Falstaff LIVING Residences 1/2022
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cosmopolitan / L.A. INVEST<br />
SPANNUNG IM<br />
PARADIES<br />
Der Immobilienmarkt in Kalifornien ist voller Widersprüche.<br />
Mid-Century-Villen für die Bohème der Filmindustrie einer -<br />
seits, steigende Grundstückpreise und monströse Mega-<br />
Mansions andererseits. Wird Los Angeles in Zukunft sein<br />
Gesicht verlieren oder seinen Kreativgeist behalten?<br />
TEXT MAIK NOVOTNY<br />
Es ist der Weißeste und Größte unter<br />
den weißen Elefanten. Schon sein<br />
Name trompetet die Gigantomanie<br />
heraus: The One heißt das Megahaus<br />
in Bel Air, eines der größten der USA. Fast<br />
10.000 Quadratmeter Wohnfläche, ein Kino,<br />
ein Spa, ein Nightclub, eine Laufstrecke, 21<br />
Schlafzimmer und eine Garage für 30 Autos.<br />
Gewohnt hat bisher noch niemand darin,<br />
und doch gibt The One jetzt schon genug<br />
Stoff ab für einen Hollywood-Blockbuster.<br />
Errichtet wurde das weiße Monstrum vom<br />
Developer Nile Niami – einem ehemaligen<br />
Filmproduzent – und seinem Unternehmen<br />
Crestlloyd, doch haben wollte es niemand.<br />
Bald wurden seine Finanziers nervös, im<br />
Oktober war er bankrott, und im Februar<br />
dieses Jahres wurde das Haus schließlich zur<br />
Auktion freigegeben. Der exzentrische Developer<br />
versuchte, das noch zu verhindern,<br />
indem er es zuerst in eine Veranstaltungshalle<br />
für Boxkämpfe verwandeln wollte und<br />
dann vorschlug, den Wert des Hauses an eine<br />
eigene Kryptowährung (»The One Coin«) zu<br />
koppeln. Es half nichts, im März wurde es für<br />
126 Millionen Dollar von Fashion-CEO<br />
Richard Saghian ersteigert, weniger als die<br />
Hälfte des anvisierten Werts und deutlich<br />
weniger als die 500 Millionen, für die es<br />
schon während der Bauzeit vergeblich auf<br />
dem Markt lanciert wurde.<br />
KREATIVES AUSBLUTEN<br />
The One mag einzigartig sein, aber in seiner<br />
Megalomanie ist es symptomatisch für die<br />
Schieflage des kalifornischen Immobilienmarkts.<br />
Schon seit Jahren laboriert man an<br />
einer Wohnungskrise, die man nicht in den<br />
Griff bekommt. Viele der alteingesessenen<br />
Bewohner aus der Kreativszene können sich<br />
die teure Stadt nicht mehr leisten, und auch<br />
die Filmindustrie selbst ist teilweise nach<br />
Kanada abgewandert. »Der kalifornische<br />
Traum verblasst«, klagte die »Los Angeles<br />
Times« Anfang 2021.<br />
Ein Symbol für dieses Ausbluten von Los<br />
Angeles sind die berüchtigten McMansions –<br />
überdimensionierte Villen, meistens in endlosen<br />
Varianten von Beigetönen. Sie haben<br />
seit den 1990er-Jahren die wohlproportionierten,<br />
schönen Häuser der L.A.-Moderne<br />
Fotos: Larry Gibson/Shutterstock, Allen J. Schaben/Los Angeles Times via Getty Images<br />
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