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150 Jahre BOKU Festrede Olga Flor

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schärferes Problem, als sie es ohnehin schon wäre, man fragt sich, was für eines Anlasses es eigentlich noch bedarf, um von dieser globalen Sucht zu<br />

lassen, wenn schon das Wissen um die exorbitant hohe und durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe munter weiter ansteigende Menge des<br />

Klimatreibers CO2 nicht ausreicht. (Auch an aktiven Abbaumöglichkeiten dafür forscht übrigens die <strong>BOKU</strong>: Hefen und andere Mikroorganismen binden<br />

Kohlenstoff und können sogar Rohmaterial für Kunststoffe erzeugen.) Unangefochten von jeder Einsicht und den deklarierten Klimazielen der<br />

Regierungen werden von den Global Players der Branche munter weiter sogenannte „carbon-bombs“ geplant, Öl- und Gasextraktionsvorhaben, von<br />

denen jedes über eine Milliarde Tonnen CO2 erzeugen würde 4 . Die Troposphäre erhitzt sich, die Stratosphäre kühlt ab und die dazwischen liegende<br />

Tropopause wandert nach außen, man weiß nicht, welche Auswirkungen das auf das dynamische Geschehen in der Atmosphäre haben wird, aber so<br />

viel ist sicher: Es bleibt spannend.<br />

Der Selbstverstärkungseffekt gilt auch für das Grönlandeis, dessen kontinuierliche Schmelze ab einem gewissen Kipppunkt irreversibel wird, da das sich<br />

erwärmende Eis zu Tal rutscht und umso schneller zu Wasser wird: Auch hier wäre eine gravierende Auswirkung auf die Höhe des Meeresspiegels zu<br />

erwarten. Das wirklich Fatale scheint dabei zu sein, dass die Triggerung gewisser Kipppunkte zu einem weiteren Temperaturanstieg führt, der das<br />

Weltklima wiederum neue Kipppunkte überschreiten lässt. Das Auftauen des Permafrosts etwa oder die Vernichtung des Amazonas-Regenwaldes<br />

würden große Mengen von CO2 freisetzen, die wieder eine weitere Erhitzung der Atmosphäre zur Folge hätten. Ein Teufelskreis: Das Kippen von<br />

Kippelementen triggert weiteres Kippen.<br />

Aus diesem Grund, weil die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5° Celsius - pessimistischere Interpretationen nennen nur mehr ein 2°-Ziel 5 , da das<br />

ursprünglich angestrebte 1,5°-Ziel ohnehin nicht mehr zu halten sei - nach der überwiegenden Ansicht der Klimawissenschafts-Community gerade noch<br />

davor schützen würde, dass bekannte Formationen, auf denen die Verhältnisse bereits gewaltig ins Rutschen gekommen sind, ihren Kipppunkt<br />

überschreiten, ist ein Aufhalten der globalen Erwärmung so wesentlich für das Überleben von Leben, wie wir es kennen.<br />

4Der Guardian nennt 195 solcher geplanter Projekte mit einem Gesamt-CO2-Ausstoß von ca. 600 Milliarden Tonnen,<br />

https://www.theguardian.com/news/audio/2022/may/18/the-carbon-bombs-set-to-blow-up-the-worlds-climate-pledges<br />

5 Realization of Paris Agreement Pledges may limit warming just below 2°C. Malte Meinshausen<br />

et al., Nature 604, 14. April 2022, S. 304 ff.<br />

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