Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg
Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg
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verschob. Das eingebeulte Stück Eisen mußte aus dem Schiffsrumpf herausgetrennt und<br />
ersetzt werden, was vielleicht zwei Wochen dauerte. Ich weiß noch, wie ich als<br />
Wachposten bei den Schweißarbeiten zusah (es wurden Sonderposten als Brandwache<br />
aufgestellt, weil die Funken recht kräftig sprühten). Wir lästerten, daß wir zum Gegenstand<br />
einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zugunsten der deutschen Werftindustrie<br />
gemacht worden wären, und erduldeten die Verlängerung.<br />
Der verschobene Transit nach Kiel fand dann an einem Tag und einer Nacht im<br />
Februar mit fürchterlichem Schneetreiben statt (13./14.2.). Abends stand ich wieder<br />
Posten Back, diesmal bei Dunkelheit und scheußlichem Wetter mit ungeheurem Wind,<br />
Eisregen und Schnee. Es war ein Segen, daß wir einige BW-Parkas, Wintermützen und<br />
dicke Handschuhe an Bord hatten; natürlich inoffiziell, da Olivzeug in unserer regulären<br />
Bekleidung nicht vorgesehen war. Sie boten einen phantastischen Schutz gegen die<br />
Witterung, ich brauchte nicht zu frieren, hielt es gut aus und war ein bißchen stolz. Die<br />
Nacht wurde lang. In Brunsbüttel mußten wir ’raus, um beim Anlegen an der Schleuse<br />
zu helfen. Später, während wir durch den Nordostsee-Kanal fuhren, hatte ich Funkwache.<br />
Schlafen konnte ich nur eine Stunde, ungefähr <strong>von</strong> halb sechs bis halb sieben<br />
Uhr morgens, weil wir auch zum Anlegen an der Schleuse Kiel-Holtenau wieder aus<br />
den Kojen geholt wurden. Bei der kurzen Weiterfahrt war ich auf der Brücke und bekam<br />
mit, wie der Kommandant entschied, bis zum Morgen in der Heikendorfer Bucht vor<br />
Anker zu gehen (das ging sehr schnell, und zu sehen war draußen sehr wenig; ich<br />
bewunderte die Leute, daß sie das Schiff so fahren konnten und den Überblick<br />
behielten). Wir waren hundemüde. Nach Tagesanbruch liefen wir in den Tirpitzhafen<br />
ein und machten an unserem regulären Liegeplatz an der Scheermole fest.<br />
Im Kieler Stützpunkt<br />
Nun begann die Normalität des Hafenbetriebes. Als erstes lernten wir die Fernschreibstelle<br />
im »Moselhaus« kennen, wo wir unsere Fernschreiben ablieferten bzw.<br />
abholten (später mit einem Fahrrad), dann die Geschwaderverwaltung (den Stab). Der<br />
Geschwaderfunkmeister, Bootsmann oder Oberbootsmann Schwedhelm, unterrichtete<br />
uns einmal wöchentlich und gab Schulungsbriefe aus; es fand auch einmal eine<br />
chaotische Geschwaderfunkübung im Hafen statt mit den Schiffen, die gerade da waren.<br />
Ich weiß noch, wie ich wegen schlechter Hörbarkeit der Signale und zu schneller<br />
Gebeweise der Funker überhaupt nicht folgen konnte und wütend die Betriebskladde zu<br />
Boden warf (wegen der großen Nähe der Schiffe waren die Impulse zu stark und gingen<br />
ineinander über). Es gab auch anderen Unterricht, etwa vom San-Meister, vom<br />
Schmadding etc. (Einweisungen in immer neue Gebiete: Schiffssicherung, Feuerlöschen,<br />
Gebrauch <strong>von</strong> Schwimmwesten und Rettungsbojen und dergleichen). Ganz<br />
selten »lebenskundlicher Unterricht« beim Militärgeistlichen, ich glaube, er kam nur<br />
einmal an Bord. An Abschnittsdienst war sonst wenig zu tun. Sehr langweilig, da wir ja<br />
zur Dienstzeit anwesend sein und den Anschein erwecken mußten, daß wir zu tun<br />
hatten. Wir machten das »Blähen« (sich <strong>von</strong> der Arbeit verdrücken) zu einem Sport,<br />
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