum<br />

WEF von Mitte Januar<br />

<strong>2022</strong> abgesagt wurden. «Aber ich war<br />

gut vorbereitet», sagt Walther. «Während<br />

meiner Karriere habe ich beispielsweise<br />

in Nigeria oder China gelernt, jederzeit<br />

für das Unerwartete bereit zu sein. Dass


56 2.1 KOPF-SACHE CHEFSACHE<br />

der Spengler Cup annulliert wurde, war<br />

zwar schade. Aber wir haben alle eingebuchten<br />

Eishockey-Fans persönlich<br />

angerufen, um sie zu überzeugen, trotz<br />

Turnierabsage ein paar Tage in die Ferien<br />

nach Davos zu kommen. Und zudem<br />

kamen Neubuchungen vor allem von Familien<br />

aus dem Grossraum Zürich rein.»<br />

Betreffend WEF gab es ja schon früh<br />

Anzeichen, dass das Forum möglicherweise<br />

nicht im vollen Rahmen stattfinden<br />

würde. Hard Rock Hotel Davos hatte<br />

einige Firmen eingebucht, und zwar<br />

inklusive Aufbau- und Abbauperioden,<br />

und verfolgte in diesem B2B-Bereich<br />

eine strengere Annullationspolitik. Und<br />

dann füllte sich der Monat Januar kurzfristig<br />

doch noch recht gut. «Letztlich<br />

sind wir wirklich mit einem blauen Auge<br />

davongekommen.»<br />

WACHSTUM MOTIVIERT<br />

So sieht der Österreicher der näheren<br />

Zukunft optimistisch entgegen. Das


2.1 KOPF-SACHE CHEFSACHE<br />

57<br />

Ohne Leidenschaft<br />

für den Job gehts bei<br />

Florian Walther nicht.<br />

Hard Rock Hotel Davos konnte sich<br />

durch die Krise mausern – und während<br />

dieser anderthalb Jahre sogar neue<br />

Stammkunden finden. Allerlei Gäste,<br />

jung und alt, auch viele Familien. Die<br />

exzellente Lage, 100 Meter von der<br />

Schatzalp-Bahn entfernt, hilft genauso<br />

wie das spannende Ambiente im Hotel.<br />

Natürlich, Musik läuft hier immer. Und<br />

Lobby und Restaurant sind mit echten<br />

Rockmusik-Memorabilien dekoriert –<br />

Elvis und Michael Jackson lassen grüssen.<br />

Zudem finden jeden Freitag- und<br />

Samstagabend «Live Music Sessions»<br />

mit Rock, Pop und Punk statt. Das Produkt<br />

stimmt, neu als Viersternehotel,<br />

auch dank einem grossen Fitness- und<br />

Wellnessbereich mit Sauna, Dampfbad<br />

und Kneipp-Becken. Und im Merchandising-Shop<br />

schaut auch fast jeder<br />

Gast vorbei. Immerhin generiert das<br />

Hotel über 300 000 Franken mit den<br />

Hard-Rock-Souvenirs. Florian Walther<br />

wird aber auch durch die Entwicklung<br />

der Hard Rock Hotels in Europa motiviert.<br />

Davos machte den Anfang, mittlerweile<br />

eröffnete die Gruppe eigene<br />

Hotels unter anderem in London, Dublin,<br />

Amsterdam, Madrid und Budapest.<br />

Die Kontakte zu den anderen Hoteliers<br />

helfen Florian Walther, sein eigenes Produkt<br />

noch besser zu entwickeln und über<br />

die anderen europäischen Hotels Kunden<br />

zu animieren, auch Davos zu besuchen.<br />

Gute Zeiten kommen auf Walther<br />

zu. Und wenn dann alles gut läuft, kann<br />

er vielleicht häufiger mit seinem Motorrad<br />

durch die Berge fahren und sich, zumindest<br />

ein bisschen, wie ein richtiger<br />

Rock ’n’ Roller fühlen. Mit dem Tiger im<br />

Tank. Wie auf dem Bild, welches Florian<br />

Walther einst in Port-Gentil in Gabun<br />

erworben hat.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


58 2.2 KOPF-SACHE DREAMTEAM<br />

REVIER<br />

ALPENRAUM<br />

Im St. Galler Restaurant Corso hat sich um<br />

Küchen chef Markus Schenk ein schlagkräftiges<br />

Team formiert. Besonderheit: dessen Südtiroler<br />

Herkunft. Diese spiegelt sich in Form von alpenländischem<br />

Genuss auf dem Teller und im Glas.<br />

Die Vermittlung des Konzeptes fordert Küche wie<br />

Service gleichermassen.<br />

TEXT STEFAN KELLER<br />

FOTOS THOMAS EGGER<br />

Wenn über Südtiroler geschrieben wird,<br />

heisst es etwa: «Sie gelten als gastfreundlich<br />

und aufgeschlossen. Als Charaktereigenschaft<br />

scheinen sich Sturheit und<br />

Flexibilität nicht zu widersprechen.» In<br />

St. Gallen jedenfalls stossen Südtiroler<br />

Qualitäten auf Resonanz. Zu erleben ist<br />

dies im Restaurant Corso in St. Gallen,<br />

da, wo bis vor ein paar Jahren im gleichnamigen<br />

Kino Stars aus aller Welt ihren<br />

Auftritt hatten. Der gastliche Ort ist<br />

heute in fester Hand einer verschworenen<br />

Gruppe von Südtirolern um Markus<br />

und Lenka Schenk. Gemeinsam haben<br />

sie ihr Konzept Slow-Food-Alpenküche<br />

nach St. Gallen gebracht. «Was wir tun,<br />

schärft nicht nur das Bewusstsein unserer<br />

Gäste für gesunde und nachhaltige<br />

Ernährung, sondern beflügelt uns täglich<br />

in unserer Arbeit», erklärt Inhaber<br />

Markus Schenk. «Es macht uns einfach<br />

grosse Freude.»<br />

KüChe Markus Schenk<br />

(links) und sein Entremetier<br />

Lucas Egli: Fast<br />

schon meditativ konzentriert<br />

bei der Arbeit.


2.2 KOPF-SACHE DREAMTEAM<br />

59<br />

Eingedeckter Speisetisch<br />

im Corso, St.<br />

Gallen.<br />

TEAMWORK BEIM WEIN-<br />

WORKSHOP<br />

Dass die Schenks ihr Corso auf ein Thema<br />

ausgerichtet haben, das hierzulande<br />

erklärungsbedürftiger ist als dasjenige<br />

einer Pizzeria, bedingt auf Seiten der<br />

Gastgeber ein vertieftes Wissen. Dazu<br />

kommt ein verstärktes Zusammenspiel<br />

beim Einkauf zwischen Produzent und<br />

Einkäufer, zwischen Küche und Service.<br />

Die Schenks haben ihre Bezugsquellen<br />

bewusst beschränkt. Das ermöglicht es<br />

ihnen und ihrem Team, sich in das Thema<br />

Südtiroler Alpenküche zu vertiefen,<br />

sie zu ergründen und sich dabei neue<br />

Kompetenzen zu erarbeiten.<br />

Sie tun dies auch gemeinsam. Wie an<br />

diesem Nachmittag im März, zwischen<br />

Mittag- und Abendservice, wo sich das<br />

Team zur Weiterbildung im Seminarund<br />

Veranstaltungsraum des Corso trifft.<br />

Diesmal geht’s um Wein. Sechs Flaschen<br />

stehen auf dem Tisch, es sind diejenigen,<br />

welche in diesem Monat im Offenausschank<br />

angeboten werden, ausgesucht<br />

von Küchenchef Markus Schenk und<br />

Sommelier Mathias Arduini. Das Team<br />

verkostet die Weine heute gemeinsam<br />

und bespricht die Eindrücke. «Gestern<br />

Abend habe ich einem Gast zum Kalbszungen-Carpaccio<br />

einen Vernatsch von<br />

Franz und Florian Gojer empfohlen»,<br />

sagt Arduini. «Eine kluge Wahl», brummelt<br />

Markus Schenk, «das passt doch in<br />

seiner Leichtigkeit und zurückhaltenden<br />

Beerigkeit ausgezeichnet zum Zünglein<br />

mit der erfrischenden, dezenten<br />

Sauce.» Mathias Arduini nickt. «Aber<br />

Erfolg hatte ich damit nicht, der Gast<br />

fand ihn zu schlank und rank. Zum<br />

nächsten Gang, dem geschmorten Ochsenschwanz,<br />

schlug ich ihm dann einen<br />

Lagrein vor, damit war er zufrieden.»


60 2.2 KOPF-SACHE DREAMTEAM<br />

Teil des Dreamteams<br />

im Corso:<br />

Lenka Schenk.<br />

KÜCHE UND SERVICE GEFORDERT<br />

Er schenkt der Runde je eine Kostprobe<br />

der beiden Weine in die Gläser. «Du,<br />

Mathias, gibt’s eigentlich Vernatsch nur<br />

in Südtirol?», will Stefanie Gerling wissen,<br />

sie stammt aus Aqtöbe in Kasachstan<br />

und wird von allen Steffie genannt. «Er<br />

wird auch in Baden-Württemberg angebaut,<br />

dort heisst er allerdings Trollinger.»<br />

Steffie nimmt einen Kostschluck. «Er<br />

schmeckt fein und rund, und mir scheint<br />

die kühle Ausschanktemperatur gut.» –<br />

«Genau», stimmt ihr Lenka Schenk bei,<br />

«für Gäste, die zu Fisch keinen Weisswein<br />

mögen, kann dies eine passende<br />

Alternative sein.» So geht das hin und<br />

her – alle tragen ihr Wissen und ihre Erfahrungen<br />

in die Runde hinein.<br />

Dass die Weinkarte reich bestückt ist<br />

mit Raritäten aus dem Alpenraum wie<br />

Pigno lo aus dem friulanischen Collio-​<br />

Gebiet, Ribolla Gialla aus der Region<br />

Brda Sloweniens oder Mondeuse aus<br />

Savoyen, fordert nicht nur den Service,<br />

sondern auch die Küche. Seit ein paar<br />

Monaten stehen die St. Galler Thomas<br />

Zuberbühler und Lukas Egli mit Markus<br />

Schenk am Herd, das Corso-Konzept<br />

hat sie angelockt. Und auch, dass<br />

die Kreationen der Gerichte im Team<br />

entstehen. «Wir gehen meist von dem<br />

aus, was uns die Lieferanten in Aussicht<br />

stellen», erklären sie. Der Grundton allerdings<br />

stehe fest: Der Eigengeschmack<br />

der Zutaten soll nicht übertönt werden.<br />

Deshalb reduziert das Kochteam die<br />

Komponenten auf wenige. Im Corso<br />

heisst Teamwork immer auch gemeinsames<br />

Feilen am Konzept. Und das klappt.


2.2 KOPF-SACHE DREAMTEAM<br />

61<br />

Das Corso verwöhnt<br />

nicht nur die Gäste am<br />

Tisch, im hauseigenen<br />

Shop kann auch nach<br />

Lust und Laune eingekauft<br />

werden.


62 2.2 KOPF-SACHE DREAMTEAM<br />

2 3 4 5<br />

1 6<br />

WHO’S WHO<br />

IM «TEAM CORSO»<br />

1 Mathias Arduini (34)<br />

Ein ebenfalls in der Wolle gefärbter<br />

Südtiroler. Zudem schlägt sein Herz für<br />

zwei spanische Windhunde. Als <strong>Chef</strong><br />

de Service im Corso entgeht ihm nichts.<br />

Sein Stolz: die einzigartige Weinkarte.<br />

2 Markus Schenk (39)<br />

Der Südtiroler kocht seit 2<strong>01</strong>7 in<br />

St. Gallen, erst im Barz, seit 2<strong>01</strong>9<br />

auch im Corso. Beiderorts arbeitet er<br />

vorwiegend mit Lokalem und Zutaten<br />

aus dem Alpenraum. Gault Millau<br />

vergibt dafür 15 Punkte.<br />

3 Lenka Schenk (40)<br />

Sie hat ihren Mann schon in Südtirol<br />

kennengelernt, gemeinsam haben sie<br />

einen Sohn. Sie ist Barista und weiss,<br />

was es braucht, damit sich die Gäste<br />

im Haus wohlfühlen.<br />

4 Stefanie Gerling (37)<br />

Die Stellvertreterin von Mathias<br />

Arduini stammt aus Kasachstan. Sie<br />

mag das Zusammenspiel von Küche<br />

und Service, von Service und Gast.<br />

Ausserhalb des Corso trifft man sie in<br />

Wanderschuhen oder im Yogasitz.<br />

5 Nir Sapan (58)<br />

In Israel geboren, zog es ihn in jungen<br />

Jahren nach Paris, wo er seine<br />

Liebe zu Käse und Wein entdeckte.<br />

Der ausgebildete Sommelier leitet<br />

das Unikatessen am Corso.<br />

6 Michele Rauzi (26)<br />

«Micky» Rauzi ist Serviceleiter im Partnerbetrieb<br />

Barz. Bereits in Südtirol<br />

hat er mit Markus Schenk zusammengearbeitet.<br />

Hierhin zieht es ihn auch<br />

gern zurück zum Besuch von Familie<br />

und Freunden.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


PRODUKTVORTEILE<br />

CANTADOU® – die Frischkäs e-Marke mit qualitativ<br />

hochwertigen Zutaten, inspiriert von den Düften<br />

und Geschmäckern der Provence. Die Frische und<br />

der unübertroffene Geschmack von CANTADOU®<br />

sind eine Gaumenfreude. Die französische Frischkäsespezialität<br />

mit über 40 Jahren Tradition ist<br />

ein Allroundtalent für die kalte und warme Küche.<br />

• Bewahrt das Brot frisch und knusprig:<br />

dient als Trennschicht zwischen Brot und<br />

feuchten Zutaten<br />

• Lange Frischeoptik: Vorproduktion möglich<br />

• Tiefkühlfähig: kein Wasseraustritt<br />

• Aufschlagbar: 30 % mehr Volumen – ohne<br />

Gelatine<br />

• Hitzebeständig: backstabil, kein Austrocknen<br />

– vor allem beim Wiedererwärmen<br />

• Säurebeständig: kein Ausflocken<br />

Kalte Küche: Sandwiches, Wraps, Bagels,<br />

Sushi, Apéros<br />

Lassen Sie sich inspirieren:<br />

belfoodservice.ch/de/rezepte<br />

Warme Küche: Saucen, Suppen,<br />

Quiches, Flammkuchen, Desserts<br />

Wir haben uns<br />

verpflichtet, 5 ZENTRALE<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

in unserer Wertschöpfungskette zu erfüllen<br />

BEL SUISSE -<br />

DAS UNTERNEHMEN<br />

Die Bel Suisse SA wurde im Jahr 1973 gegründet. Sie ist die<br />

Schweizer Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Konzerns<br />

Bel SA mit Sitz in Suresnes (Frankreich). Dieser gehört zu den<br />

führenden Herstellern von Käse und ist mit seinen weltweit bekannten<br />

Marken in über 130 Ländern vertreten. Die Bel Suisse<br />

SA vertreibt in der Schweiz erfolgreich die Marken CANTA-<br />

DOU®, BABYBEL®, KIRI®, LA VACHE QUI RIT®, BOURSIN®,<br />

CANTAFRAIS® und ALPENHAIN®.<br />

Ausgewogene<br />

Ernährung<br />

Nachhaltige<br />

Landwirtschaft<br />

Umweltfreundliche<br />

Verpackung<br />

Kampf<br />

gegen den<br />

Klimawandel<br />

Zugänglichkeit<br />

und<br />

Erschwinglichkeit<br />

Bel Suisse SA<br />

Hinterbergstrasse 15 | 6330 Cham | belfoodservice.ch


64 2.3 KOPF-SACHE HEADHUNTING<br />

ZOË ZIMMER-<br />

MANN – DAS<br />

MULTITALENT<br />

VOM ZÜRCHER<br />

CLUB HIVE<br />

Wenn eine junge Frau in kürzester Zeit vom Aushilfsjob<br />

an der Bar zur <strong>Chef</strong>in derselben wird, lohnt sich<br />

ein genauerer Blick. Den hat unsere Autorin geworfen<br />

und mit Zoë Zimmermann ein beeindruckendes<br />

Nachwuchstalent entdeckt.<br />

TEXT MARIA LIESSMANN<br />

FOTOS MISCHA SCHERRER<br />

Wir sitzen in der Tanzstube, dem oberen<br />

Floor des berühmten Zürcher Clubs<br />

Hive an der Geroldstrasse. Hier stehen<br />

regelmässig internationale DJ-Grössen<br />

an den Turntables, der Club erfreut<br />

sich weit über die Landesgrenzen hinaus<br />

grosser Beliebtheit. Mit hochgezwirbelten<br />

Haaren und Zigarette rauchend<br />

hockt Zoë Zimmermann mir gegenüber,<br />

jetzt, tagsüber, da die Tanzstube in das<br />

Restaurant Gerold’s Chuchi umgewandelt<br />

ist.<br />

BETRIEBS- UND PERSONAL-<br />

LEITERIN MIT 32 JAHREN<br />

Zoë Zimmermann ist Betriebs- und<br />

Personalleiterin sowie Barchefin im Hive<br />

Club, und das mit erst 32 Jahren. 2<strong>01</strong>6<br />

sprang sie als Aushilfe an der Hive-Bar<br />

ein. Es war ein glücklicher Zufall. «Eine<br />

Freundin und ich sassen gerade zu Hause<br />

beim Prosecco, als sie ein SMS bekam.<br />

Ob sie jemanden kenne, der an der Bar<br />

aushelfen könne. Sie hat mich gefragt,<br />

Der Arbeitsplatz von Zoë<br />

Zimmermann wechselt je<br />

nach Tageszeit. Morgens<br />

ist Büro angesagt.


2.3 KOPF-SACHE HEADHUNTING<br />

65<br />

Kein 0815-Clubgirl:<br />

Zoë Zimmermann vor<br />

dem Zürcher Club Hive.<br />

ich habe zugesagt.» Zoës lässiges und<br />

fröhliches Wesen kam sofort gut an, und<br />

nach einer internen Personalrotation<br />

wurde sie 2<strong>01</strong>8 zur Barchefin ernannt.<br />

«Anfangs habe ich das nur nebenbei gemacht»,<br />

sagt sie. «Tagsüber arbeitete ich<br />

damals noch beim <strong>Magazin</strong> Rckstr, wo<br />

meine Laufbahn begann.»<br />

VON DER AUSHILFE AN DER BAR<br />

ZUR EVENTCHEFIN<br />

Nach Beendigung ihrer KV-Lehre bei<br />

der renommierten NZZ half Zoë zunächst<br />

nur an Events des Rckstr-<strong>Magazin</strong>s<br />

an der Bar aus. Das Rckstr veranstaltete<br />

Festivals und u. a. die Street<br />

Parade. Sie war damals erst 19, fiel dem<br />

<strong>Chef</strong> vom Rckstr aber durch ihre Zuverlässigkeit<br />

auf. Mit 21 bekam sie von ihm<br />

das Angebot, im Anzeigenverkauf tätig<br />

zu werden. «Bald gingen immer mehr<br />

Themen über meinen Tisch, und ich war<br />

für die Werbung, Distribution und die<br />

Abonnenten der Zeitschrift zuständig.»<br />

Es folgte die Beförderung zur Eventund<br />

Personalleiterin mit Verantwortung<br />

für über 300 teils freischaffende Mitarbeitende.<br />

«Plötzlich war ich <strong>Chef</strong>in von<br />

Leuten, die mich zuvor eingearbeitet<br />

hatten», erzählt sie. Keine einfache Situation.<br />

«Irgendwann habe ich das ganze<br />

Team ausgewechselt und neue Leute angestellt.<br />

Viele davon arbeiten bis heute<br />

mit mir im Hive.»<br />

MULTIFUNKTIONELL BEGABT<br />

Die Arbeit an der Bar war für Zoë jedoch<br />

anfangs stets eher Hobby und Ausgleich<br />

zum Büro-Job. Erst nachdem sie<br />

2<strong>01</strong>8 Barchefin des Hive wurde, hat sie<br />

ihre Leidenschaft zum – zweiten – Beruf<br />

gemacht. Tagsüber damals immer noch<br />

beim Rckstr, nachts im Hive – auch zeitlich<br />

eine echte Herausforderung. «Erst<br />

im Januar 2020 bin ich dann ganz zum<br />

Hive gewechselt. Nach zehn Jahren beim<br />

Rckstr-<strong>Magazin</strong> war für mich die Zeit<br />

für eine Veränderung gekommen.» Ihr


66 2.3 KOPF-SACHE HEADHUNTING<br />

Zoë Zimmermann.<br />

wurde im Club neben der Führung der<br />

Bar nun auch die Betriebs- und Personalleitung<br />

übertragen. Eine Multifunktionsaufgabe,<br />

wie man sie selten findet.<br />

TEAMSPIRIT ALS ERFOLGSREZEPT<br />

«Ich liebe meinen Job und würde alles<br />

dafür tun», sagt sie. «Ich brauche die<br />

Abwechs lung, und die Arbeit in der<br />

Nacht ist für mich eigentlich kein Job,<br />

sondern Vergnügen.» Sie arbeitet von<br />

Dienstag bis Sonntagmorgen. «Am Freitag<br />

gehe ich vom Büro gar nicht mehr<br />

nach Hause, sondern bin im Backoffice<br />

bis ca. 22 Uhr und wechsle dann direkt<br />

an die Bar.» Das ist auch ihr Erfolgsgeheimnis.<br />

«Wenn man Personal- und<br />

Betriebsleitung innehat, aber nur tagsüber<br />

da ist, bekommt man kein Gefühl<br />

für den Nachtlebenbetrieb und die<br />

Menschen, die darin arbeiten. Ich packe<br />

mit an, habe den Überblick, und das<br />

schätzen die Mitarbeitenden an mir.»<br />

Zoës Ziel dabei: verstaubte Abläufe<br />

aufpolieren, frischen Wind und mehr<br />

Flexi bilität ins Team bringen. «Die Leute<br />

sind mittlerweile flexibler geworden,<br />

springen füreinander ein und arbeiten<br />

auch mal in einer anderen Position mit.»<br />

Den guten Vibe im Betrieb lobt auch ihr<br />

<strong>Chef</strong>, Nico la Schneider, einer der Inhaber<br />

vom Hive. «Er sagt, dass noch nie so<br />

gute Stimmung im Team war. Das freut<br />

mich sehr.» Mittlerweile arbeiten auch<br />

viele Freunde und Kollegen von Zoë<br />

hier. «Mein privates Umfeld ist auch<br />

mein berufliches geworden.» Denn Freizeit<br />

hat sie kaum. «Wenn Freunde mich<br />

treffen wollen, wissen sie, an welchem<br />

Hive-Event sie mich finden.»<br />

«DIE FREUDE DER GÄSTE IST<br />

MEINE BELOHNUNG»<br />

Was ist das Schönste für sie an ihrem<br />

Job? «In einem Umfeld zu arbeiten, wo<br />

die Mitarbeitenden gerne hinkommen.<br />

Nicht nur, um hier ihren Stutz zu verdienen,<br />

sondern weil sie einfach gerne<br />

da sind.» Aber nicht nur das, auch der<br />

Erfolg erfüllt Zoë mit Freude. «Zu sehen,<br />

wenn all die Mühe, die ich mir gemacht<br />

habe, Früchte trägt. Auch wenn<br />

ich müde und erschöpft bin von einem<br />

langen Arbeitstag. Die glücklichen Gesichter<br />

der Gäste und Mitarbeitenden<br />

sagen mir: es hat sich gelohnt.»<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


Foto: Ytalo Bisso<br />

Unsere Empfehlung:<br />

Gastroversicherungen<br />

aus einer Hand.<br />

Alle Versicherungen für Gastronomiebetriebe zum<br />

besten Preis-Leistungs-Verhältnis von Branchenkennern<br />

in Ihrer Region.<br />

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Gabriela Weigold,<br />

Gastro-Expertin der SWICA, Region Zürich<br />

Versicherungspartner:


68 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

DIE BESTEN<br />

DER BESTEN<br />

BLEIBEN DIE<br />

BESTEN<br />

Eigentlich hätten die besten Gastrobetriebe der Schweiz von 2021<br />

ihre Lorbeeren bereits im vergangenen Herbst erhalten sollen. Die<br />

behördlich verordneten Massnahmen aufgrund der Corona-Pandemie<br />

führten dazu, dass die Best of Swiss Gastro Award Night<br />

2021 erst jetzt, im Frühling <strong>2022</strong>, stattfinden konnten. Im Folgenden<br />

der Überblick über die Gewinner.<br />

TEXT MANUEL GAMMA<br />

Auf Holz geklopft, die Pandemie sowie<br />

die Massnahmen dagegen sind (hoffentlich)<br />

vorbei! Und endlich bekommen<br />

die spannendsten Betriebe der Schweizer<br />

Gastronomie wieder ihre verdiente<br />

Aufmerksamkeit. Die neuen Siegerinnen<br />

und Sieger der begehrten BOSG-<br />

Holzkreuze waren durch den Aufschub<br />

der Award-Verleihung noch aufgeregter.<br />

Und ihre ausgezeichneten Lokale haben<br />

an innovativem Gestaltungsdrang<br />

mit Sicherheit nichts eingebüsst. Die<br />

Schweizer Gastroszene lebt!<br />

Die BOSG-Jury und die Gäste der Betriebe<br />

hatten die folgenden Restaurants,<br />

Take-aways, Cafés und Bars bereits vor<br />

einem halben Jahr als die Besten der<br />

Branche auserkoren. Jetzt ist es höchste<br />

Zeit, deren Qualität selber auszuprobieren,<br />

das Angebot zu geniessen – und sie<br />

für ihre herausragenden Leistungen gebührend<br />

zu feiern.


2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

69


70 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

KATEGORIE INTERNATIONAL: 1. PLATZ<br />

MASTER:<br />

SABLIER<br />

The Circle 23, 8058 Zürich<br />

› sablier.ch<br />

Zeitgenössische französische Slow Cuisine<br />

vom Feinsten, unwiderstehliche Weine<br />

und ausgefallene Signature Cocktails an<br />

der goldenen Bar. Und das in einem spektakulären<br />

Ambiente drinnen wie draussen.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7459


2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

71


72 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

KATEGORIE TREND: 1. PLATZ<br />

VISAGE<br />

GASTROBAR<br />

Im Schörli 28, 8600 Dübendorf<br />

› visage-gastrobar.ch<br />

Aus bekannten Zutaten entstehen hier<br />

einfache und doch anspruchsvolle Gastronomie-Erlebnisse,<br />

die jede Erwartung<br />

übertreffen. Das gilt auch für die<br />

über 40 opulenten, saisonalen Cocktails.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7654


2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

73<br />

KATEGORIE ACTIVITY: 1. PLATZ<br />

@PARADISE<br />

Findeln, 3920 Zermatt<br />

› paradisezermatt.ch<br />

Eine atemberaubende Aussicht aufs<br />

Matterhorn, gepaart mit cooler, junger<br />

Küche macht den Namen hier zum<br />

Programm. Paradiesische hausgemachte<br />

Bowls mit Maluns und Aprikosenchutney<br />

sind ein Muss.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7795


74 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

KATEGORIE FINE DINING: 1. PLATZ<br />

RESTAURANT ZUM<br />

ÄUSSEREN STAND<br />

Zeughausgasse 17, 3<strong>01</strong>1 Bern<br />

› aeussererstand.ch<br />

Sensationelle Küche im Herzen der Berner<br />

Altstadt. Und geschichtsträchtig:<br />

1848 wurde hier die Bundesverfassung<br />

beschlossen. Rund 170 Jahre später bietet<br />

das tägliche Inspirationsmenü mehr<br />

als genug Grund für Heimatstolz.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7681


2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

75<br />

KATEGORIE COFFEE & BISTRO: 1. PLATZ<br />

GIANNI<br />

GENUSSATELIER<br />

Lindenweg 7, 3904 Naters<br />

› gia-nni.ch<br />

Der Selbstbeschrieb sagt alles: Bistro,<br />

Delikatessladen und ganz viel Wein.<br />

Nimm dir Zeit. Lehn dich zurück. Vergiss<br />

den Alltag. Fühl dich einfach wohl.<br />

Ohne viel Schnickschnack. Pur. Ungezwungen.<br />

Per dü. Einfach bei Gianni.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7330


76 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

KATEGORIE ON THE MOVE: 1. PLATZ<br />

BURGEREI<br />

SCHWEIZ<br />

Bünzerstrasse 18a, 5626 Hermetschwil-Staffeln<br />

› burgerei.ch<br />

Längst hat der Burger den Sprung aus<br />

der Schmuddelecke von Fast Food geschafft.<br />

Aber nirgends gelingt dieser<br />

Sprung besser als im Foodtruck aus dem<br />

Knonauer Amt. Eine Geschmacksreise<br />

der Superlative.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/6944


2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

77<br />

KATEGORIE CLASSIC: 1. PLATZ<br />

RESTAURANT<br />

OEPFELCHAMMER<br />

Rindermarkt 12, 80<strong>01</strong> Zürich<br />

› oepfelchammer.ch<br />

Die Oepfelchammer in der Zürcher Altstadt<br />

ist seit über 200 Jahren Kult. Hervorragende<br />

Zürcher Spezialitäten, die<br />

schon Gottfried Keller liebte. Und wer<br />

noch nie zur Balkenprobe im Oeli angetreten<br />

ist, hat nicht gelebt.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/7737


78 2.4 KOPF-SACHE BEST OF SWISS GASTRO<br />

KATEGORIE BAR & LOUNGE: 1. PLATZ<br />

SOHO<br />

BASEL<br />

Steinenvorstadt, 4051 Basel<br />

› sohobasel.ch<br />

Nirgends in Basel wird zurzeit schöner<br />

gefeiert als auf den drei stylishen Stockwerken<br />

des soho. Nebst Design besticht<br />

der Club durch exzellente Cocktails,<br />

köstlichen Fingerfood und auserlesene<br />

Wein- und Whiskysorten.<br />

DIESEN BETRIEB ENTDECKEN<br />

BOSG.CH/6436


WIR<br />

HABEN DIE<br />

BESTEN<br />

BOSG.CH/GUIDE


Es hat sich herumgesprochen:<br />

Drinks gehen<br />

auch mit 0% Alkohol.<br />

Seite 92.


TREND-SACHE<br />

3<br />

3.1 Trending Topic<br />

Robi kocht 82<br />

3.2 Buzzword<br />

NFT 88<br />

3.3 Mixology<br />

«Tutti Frutti reicht nicht mehr» 92<br />

Pilzwiderstandsfähige Sorten erobern<br />

den Bioweinbau 96<br />

Darf es ein Glas «Bschötti» sein? 98


82 3.1 TREND-SACHE TRENDING TOPIC<br />

Diese Maschine von Aitme<br />

ist auch ein Koch. Also<br />

eigentlich mehrere Köche:<br />

Robi, der Küchenroboter.


3.1 TREND-SACHE TRENDING TOPIC<br />

83<br />

ROBI<br />

KOCHT<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

Mit ihrem Start-up Aitme wollen Emanuel Pallua und Julian<br />

Stoss vollautomatische Küchen als Alternative zur klassischen<br />

Kantine in mittelständischen Unternehmen bauen. Auch in<br />

Hotels und an Verkehrsstandorten sollen Gäste in Zukunft ihr<br />

Essen von – einem Roboter bekommen.<br />

TEXT BARBARA SCHINDLER<br />

FOTOS ZVG<br />

Der AI Campus in Berlin ist Sitz von<br />

Tech-Giganten wie SAP und AWS<br />

ebenso wie von zahlreichen Start-ups,<br />

Wissenschaftsorganisationen, Unternehmen<br />

und Investoren. Seit ein paar<br />

Wochen sorgt hier Robi für eine gesunde,<br />

hochwertige und frische Verpflegung<br />

der Mitarbeitenden: Mit seinen zwei<br />

kräftigen Armen mixt er die gewünschten<br />

Zutaten für mehr als 100 verschiedene<br />

Rezepturen in wenigen Minuten<br />

zusammen, überwacht sekundengenau<br />

die Garzeit in den sechs Töpfen, füllt<br />

anschliessend das Gericht in eine Pappschale<br />

und verstaut sie im temperierten<br />

Ausgabefach, das sich automatisch öffnet,<br />

wenn der Kunde sein Essen abholt.<br />

24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche,<br />

ohne Frühstücks- und Toilettenpause,<br />

Krankheit oder Ferien. Denn Robi ist –<br />

sein Name deutet es an – ein Roboter<br />

und seine nur 8 Quadratmeter grosse<br />

Küche die erste vollautomatische Kantine<br />

des Start-ups Aitme.<br />

ROBOTERKÜCHEN ALS LÜCKEN-<br />

FÜLLER<br />

Aitme-Gründer sind Emanuel Pallua<br />

und Julian Stoss. Pallua war zuvor<br />

einer der Initiatoren der Lieferplattform<br />

Foodo ra, Stoss unter anderem ehemaliger<br />

Vice President Marketing Asia


84 3.1 TREND-SACHE TRENDING TOPIC<br />

Die Gründerväter von<br />

Robi, dem Roboterkoch:<br />

Emanuel Pallua<br />

und Julian Stoss (v.l.)<br />

Foto: Anton Baranenko<br />

Paci fic bei der Lieferplattform Foodpanda.<br />

Zusammen wollen sie mit ihrer<br />

«Robotic Kitchen» nicht etwa die traditionelle<br />

Kantine abschaffen, sondern<br />

eine Lücke füllen: «Allein in Deutschland<br />

gibt es rund 90 000 Unternehmen<br />

mit jeweils 50 bis 1000 Mitarbeitenden,<br />

die bisher keine Verpflegung anbieten»,<br />

erläutert Stoss. «Gleichzeitig steigt der<br />

Stellenwert der Betriebsgastronomie als<br />

ein wichtiger Faktor für die Attraktivität<br />

eines Arbeitgebers. Hinzu kommt, dass<br />

Covid-19 das Arbeiten flexibilisiert hat.<br />

Dafür braucht es neue Lösungen.»<br />

Küchenroboter Robi punktet nicht nur<br />

mit seinem geringen Flächenbedarf,<br />

sondern lässt sich auch fast überall unkompliziert<br />

installieren. Benötigt wird<br />

nur ein Wasser- und ein Elektrizitätsanschluss.<br />

Modernste Plasma-Technologie<br />

reinigt die Luft durch Ionisierung<br />

von 99 Prozent der Viren, Bakterien<br />

und Gerüche. Die Zutaten für die von<br />

einem erfahrenen Küchenteam speziell<br />

für die Roboterküche entwickelten Rezepte<br />

werden zentral vorproduziert und<br />

einmal täglich in gekühlten Containern<br />

angeliefert. «Die Essensqualität steht für<br />

uns an erster Stelle», betont Pallua. «Unsere<br />

Zutaten sind immer frisch und nach<br />

dem Baukastenprinzip vielseitig einsetzbar.»<br />

Robi schafft bis zu 100 Portionen<br />

in der Stunde und mit einer Befüllung<br />

rund 300 Gerichte täglich. Sein kulinarischer<br />

Schwerpunkt liegt auf kreativen<br />

Bowls, Pasta, Currys und Salaten. Aber<br />

auch den Klassiker der Betriebsverpflegung<br />

in Deutschland, die Currywurst,<br />

hat der Roboter im Repertoire. Die Gäste<br />

bestellen über Tablets oder die App<br />

auf dem eigenen Smartphone, die ihre<br />

individuellen Ernährungsvorlieben und<br />

Bedürfnisse schon bei der Auswahl der<br />

angezeigten Gerichte berücksichtigt.<br />

Kostenpunkt: zwischen 4,50 und 6,50<br />

Euro – vom Arbeitgeber je nach Wunsch<br />

bezuschussbar.


3.1 TREND-SACHE TRENDING TOPIC<br />

85<br />

Hier mischte Robi die<br />

Kochtöpfe (im Uhrzeigersinn):<br />

Swabian<br />

Dream, Green Veg<br />

Bowl und Stir Fry mit<br />

Gemüse und Tofu.<br />

ROBI MACHT DEN MENSCHEN<br />

NICHT ARBEITSLOS<br />

Das Angebot wechselt wöchentlich:<br />

«Normalerweise sind etwa fünf Gerichte<br />

gleichzeitig verfügbar», berichtet<br />

Pallua. «Dabei berücksichtigen wir sowohl<br />

die Saisonalität von Produkten als<br />

auch die Lieblingsgerichte der Kunden.»<br />

Nachhaltigkeit und Transparenz spielen<br />

ebenfalls eine wichtige Rolle. Um Food<br />

Waste zu vermeiden, lassen sich Angebot<br />

und Preise über die App so steuern,<br />

dass möglichst wenige Zutaten länger als<br />

zwei Tage ungenutzt bleiben und entsorgt<br />

werden müssen.<br />

Da auch der Betrieb einer Roboterküche<br />

nicht vollständig ohne menschliche<br />

Unterstützung funktioniert, sollen weitere<br />

Standorte zunächst in Berlin an den<br />

Start gehen, wo Aitme neben Hamburg<br />

und München seine Büros hat. Pallua:<br />

«Wenn wir unseren Radius mittelfristig<br />

vergrössern, brauchen wir natürlich Partner<br />

vor Ort, die die Befüllung und Reinigung<br />

übernehmen.» Die Lizenzgebühr<br />

von 4000 Euro monatlich schliesst Wartung<br />

und Service mit ein, die Bezahlung<br />

der ausgegebenen Gerichte erfolgt direkt<br />

an Aitme.<br />

BALD AUCH IN DER SCHWEIZ?<br />

Eine Expansion in die Schweiz ist für<br />

Pallua mehr als denkbar. «Dort haben<br />

die Lohnkosten noch einmal eine ganz<br />

andere Grössenordnung als in Deutschland.<br />

Umso interessanter ist es für Unternehmen,<br />

ihren Mitarbeitern ein qualitativ<br />

hochwertiges Verpflegungsangebot<br />

zu machen – fast ohne Personaleinsatz.»<br />

Optisch passt sich Robi an jedes Ambiente<br />

an. Stoss, Pallua und ihre namhaften<br />

Investoren sehen ihn dementsprechend<br />

an vielen unterschiedlichen Standorten:<br />

«Neben mittelständischen Unternehmen<br />

kann unsere ‹Robotic Kitchen› ebenso<br />

in Hotels, an Verkehrsstandorten oder<br />

im Lebensmitteleinzelhandel die ideale<br />

Lösung sein. Also überall dort, wo die<br />

Fachkräfte fehlen und sich der Betrieb<br />

von bemannten Küchen nicht lohnt, um<br />

Menschen 24 Stunden am Tag schnell<br />

und individuell an ihre Bedürfnisse angepasste,<br />

frisch gekochte Speisen anzubieten.»<br />

Lust auf noch eine Roboter-Story?<br />

Dann einmal blättern bitte und lesen,<br />

warum Bella es bringt.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


86 3.1 TREND-SACHE TRENDING TOPIC<br />

TECHNIK & INFRASTRUKTUR<br />

BELLA<br />

BRINGT’S<br />

TEXT BARBARA SCHINDLER<br />

FOTOS ZVG<br />

Im Hafenrestaurant in Grömitz an der<br />

Ostsee bezaubert Servierroboter Bella<br />

(auch BellaBot genannt) seit Oktober<br />

grosse wie kleine Gäste mit seiner niedlichen<br />

Kätzchen-Optik, Lichtspielen,<br />

mit freundlicher Stimme und intelligenter<br />

Mimik. Der rund 1,30 Meter hohe<br />

rollende Roboterkellner ist für Gastronom<br />

Tim Bornewasser und sein gut<br />

25-köpfiges Team eine wichtige Stütze<br />

im Restaurantbetrieb. «Dabei geht es uns<br />

nicht darum, Mitarbeiter durch Roboter<br />

zu ersetzen, sondern den Service für die<br />

Gäste noch besser und effizienter zu gestalten<br />

und das Personal von körperlich<br />

anstrengenden Lauf- und Tragearbeiten<br />

zu befreien», betont der Unternehmer.<br />

«Durch Bella können wir uns nun voll<br />

und ganz auf unsere Kernaufgabe konzentrieren:<br />

die Gästebetreuung.»<br />

ROBOTER ALS LÖSUNG FÜR<br />

FACHKRÄFTEMANGEL<br />

Bellas Künstliche Intelligenz navigiert<br />

sie per optische sowie Laser-SLAM-<br />

Technik autonom durch den ihr zugewiesenen<br />

Servicebereich. Auf vier<br />

Ablagen transportiert der Roboter acht<br />

grosse Teller beziehungsweise bis 40<br />

Kilogramm gleichzeitig. «Die Küche<br />

belädt sie mit dem fertigen Essen, und<br />

Bella bringt das Essen selbständig zu<br />

dem vorher angegebenen Tisch», erklärt<br />

Bornewasser. Zum Abräumen können<br />

die Service mitarbeitenden Bella über<br />

einen Schalter am Roboterarm oder per<br />

Sprachsteuerung rufen, um das benutzte<br />

Geschirr aufzuladen und wieder in die<br />

Küche zurückbringen zu lassen. Neben<br />

dem Serviermodus beherrscht das Gerät<br />

auch einen Rundfahrtmodus, um Fingerfood<br />

oder Getränke anzubieten. Im<br />

Begleitungsmodus zeigt BellaBot den<br />

Gästen den Weg zu ihrem reservierten<br />

Tisch.<br />

Aktuell setzen bereits rund 60 Restaurants<br />

und Hotels in Deutschland und<br />

Österreich BellaBot ein. Das berichtet<br />

Dr. Sha He, Geschäftsführer von Dig-<br />

Panda mit Sitz in München sowie Generalvertriebspartner<br />

für die Roboter des<br />

chinesischen Herstellers Pudu Robotics<br />

in der DACH-Region. Tim Bornewasser<br />

ist so zufrieden mit dem neuen<br />

Teammitglied – das übrigens keinen<br />

Wohnraum braucht, der an der Ostsee<br />

teuer und schwer zu finden ist –, dass<br />

er demnächst einen weiteren Roboter in<br />

der Spülküche einsetzen wird. «Es gibt<br />

schon länger deutlich weniger qualifiziertes<br />

Personal, als nötig wäre, um den<br />

Gästen einen wirklich guten und umfassenden<br />

Service zu bieten. Roboter für<br />

einfache Arbeiten einzusetzen, ist ein<br />

Fortschritt, der nicht mehr aufzuhalten<br />

ist.»<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


Tradition<br />

trifftTrend<br />

Schweizer Küche <strong>2022</strong><br />

Den Frühling<br />

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88 3.2 TREND-SACHE BUZZWORD<br />

BUZZWORD:<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

GRAFIK APPWORK<br />

WAS BEDEUTET NFT?<br />

NFT steht für «Non-Fungible Token»:<br />

ein nicht austauschbares digitales Objekt.<br />

Es ist sozusagen eine einzigartige digitale<br />

Besitz urkunde/Signatur, die aussagt, wer<br />

der Schöpfer beziehungsweise der Besitzer<br />

ist. NFTs werden via Blockchain-Technologie<br />

gespeichert.<br />

SIND NFTS EINE KRYPTOWÄHRUNG?<br />

WAS IST EINE BLOCKCHAIN?<br />

Nein. Kryptogeld wie Bitcoin oder Ethereum<br />

sind «fungible tokens», also austauschbar.<br />

Das ist wie bei einem Fünfliber:<br />

Jede Münze hat einen Wert von fünf Franken,<br />

unabhängig davon, welches Fünf-<br />

Franken-Stück man besitzt.<br />

Einfach gesagt ist es eine Kette aus digitalen<br />

Datenblöcken, die Transaktionen<br />

zusammenfasst. Eine Art Buchhaltungssystem<br />

für eine Kryptowährung. Über diese<br />

Blockchain lässt sich einsehen, wer die<br />

Rechte an einem bestimmten NFT hat.


3.2 TREND-SACHE BUZZWORD<br />

89<br />

WIE SIEHT EIN NFT AUS?<br />

Ein NFT kann alles sein, was digitalisiert ist:<br />

Pizza Hut verkaufte während einer Promotion<br />

«1 Byte Favourites», digitale Pizza-Bilder,<br />

TV-Koch Logan Guleff transformierte<br />

ein Video eines Drei-Gänge-Dinners in ein<br />

Token, und die Band Kings of Leon veröffentlichte<br />

als Erste ein Album als NFT.<br />

WO UND WIE (VER)KAUFT<br />

MAN NFTS?<br />

Your wallet<br />

NFTs werden auf Plattformen wie Open-<br />

Sea, Rarible und Mintable gehandelt. Da<br />

die meisten NFTs auf der Ethereum-​<br />

Blockchain basieren, braucht man für Kauf<br />

und Verkauf neben einem digitalen Portemonnaie<br />

(«Wallet») die Kryptowährung<br />

Ethereum. Der Kurs ist volatil.<br />

WAS SPRICHT GEGEN NFTS?<br />

Jede Transaktion mit Bitcoins frisst derzeit<br />

etwa so viel Energie, wie ein Einfamilienhaus<br />

in zwei Wochen verbraucht.<br />

Der gesamte Bitcoin-Hype verschlingt pro<br />

Jahr nach Analysen der Universität Cambridge<br />

gleich viel Energie wie ganz Belgien.<br />

Sprich: NFTs sind klimaschädlich.


90 3.2 TREND-SACHE BUZZWORD<br />

NFT-<br />

RESTAURANTS!<br />

WTF?!<br />

Wer die letzten Monate nicht auf dem Mars verbracht<br />

hat, dem dürfte der Begriff NFT irgendwo begegnet<br />

sein. Der Hype erfasst immer mehr Bereiche in unserem<br />

Universum – auch die Gastronomie. Wir ordnen ein.<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

FOTOS NEW YORKER FLYFISH CLUB<br />

In weniger als einer Minute verkauften<br />

sich 1000 Mitgliedschaften für den New<br />

Yorker Flyfish Club (FFC). In Zeiten,<br />

in denen Adele-Tickets innert Sekunden<br />

ausverkauft sind, ist das an und für<br />

sich noch nichts Besonderes. Und auch<br />

exklusive Klubs gibt es seit der «Gentlemen’s<br />

Club»-Ära überall auf der Welt.<br />

Ein weiterer wäre also nicht der Rede<br />

wert.<br />

NON-FUNGIBLE-TOKEN ALS EIN-<br />

TRITTSTICKET UND HANDELSGUT<br />

Aber. Besonders am zur VCR Group<br />

gehörenden Flyfish Club ist, dass er das<br />

erste Restaurant ist, bei dem Non-Fungible-Tokens<br />

(NFTs) als Mitgliedschaft<br />

fungieren. Das heisst: Man kauft sich<br />

einmalig ein. Ein reguläres Member-<br />

Token kostete beim Launch im Januar<br />

<strong>2022</strong> 2,5 Ethereum (Blockchain-Währung).<br />

Das sind umgerechnet immerhin<br />

7868 Franken. Dieses Member-Token<br />

gewährt einem Zutritt zur Cocktail-<br />

CEO der New<br />

Yorker VCR Group:<br />

David Rodolitz.


3.2 TREND-SACHE BUZZWORD<br />

91<br />

Der New Yorker<br />

Flyfish Club eröffnet<br />

erst im Frühling<br />

2023. Daher gibt es<br />

auch erst Bilder der<br />

NFTs.<br />

Lounge und zum «normalen» Speisesaal<br />

des Flyfish-Club-Lokals. Für das «Omakase»,<br />

wo Sternekoch Masa Ito mehrgängige<br />

Sushi-Menüs serviert, braucht<br />

es ein Prime-Member-NFT. Kostenpunkt:<br />

4,25 Ethereum – also rund 13 375<br />

Franken (Stand März <strong>2022</strong>).<br />

Übrigens: Egal wie viel man für ein Token<br />

bezahlt, es gibt einem nur Zutritt<br />

zum Lokal, das im Frühjahr 2023 öffnen<br />

soll – Essen und Getränke zahlt man<br />

dort nach wie vor wie üblich.<br />

Um das Ganze exklusiv zu halten, ist die<br />

Anzahl Mitgliedschaften beschränkt.<br />

Durch die Tokens sind die FFC-Mitgliedschaften<br />

aber übertragbar (anders<br />

als bei anderen Exklusivklubs) und lassen<br />

sich auch vermieten oder weiterverkaufen.<br />

Auf OpenSea (ein NFT-On line-<br />

Marktplatz) hat ein Omakase-Märkli<br />

bereits zum ersten Mal den Besitzer<br />

gewechselt – für 10,49 Ethereum (rund<br />

33 <strong>01</strong>2 Franken). Von Verkäufen auf<br />

dem Sekundärmarkt profitieren auch die<br />

Schöpfer eines NFTs, in diesem Fall der<br />

Flyfish Club in New York.<br />

NEUE, INNOVATIVE FORM VON<br />

FUNDRAISING<br />

Auch wenn keiner genau weiss, wie der<br />

Flyfish Club aussieht, wenn er (voraussichtlich<br />

im Frühling 2023) eröffnet<br />

wird, lässt sich heute schon mit Sicherheit<br />

sagen, dass das Lokal aus Finanzierungssicht<br />

ein Hit ist: Mit den bisher<br />

knapp 1500 verkauften Tokens hat die<br />

VCR Group 14 Millionen US-Dollar<br />

eingenommen. Notabene: Ein Restaurant,<br />

das erst in einem Jahr eröffnet, hat<br />

bereits 14 Millionen Dollar Umsatz gemacht!<br />

Das könnte man durchaus als<br />

kleine Sensation bezeichnen.<br />

Gründer und CEO des Flyfish Clubs<br />

David Rodolitz ist überzeugt, dass das<br />

Konzept seiner Firma eine «bemerkenswerte<br />

Innovation» in der Gastronomie<br />

ist. «Dieses neue Finanzierungsmodell<br />

ermöglicht es uns, anders Geld zu verdienen<br />

– nachhaltiger.» Dank des bisherigen<br />

Erfolgs befänden sie sich an<br />

einem völlig anderen Ausgangspunkt<br />

als bei früheren Restaurants. «Wenn wir<br />

gute Arbeit leisten und weiterhin hart<br />

arbeiten, lässt sich damit unendlich viel<br />

erreichen.»<br />

In erster Linie gilt es für den Flyfish<br />

Club jetzt erst einmal, die geschürten<br />

Erwartungen der Mitglieder zu erfüllen,<br />

damit sie viel Geld ausgeben im Restaurant<br />

und die Mitgliedschaft begehrte<br />

Ware bleibt. Denn bekanntlich ist alles<br />

nur so viel wert, wie andere dafür zu bezahlen<br />

bereit sind.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


92 3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

«TUTTI FRUTTI<br />

REICHT NICHT<br />

MEHR»<br />

Alkohol büsst seinen Coolness-Faktor<br />

zuneh mend ein. Aufregende alkoholfreie<br />

Drinks auf der Karte zu haben, ist darum<br />

heute alles andere als eine Schnapsidee.<br />

TEXT MICHAELA RUOSS<br />

FOTOS ZVG<br />

Ganz nüchtern betrachtet: Wer in einer<br />

Runde von Gin-Tonic-Trinkern an einer<br />

Cola oder (noch schlimmer) einem Wasser<br />

nippt, fühlt sich meist ziemlich fehl<br />

am Platz. Ich schwör. Da kommen dann<br />

manchmal jede Menge komischer Fragen.<br />

Und auf wahrheitsgetreue Antworten,<br />

warum man auf Alkohol verzichte<br />

(der Gesundheit wegen zum Beispiel),<br />

gibt’s dementsprechend komische Reaktionen.<br />

Bis vor kurzem zumindest.<br />

ALKOHOLFREIE ANFÄNGE<br />

Im Sinne eines gesunden Lebensstils reduzieren<br />

viele Menschen auch ihren Alkoholkonsum,<br />

was alkoholfreien Getränken<br />

einen zusätzlichen Schub beschert.<br />

Neben Altbewährtem wie alkoholfreiem<br />

Bier gibt’s immer mehr alkoholfreie Spirituosen<br />

– Angebot und Markt für Gin-,<br />

Rum- oder Aperitif-Alternativen wachsen<br />

ständig. Zugegeben: Die Idee von<br />

alkoholfreien Spirituosen ist nicht neu.<br />

Der Whiskyersatz «Whissin» existiert<br />

Wenn nicht 0.0% draufstehen<br />

würde, würde man<br />

es wohl für eine ganz<br />

gewöhnliche Spirituose<br />

halten. Ist aber 100%<br />

alkoholfrei.


3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

93<br />

Die Gründer von Rebels<br />

0.0% haben gut lachen:<br />

Der Zeitgeist nippt<br />

auch gerne an alkoholfreien<br />

Drinks.<br />

schon seit 20 Jahren. Als Pionier der alkoholfrei<br />

destillierten Spirits, kurz ADS,<br />

gilt aber Ben Branson; ein konsequenter<br />

Antialkoholiker, der in Bars nicht mehr<br />

nur Cola oder Wasser, sondern genauso<br />

spannende Drinks wie seine Freunde<br />

trinken wollte. Er studierte alte Apothekerbücher,<br />

lernte alles über Mazeration<br />

und Destillation und brachte im<br />

November 2<strong>01</strong>5 den «Seedlip Spice 94»<br />

im Londoner Stadtteil Selfridges auf den<br />

Markt. Die ersten tausend Flaschen waren<br />

innerhalb von drei Wochen ausverkauft,<br />

die zweiten tausend in drei Tagen<br />

und das dritte Tausend online innerhalb<br />

von 30 Minuten.<br />

MEHR ALS EIN HYPE<br />

Dass das Unternehmen Diageo, dem<br />

die Marken Smirnoff, Johnnie Walker<br />

und Guinness gehören, Seedlip 2<strong>01</strong>9 für<br />

eine ungenannte Summe gekauft hat, ist<br />

nicht das einzige Indiz dafür, dass alkoholfreie<br />

Spirituosen mehr als ein Hype<br />

sind. Bacardi hat das Angebot seiner<br />

Tochter Martini um zwei alkoholfreie<br />

Aperitifs ergänzt und prognostiziert in<br />

seinem Cocktail-Trend-Report 2021,<br />

dass sich die Umsätze mit alkoholfreien<br />

und nur wenig Alkohol enthaltenden<br />

Spirituosen in Westeuropa bis 2024 verfünffacht.<br />

Der Trend spreche nicht nur<br />

Nichttrinker, sondern auch all jene an,<br />

die einfach eine grössere Vielfalt suchten<br />

und achtsamer trinken wollten.<br />

GESUNDE ALTERNATIVE AUS DER<br />

SCHWEIZ<br />

Für Vielfalt auf diesem Markt sorgt auch<br />

«Rebels 0.0%». Das Start-up brachte im<br />

Frühjahr 2021 als erste Schweizer Marke<br />

alkoholfreie Spirituosen auf den Markt.<br />

In den für Mixgetränke konzipierten<br />

Gin-, Rum- und Aperitif-Alternativen<br />

finden sich weder Alkohol noch künstlicher<br />

Zucker. Auf die zwei wichtigsten<br />

Geschmacksträger zu verzichten, war für<br />

Christof Tremp und Janick Planzer ein


94 3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

Best of Swiss Gastro<br />

Master 2020, zweifacher<br />

Barkeeper of the Year und<br />

Inhaber der Bar am Wasser<br />

in Zürich: Dirk Hany.<br />

bewusster Entscheid. Auch wenn sich<br />

die beiden das Leben anfänglich nicht<br />

einfach machten. «Die Entwicklung der<br />

Getränke war insofern herausfordernd,<br />

als wir nirgends nachlesen konnten, wie<br />

so etwas geht», sagt Tremp. Fast ein Jahr<br />

lang tüftelten die «Rebels» mit Hilfe von<br />

Lebensmitteltechnologen, bis sie die<br />

Geschmäcker erreicht hatten, die ihnen<br />

vorschwebten. Destilliert werden die<br />

drei Alternativgetränke im Kanton Wallis,<br />

«und zwar in einem Doppel-Destillier-Verfahren»,<br />

sagt Tremp. Indem man<br />

die sogenannten Botanicals, also die<br />

beigefügten Gewürze, zweimal mitdestilliere,<br />

erhalte man selbst ohne Alkohol<br />

intensive Aromen.<br />

KUNDEN ZAHLEN MEHR FÜR<br />

QUALITÄT<br />

Der Mix aus Geschmack und Schweizer<br />

Produkt hat Dirk Hany von der Zürcher<br />

«Bar am Wasser» bewogen, mit Rebels-Alternativen<br />

seine ersten 0%-Spirituosen-Drinks<br />

zu mixen. Ein weiterer<br />

Grund war, dass die Pandemie die Trinkgewohnheiten<br />

verändert hat. «Früher<br />

konnte man Gästen einen Mocktail aus<br />

Fruchtsäften und Grenadine-Sirup servieren<br />

– heute reicht dieses Tutti Frutti<br />

nicht mehr.» Gesundheitsbewusste<br />

Gäste möchten dennoch nicht auf Geschmack<br />

und Abwechslung verzichten.<br />

«Und wenn man ihnen beides bietet,<br />

sind sie auch bereit, mehr für Qualität zu<br />

bezahlen.»<br />

Natürlich stellt sich die Frage, warum<br />

es überhaupt alkoholfreie Varianten von<br />

klassischen Drinks geben muss. Das<br />

mutet entfernt an das Prinzip veganer<br />

Schnitzel aus Pflanzenfasern an. Warum<br />

versucht man auf Teufel komm raus, ein<br />

Produkt zu kopieren, für das die entscheidende<br />

Zutat fehlt? Wäre es da nicht<br />

besser, etwas Neues zu entwickeln? Zu-<br />

dem gibt es bereits alkoholfreie Alternativen,<br />

die mit Gin oder Rum nichts zu<br />

tun haben.<br />

AUCH OHNE MIT DABEI<br />

Doch Dirk Hany findet, die Psychologie<br />

dahinter sei ein wichtiges Argument für<br />

alkoholfreie «Alkoholika». Diese bieten<br />

sich einerseits für Gäste an, die noch<br />

fahren müssen. Aber eben auch für jene,<br />

die sich nicht ausgegrenzt fühlen wollen.<br />

«Wenn fünf Leute Gin Tonic trinken<br />

und du trinkst eine Cola, gehörst du irgendwie<br />

nicht dazu. Mit einem alkoholfreien<br />

Gin Tonic ist das ein anderes Gefühl»,<br />

sagt der Barchef. Sag ich doch!<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

95<br />

DIRK HANYS DRINK-TIPP<br />

HOLLYWOOD MARTINI<br />

› 5 cl Rebel-0.0%-Gin-Alternative<br />

› 2 cl Zitronensaft<br />

› 2 cl Passionsfruchtsaft<br />

› 2 cl Vanille-Sirup<br />

› 8 cl alkoholfreier Schaumwein<br />

(z. B: Kolonne Null Cuvée Blanc)<br />

Alle Zutaten (ausser Schaumwein) kalt<br />

schütteln, in eine Cocktailschale abseihen<br />

und den Schaumwein separat<br />

dazu servieren.<br />

Der Hollywood<br />

Martini und einige<br />

Impressionen aus<br />

der Bar am Wasser.


96 3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

PILZWIDER-<br />

STANDSFÄHIGE<br />

SORTEN EROBERN<br />

DEN BIOWEINBAU<br />

In den Schweizer Rebbergen machen sich sogenannt<br />

pilzwiderstandsfähige Sorten (Piwi) breit.<br />

Damit soll der Weinbau ökologischer werden. Ob<br />

die alten und neuen Sorten über die Zeit gegen<br />

Pilzbefall resistent bleiben, ist ungewiss.<br />

TEXT STEFAN KELLER<br />

FOTOS ZVG<br />

«Am 13. Juli 2021 haben wir beschlossen:<br />

Wir werden ab Jahrgang 2021 keinen<br />

Wein mehr anbieten, der von europäischen<br />

Traubensorten stammt», sagt der<br />

Winzer Roland Lenz. Was ist geschehen?<br />

Das Unwetter, das in dieser Nacht<br />

auch über seine Rebberge am Thurgauer<br />

Iselisberg fegte, hinterliess ein Bild des<br />

Schreckens. Die Wucht der Hagelkörner<br />

hatte die Reben bis ins Mark zerfleddert.<br />

Doch nicht genug der Zerstörung.<br />

Es folgten fünf regenreiche Tage und in<br />

der Folge massiver Pilzbefall. «Vor allem<br />

bei den europäischen Sorten geschah<br />

dies explosionsartig: Die Traubenzone<br />

von Merlot oder Grünem Veltliner war<br />

weiss, und wir entschieden uns Ende<br />

Monat, die Stöcke auszureissen. Piwis<br />

hingegen vermochten ihre Abwehrkräfte<br />

zu mobilisieren.»<br />

2021 hat der Sturm<br />

zahlreiche Traubenernten<br />

vernichtet.<br />

Unten: Diese Divico-Sorte<br />

hat den<br />

Sommer überlebt.<br />

SCHLUSS MIT DEN EURO-<br />

PÄISCHEN SORTEN<br />

Aufgrund dieses Ereignisses gab Lenz<br />

sein letztes Zögern auf und setzt seither<br />

alles auf eine Karte: Er verabschiedet<br />

sich definitiv von den europäischen Sor-


3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

97<br />

Karin und Roland<br />

Lenz bei der Arbeit<br />

auf ihrem Weingut<br />

in Iselisberg im<br />

Kanton Thurgau.<br />

ten Pinot noir und Riesling-Silvaner, wie<br />

sie den Thurgauer Rebbau nach wie vor<br />

prägen. Fortan will er ausschliesslich mit<br />

pilzwiderstandsfähigen Sorten arbeiten.<br />

Dafür müssen noch zwei der insgesamt<br />

21 Hektaren neu bestockt werden.<br />

Der grösste Deutschschweizer Bioweinbetrieb<br />

geniesst weit über die Region<br />

hinaus einen guten Ruf. Die Weinfachzeitschrift<br />

Vinum schreibt: «Es gibt je<br />

länger, je mehr Ausnahmeerscheinungen<br />

in der Schweizer Bioweinszene, nämlich<br />

Winzer, die mit grosser Kontinuität über<br />

Jahre qualitativ Hervorragendes leisten.<br />

Dazu gehören ganz besonders Karin und<br />

Roland Lenz in Iselisberg, die 2<strong>01</strong>5 und<br />

2<strong>01</strong>8 als ‹Schweizer Biowinzer des Jahres›<br />

gekürt wurden.» Lenz ist Präsident<br />

des Vereins «Piwi-CH», dieser wiederum<br />

ist Teil von «Piwi international» mit<br />

rund 600 Mitgliedern. Für den Thurgauer<br />

Winzer sind pilzwiderstandsfähige<br />

Sorten wegweisend für die Zukunft des<br />

Weinbaus, ganz gewiss für den Ort, wo<br />

er Reben kultiviert, aber auch anderswo.<br />

«Im Vergleich zu den hier traditionell<br />

angebauten Sorten brauchen wir mindestens<br />

die Hälfte weniger Hilfsstoffe,<br />

Handarbeit und Durchfahrten im Rebberg.»<br />

DIVICO – DER NEUE PIWI-STAR<br />

Dies ist Folge erhöhter Pilzwiderstandsfähigkeit<br />

von Sorten mit Namen, die<br />

in vielen Ohren noch fremd klingen:<br />

Maréchal Foch, Cabernet Jura, Pinotin.<br />

Zwar kann nicht bei allen in jedem Jahr<br />

komplett auf Spritzungen von Kupfer<br />

verzichtet werden, aber die benötigten<br />

Mengen liegen immer wesentlich tiefer<br />

als bei den üblicherweise angebauten<br />

Sorten. Lenz ist längst nicht mehr der<br />

einzige Schweizer Winzer, der mit ausgeprägt<br />

pilzresistenten Sorten versucht,<br />

den Weinbau ökologischer zu gestalten.<br />

Und es gelingt ihm immer öfter, mit<br />

Cuvées etwa aus Souvignier gris, Muscat<br />

bleu und Solaris Weine abzufüllen,<br />

die auch bei einem breiten Publikum auf<br />

Zustimmung stossen.<br />

Während Varietäten wie Maréchal Foch<br />

und Léon Millot schon vor über 100<br />

Jahren gezüchtet wurden, entstand in<br />

den letzten Jahrzehnten und Jahren eine<br />

Vielzahl neuer Kreuzungen. Einer der<br />

Stars heisst Divico. Ihn hat federführend<br />

Jean-Laurent Spring von Agroscope in<br />

Changins entwickelt. Spring hat auf die<br />

rote Sorte Gamaret zugegriffen, die 1970<br />

ebenfalls an der Westschweizer Forschungsanstalt<br />

Changins aus einer Verbindung<br />

von Gamay und Reichen steiner<br />

entstanden war, sowie auf die weisse Sorte<br />

Bronner, eine pilzwiderstands fähige<br />

Kreuzung des Staatlichen Weinbauinstituts<br />

in Freiburg im Breisgau. Heute,<br />

neun Jahre nach der Einführung, stehen<br />

bereits 54 Hektaren mit Divico im Ertrag.<br />

Dies vor allem in der Westschweiz.<br />

Topprodukte stammen von der Do maine<br />

de Chambleau in Colombier und von<br />

Blaise Duboux in Epesses, beide Betriebe<br />

zählen zur Schweizer Elite.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

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98 3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

DARF ES<br />

EIN GLAS<br />

«BSCHÖTTI»<br />

SEIN?<br />

Der Urnäscher Kevin Gülünay entwickelt zusammen mit der Firma<br />

Appenzeller Edelbrand einen Citrus-Chili-Likör. Wie dieser<br />

Ostschweizer Likör entstand, welche Reaktionen Gülünay erlebt<br />

hat und was Bschötti eigentlich bedeutet – davon erzählt diese<br />

Marketing-Geschichte.<br />

TEXT MANUELA MÜLLER<br />

FOTOS TANJA BRANDENBERGER<br />

Der 30-jährige Kevin Gülünay hatte<br />

beim Feierabendbier genug vom Pfefferminzlikör,<br />

der ihm serviert wurde.<br />

Deshalb kam ihm, in Gesellschaft der<br />

Mitarbeiter einer Brennerei, der Einfall,<br />

einfach seinen eigenen Likör herzustellen.<br />

IMMER NUR PFEFFERMINZ-<br />

LIKÖR?<br />

In seinem Job als Key-Account-Manager<br />

im Bereich SMS-Marketing hat<br />

Gülünay absolut nichts mit Schnaps zu<br />

tun. Und plötzlich wird er zum Likörproduzenten.<br />

«Die Idee kam nicht von<br />

mir alleine. Ich war mit Mitarbeitern<br />

von Appenzeller Edelbrand unterwegs.<br />

Nach einer Runde Shots kam die Frage<br />

auf, warum es denn immer ein Likör<br />

mit Minze-Geschmack sein muss. Wir<br />

waren uns einig: Muss es gar nicht.» An<br />

diesem feuchtfröhlichen Abend entstand<br />

nicht nur das Vorhaben, einen Likör zu<br />

kreieren. Die Männerrunde beschloss<br />

auch gleich dessen Geschmacksrichtung:<br />

Citrus-Chili. Und dank angeheiterter<br />

Stimmung liess auch der eigenartige<br />

Name «Bschötti» nicht lange auf sich<br />

warten. Dazu gleich mehr.<br />

Der Bschötti-Macher<br />

und sein Tester (v.r.):<br />

Kevin Gülünay mit<br />

Kolleg Martin Stijakovic.


3.3 TREND-SACHE MIXOLOGY<br />

99<br />

› Dieser Artikel erschien Anfang<br />

Jahr erstmals in der Zeitung<br />

«Die Ostschweiz».<br />

dieostschweiz.ch<br />

› Internetauftritt des Bschötti:<br />

bschoetti.ch<br />

SILVESTERCHLAUS? BSCHÖTTI!<br />

Nicht nur bei der Entwicklung der Idee<br />

halfen die Mitarbeitenden der Brennerei<br />

mit, sondern sie unterstützen Gülünay<br />

auch in der Produktion. Dazu der<br />

Neo-Likörproduzent: «Die kleine Brennerei<br />

Appenzeller Edelbrand in Urnäsch<br />

hat ein Markenzeichen: Gin und Brände,<br />

verbunden mit Tradition. Bei jeder<br />

Brandsorte ziert ein anderer Silvesterchlaus<br />

das Etikett.» Diese Anlehnung<br />

an die Tradition und Herkunft sagte<br />

Gülünay besonders zu für seinen Likör<br />

mit dem lustigen Namen Bschötti. Erklärung<br />

folgt.<br />

ALLES NUR SPASS<br />

Nach dem besagten Feierabendbier im<br />

Juni 2021 passierte zwei Monate lang<br />

nichts. Aber dann ging’s schnell. «Man<br />

könnte annehmen, dass wir den Geschmack<br />

definiert, die Flaschen abgefüllt<br />

und dann verkauft haben. Das war in<br />

unserem Fall aber ganz anders», erinnert<br />

sich Gülünay. Er hatte innerhalb weniger<br />

Tage an die 100 Flaschen des Likörs an<br />

seine Familie und Freunde verkauft. Und<br />

das, obwohl der ganze Markenauftritt<br />

noch gar nicht geplant war. «Es war ja<br />

alles nur aus Spass entstanden. Bei den<br />

100 Flaschen wollte ich es eigentlich belassen.»<br />

Doch es ging weiter. Drei Wochen<br />

nach dem ersten Verkauf an Familie<br />

und Freunde war die Marke geschaffen:<br />

Bschötti Landluft Citrus-Chili-Likör.<br />

Er hat den frischen Citrus-Geschmack<br />

im Fokus und überrascht mit einem<br />

leichten Chili-Abgang. Was insgesamt<br />

so gar nicht zu seinem Namen Bschötti<br />

passt. Dazu jetzt endlich.<br />

«BSCHÖTTI» – ECHT JETZT?!<br />

Schon beim initialen Feierabendbier war<br />

klar: Der Name des Likörs soll etwas<br />

Lustiges sein, sich von anderen Getränken<br />

abheben, und vor allem ins Appenzellerland<br />

passen. Gülünay schmunzelt.<br />

«Ja, der Name kann ein wenig verunsichern.<br />

Es gab auch Leute, die meinten,<br />

der Likör sei geschmacklich viel zu gut<br />

für diesen Namen. Denn natürlich würde<br />

niemand eine zweite Flasche Likör<br />

kaufen, wenn dieser wirklich nach<br />

Bschötti schmecken würde», witzelt der<br />

Erfinder. Bschötti ist echtes Appenzeller<br />

Lokalkolorit für: Gülle. Dünger. Mist.<br />

Kuhdung. Nennen Sie’s, wie Sie wollen.<br />

Nachdem der Name gesetzt war, stand<br />

auch die Idee fürs Etikett: Gülünay liess<br />

einen Güllenwagen auf Graspapier drucken<br />

– und das Produkt war bereit. «Der<br />

Geschmack und der Auftritt passen perfekt»,<br />

sagt Bschötti-Vater Gülünay stolz.<br />

Viele Erstkonsumentinnen und -konsumenten<br />

hätten den Likör auf Facebook<br />

und Instagram gepostet, und schon<br />

landeten Anfragen von Getränkehändlern<br />

in Kevin Gülünays Inbox. Ob diese<br />

Bschötti-Geschichte noch weitergedeiht<br />

oder ob sie in der Kanalisation origineller<br />

Getränkeideen landet: Das wissen<br />

wohl noch nicht mal die drei Appenzeller-Käse-Weisen.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

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100 LABELREPORTAGE BELVOIRE PARK<br />

LABELREPORTAGE<br />

AN DER HOTEL-<br />

FACHSCHULE<br />

ZÜRICH WIRD<br />

TRADITION<br />

NEU GELEBT<br />

Die HFZ setzt starke Zeichen mit laufenden und geplanten Veränderungen.<br />

Alter Wein in neuen Flaschen? Nein, so die Bestätigung<br />

der Direktorin Susanne Welle.<br />

TEXT HOTELFACHSCHULE ZÜRICH<br />

FOTOS HOTELFACHSCHULE ZÜRICH<br />

Direktorin Susanne Welle setzt ihre<br />

unternehmerische Vision peu à peu um<br />

und positioniert die Hotelfachschule<br />

Zürich in Richtung Zukunft und setzt<br />

gemeinsam mit dem Management-Team<br />

laufend neue Meilensteine. Im Zentrum<br />

solchen Tuns stehen unternehmerische<br />

Werte und ein verständliches, realitätsnahes<br />

Leitbild: begleiten, inspirieren<br />

und fördern will die HFZ junge Menschen<br />

und weiter sie zu unternehmerisch<br />

denkenden und handelnden Führungspersönlichkeiten<br />

mit Herz entwickeln.<br />

NEUER LEHRPLAN – SPANNENDE<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

Die Generation Z fordert starke Argumente,<br />

um sich vom mehrjährigen<br />

Studium zu überzeugen, und wägt ihre<br />

Zukunftspläne zwischen sozialen Ansprüchen,<br />

nachhaltigem Umgang mit Ressourcen<br />

und der eigenen Work-Life-Balance<br />

ab. Hier setzt der neue Rahmenlehrplan<br />

der HFZ an. Mark Urech, Schuldirektor<br />

an der HFZ, mischt seine Erfahrungen<br />

im In- und Ausland gekonnt und bereitet<br />

daraus ein Eins-a-Ausbildungsmenü. Das<br />

Vollzeitstudium an der HFZ hat nichts an<br />

Bedeutung eingebüsst: Abgänger*innen<br />

sind auf dem Stellenmarkt begehrt und<br />

geschätzt für ihr theoretisches Wissen und<br />

ihre praktischen Fähigkeiten. Die HFZ ist<br />

nun anschlussfähiger, denn das Studium<br />

lässt sich nun optimiert an abgeschlossene<br />

Berufslehren oder schulische Ausbildungen<br />

andocken. Drei Jahre dauert der<br />

Lehrgang bis zum Diplom (zwei Jahre<br />

mit einschlägigem EFZ) und verspricht<br />

eine spannende, herausforderungsreiche<br />

Ausbildungszeit mit neuem Lernerlebnis:<br />

> Operative Gastronomie & Hotellerie:<br />

Konversion angeeigneten Wissens von<br />

der Theorie in die Praxis. Im Zentrum: die<br />

Lernrestaurants, spannende Exkursionen<br />

und Besuche von ausgewiesenen Fachbetrieben.<br />

> Betriebswirtschaft & Administration:<br />

Planung, Organisation und Realisation<br />

eines Grossanlasses «Belvoirpark Key<br />

Event» als Highlight.<br />

> Strategische Unternehmensführung:<br />

Betreiben eines Experimental-Lab-Restaurants<br />

mit der Aufgabe, ein eigenes<br />

Konzept auszuarbeiten und umzusetzen.<br />

Als Abschluss die ausserordentliche Businessplan-Aufgabe<br />

als Diplomarbeit.<br />

Die Hotelfachschule Zürich lanciert<br />

die Einführung eines E-Portfolios<br />

und ermöglicht den Studierenden,<br />

Entwicklung und Erfahrungen<br />

digital festzuhalten. Netzbasiert<br />

integriert das Portfolio digitale<br />

Medien und Dienste. So können<br />

die Studierenden einen Lebenslauf<br />

erstellen, Fortschritte per Video<br />

festhalten oder fachspezifische Themen<br />

präsentieren. Der individuelle<br />

Lernprozess wird dokumentiert und<br />

als Teil der Diplomnote bewertet.<br />

Das E-Portfolio steht den Studierenden<br />

auch nach ihrer Ausbildung<br />

zur Verfügung und kann somit für<br />

das lebenslange Lernen genutzt<br />

werden.


LABELREPORTAGE BELVOIRE PARK<br />

1<strong>01</strong><br />

Oben: Konzentration<br />

und Fokussierung.<br />

Links: Austausch und<br />

Student life in den<br />

Pausen.<br />

HFZ Kochstudio:<br />

Unterricht mit<br />

Unterhaltungswert.<br />

BAHNBRECHENDE OPTION:<br />

DER LEHRGANG «BERUFS-<br />

BEGLEITEND»<br />

Zu Beginn der beruflichen Laufbahn<br />

bereits auf ein passendes Arbeitsumfeld<br />

zählen zu können, ist sehr wertvoll – berufliche<br />

Erfahrungen, Referenzen und<br />

Zeugnisse zahlen in hohem Mass auf die<br />

Karrierelaufbahn ein.<br />

Das HFZ-Diplom berufsbegleitend zu<br />

erarbeiten, bietet Vorteile für Studierende<br />

und Betriebe; die praktische Erfahrung<br />

wird laufend durch den Austausch<br />

mit Mitstudenten und Fachexperten ergänzt,<br />

kritische, analytische und reflexive<br />

Fähigkeiten geschärft. Neue Aufgabengebiete<br />

erschliessen sich, höhere Verantwortlichkeiten<br />

werden übertragen, neue<br />

Erfahrungen in die Praxis umgesetzt.<br />

Ein Arbeitspensum von 50 bis 70 Prozent<br />

verspricht ein fortlaufendes Einkommen,<br />

das zur Ausbildungsfinanzierung beiträgt.<br />

Die Lehrgänge «Berufsbegleitend»<br />

über sieben Semester starten jeweils im<br />

Februar und im August.<br />

LAUFBAHNPERSPEKTIVEN DANK<br />

UMFASSENDER AUSBILDUNG<br />

Abgänger*innen der HFZ stehen dank<br />

Breite und Tiefe des Lehrplans auch Türen<br />

in Wirtschaft und Finanzbereichen<br />

offen. Auf dem Arbeitsmarkt gefragt,<br />

verstehen sie das «People-Business»,<br />

arbeiten sich rasch in neue Arbeitsumfelder<br />

ein und finden sich in der Arbeitswelt<br />

bestens zurecht. Dies beweist eine<br />

beachtliche Alumni-Liste mit zahlreichen<br />

Persönlichkeiten in der Gastronomie,<br />

der Hotellerie, in Wirtschaft, Politik<br />

und Verbandswesen.<br />

AUSTAUSCHSEMESTER –<br />

NOCH EIN PUNKT FÜR DIE HFZ<br />

Alleinstellungsmerkmal ist das zukünftige<br />

Austauschsemester mit der Ecole<br />

Hôtelière Genève. Die Hotelfachschule<br />

Zürich macht gemeinsam mit ihrem<br />

Pendant, der EHG in Genf, einen integrierten<br />

Sprachaufenthalt möglich, so<br />

wie er bisher von keiner Hotelfachschule<br />

in der Schweiz angeboten wird.<br />

PERSÖNLICHE BILDUNGS-<br />

BERATUNG<br />

Rege genutzt wird die angebotene Bildungsberatung,<br />

sei es an Berufsbildungsmessen<br />

oder vor Ort. Unsicherheiten in<br />

der Laufbahnplanung können so offengelegt<br />

und mit Fachleuten besprochen<br />

werden. Im vertraulichen Rahmen werden<br />

auch Zahlungsmodelle und Finanzierungsmöglichkeiten<br />

besprochen.<br />

ANHALTENDER WILLE ZUR<br />

WEITER ENTWICKLUNG<br />

Die Agenda <strong>2022</strong> verspricht weiterführende<br />

Change-Prozesse. An den Launch<br />

der neuen Marke am 1. April <strong>2022</strong> reihen<br />

sich Themen wie «Modulare Studienplanung»<br />

und «Hybrid-Unterricht».<br />

Darüber und weiter wird in Kürze zu<br />

lesen sein.<br />

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Wird es je wieder so wie<br />

es mal war? Wir haben<br />

uns in der Clubszene<br />

umgehört. Ab Seite 104.


SPEZIAL-SACHE<br />

4<br />

4.1 Clubszene<br />

«Den Betrieben wurde die wirtschaftliche Basis entzogen» 104<br />

Mit Kreativität durch die Pandemie 108<br />

Fakten und Zahlen 112<br />

Drei Köpfe – drei Fragen 116


104 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

CLUBSPECIAL 1/4<br />

«DEN BETRIEBEN<br />

WURDE DIE WIRT-<br />

SCHAFTLICHE<br />

BASIS ENTZOGEN»<br />

Die Clubszene hat besonders stark unter den Massnahmen gegen<br />

Covid-19 gelitten. Wie ist die Branche durch die Corona-Pandemie<br />

gekommen? Wie konnten sich einzelne Betriebe über Wasser<br />

halten? Und wie soll man eigentlich tanzen, wenn man behördlich<br />

verordnet nur sitzen darf? Auftakt zu unserem Clubspecial macht<br />

das Gespräch mit Alex Bücheli, Gründungsmitglied der Schweizer<br />

Bar- und Clubkommission.<br />

TEXT MARIA LIESSMANN<br />

FOTOS ZVG<br />

Die Hospitality-Branche war von den<br />

Corona-Massnahmen in den letzten<br />

zwei Jahren stark betroffen. Am härtesten<br />

fielen die Massnahmen dabei<br />

für Nachtkulturunternehmen aus. «Die<br />

Clubs waren die Ersten, die komplett<br />

schliessen mussten, und die Letzten, die<br />

wieder öffnen durften», sagt Alexander<br />

Bücheli, Sprecher der Schweizer Barund<br />

Clubkommission. «Von Anfang<br />

an wurden wir als Pandemietreiber deklariert.»<br />

Natürlich liege es in der Natur<br />

eines Nachtlebenbetriebs, dass viele<br />

Menschen zusammenkommen und nah<br />

aufeinandertreffen. «Doch statistisch<br />

gesehen waren wir nie der Hauptansteckungsort.<br />

Die meisten Ansteckungen<br />

erfolgten im privaten Umfeld, in Schulen<br />

oder am Arbeitsplatz.»<br />

HÄRTESTE ZERTIFIKATSPFLICHT<br />

Die Anti-Corona-Massnahmen haben<br />

viele Betriebe in ihren Grundfesten erschüttert.<br />

«Erst die komplette Schliessung<br />

im März 2020, dann eine Polizeistunde<br />

und Kapazitätsobergrenzen, die<br />

eine wirtschaftlich sinnvolle Öffnung<br />

praktisch unmöglich machten, Contact


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

105


106 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

Wenn der Club während<br />

der Pandemie überhaupt<br />

einmal halbvoll sein durfte,<br />

war das schon ein Ereignis.<br />

Tracing mit enormem personellem Zusatzaufwand,<br />

die härteste Zertifikatspflicht<br />

von allen und Forderungen wie<br />

Sitzpflicht bei Konsumation – in einem<br />

Tanzclub sinnwidrig und nicht durchführbar.»<br />

Derartige Einschränkungen<br />

sorgten für besonders viel Unmut. «Den<br />

Betrieben wurde die wirtschaftliche Basis<br />

entzogen, ohne dass es Sicherheiten<br />

in Bezug auf eine wirtschaftliche Unterstützung<br />

von Bund oder Kantonen gegeben<br />

hätte.» Da herrschte schon fast Erleichterung,<br />

als im Oktober 2020 erneut<br />

ein offizielles Verbot von Tanzveranstaltungen<br />

angeordnet wurde – ein Härtefall,<br />

der auf finanzielle Entschädigung<br />

hoffen liess.<br />

2G FÜHRTE ZU DRASTISCHEM<br />

RÜCKGANG DER CLUBBER<br />

Insgesamt waren die Clubbetriebe während<br />

der Pandemie elf Monate geschlossen.<br />

Trotz der häufig wechselnden Massnahmen<br />

und der damit verbundenen<br />

Unsicherheit zeigte man sich während<br />

der ganzen Pandemie lösungsorientiert.<br />

«Wir hatten als Erstes ein freiwilliges,<br />

anfangs noch handschriftliches Contact<br />

Tracing. Später haben wir eine eigene<br />

App entwickelt, damit die Kontaktdaten<br />

nicht nur registriert, sondern auch validiert<br />

werden konnten.» Nicht immer<br />

war es einfach, den Gästen die Notwendigkeit<br />

der Massnahmen zu vermitteln.<br />

«Die grösste Akzeptanz fand bei unserem<br />

Publikum noch die 3G-Regelung,<br />

solange die Tests kostenlos waren.» Den<br />

heftigsten Einbruch der Besucherzahlen<br />

verzeichnete man mit Einführung von<br />

2G. Insgesamt waren die Umsatzeinbussen<br />

riesig. «Zwei Jahre lang kein Normalbetrieb.<br />

Allein im Raum Zürich hat<br />

dies zu einem Umsatzrückgang von rund<br />

150 Millionen Franken geführt. Auf die<br />

ganze Schweiz hochgerechnet reden wir<br />

hier von einer halben Milliarde.»<br />

WAS IST EIN CLUB?<br />

Auch bei der Auszahlung der Unterstützungsgelder<br />

hat es gehakt. Während die<br />

Kurzarbeit für die Mitarbeitenden unbürokratisch<br />

bewilligt wurde, galt es für<br />

die Betriebe selbst zunächst die Frage zu<br />

beantworten, ob ein Club ein Kulturunternehmen<br />

ist. Dies wurde abhängig<br />

vom Programm unterschiedlich bewertet.<br />

«Bei positivem Entscheid wurden<br />

im März beantragte Hilfen frühestens<br />

im September ausgezahlt. Wer nicht als<br />

Kulturunternehmen eingestuft wurde,<br />

war auf die Härtefallgelder angewiesen.<br />

Hier ging alles noch zögerlicher. Erste<br />

Gelder flossen erst im Frühjahr 2021, ein<br />

Jahr nach Beginn der Pandemie.»<br />

Dennoch schaut die Clubbranche jetzt<br />

positiv in die Zukunft. «Dank der Unterstützungsgelder<br />

und eigener Reserven<br />

der Gesellschafter haben die meisten<br />

Betriebe die Pandemie überlebt. Jetzt<br />

sind die Massnahmen aufgehoben und<br />

die Menschen wollen endlich wieder<br />

feiern.» In der Branche geht daher die<br />

Hoffnung um – vielleicht gar auf eine<br />

Wiederholung der Roaring Twenties.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

107<br />

ZUR PERSON ALEXANDER BÜCHELI<br />

Alexander Bücheli, 47, engagiert<br />

sich seit fast 20 Jahren im Schweizer<br />

Nachtleben. 20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>5 war er<br />

zuständig für das Zürcher Nightlife-​<br />

Präventionsangebot saferparty.ch<br />

und massgeblich am Aufbau des<br />

mobilen Drug Checkings sowie der<br />

Entwicklung des Drogeninformationszentrums<br />

DIZ beteiligt. 2004<br />

rief er den «Round Table Nightlife»<br />

ins Leben, war mitbeteiligt an der<br />

Entwicklung von Safer Clubbing<br />

Schweiz und zählte 2<strong>01</strong>1 zu den<br />

Gründungsmitgliedern der Zürcher<br />

BCK (Bar- und Clubkommission).<br />

Seit 2<strong>01</strong>5 ist er als freischaffender<br />

Berater tätig für die Netzwerke<br />

«Safer Dance Swiss», «Safer Nightlife<br />

Schweiz» und «Safer Clubbing<br />

Schweiz» sowie als Lobbyist für die<br />

BCK Zürich, Schweizer Bar- und Clubkommission<br />

und Promoter Suisse.<br />

Alexander Bücheli ist zudem Mitglied<br />

des Zürcher Nacht-Stadtrates, Kurator<br />

der «NIGHTS – Stadt nach Acht»-Konferenz<br />

und Präsident des Europäischen<br />

NewNet-Netzwerkes (Nightlife<br />

Empowerment & Well-being Network).<br />

Ein clubtaugliches<br />

Flussdiagramm der<br />

ironischen Art.<br />

Der Verein Schweizer Bar- und<br />

Clubkommission<br />

Die SBCK (Schweizer Bar- und<br />

Clubkommission) ist ein Verein,<br />

der sich 2<strong>01</strong>6 aus diversen Regionalverbänden<br />

(darunter Zürich,<br />

Bern, St. Gallen, Basel, Lausanne<br />

u. a.) zusammengeschlossen<br />

hat. Insgesamt zählt er heute<br />

ca. 450 Mitglieder und macht<br />

sich schweizweit für die Anliegen<br />

der Nachtkulturbetriebe sowohl<br />

politisch als auch gesellschaftlich<br />

stark. Der Vorstand besteht aus<br />

Vertretern der acht Regionalverbände,<br />

die quartalsweise zusammenkommen.<br />

Alexander Bücheli<br />

ist Gründungsmitglied sowohl des<br />

Zürcher Regionalvereins BCK als<br />

auch der nationalen SBCK und<br />

heute als Geschäftsleiter sowie<br />

Pressesprecher beider Vereine tätig.<br />

Die SBCK ist eine Fachgruppe<br />

der GastroSuisse.


108 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

CLUBSPECIAL 2/4<br />

MIT KREATIVITÄT<br />

DURCH DIE<br />

PANDEMIE<br />

Während der letzten zwei Jahre hatten es Nachtkulturbetriebe<br />

schwer. Immer neue Anti-Corona-Massnahmen,<br />

ständig wechselnde Vorschriften, ein Flickenteppich<br />

an Regelungen im ganzen Land. Etliche Betriebe und<br />

Nightlife-Institutionen haben nach kreativen Lösungen<br />

gesucht. Wir haben bei einigen Clubs nachgefragt, welche<br />

kreativen Ideen ihnen über die Runde halfen.<br />

TEXT MARIA LIESSMANN<br />

FOTOS ZVG<br />

BASEL: WIDER DEN KANTÖNLI-<br />

GEIST – MIT DEM CLUB ÜBER DIE<br />

KANTONSGRENZE<br />

Als sich der Kanton Basel-Stadt Anfang<br />

Dezember 2021 als einziger Kanton<br />

dafür entschied, die Masken- und<br />

Sitzpflicht auch für Geimpfte und Genesene<br />

einzuführen, war es für Valentin<br />

Aschwanden vom Basler Club Das Viertel<br />

genug. «Ein Clubbetrieb ist unter<br />

solchen Bedingungen schlichtweg nicht<br />

möglich», sagt er. «Wir hätten schliessen<br />

müssen.» Doch grosse Events, u. a. mit<br />

Musiker und Produzent Jan Blomqvist,<br />

standen unmittelbar bevor. «Wir tragen<br />

die Verantwortung für 40 Mitarbeitende.<br />

Bei einer Absage wäre der wirtschaftliche<br />

Schaden enorm gewesen.» Daher<br />

entschloss sich Aschwanden kurzerhand,<br />

500 Meter weiter in den Kanton Basel-​Land<br />

auszuweichen, wo die strenge<br />

Rege lung nicht galt. Mit der Walzhalle<br />

in Münchenstein war innert zehn Tagen<br />

ein Ersatz als Eventlocation gefunden.<br />

«Wir wollten dabei nicht Regelungen<br />

umgehen, haben uns aber an der epidemiologischen<br />

Einschätzung aller übrigen<br />

25 Kantone orientiert, die die Massnahme<br />

von Basel-Stadt nicht für nötig<br />

Valentin Aschwanden<br />

hat Kreativität bewiesen<br />

im Umgang mit den<br />

behördlich verordneten<br />

Pandemiemassnahmen.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

109<br />

Die drei Frauen mit<br />

Blumen: v. l.: Elena<br />

Nierlich, Kaye Anthon<br />

Zingg, Sonja<br />

Huwiler. Foto:<br />

Amanda Nikolic<br />

hielten. Sie konnten nicht alle falsch liegen.»<br />

Vier Events gingen sodann in der<br />

Walzhalle über die Bühne. «Es war eine<br />

Win-win-Situation für alle Beteiligten.<br />

Wir konnten die Events machen, unsere<br />

Mitarbeitenden konnten arbeiten,<br />

wir brauchten weniger Kurzarbeit und<br />

finanzielle Hilfen. Alles lief zu unserer<br />

Zufriedenheit.» Im Januar <strong>2022</strong> wurde<br />

die strenge Regelung in Basel-Stadt<br />

aufgehoben und sie konnten zurück ins<br />

Viertel.<br />

ZÜRICH: BLUMEN STATT<br />

COCKTAILS<br />

Einen ganz anderen Weg gingen Elena<br />

Nierlich und Sonja Huwiler mit ihrer<br />

legendären Olé Olé Bar an der Zürcher<br />

Langstrasse. Als es nach dem Lockdown<br />

2020 zu ersten Öffnungsschritten kam,<br />

war die Olé Olé Bar wegen der beengten<br />

Platzverhältnisse und geforderten<br />

Mindestabstände zunächst nicht davon<br />

erfasst. Nierlich und Huwiler wurden<br />

kreativ: Sie inszenierten gemeinsam<br />

mit Blumenspezialistin Kaye Anthon<br />

vom Atelier A im Innenhof und auf der<br />

Aussenterrasse der Olé Olé Bar vorübergehend<br />

einen Blumenladen. «Kaye kam<br />

auf uns zu und hat uns angeboten, eine<br />

Blumeninstallation anzufertigen», sagt<br />

Elena Nierlich. «Diese schöne Idee wollten<br />

wir gerne umsetzen, aber erst nach<br />

der Pandemie, wenn wieder richtig Betrieb<br />

auf den Strassen ist.» 2020 entschieden<br />

sie sich jedoch, den gemeinsame<br />

Pop-up-Blumenladen als eine Art<br />

Corona-Zwischennutzung zu eröffnen,<br />

den sie zwei Monate lang auch betrieben<br />

haben. «Im März dieses Jahres hat Kaye,<br />

die seit ihrer Hochzeit Zingg heisst, nun<br />

auch ihre tolle Blumeninstallation bei<br />

uns gemacht.»<br />

DIVERSE KANTONE: SWISS<br />

STREAM ALS PARTY-ERSATZ<br />

Da die DJs während der achtmonatigen<br />

Clubschliessung keine Möglichkeit für<br />

Auftritte hatten, schlossen sich die fünf<br />

Schweizer Städte Lausanne, Bern, Zürich,<br />

Basel und St. Gallen zusammen und<br />

riefen den Swiss Stream ins Leben. Mit<br />

über 2000 Gästen besonders erfolgreich<br />

war dabei der Vorreiter Limmatstream,<br />

der die Zürcher Clubs vereint. Die Benutzerinnen<br />

und Benutzer konnten sich<br />

einen Avatar erstellen und in virtuellen<br />

Räumen an den Partys ihrer Lieblings-


110 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

Avatar-Tänzer im<br />

virtuellen Club.<br />

clubs teilnehmen. So hatten die DJs eine<br />

Möglichkeit, aufzulegen und die Nachtschwärmer<br />

konnten zumindest vom<br />

Wohnzimmer aus teilnehmen.<br />

ZÜRICH: FUNDRAISING UND<br />

NACHTLEBENSPIELE<br />

Um die Nachtlebenschaffenden zu<br />

unterstützen, hat die Zürcher Bar- und<br />

Clubkommission (BCK) einen Nachtkulturfonds<br />

gegründet. «Trotz aller<br />

Hilfen von Bund und Kantonen gab es<br />

Menschen, die durchs Raster gefallen<br />

sind», sagt Alexander Bücheli, Sprecher<br />

der BCK. «Unter dem Namen ‹Ausgeben<br />

statt ausgehen› haben wir ein Fundraising<br />

ins Leben gerufen und verschiedene<br />

Aktionen lanciert.» So z. B. das<br />

Züribrätt, ein Brett- bzw. Leiterspiel,<br />

mit dem die Spieler durchs Zürcher<br />

Nachtleben rutschen konnten. Es ist mit<br />

einer Auflage von ca. 3000 Exemplaren<br />

erschienen, die schnell vergriffen waren<br />

und mehr als 70 000 Franken einbrachten.<br />

«Insgesamt kamen bei unserem<br />

Nachtkulturfonds ca. 250 000 Franken<br />

zusammen. Das Geld haben wir den<br />

wegen der Coro na-Massnahmen in eine<br />

Notlage geratenen Nachtlebenschaffenden<br />

unkompliziert zugeführt.» Auch in<br />

Zukunft soll der Fonds bestehen bleiben,<br />

um ausgewählte Projekte der Branche<br />

zu fördern. Daher kann man den<br />

Nachfolger des Brettspiels, das Zürcher<br />

Tanz-Quartett, weiterhin bei der BCK<br />

erwerben (zueri-tanzquartett.ch).<br />

LAUSANNE: VOM CLUB- ZUM<br />

GASTROBETRIEB<br />

Einige Locations haben ihre Räumlichkeiten<br />

während der Pandemie den<br />

Gegebenheiten angepasst, um von den<br />

etwas lockereren Bestimmungen für<br />

Bar- und Restaurantbetriebe profitieren<br />

zu können. So hat u. a. der Mad Club<br />

in Lausanne in seinen Räumen kurzerhand<br />

ein Restaurant eröffnet. Oder die<br />

Kanzlei in Zürich stellte konsequent auf<br />

Barbetrieb um.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

111<br />

Das Club-Brettspiel für<br />

Daheimgebliebene.<br />

Agentur: Inhalt und Form,<br />

Illustratorin:<br />

Katrin von Niederhäusern


112 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

CLUBSPECIAL 3/4<br />

CHRONO-<br />

LOGIE DES<br />

GRAUENS<br />

Die Schweizer Bar- & Clubkommission hat akribisch<br />

festgehalten, wie sich das Clubleben während der Corona-Pandemie<br />

entwickelt hat. Ein faktenbasierter Überblick<br />

über die letzten zwei Jahre.<br />

DATEN BAR- & CLUBKOMMISSION<br />

GRAFIK APPWORK<br />

2020<br />

MÄRZ<br />

13.3.<br />

› Veranstaltungen<br />

werden auf<br />

50 Personen<br />

limitiert<br />

16.3.<br />

› Ausserordentliche<br />

Lage<br />

FOLGEN<br />

3961<br />

abgesagte Veranstaltungen<br />

1–5<br />

zusätzliche Stellenprozente pro Betrieb<br />

für Umsetzung der Massnahmen<br />

(Contact Tracing, Zertifikatskontrolle<br />

etc.) notwendig<br />

670 000.–<br />

durchschnittlicher Umsatzverlust seit<br />

März bis Juli 2020 pro Betrieb<br />

(durchschnittlicher Jahresumsatz vor<br />

Corona pro Betrieb: CHF 1 200 000)<br />

70 %<br />

der Betriebe musste einen Covid-Kredit<br />

beantragen, um zu überleben<br />

REAKTIONEN DER GÄSTE<br />

20+80+z 15+85+z<br />

der Gäste wollten ihre<br />

20% 15%<br />

Daten nicht angeben<br />

fanden die entstandenen<br />

Wartezeiten zu lang<br />

Eine Umfrage unter den Gästen ergab, dass sie auf einer Skala von 1 (nicht<br />

verun sichert) bis 5 (sehr verunsichert) mit dem durchschnittlichen Wert<br />

von 4 deutlich verunsichert waren.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

113<br />

MAI<br />

JUNI<br />

JULI<br />

AUGUST<br />

11.5.<br />

6.6.<br />

2.7.<br />

28.8.<br />

› Restaurants<br />

› Veranstaltungen mit bis zu 300 Per-<br />

› Verschärfte<br />

› Beschränkung<br />

dürfen wieder<br />

sonen sind wieder erlaubt<br />

Personen-<br />

an Veranstal-<br />

öffnen<br />

› Restaurants dürfen wieder mehr als<br />

registration an<br />

tung 100 Perso-<br />

4 Gäste pro Tisch beherbergen<br />

Veranstaltun-<br />

nen pro Innen-<br />

› Livemusik wieder erlaubt<br />

gen (Contact<br />

raum, max. 300<br />

› Sperrstunde ab Mitternacht<br />

Tracing, Kanton<br />

Personen pro<br />

Zürich)<br />

Betrieb (Kanton<br />

22.6.<br />

Zürich)<br />

› Veranstaltungen bis zu 1000 Personen<br />

wieder möglich (Sektoren)<br />

› Polizeistunde aufgehoben<br />

› Reduktion der Distanz auf 1,5 m<br />

2021<br />

JANUAR BIS MAI<br />

13.3.<br />

› Limmatstream, virtuelles Clubfestival<br />

› Eingabe von Pilotveranstaltungen in<br />

Clubs<br />

› Erste Härtefallgelder werden im<br />

März ausbezahlt<br />

› Härtefallrunde II<br />

› Schutzschirm für Veranstaltungen<br />

31.5.<br />

› Bars dürfen die Innenräume wieder<br />

öffnen (Sitz- und Maskenpflicht,<br />

Kontaktdatenerhebung)<br />

› Pilotveranstaltungen sind möglich<br />

DEZEMBER<br />

12.12.<br />

› Sperrstunde ab<br />

19 Uhr<br />

22.12.<br />

› Gastronomiebetriebe<br />

geschlossen<br />

und sämtliche<br />

Kulturveranstaltungen<br />

sind<br />

verboten<br />

OKTOBER<br />

1.10.<br />

› Beschränkung an Veranstaltungen bis<br />

300 Personen mit Maskentragpflicht,<br />

100 Personen ohne Masken (Kanton<br />

Zürich)<br />

› Grossveranstaltungen mit über 1000<br />

Personen sind mit Schutzkonzepten<br />

wieder erlaubt<br />

19.10.<br />

› Nur noch sitzende Konsumation erlaubt<br />

› Maskentragpflicht in allen öffentlichen<br />

Räumen<br />

29.10.<br />

› Tanzveranstaltungen/Clubs verboten<br />

› Kulturelle Veranstaltungen bis zu 50<br />

Personen erlaubt


114 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

KOSTENREDUKTIONEN DURCH<br />

20+80+z<br />

20%<br />

98+2+z<br />

98%<br />

54+46+z<br />

54%<br />

81+19+z<br />

81%<br />

Entlassungen beim<br />

Personal<br />

Kurzarbeit<br />

weniger Stundenlöhne<br />

Einschränkungen<br />

beim künstlerischen<br />

Angebot<br />

67+33+z<br />

67%<br />

68+32+z<br />

68%<br />

63+37+z<br />

63%<br />

Einschränkungen<br />

beim Aufwand pro<br />

Veranstaltung<br />

weniger Aufträge<br />

an externe<br />

Dienstleister<br />

weniger Werbung<br />

für Veranstaltungen<br />

JUNI BIS AUGUST<br />

29.6.<br />

› Clubs dürfen mit Zertifikat basierend<br />

auf 3G öffnen<br />

› Keine Masken- und Sitzpflicht, keine<br />

Kapazitätseinschränkungen<br />

› Bars dürfen freiwillig auf 2G umstellen<br />

› Veranstaltungen ab 1000 Personen<br />

müssen von den Kantonen bewilligt<br />

werden<br />

› Maximale Obergrenze 3000 Besucher/-innen<br />

mit Zertifikat, 500 ohne<br />

› Bundesrat stellt das Drei-Phasen-​<br />

Modell vor<br />

SEPTEMBER<br />

13.9.<br />

› Wiedereinführung der Kontaktdatenerhebung<br />

in Diskotheken und<br />

Tanzlokalen<br />

› Ausdehnung der Zertifikatspflicht<br />

auf Innenräume wie Gastronomie<br />

und Indoor-Veranstaltungen<br />

› Aufhebung der maximalen Obergrenze<br />

an Veranstaltungen<br />

› Härtefallrunde III<br />

DEZEMBER<br />

16.12.<br />

› 2G für Diskotheken und Tanzlokale<br />

› 3G mit sitzender Konsumation und<br />

Maskenpflicht<br />

22.12.<br />

› 2G+ für Diskotheken und Tanzlokale<br />

› 2G mit sitzender Konsumation und<br />

Maskenpflicht in Restaurants, Bars<br />

und an Konzerten<br />

NOVEMBER<br />

15.11.<br />

› Nur noch Antigenschnelltest<br />

werden für das<br />

Zertifikat zugelassen<br />

12./13.11.<br />

› Lange Nacht<br />

des Impfens<br />

OKTOBER<br />

18.10.<br />

› Tests ohne<br />

Symptome<br />

werden kostenpflichtig<br />

20.10.<br />

› Einführung des<br />

Schweizer Covid-Zertifikates<br />

für Genesene<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

115<br />

Auf dass die Discokugeln<br />

bald wieder in funkelnder<br />

Pracht über der tanzenden<br />

Menge erstrahlen.<br />

Ganz normal halt.


116 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

CLUBSPECIAL 4/4<br />

DREI KÖPFE –<br />

DREI FRAGEN<br />

Wie haben Entscheidungsträger der Clubbranche die<br />

Pandemie erlebt? Was hat sie motiviert, weiterzumachen,<br />

trotz Zwangsschliessungen und behördlich verordnetem<br />

Sitzen in einem Tanzclub? Drei Entscheidungsträger<br />

aus verschiedenen Clubs berichten, was sie während der<br />

Coro na-Pandemie erlebt haben.<br />

TEXT MARIA LIESSMANN<br />

FOTOS ZVG<br />

KOPF EINS<br />

Ilaria Conte, stellvertretende Barchefin<br />

ROK Klub, Luzern<br />

WAS WAREN DIE GRÖSSTEN<br />

HERAUS FORDERUNGEN IN IHREM<br />

TEAM?<br />

Die Unsicherheit, die die Pandemie mit<br />

sich gebracht hat. Wir haben viele Mitarbeitende<br />

auf Stundenbasis und Studentinnen<br />

und Studenten, die stark auf<br />

den Verdienst angewiesen sind. Wegen<br />

der häufigen Änderungen der Massnahmen<br />

wusste man nie, wie es genau weitergeht.<br />

Das hat Ängste erzeugt. Zeitweise<br />

haben wir sogar befürchtet, dass<br />

es zum Personalabbau kommen würde.<br />

Jedoch konnten wir das bei uns im Rok<br />

glücklicherweise vermeiden.<br />

WELCHE ÄNDERUNGEN WAREN<br />

WÄHREND DER PANDEMIE FÜR<br />

SIE AM DEUTLICHSTEN SPÜRBAR?<br />

Die Maskenpflicht war allgegenwärtig,<br />

und natürlich haben wir verstärkt<br />

auf Hygienemassnahmen wie Desinfizieren<br />

etc. geachtet. Wir sind zudem der<br />

einzige After-Hour-Club in Luzern mit<br />

Partys ab 4 Uhr morgens. Und da stellten<br />

wir fest, dass die Gäste früher nach<br />

Hause gingen als sonst. Während sie im<br />

Club waren, haben sie aber mehr getrunken.<br />

Vielleicht, weil sie befürchtet haben,<br />

dass am nächsten Wochenende schon<br />

wieder alles geschlossen werden könnte.<br />

WIE SEHEN SIE DIE ZUKUNFT FÜR<br />

DIE ENTWICKLUNG NACH DER<br />

PANDEMIE?<br />

Wir im Rok Klub sind generell sehr positiv<br />

eingestellt und freuen uns sehr, dass<br />

es jetzt wieder richtig losgeht! Unser Fokus<br />

liegt auf guten Partys mit bekannten<br />

DJs, und wir sind uns sicher, dass die<br />

Gastronomie nach der langen Durststrecke<br />

einen Riesenboom erleben wird.<br />

Die Leute sind ausgehungert und wollen<br />

wieder was erleben.


4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

117<br />

Ilaria Conte und<br />

Jan Abels arbeiten<br />

in unterschiedlichen<br />

Clubs. Ihre<br />

Erfahrungen während<br />

der Pandemie<br />

ähneln sich jedoch<br />

stark.<br />

KOPF ZWEI<br />

Jan Abels, Geschäftsführer<br />

Club Du Théâtre, Bern<br />

WAS WAREN IN DEN LETZTEN<br />

ZWEI JAHREN DIE GRÖSSTEN<br />

VERÄNDERUNGEN IM BETRIEBS-<br />

ABLAUF?<br />

Die Planungsunsicherheit. Was heute<br />

umgesetzt wurde, war morgen schon<br />

nicht mehr richtig. Man musste sich<br />

ständig informieren und austauschen.<br />

Flexibilität und eine neue Agilität prägten<br />

den Alltag. Zum Glück hatten wir<br />

immer einen sehr guten Support von<br />

der Bar- und Clubkommission, die uns<br />

durch diese unruhigen Zeiten half.<br />

WELCHE HERAUSFORDERUNGEN<br />

GAB ES FÜR SIE ALS GESCHÄFTS-<br />

FÜHRER PERSÖNLICH?<br />

Ich musste meine Vorbildfunktion noch<br />

mehr vorleben als sonst. Mich ruhig,<br />

gelas sen und mit einem kühlen Kopf den<br />

Herausforderungen stellen. Neu kam die<br />

Rolle als Informationsvermittler hinzu,


118 4.1 SPEZIAL-SACHE CLUBSZENE<br />

Dani Werder vom<br />

Club Kugl, St. Gallen.<br />

der das ganze Team über neue Regeln<br />

und das weitere Vorgehen auf dem Laufenden<br />

hielt. Hinzu kam für mich auch<br />

die Rolle als Motivator für das Team, das<br />

gerne arbeiten wollte, aber nicht durfte.<br />

Oberstes Ziel war es, keine Entlassungen<br />

vornehmen zu müssen und unser<br />

Team zusammenzuhalten, was uns rückblickend<br />

gelungen ist.<br />

WIE WAR DIE STIMMUNG UNTER<br />

DEN GÄSTEN WÄHREND DER<br />

PANDEMIE UND JETZT NACH<br />

DER AUFHEBUNG DER MEISTEN<br />

MASSNAHMEN (STAND MÄRZ<br />

<strong>2022</strong>)?<br />

Unser Publikum hat den Freiraum im<br />

Club auch während der Pandemie immer<br />

dankend angenommen, und wir haben<br />

von unseren Stammgästen viel Solidarität<br />

erfahren. Die Jugend hat jedoch<br />

viele Nächte verpasst. Aktuell stellen wir<br />

daher eine Art Nachholbedarf fest. Die<br />

Leute sind konsumierfreudiger, kommen<br />

früher, bleiben länger. Die Stimmung ist<br />

überaus friedlich, unsere Gäste schätzen<br />

es sehr, ihre Normalität am Wochenende<br />

wiederzuhaben.<br />

KOPF DREI<br />

Dani Werder, Geschäftsführer<br />

Club Kugl, St. Gallen<br />

GAB ES AUFGRUND DER PANDEMIE<br />

PERSONELLE VERÄNDERUNGEN?<br />

Aufgrund der Massnahmen wie Contact<br />

Tracing und Zertifikatspflicht mussten<br />

wir drei bis vier Leute zusätzlich pro<br />

Abend anstellen. Aus Kostengründen<br />

konnten wir aber nicht unbegrenzt zusätzliche<br />

Mitarbeitende verpflichten, so<br />

dass der einzelne Mitarbeiter stärker belastet<br />

war. Es ist zudem seit dem ersten<br />

Lockdown viel schwieriger geworden,<br />

neues Personal zu finden, da die Leute<br />

wegen der Unsicherheiten in andere Berufe<br />

abgewandert sind.<br />

WORÜBER HABEN SIE SICH AM<br />

MEISTEN GEÄRGERT?<br />

Über sinnlose Massnahmen. Als 2G plus<br />

eingeführt wurde zum Beispiel, mussten<br />

die Mitarbeitenden die ganze Nacht<br />

Maske tragen, während die Gäste ohne<br />

Maske tanzen durften. Das Contact<br />

Tracing war ebenfalls ein Problem. Da<br />

es keine gesamtschweizerische App gegeben<br />

hat wie beim Zertifikat, haben wir<br />

verschiedene Systeme ausprobiert, bis<br />

wir zum Schluss unsere eigene Software<br />

hatten. Es ist zudem ärgerlich, wenn der<br />

Gast an der Tür warten muss. Erst Zertifikatskontrolle,<br />

ein paar Meter weiter<br />

Contact Tracing, Ausweis zeigen.<br />

WIE WAR DIE STIMMUNG UNTER<br />

DEN GÄSTEN?<br />

Grundsätzlich waren die Gäste immer<br />

froh, wenn sie kommen konnten. Manchmal<br />

haben sie sich geärgert, aber nie über<br />

den Club, sondern immer über die Massnahmen.<br />

Sie wussten, dass wir nichts<br />

dafürk önnen. Insgesamt gab es vielleicht<br />

etwas mehr aufgestaute Wut und deswegen<br />

schneller Missverständnisse. Andererseits<br />

gab es eine grosse Geilheit auf<br />

Party. Die Leute wollten richtig abfeiern<br />

und haben so auch beste Stimmung verbreitet.<br />

Der Pro-Kopf-Konsum ist insgesamt<br />

gestiegen. Wir hatten zwar weniger<br />

Gäste, aber die haben mehr konsumiert.<br />

HANDY RAUS, KAMERA DRAUF<br />

UND ONLINE LESEN.


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MANUELA MÜLLER<br />

CHRISTIAN NILL<br />

MICHAELA RUOSS<br />

BARBARA SCHINDLER<br />

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FOTOS<br />

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