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14. Juli 2022 ANZEIGE
n 51
Was tun, wenn der Alleinerbe geschäftsunfähig ist ?
Ein Erbe benötigt meistens
einen Erbnachweis. Wenn kein
notarielles Testament vorhanden
ist, muss sich der Erbe
durch einen Erbschein legitimieren.
Bei älteren Erben
kommt es durchaus häufig vor,
dass der Alleinerbe bereits
dement und damit geschäftsunfähig
ist. In dieser Situation
fragt sich, ob und gegebenenfalls
auf welche Weise ein Erbscheinantrag
gestellt werden
kann.
Der Fall
Das Oberlandesgericht (OLG)
Bremen hatte am 14.9.2021
über diese Frage zu entscheiden.
In dem dem Beschluss zugrunde
liegenden Fall verstarb
ein Mann in einer Pflegeeinrichtung.
Er hinterließ seine
Ehefrau und seine Tochter. Die
Witwe, die er in einem privatschriftlichen
Testament zu seiner
Alleinerbin eingesetzt hatte,
litt an einer Parkinson-Demenz
und war nach ärztlicher
Stellungnahme daher nicht
mehr geschäftsfähig. Sie selbst
konnte somit einen Erbscheinantrag
nicht stellen.
Zuvor hatte die Ehefrau
ihrem verstorbenen Mann
und ersatzweise ihrer Tochter
schriftlich eine Vorsorgevollmacht
erteilt. Gestützt auf
diese Vollmacht beantragte
die Tochter für ihre Mutter
einen Erbschein, der diese als
Alleinerbin auswies. Sie gab
auch die hierzu notwendige
eidesstattliche Versicherung
ab. Die Rechtspflegerin des
Nachlassgerichts wies den Antrag
zurück, da eine Stellvertretung
bei der Antragstellung
eines Erbscheins nicht zulässig
sei und die Tochter auch nicht
für ihre Mutter die Richtigkeit
ihrer Angaben an Eides Statt
versichern könne; es sei die
Bestellung eines Betreuers erforderlich.
Die Entscheidung
Das OLG hielt diese Auffassung
für falsch. Es führte aus,
dass sich der Antragsteller
auch im Erbscheinverfahren
vertreten lassen könne. Eine
Vertretung komme nicht nur
durch einen Rechtsanwalt,
sondern auch durch andere
Dr. jur. Jan-Freerk Müller, Rechtsanwalt
und Notar, Fachanwalt für
Arbeitsrecht und Erbrecht | Foto: Michael
Stammwitz
Personen, wie z.B. einen volljährigen
Familienangehörigen
in Betracht. Zum Nachweis
der Bevollmächtigung sei eine
schriftliche Vollmacht vorzulegen.
Diese müsse – anders
als z.B. ein Testament – nicht
eigenhändig geschrieben oder
notariell beurkundet sein. Vielmehr
genüge eine maschinenschriftliche
Fassung, die eigenhändig
unterzeichnet ist. Allerdings
müsse die Vollmacht
selbstverständlich zu einem
Zeitpunkt erteilt worden sein,
in dem der Vollmachtgeber
noch geschäftsfähig war.
Zwar sei die Rechtslage in
Bezug auf die im Rahmen des
Erbscheinverfahrens abzugebenden
Eidesstattlichen Versicherung
grundsätzlich anders.
Hier ist die Vertretung durch
eine Person, der der Antragsteller
Vollmacht erteilt hat,
z.B. auch durch einen Rechtsanwalt,
gesetzlich ausgeschlossen.
Wer allerdings die
Erklärung nicht eigenständig
abgeben kann, weil er z.B. geschäftsunfähig
ist, könne die
Erklärung, dass alle Angaben
nach bestem Wissen und Gewissen
gemacht worden sind,
durch einen vom Gericht bestellten
Betreuer abgeben
lassen. Das OLG schloss sich
weitergehend der immer mehr
vertretenen Ansicht an, wonach
der Vorsorgebevollmächtigte
insoweit einem Betreuer
gleichstehe. Er könne damit
die Eidesstattliche Versicherung
für den Antragsteller abgeben.
Einer zusätzlichen Betreuerbestellung,
die ja gerade
durch die Vorsorgevollmacht
verhindert werden soll, bedürfe
es nicht. Durch die Bestellung
einer Betreuung würde
auch kein Mehrwert geschaffen.
Im Gegenteil: Der Zweck
der Schaffung einer möglichst
wahrheitsgetreuen Tatsachengrundlage
für die Entscheidung
des Erbscheinantrags
könne im Regelfall zuverlässiger
dadurch erreicht werden,
dass der Vorsorgebevollmächtigte,
der auch sonst mit den
Dingen des Antragstellers befasst
ist, die Angaben mache
und bestätige.
Das Fazit
Gerade in Fällen der Altersdemenz
ist zu empfehlen,
rechtzeitig, also zu einem Zeitpunkt,
in dem der Betroffene
noch geschäftsfähig ist, eine
Vorsorgevollmacht zu bestellen.
Da ein Notar sich vor
der Beurkundung von der Geschäftsfähigkeit
des Beteiligten
überzeugen muss, empfiehlt
sich die Bestellung einer
notariellen Vorsorgevollmacht,
um rechtlichen Auseinandersetzungen
zu dieser Frage vorzubeugen.
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