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Kipppunkte<br />
Langsam sollten wir als Menschen das verinnerlicht haben: Dinge, die ins Rutschen geraten, sind dann irgendwann erstaunlich oft wirklich weg, über die<br />
Kante geglitten, abgestürzt und aus dem Blick geraten. Von einem Moment auf den anderen passiert das, und dieser Zwischenraum, dieser auf seltsame<br />
Weise eingefrorene Augenblick, an dem das Entscheidende passiert, ist ein Kipppunkt: Er markiert die Grenze, ab der es kein Zurück mehr gibt. Points<br />
of no return, wie sie den Ereignishorizont um ein Schwarzes Loch bilden, eine astronomische Singularität, die alles Licht und alle Materie aufsaugt, die<br />
ihr zu nahekommen.<br />
Wenn etwas aus der Hand rutscht, und man hält es zuerst noch mit drei Fingern, dann mit zwei, schafft einen Zangengriff mithilfe des Daumens, glaubt<br />
für ein paar Sekunden, die Bewegung zumindest stabilisieren zu können, den Status quo zu halten, aber leider, leider ist der Schwerpunkt schon zu tief<br />
unten, muss man schließlich einsehen, dass die Sache entgleitet, und kann nur noch hoffen, dass sie bis zum Aufprall nicht mehr ausreichend beschleunigt<br />
wird, als dass das Gefüge völlig zerstört würde. Natürlich gibt es immer Stimmen, die meinen, man könne den Vorgang, da er nun einmal nicht mehr<br />
zu bremsen sei, wenigstens zum eigenen Vorteil nutzen, nutzbringend vermarkten, zumindest entsteht ja so etwas wie Reibungswärme, und Wärme<br />
ist Energie, Energie ist Geld. Man will schließlich weiterleben, und da hält man sich am besten an dem bisschen Gewohnten fest, das noch zu finden ist:<br />
der Suche nach dem eigenen Vorteil, und sei er noch so kurzfristig.<br />
Menschen scheinen auch durchaus imstande zu sein, solche Bewegungsabläufe zu erkennen, zu beschreiben, als systematisch zu begreifen und ihren<br />
zukünftigen Verlauf vorherzusagen - ein Problem haben wir allerdings damit, diesen Entwicklungen entgegenzusteuern. Nun ist naturgemäß nicht jede<br />
Entwicklung eine zum Schlechteren hin. Angesichts des Ausbeutungsgrades unserer Biosphäre durch die Hochleistungsökonomie und den immer<br />
gravierender werdenden Umweltfolgen muss jedoch konstatiert werden, dass es viele Entwicklungen gibt, die nicht nur dem Überleben bestimmter<br />
Ökosysteme etwa entgegenstehen, sondern dem eines stabilen Erdklimas insgesamt und damit eines Großteils des Lebens auf der Erde, nicht zuletzt<br />
des menschlichen. Denkbar ist allerdings auch, dass sich die Menschheit zwar selbst um die eigene Lebensgrundlage bringt, dass aber Leben in anderer<br />
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