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ERF Antenne 0506|2022 Gewollt, geschaffen, geliebt

Das Magazin von ERF – Der Sinnsender

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»Auf der Suche,<br />

was mich ausmacht.«<br />

Jenseits von Eden<br />

Doch wo fange ich an? Am besten bei einer festen<br />

Überzeugung, die ich aus meinem christlichen Glauben<br />

gewinne: Ich glaube, dass ich als Mensch von Gott<br />

<strong>geschaffen</strong> und gewollt bin. Das allein gibt mir meinen<br />

unverrückbaren Wert. Ich bin sein Ebenbild und<br />

die Begegnung mit ihm prägt mich auf gute Weise.<br />

Theoretisch. Denn seit dem sogenannten Sündenfall,<br />

der die Beziehung zu Gott zerstört hat, bin ich, wie<br />

jeder Mensch, anderen „Gegenübern“ ausgesetzt.<br />

Bei mir waren das vor allem meine Eltern. In<br />

meiner Herkunftsfamilie habe ich meine Denk- und<br />

Verhaltensmuster trainiert. Hier habe ich mein Selbstbild<br />

entwickelt sowie meine Art zu denken, zu fühlen,<br />

zu lieben und zu glauben.<br />

Gott verwackelt<br />

Damit hat sich der Orientierungspunkt meiner Identität<br />

empfindlich negativ verschoben. Nicht, weil meine<br />

Eltern unfähige Menschen gewesen wären. Im Gegenteil:<br />

Ich bin dankbar für all das Gute, durch das sie<br />

mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten geprägt haben.<br />

Ihnen war es aber nicht möglich, ein so gutes Gegenüber<br />

für mich zu sein, wie Gott es ist. Ebenso wenig,<br />

wie es ihren Eltern möglich war. Diese Verschiebung<br />

lässt sich zurückverfolgen bis Adam und Eva.<br />

So habe ich gelernt, dass ich dann meinen Platz<br />

habe, wenn ich funktioniere. Wenn ich die Erwartungen<br />

anderer erfülle. Also habe ich mich angestrengt.<br />

Gefühlt war es aber nie genug. Diese und andere meiner<br />

Grundüberzeugungen haben mein Selbstbild negativ<br />

beeinflusst und mich zu weiteren Anstrengungen<br />

angetrieben. Bis meine Kompensationsmechanismen<br />

nicht mehr gegriffen haben.<br />

Bei mir war das eine schwere Krise als Jugendliche<br />

mit der bohrenden Frage, wer oder was mir<br />

meinen Wert gibt. Meine Leistung stand bei den Antworten<br />

weit oben. Sie ist grundsätzlich eine hilfreiche<br />

Ressource, aber eine fragile, die jederzeit wegbrechen<br />

kann. Das habe ich während einer späteren Krankheitszeit<br />

buchstäblich schmerzlich erlebt: Ich war<br />

nicht mehr so leistungsfähig wie früher. In dieser Zeit<br />

hat mich Gott neu auf die Spur gebracht, was meinen<br />

Wert ausmacht. Im Bild der Zwiebel gesprochen, hat<br />

er begonnen, erste Schichten abzutragen, die sich auf<br />

meine Identität gelegt hatten. Das tat weh und hat<br />

mich manche Träne gekostet.<br />

Aufgeblüht<br />

Eine Schicht war mein Gottesbild. Durch meine Brille<br />

betrachtet, war Gott ein strenger Herrscher. Einer, dem<br />

alles, was ich gerne habe, missfällt. Meine Liebe zu<br />

kräftigen Farben beispielsweise. Mein Gott liebte wohl<br />

Einheitsbrei und Grautöne.<br />

Bis er mich eines Tages mit seiner Wahrheit konfrontierte.<br />

Es war während einer Wanderung im Mai.<br />

Mit einem Mal wurden mir die unzähligen Grüntöne<br />

der Natur bewusst! Dazu Büsche und Blumen in unterschiedlichen<br />

Formen und Farben. Da habe ich etwas<br />

Wesentliches begriffen: Gott liebt Farben und liebt die<br />

Vielfalt. Das bedeutete für mich die Freiheit, mein Leben<br />

farbenfroh zu gestalten. Kein Reinzwängen mehr<br />

in eine fromme Schablone, um einen strengen Gott<br />

günstig zu stimmen. Seither sind mein Herz und mein<br />

Denken durchlässiger geworden für seine Wahrheiten.<br />

Über ihn und über mich. Das löste weitere Schichten<br />

rund um meine Identität.<br />

Schicht(-en)wechsel<br />

Bis heute nehme ich Züge in meinem Charakter wahr,<br />

die nicht meiner Grundüberzeugung entsprechen, dass<br />

ich im tiefsten Kern genüge. Oder ich begegne den<br />

Ansprüchen anderer und wie sie mich gerne hätten.<br />

Dann setze ich mich bewusst Gottes Gegenwart aus<br />

und lasse seine Sicht auf mich meine Identität bestimmen.<br />

Ich lasse ihn an die nächste Schicht ran.<br />

Auf diesem Weg habe ich gelernt: Je mehr ich verstehe,<br />

wer Gott ist, desto mehr begreife ich auch, wer<br />

ich bin – und wer ich nicht bin. Auch nicht sein muss.<br />

Meine Identität und meine Beziehung zu Gott sind untrennbar<br />

miteinander verbunden. Ich kann nur in dem<br />

Maße ich sein, wie ich mich von ihm als Gegenüber<br />

prägen lasse. Diesen Weg will ich weitergehen.<br />

FRANZISKA DECKER, Koordinatorin der <strong>ERF</strong><br />

Workshops und in therapeutischer Seelsorge<br />

und Beratung tätig. Sie liebt es, Menschen in<br />

aktuellen Lebensfragen zu unterstützen und in<br />

ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern:<br />

beratung-weitblick.de<br />

Thema<br />

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