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syndicom magazin Nr. 29

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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30<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Giorgio Pardini:<br />

Ein Leben für den Sozialstaat<br />

Giorgio Pardini, geboren 1958 in Bern,<br />

machte die Lehre bei der Wifag. Seine<br />

erste Station als Gewerkschafter war<br />

mit 21 beim SMUV als Jugendsekretär.<br />

1986 ging Giorgio als Regionalsekretär<br />

zur Gewerkschaft Bau & Industrie.<br />

14 Jahre lang übte er diese Tätigkeit<br />

aus und stieg in die erweiterte Geschäftsleitung<br />

auf. Im 2000 zog es<br />

Giorgio ins Zentralsekretariat der Gewerkschaft<br />

Kommunikation, er wurde<br />

dort Leiter Kommunikation und zum<br />

Vize präsidenten gewählt. Für Weiterbildungen<br />

und Projektarbeit war Giorgio<br />

immer wieder auch in Brüssel, und<br />

2004 studierte er in Freiburg Nonprofit-<br />

Management. Seit der Gründung von<br />

<strong>syndicom</strong> 2011 leitete er unseren<br />

Sektor Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

und sass in der<br />

Geschäftsleitung. Am Kongress im<br />

November 2021 trat Giorgio Pardini aus<br />

Altersgründen von seinem Mandat zurück.<br />

Für seinen Wohnort Luzern (Stadt<br />

und Kanton) hatte Giorgio lange Jahre<br />

diverse politische Mandate inne.<br />

Giorgio ist verheiratet und hat zwei<br />

erwachsene Kinder.<br />

«Mitbestimmung bei<br />

den Pensionskassen<br />

ins Zentrum stellen!»<br />

«Geprägt von den Erlebnissen meiner<br />

Eltern mit dem Nazi-Faschismus<br />

und verbunden mit der der Notwendigkeit,<br />

aus den Trümmern des Krieges<br />

in die Schweiz auszuwandern,<br />

bin ich mit meinem Bruder in einem<br />

politisch geprägten Familienumfeld<br />

aufgewachsen. Werte wie soziale<br />

Gerechtigkeit sowie die politischen<br />

Diskussionen am Familientisch<br />

haben meine Persönlichkeit stark<br />

geprägt.<br />

Für mich war es selbstverständlich,<br />

während meiner Lehre als<br />

Maschinenmechaniker der Gewerkschaft<br />

SMUV beizutreten. Es war<br />

kein Zufall, dass eine Auszeit an der<br />

Ingenieurschule Biel zu einer Anstellung<br />

beim SMUV führte. In der<br />

Zwischenzeit sind 40 Jahre verstrichen<br />

und ich bin seit dem 1. Juni<br />

2022 in Rente.<br />

Ich erlaube mir deshalb einen<br />

kurzen Rückblick zu einem entscheidenden<br />

Ereignis, das uns bis heute<br />

begleitet: Die Weltwirtschaftskrise<br />

der 70er-Jahre verursachte einen<br />

Bruch mit den goldenen 50er- und<br />

60er-Jahren. Die Schweiz wurde<br />

durch ihre veralteten Produktionssysteme<br />

hart getroffen; es kam zu<br />

Massenentlassungen. In der Folge<br />

wurden 200 000 arbeitstätige Migrantinnen<br />

und Migranten ausgewiesen.<br />

Mit dieser Massnahme konnte die<br />

Arbeitslosigkeit im Vergleich zum<br />

Ausland niedrig gehalten werden.<br />

Der soziale Konflikt blieb weitgehend<br />

aus.<br />

Den Angriff auf den Sozialstaat<br />

und die Sozialpartnerschaft startete<br />

anfangs der 1990er-Jahre das sogenannte<br />

Weissbuch «Mut zum Aufbruch»<br />

vom verstorbenen Ex-ABB-<br />

Konzernchef und Diplomaten David<br />

de Pury. Die zentrale Forderung darin:<br />

Deregulierung und Ökonomisierung<br />

des Sozial staates, Aufheben der<br />

beruflichen Vorsorge (BVG) und eine<br />

AHV, die nur das Existenzminimum<br />

sichern würde. Gefordert wurde auch<br />

die Privatisierung der Arbeitslosenversicherung.<br />

Ein breiter Teil der Öffentlichkeit<br />

empfand dies als offene Provokation.<br />

Als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung<br />

der damaligen GBI<br />

schlug ich vor, die BVG-Politik ins<br />

Zentrum unserer Handlungen zu<br />

setzen. Insbesondere sollten die externen<br />

«gewerkschaftlichen» Vertretungen<br />

in den Stiftungsräten der<br />

Pensionskassen gefördert werden.<br />

Die paritätische Zusammensetzung<br />

der PK-Stiftungsräte ist eines der<br />

stärksten Mitbestimmungsinstrumente<br />

in der Schweizer Gesetzgebung.<br />

Leider wurde mein Vorschlag<br />

anderweitigen «politischen» Prioritäten<br />

vorgezogen. Ein politischer<br />

Fehler, der trotz erfolgreichen sozialpolitischen<br />

Referenden nicht wettzumachen<br />

ist.<br />

Ich bin heute noch vollkommen<br />

überzeugt: hätten wir die gewerkschaftliche<br />

Präsenz in den Stiftungsräten<br />

überall durchgesetzt, wie bei<br />

der SBB, Post und Swisscom, wäre<br />

die politische Diskussion rund um<br />

den Sozialabbau bei den Pensionskassen<br />

und bei der AHV zum Vorteil<br />

der Angestellten erfolgt. Mein zukünftiges<br />

Engagement als Pensionär<br />

wird deshalb weiterhin den Sozialwerken<br />

gewidmet sein.»<br />

Bild: Jutta Vogel

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