Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Form eine Klimakatastrophe durchaus überstehen und ohne menschliche Dauereingriffe vielleicht sogar prosperieren würde … Oder, wie eine<br />
Klimawissenschaftlerin in einem Vorgespräch zu mir sagte: Um die Erde mache ich mir keine Sorgen, die überlebt das.<br />
Forschungsinstitutionen wie die Universität für Bodenkultur Wien, deren <strong>150</strong>-jähriges Bestehen wir heute feiern, sind ganz wesentlich für die Analyse<br />
der Ursachen des krisenhaften Klimageschehens und die Erforschung von Mechanismen zur Gegensteuerung. Der wissenschaftliche Bogen der <strong>BOKU</strong><br />
spannt sich von Prozesstechnik über (Nano-)Biotechnologie, Wasser-Atmosphäre-Umwelt-Forschung, Lebensmittelwissenschaften und soziologische<br />
Ökologie, Raum, Landschaft und Infrastruktur, nachhaltige Agrarsysteme, Wald- und Bodenwissenschaften bis hin zur angewandten Genetik und<br />
Zellbiologie, sie erforscht Fragen der Biodiversität ebenso wie die des Globalen Wandels, der Bioökonomie und der Nachhaltigkeit, und die Liste ist<br />
noch lange nicht zu Ende, wenn man sie sich vollständig durchliest, rauscht es durchaus in den Ohren. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all den<br />
Forscher*innen der <strong>BOKU</strong>, die mir im Vorfeld dieser Veranstaltung so bereitwillig, geduldig und erhellend Auskunft über ihre Arbeit gegeben haben,<br />
ganz herzlich bedanken.<br />
Die Jugendsicherheit, die mich als Kind des Kalten Krieges in meinem Erwachsenwerden begleitete, dass nämlich alles immer besser werden würde,<br />
dass man hoffen könne auf die Entwicklung hin zu einer demokratischeren, friedlicheren Welt, die Umwandlung der Gesellschaften hin zu<br />
partizipativeren, integrativeren und gleichberechtigteren, ja, sogar die Einsicht in die Umweltzerstörung und die Umorientierung in Richtung<br />
nachhaltigeren Wirtschaftens, hat sich offensichtlich aufgehört, legte ab den mittleren Neunzigerjahren in diesem Jahrtausend abrupt eine Bauchlandung<br />
nach der anderen hin. Man konnte in Europa auch auf eine Demokratisierung Russlands hoffen - und mich rührte es damals sehr, als sich die finnische<br />
Band „Leningrad Cowboys“ ihren Herzenswunsch erfüllte und in ihrer „Total Balalaika Show“ mit dem Red Army Choir gemeinsam schreckliche<br />
amerikanische und russische Schnulzen sang, bezeichnenderweise den Song „Those were the days“, der fortgeführt wird mit der hoffnungsvollen Zeile<br />
„we thought they’d never end“. Nun, das taten sie sehr rasch und sehr entschieden. Und der Begriff des Totalen, der sich in den Titel geschlichen<br />
hatte, war sicher eine mehrfache ironische Aufdopplung von Realität, die in den heutigen Totalitarismen nachwirkt. Der Begriff „Wandel durch Handel“<br />
war ebenfalls nicht per se verwerflich, wenn er allerdings schon das brutale Gesicht des Kapitalismus in sich trug, dessen zentrale Proponent*innen sich<br />
wie auch die Politik und breite Teile der Öffentlichkeit den Abbau der eben erworbenen demokratischen Strukturen im größten Sowjetnachfolgestaat<br />
3