FOCUS MONEY 15_22 Vorschau
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moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
7,3 Prozent Inflation<br />
und die Folgen<br />
Die Zahl kann man gar nicht oft genug auf sich wirken lassen: Um 7,3 Prozent<br />
hat sich voraussichtlich die Lebenshaltung in Deutschland im März gegenüber<br />
dem Vorjahresmonat verteuert, hat das Statistische Bundesamt errechnet.<br />
Wie so vieles derzeit ein geschichtsträchtiger Wert, der höchste seit mehr als<br />
40 Jahren.<br />
Geht es noch höher? Nun, der harmonisierte Verbraucherpreis-Index, die entscheidende<br />
Größe für die Europäische Zentralbank (EZB), zeigt für die Bundesrepublik<br />
sogar einen Anstieg um 7,6 Prozent (höchster Sprung seit März 1974). Und ein<br />
Euro-Land wie Spanien kommt mit einer um 9,8 Prozent verteuerten Lebenshaltung<br />
bereits nahe an die 10-Prozent-Marke heran. Es handelt sich auch nicht um<br />
einzelne Ausreißer. Die Prognosen für den deutschen Preisanstieg im Jahresdurchschnitt<br />
sind schon bei sechs Prozent angekommen.<br />
Der Ausblick bleibt düster: Die März-Zahlen basieren nur auf der ersten Monatshälfte,<br />
so die DWS. „Das bedeutet, dass die jüngsten Preissprünge nicht nur bei Öl<br />
und Gas, sondern auch bei anderen Rohstoffen, die Putins Krieg verursacht hat, noch<br />
nicht erfasst sind“, analysiert die Fondsgesellschaft. Immer mehr Unternehmen wollen<br />
die höheren Preise weiterreichen und ihre eigenen Produkte verteuern (Zweitrundeneffekte).<br />
Lohnabschlüsse wie beim Sicherheitspersonal (zwischen 4,4 und 7,8<br />
Prozent Gehaltsplus in diesem Jahr) zeigen die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale<br />
(siehe an dieser Stelle in <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 49/2021: „Und nun: die Angst vor der Lohn-<br />
Preis-Spirale“).<br />
Wichtigste Ursache für die exorbitanten Raten ist natürlich der russische Angriffskrieg<br />
auf die Ukraine, der die Energiemärkte durcheinanderwirbelt. Allerdings stiegen<br />
auch die Lebensmittelpreise mit einer Jahresrate von mehr als sechs Prozent.<br />
Und schon in den Vormonaten war die Geldentwertung beängstigend und die<br />
Europäische Zentralbank sah einfach zu („Was immer auch der Verbraucher zahlt“,<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 7/20<strong>22</strong>). Nun verbreitet die EZB das Narrativ, die dramatische Kaufkrafterosion<br />
liege praktisch allein am Krieg. Neil Wilson von Markets.com fragt sich,<br />
auf welchem Planeten EZB-Chefin Christine Lagarde eigentlich zu Hause ist. „Der<br />
Angebotsschock und die Nachfrage-Ungleichgewichte bestanden schon vor dem<br />
Krieg (. . .). Derweil gießen die EZB-Oberen noch Öl ins Feuer, weil sie weiter Anleihen<br />
kaufen – und die Zinsen immer noch negativ sind.“<br />
Keine guten Aussichten, zumal die Inflation auch Spätfolgen zeitigen wird, an die<br />
noch keiner denkt, wie die „Börsenzeitung“ richtig anmerkt. Kommt eine Lohn-<br />
Preis-Spirale erst einmal in Gang und treibt damit auch die Renten, muss<br />
auch der Bundeszuschuss zur Rente stärker steigen, der bereits heute bei<br />
über 100 Milliarden Euro im Jahr liegt und 2026 schon 130 Milliarden<br />
Euro erreichen soll – noch ohne Spirale gerechnet.<br />
Ihr<br />
FRANK MERTGEN<br />
stellv. Chefredakteur<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />
Aus aktuellem Anlass!<br />
Lesen Sie <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Inflation steigt auf lange nicht mehr erreichte Werte, in<br />
Amerika wie in Europa. Bange blicken die Börsianer auf die<br />
Notenbanken: Kommt die Zinswende vielleicht spät, aber umso<br />
abrupter? Wie geht es dann weiter mit den Aktienkursen?<br />
Mein Tipp: Sie erfahren alles Wichtige in <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong>. Den portofreien<br />
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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong><br />
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3
moneyinhalt<br />
6. APRIL 20<strong>22</strong> www.money.de<br />
moneykompakt<br />
6 Brennpunkt: Hoher Preis,<br />
Prestige, Exklusivität – die<br />
teuersten Aktien der Finanzwelt<br />
40 Hit & Shit: CTS Eventim und das<br />
Mautdebakel, N26 unter Druck<br />
98 Andis Börsenbarometer:<br />
Wahre Value-Investments<br />
moneytitel<br />
8 Zeitenwende: Krieg, Inflation,<br />
Klima. Chefvolkswirt Alexander<br />
Krüger über die neue Welt<br />
12 Welt-Depot: Fit in den Frühling,<br />
das beste Work-out für Ihr Depot<br />
mit Rohstoff-ETFs und solidem<br />
Inflationsschutz<br />
16 US-Börsen: Sport auf dem<br />
Parkett – die anhaltende Kraft<br />
der Wall Street in der Krise<br />
20 ETF-Timing: Per „Dual Momentum“<br />
zur Überrendite<br />
<strong>22</strong> Rohstoffe: Der eigentliche Boom<br />
hinter dem Boom<br />
26 Sparplan-Strategien: Simpel,<br />
aber erfolgreich – mit vier<br />
Methoden zur Rendite<br />
29 Kolumne: Sarna Röser erklärt, wie<br />
die Energiewende im Gebäudesektor<br />
funktionieren kann<br />
moneymarkets<br />
30 Interview: BASF-Chef Martin<br />
Brudermüller über seinen systemrelevanten<br />
Chemiekonzern, die<br />
Abhängigkeit von russischem Gas,<br />
Kosteninflation, den unverzichtbaren<br />
Markt China und den<br />
schnelleren Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien<br />
8<br />
Ultimative ETF-Strategien<br />
Die aktuelle Markteinordnung – und die<br />
ETF-Strategien, die Anlegern mehr Rendite<br />
und weniger Stress bieten. Zum Beispiel:<br />
Auf die Stärke der Vereinigten Staaten setzen<br />
30<br />
„Es gibt keinen Plan B. Wir sind auf<br />
russische Gaslieferungen angewiesen“<br />
MARTIN BRUDERMÜLLER, VORSTANDSCHEF DER BASF<br />
4<br />
Titel: Foto: BASF<br />
Illustration: VectorStock<br />
Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong>
35 Mobilität: Der Autovermieter Sixt,<br />
familiengeführt und hochprofitabel,<br />
brilliert wieder<br />
36 Stahlaktien: Spekulativ, aber<br />
langfristig höchst erfolgreich<br />
42 Immobilien: Betonaktien notieren<br />
derzeit klar unterbewertet. Dabei<br />
locken feine Dividenden<br />
46 Kinder-Unterhaltung: Tonies,<br />
Hersteller von Audioboxen für<br />
Hörspiele, wächst rasant<br />
47 Online-Handel: MercadoLibre –<br />
kein freier Markt, sondern das<br />
Amazon von Lateinamerika<br />
moneydigital<br />
48 Kryptowährungen: Das Erwachen<br />
aus der Winter-Unruhe<br />
49 Analyse: Rohstoff-Riese Rio Tinto.<br />
Chance und Risiko im Superzyklus<br />
52 Dividenden-Perlen: Bei welchen<br />
Werten die Gewinnbeteiligung am<br />
nachhaltigsten ausfällt<br />
55 Kolumne: Starinvestor Ken Fisher<br />
erklärt, wie Anleger in schwankenden<br />
Märkten innere Ruhe finden<br />
56 Chartsignal: Energiekonzern<br />
RWE in der Aufwärtsbewegung<br />
Börsenwissen: Inverse Zinskurve<br />
57 Musterdepots: Nachhaltigkeit<br />
und Stabilität in unruhiger Zeit<br />
42<br />
Rendite in Stein gemeißelt<br />
Kurse deutlich unter dem eigentlichen<br />
Wert, aber die Dividendenrendite stimmt:<br />
Diese deutschen Immobilienaktien<br />
lohnen sich wieder<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe – Impressum<br />
98 Termine<br />
46<br />
Guck mal, wer<br />
da hört<br />
Der Kinder-Unterhalter<br />
Tonies, Hersteller der<br />
digital vernetzten<br />
Toniebox, wächst<br />
rasant mit lustigen<br />
Plastikfiguren, Musik<br />
und Hörspielen.<br />
Kinderleicht, aber mit<br />
jeder Menge Gewinn-<br />
Spaß für erwachsene<br />
Anleger<br />
moneyanlegerschutz<br />
58 Insolvenzschaden: Wirecards<br />
Werk und EYs Beitrag – eine<br />
Stiftung zur Durchsetzung von<br />
Ansprüchen<br />
moneyservice<br />
60 Berufsunfähigkeit: Die besten<br />
Versicherungen bei krankheitsbedingtem<br />
Jobverlust<br />
70 Konsumenten-Studie: Mehr Wert<br />
für Kunden – welche Unternehmen<br />
das gewisse Extra bieten<br />
36<br />
Heißer Hartstoff<br />
aus dem Hochofen<br />
Stahlaktien sind ein sehr<br />
spekulatives Gut. Aber in der<br />
aktuellen Rohstoff-Hausse<br />
versprechen sie ordentlich Rendite<br />
Inhalt: Fotos: Depositphotos (2), BASF, iStock, Tonies, Dreamstime Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />
5
moneytitel<br />
INTERVIEW<br />
DER<br />
DAS SCHLIMMSTE STEHT UNS<br />
WOMÖGLICH NOCH BEVOR,<br />
warnt Alexander Krüger aufgrund<br />
der gesenkten Prognosen für die<br />
Weltwirtschaft<br />
8 Foto: C. Wolf<br />
Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong>
Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank,<br />
über die Folgen des Krieges in der Ukraine für die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte,<br />
die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und die Energiewende<br />
FLIRT MIT EINER<br />
REZESSION<br />
IST IN VOLLEM GANGE<br />
Der Ukraine-Krieg geht in die sechste Woche. Viele sehen darin auch eine<br />
Zeitenwende. Teilt sich die Welt gerade in zwei Hemisphären?<br />
Alexander Krüger: Ich gehe davon aus, dass der Ukraine-Krieg die<br />
Autarkiebestrebungen vieler Länder deutlich steigern wird. Da der<br />
Westen für China bedeutsamer ist als für Russland, werden Handelsbeziehungen<br />
sicherlich kaum aufgegeben. Mit seiner neuen Seidenstraße<br />
gen Westen, die ein riesiges Handelsgeflecht ist, hat sich China<br />
in gewisser Weise diesbezüglich seit Jahren bereits klar positioniert.<br />
Derzeit sind viele Lieferketten unterbrochen . . .<br />
Krüger: Das ist richtig. Vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs sind wir<br />
davon ausgegangen, dass sich die Lage Mitte 20<strong>22</strong> bessern sollte.<br />
Da Teile der neuen chinesischen Seidenstraße über russisches und<br />
ukrainisches Staatsgebiet nach Europa führen und in China eine<br />
Vita<br />
Alexander Krüger<br />
Geboren 1969 in Herne, arbeitet der an der<br />
Univer sität Essen studierte und an der Universität<br />
Bielefeld promovierte Volkswirt ab dem<br />
Jahr 2000 als Ökonom bei der WestLB<br />
2008 wechselt er als Leiter der Kapitalmarktanalyse<br />
zum Bankhaus Lampe, 2011 steigt er<br />
zum Chefvolkswirt auf<br />
Seit 20<strong>22</strong> ist Krüger Chefvolkswirt der Hauck<br />
<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong><br />
neue Corona-Welle unterwegs ist, ist diese Annahme nun nicht<br />
mehr haltbar. Inzwischen rechnen wir damit, dass das Problem<br />
mit den Lieferketten bis weit ins nächste Jahr anhalten wird.<br />
Was bedeutet das für die Weltwirtschaft?<br />
Krüger: Das Schlimmste steht uns womöglich noch bevor. Entscheidend<br />
ist, wie lange sich der Krieg in der Ukraine hinzieht. Derzeit<br />
rechnen wir mit einem Weltwirtschaftswachstum von 3,4 Prozent<br />
– zu Jahresbeginn waren es noch 4,1 Prozent. Als Faustformel<br />
gilt: Alles ab drei Prozent wird als halbwegs passabel angesehen.<br />
Für Deutschland haben wir unsere Prognose auf 1,6 Prozent gesenkt.<br />
Wegen der hohen Ausgangsbasis von 1,1 Prozentpunkten<br />
ist der Konjunkturimpuls aber nur sehr gering. Der Flirt mit einer<br />
Rezession ist in vollem Gange.<br />
Deutet das der Ifo-Geschäftsklima-Index an?<br />
Krüger: Das ist in der Tat ein Warnsignal. Dennoch würde ich den<br />
Indexrückgang nicht überbewerten. Bei allen derzeit bestehenden<br />
Unsicherheiten ist es nachvollziehbar, dass Unternehmen pessimistisch<br />
auf die nächsten sechs Monate blicken. Gedanken mache<br />
ich mir dann, wenn der Index auch in drei Monaten noch auf diesem<br />
niedrigen Stand ist. Die Konjunkturerholung wurde jetzt aber<br />
mehrere Male aufgeschoben, erst mehrmals durch die Pandemie,<br />
dann durch den Ukraine-Krieg. Der Überlebenskampf vieler<br />
Unternehmen wird deshalb weitergehen.<br />
Gibt es Unternehmen, die davon eher betroffen sind als andere?<br />
Krüger: Der Ifo-Geschäftsklima-Index zeigt, dass alle Unternehmen<br />
– wenn auch nicht gleichermaßen – unter steigenden Preisen,<br />
insbesondere für Energie, leiden. Das zieht sich von der Industrie<br />
und vom Bau, denen Vorprodukte fehlen, bis hin zu Handel und<br />
Dienstleistern.<br />
9
moneyservice<br />
BU-SCHUTZ<br />
Absturz<br />
abgemildert<br />
Eine Berufsunfähigkeitspolice federt die<br />
<br />
und sichert so die Zukunft.<br />
Welche Tarife für welche Berufsgruppen top sind<br />
von THOMAS SCHICKLING<br />
Russische Bombardements auf Kiew, Charkiw und Mariupol. Millionen<br />
ukrainischer Flüchtlinge, die auch in Deutschland<br />
Schutz vor dem Krieg in ihrer Heimat suchen. Geschockt von<br />
der Härte russischer Invasionspolitik, hatten wir hierzulande eine<br />
Geisel der Menschheit schon fast aus dem Blick verloren – Corona!<br />
Ungeachtet des Ukraine-Kriegs, hat das Virus hierzulande an Stärke<br />
gewonnen: Binnen 24 Stunden meldete das Robert Koch-Institut insgesamt<br />
318 387 Neuinfektionen. Damit schnellte am 24. März 20<strong>22</strong><br />
die bundesweite 7-Tage-Inzidenz auf 1752.<br />
Trotz hoher Omikron-Infektionsraten hat die regierende Ampel-<br />
Koalition im Zuge des neuen Infektionsschutzgesetzes tiefgreifende<br />
Corona-Schutzmaßnahmen bereits zum 20. März 20<strong>22</strong> auslaufen<br />
lassen und auf einen „Basisschutz“ reduziert. Neben einer Hotspot-<br />
Regelung für die Länder herrscht nun offiziell etwa Maskenpflicht nur<br />
noch in Kliniken und Pflegeheimen, im ÖPNV, in Fernzügen sowie<br />
Flugzeugen. Gottlob! Der Gesetzentwurf sah zumindest eine zweiwöchige<br />
Übergangszeit vor. Demnach konnten bisherige Regelungen der<br />
Länder, etwa weitergehende Maskenpflichten oder Zugangsregeln<br />
wie 2G und 3G, bis zum 2. April 20<strong>22</strong> bestehen bleiben. Von dieser<br />
Regelung machte denn auch das Gros der Bundesländer Gebrauch.<br />
Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,<br />
hält diesen Weg für gangbar. „Wir müssen endlich als Gesellschaft lernen,<br />
mit Corona zu leben, ohne dass alle paar Monate die Politik das<br />
öffentliche Leben immer wieder stark herunterfährt“, fordert Gassen.<br />
Das Virus werde aus unserem Leben nicht verschwinden.<br />
Klar, selbst bei wichtigen<br />
Versicherungen<br />
verschwindet Corona nicht<br />
aus unserem Leben.<br />
Beispiel: die Berufsunfähigkeits(BU)-Police.<br />
Wer jetzt einen Vertrag abschließen<br />
will, wird im ob-<br />
ligatorischen Vorerkrankungs-Bogen<br />
explizit da- nach gefragt, ob er/sie bislang wegen<br />
Covid medi-<br />
zinisch behandelt werden musste. Dass<br />
BU-Ver-<br />
sicherer insbesondere im Zusammen-<br />
GLÜCK IM UNGLÜCK:<br />
BU-Policen berücksichtigen<br />
sämtliche Folgen einschneidender<br />
Erkrankungen, aber<br />
zum Beispiel auch schwere<br />
Stürze von der Leiter, die<br />
das Ausüben des aktuellen<br />
Berufs unmöglich machen<br />
60 Foto: Depositphotos<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong>
hang mit dem „Post-Covid-19-Syndrom“ – hier kämpfen Betroffene<br />
noch viele Monate nach einer Infektion mit Erschöpfungszuständen<br />
(Fatigue), Atemnot, Konzentrationsstörungen (Gehirnnebel) oder<br />
Schwindel – vorsichtig agieren, ist klar. So meldet etwa die Alte Leipziger<br />
bereits erste Fälle von Berufsunfähigkeit wegen Corona: In acht<br />
Fällen ist dem Unternehmen zufolge Corona Teilursache für die Berufsunfähigkeit,<br />
in zwölf Fällen ist sie alleinig auf das Virus zurückzuführen.<br />
Acht Versicherte waren mit schwerem Covid-19-Verlauf<br />
auf der Intensivstation, die anderen Patienten hatten einen mittelschweren<br />
Verlauf ohne intensivmedizinische Behandlung.<br />
„Welche Effekte die Corona-Pandemie auf die<br />
Berufsunfähigkeit hat, wird sich jedoch erst langfristig zeigen“, sagt<br />
Jürgen Bierbaum, Vorstand der Alten Leipziger. Man rechne durchaus<br />
mit Auswirkungen, sei es durch Long Covid, aufgeschobene<br />
Krebsbehandlungen oder Veränderungen der Arbeitswelt. Häufigster<br />
Grund einer Berufsunfähigkeit blieben allerdings psychische Erkrankungen<br />
mit einem Anteil von rund 30 Prozent. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt auch die Debeka Lebensversicherung. Mit einem Anteil<br />
von 74 Prozent stehen depressive und manische Störungen an der<br />
Spitze, gefolgt von neurotischen und somatoformen Störungen. Als<br />
zweithäufigste Ursache, den Job an den Nagel hängen zu müssen,<br />
führt der Versicherer Geschwülste, etwa Krebs, an. Mit 14,1 Prozent<br />
bilde der Bewegungsapparat (Rücken, Gelenke) den dritthäufigsten<br />
Anlass, dem Beruf nicht mehr nachkommen zu können.<br />
Fachleuten zufolge muss bereits jeder Vierte im Job seine Arbeit aus<br />
gesundheitlichen Gründen vorzeitig aufgeben. Gerade für Jüngere,<br />
deren Ruhestand noch in weiter Ferne liegt, ist die Wahrscheinlichkeit<br />
einer Berufsunfähigkeit besonders hoch. „Zur finanziellen Absicherung<br />
der Existenz bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit ist eine BU-<br />
Versicherung ein Must-have, egal, ob Student, Azubi, abhängig<br />
METHODE<br />
BU – was wirklich zählt<br />
Für <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> haben die Experten<br />
des DFSI aktuelle, am Markt befindliche<br />
Berufsunfähigkeits(BU)-Policen für fünf<br />
Berufsgruppen mit insgesamt zehn Berufsbildern<br />
(s. Tabellen S. 62 ff.) einer eingehenden<br />
Analyse unterzogen. Dazu ermittelten<br />
die Experten per Fragebogen für<br />
den BU-Schutz relevante Tarifdetails bei<br />
den Assekuranzen. Den Bogen komplett<br />
ausgefüllt und zurückgesandt haben 36<br />
Versicherer für summa summarum 41 Tarife.<br />
Anmerkung: Die Gesellschaften WGV<br />
und Concordia Oeco konnten aufgrund<br />
fehlender Finanzstärke in der Untersuchung<br />
nicht berücksichtigt werden!<br />
Bei der Bewertung von rund 60 Leistungsmerkmalen<br />
– darunter fallen die für<br />
alle Berufsgruppen gültigen AVBs (z. B.<br />
der Verzicht auf abstrakte Verweisung<br />
oder die Option einer ereignisunabhängigen<br />
Nachversicherung) und Spezialklauseln<br />
für die jeweilige Berufsgruppe (etwa<br />
bei Selbstständigen ein Extrahinweis auf<br />
die Möglichkeit der erforderlichen Umorganisation)<br />
– prüfte das DFSI nicht nur den<br />
Inhalt der Klauseln, sondern achtete auch<br />
darauf, dass diese fair und kundenfreundlich<br />
gestaltet sind.<br />
Für jede positive Regelung verteilten<br />
die Experten – abhängig von der Vorteilhaftigkeit<br />
für Kunden – einen viertel, einen<br />
halben, einen ganzen oder zwei Punkte.<br />
Mussten die Assekuranzen bei den Fragen<br />
passen, gab es keine Punkte. Bei der<br />
Bewertung der Leistungsmerkmale kam<br />
<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong><br />
es schließlich auf die für das Bedingungswerk<br />
vergebene Punktzahl im Verhältnis<br />
zur bestmöglichen Punktzahl des jeweiligen<br />
Berufs an. Auch für die Bewertung der<br />
Prämien wurden sowohl beim Brutto- als<br />
auch beim Nettobeitrag die konkreten<br />
Summen stets separat betrachtet, ins Verhältnis<br />
zur jeweils günstigsten Prämie gesetzt<br />
und der prozentuale Wert mit der<br />
entsprechenden Note versehen. Dabei<br />
wurde der Bruttobeitrag mit 40 Prozent,<br />
der Nettobeitrag hingegen mit 60 Prozent<br />
in der Beitragsnote gewichtet.<br />
Die jeweilige Bonität des Anbieters bildet<br />
die dritte Komponente. In der anhaltenden<br />
Nullzinsphase hat sich gezeigt,<br />
dass einige Anbieter wegen geringer Kapitalerträge<br />
tatsächlich zu zahlende Nettobeträge<br />
anheben mussten. Erst beim<br />
kalkulatorischen Bruttobeitrag wäre aber<br />
Schluss mit möglichen Erhöhungen, falls<br />
der Anbieter gar keine Überschüsse mehr<br />
erwirtschaften würde. Die Bonität des Versicherers<br />
bemisst sich anhand der Urteile<br />
renommierter Rating-Agenturen.<br />
Im Rahmen der BU-Kompetenz (s. Tabelle<br />
rechts) konnten die untersuchten<br />
Gesellschaften bis zu fünf Extrapunkte<br />
bekommen, wenn sie besonders transparent<br />
und kompetent auftraten. Die BU-<br />
Kompetenz setzt sich aus neun Kennziffern<br />
zusammen, die gleichgewichtet zu<br />
einem Ergebnis aggregiert werden. So<br />
wird u. a. überprüft, wie hoch die Stückzahl<br />
der Policen bzw. das Wachstum im<br />
Bestand ist, wie Annahme-, Leistungsund<br />
Ablehnungsquoten ausgefallen sind<br />
oder ob die Bestandsprämien in den vergangenen<br />
zehn Jahren angepasst werden<br />
mussten.<br />
Die Gesamtbewertung des Testergebnisses<br />
schließlich setzt sich zu 40 Prozent aus<br />
den Tarifbedingungen, zu 35 Prozent aus<br />
der Beitragsgestaltung, zu 25 Prozent aus der<br />
Bonität des Anbieters sowie aus den Bonuspunkten<br />
der BU-Kompetenz zusammen.<br />
Die Bestnote „Hervorragend“ erhielt,<br />
wer sich mit seiner Punktzahl im Bereich<br />
der obersten zehn Prozent zwischen null<br />
und dem höchsten von einem Anbieter erzielten<br />
Wert bewegte. Die Note „Sehr Gut“<br />
ging an die darunterliegenden zehn Prozent<br />
auf der Punkteskala. Übrige Bewertungen<br />
(„Gut“, „Befriedigend“, „Ausreichend“,<br />
„Mangelhaft“) erfolgten jeweils in<br />
20-Prozent-Schritten.<br />
BU-Kompetenz:<br />
zwölfmal top<br />
Unternehmen<br />
BU Kompetenz<br />
Bewertung<br />
Serviceversicherer<br />
Allianz<br />
hervorragend<br />
Alte Leipziger hervorragend<br />
AXA<br />
hervorragend<br />
Barmenia hervorragend<br />
Condor<br />
hervorragend<br />
DBV<br />
hervorragend<br />
Debeka hervorragend<br />
HDI<br />
hervorragend<br />
R+V<br />
hervorragend<br />
SIGNAL IDUNA hervorragend<br />
SwissLife hervorragend<br />
Continentale sehr gut<br />
Dialog<br />
sehr gut<br />
ERGO Vorsorge sehr gut<br />
InterRisk<br />
sehr gut<br />
Zurich<br />
sehr gut<br />
Direktversicherer<br />
EUROPA hervorragend<br />
Hannoversche sehr gut<br />
Quelle: DFSI; innerhalb gleicher Note bei Unternehmen<br />
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BU-<br />
KOMPETENZ<br />
BU-Versicherer<br />
61
moneyservice<br />
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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>15</strong>/20<strong>22</strong>