Leseprobe: Heinrich Wegmann: Strassen mit Persönlichkeit

Friedrich-Glauser-Gasse
Robert-Walser-Gasse
Die eine Gasse rechts, die andere links der Limmat: die Friedrich-Glauser-
Gasse und die Robert-Walser-Gasse ehren zwei Schweizer Schriftsteller, die
es in ihrem Leben alles andere als einfach hatten, heute jedoch für ihr Werk
hohes Ansehen geniessen. Friedrich Glauser, morphiumsüchtig und immer
wieder im Gefängnis oder in Heilanstalten sitzend, eine Zeit lang auch
Fremdenlegionär, gilt heute als Begründer der deutschsprachigen Kriminalliteratur.
Viele kennen wohl seine Wachtmeister-Studer-Romane, die teilweise
auch verfilmt worden sind. Mit nur 42 Jahren starb Friedrich Glauser
1938 in Nervi, Italien, völlig unerwartet im Beisein von Berthe Bendel, die
er am nächsten Tag heiraten wollte. Die genaue Todesursache bleibt unklar.
Auf der anderen Seite Robert Walser, der die Menschen und die Natur liebte,
trotzdem aber sein Leben lang ein einsamer Einzelgänger und Träumer blieb
und immer am Rande des Wahnsinns stand. Die letzten 23 Jahre seines
Lebens verbrachte er in einer Heilanstalt in Herisau, wo er am Weihnachtstag
1956 während eines Spaziergangs an einem Herzschlag starb. Sein Grab
befindet sich auf dem Friedhof Manegg in Wollishofen. Der Roman «Der
Gehülfe» (heute hiesse er wohl «Der Angestellte»), zu Beginn des 20. Jahrhunderts
entstanden, gilt als Robert Walsers wichtigstes Werk. Wunderbar
auch die Geschichte «Der Spaziergang», aus der ich einen kurzen Abschnitt
zitiere, den wir uns in Zeiten der Umweltzerstörung und Klimakrise zuhause
an die Wand nageln sollten: «Wo wollten wir armen Menschen sein, wenn
es keine treue Erde gäbe? Was hätten wir noch, wenn wir dieses Schöne und
Gute nicht hätten? Wo sollte ich sein, wenn ich nicht hier sein dürfte? Hier
habe ich alles, und anderswo hätte ich nichts.»
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