Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg
Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg
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Aufzug, an dem man rechts vorbei ging), dann ging man rechts weiter an dem großen<br />
Raum entlang und am Ende einen Niedergang hinauf zur Ebene der Offiziere und<br />
Bootsleute im mittleren Schiff, die dort jeweils eigene Decks besaßen. Hier gab es einen<br />
Rundgang (im Rechteck außen um die Decks herum), der mit roten Läufern ausgelegt<br />
war, ebenso in der Mitte einen Quergang, <strong>von</strong> dem aus ein weiterer Niedergang zum<br />
nächsthöheren Ebene führte, auf der unsere Betriebsräume lagen (Funk-, Navigations-<br />
und Signalraum). Unten irgendwo zwischen den Offiziers- und PUO-Decks war die dem<br />
Funkraum nächstgelegene Toilette, wo wir bei Seegang kotzen konnten, sowie die<br />
Schreibstube und das San-Deck. Der Niedergang führte hinauf durch ein verschließbares<br />
Schott in eine Art Vorraum, <strong>von</strong> dem aus man rechts den Signalraum erreichte, links<br />
einen kleinen Stauraum für Fernmeldematerial sowie auf beiden Seiten Außenschotten,<br />
durch die man hinaus an Oberdeck gelangte. Geradeaus nach vorn ging man durch eine<br />
Tür zum Navigationsraum, <strong>von</strong> dem mir hauptsächlich ein großer Kartentisch und eine<br />
Art Couch in Erinnerung ist sowie eine Musikanlage, mit der wir bei Seefahrten den<br />
Leuten unten in der Maschine die Wachen erträglicher machen mußten (sie gaben uns<br />
Cassetten zum Wechseln); links war die Tür zum Funkraum, der auf der Backbordseite<br />
lag, und weiter geradeaus der Aufgang zur Brücke. Der Signalraum war ein sehr kleines<br />
Schapp mit Schiebetür auf der Steuerbordseite. Im hinteren Teil dieses Stockwerks,<br />
hinter den Außenschotten, vielleicht noch weitere Stauräume, an die ich keine klare<br />
Erinnerung habe. Ganz oben, auf dem Dach der Funktionsräume, war das Signaldeck,<br />
sozusagen das Sonnendeck, wo man draußen den besten Überblick hatte; allerdings<br />
hatten wir Funker wie auch die meisten anderen normalerweise dort nichts zu suchen<br />
und waren nur gelegentlich mal oben. – Das gesamte Erscheinungsbild des Schiffes<br />
fand ich plump und häßlich, vor allem der große, schräge Schornstein, der sich im<br />
hinteren Drittel über der wuchtigen Schanz erhob, beleidigte mein Auge. Die Zerstörer<br />
und Fregatten waren natürlich schlanker und schneidiger, aber hier kam es nicht auf<br />
Ästhetik, sondern auf Funktionalität an.<br />
Die Zeit im Hamburg währte etwa sieben Wochen (einschließlich der unbeabsichtigten<br />
Verlängerung, dazu später). Wir wurden im täglichen Abschnittsdienst nach<br />
und nach in unsere Arbeiten eingewiesen. Es gab nicht viel zu tun, aber es wurde uns<br />
alles erklärt, was es irgendwann zu tun geben würde oder könnte. Das Einarbeiten <strong>von</strong><br />
Korrekturen in die Dienstvorschriften (Fernschreib-Adressbücher und dergleichen) war<br />
eine ständige Aufgabe, die wir immer wieder einmal vornahmen, ohne jemals ganz auf<br />
dem neuesten Stand zu sein. Botengänge zur Fernschreibstelle. Wenn das Schiff ins<br />
Trockendock kam, mußte man Toilettenhäuschen an Land benutzen, ziemlich unangenehm.<br />
Nach Dienst konnte man die Gegend besser kennen lernen und gelegentlich<br />
etwas in Hamburg unternehmen. Man ging zu Fuß durch den alten Elbtunnel und kam<br />
bei den Landungsbrücken heraus, dann ging es je nach Ziel mit der S-Bahn weiter. Nach<br />
Dienstschluß war es, wie gesagt, immer schon fast dunkel. Ich besuchte Konzerte in der<br />
Jacobikirche und in der Musikhalle, besuchtre einmal auch einen Freund, der in Hamburg<br />
studierte. Das winterliche Werftgelände faszinierte mich durch seine absolute<br />
Tristesse; es war so auserlesen öde und deprimierend, daß es schon wieder gut war.<br />
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