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Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg

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meister) Hauptbootsmann Reich, einem altgedienten, väterlichen Soldaten, der uns<br />

einseitig duzte. Er hatte immer zuwenig Ziegenpersonal und lauerte darauf, uns Funker<br />

beschäftigen zu können. Wenn wir ihm jedoch erzählten, was für wichtige und<br />

schwierige Dinge wir im Funkraum zu tun hatten, <strong>von</strong> denen er nichts verstand – z.B.<br />

»NAVCOMEX« – dann klappte er nur vor Staunen den Unterkiefer ’runter und ließ uns<br />

in Ruhe. Ebenfalls sehr väterlich und anständig, wenn auch streng, war der SVO,<br />

Kapitänleutnant Körner. Er war (so hieß es) Kapitän auf großer Fahrt gewesen und hatte<br />

800 000 Seemeilen hinter sich, bevor er Marineoffizier wurde; ein reifer, gestandener<br />

Mann. – „Rauh aber herzlich“, wie er sich selbst beschrieb (ich meine, eher rauh) war<br />

der Zahlmeister, Hauptbootsmann W.; seine versauten Sprüche übertrafen alles, was ich<br />

in Schulklassen pubertierender Jungen gehört hatte. Weniger zu tun hatten wir mit der<br />

Heizer-Fakultät und deren Vorgesetzen, also dem STO, dem Antriebsmeister und dem<br />

E-Meister (evtl. noch ein Schiffssicherungsmeister, Erinnerung unklar). Der Antriebsmeister<br />

machte einmal eine Schiffsführung für die Neuen, wobei er uns mit der<br />

unverständlichen Systematik der Decksbezeichnungen bombardierte; er warf nur so mit<br />

Kombinationen römischer und arabischer Zahlen und Buchstaben um sich (IIb5, IIIc10<br />

usw.), keiner blickte durch. In der Freizeit bemalte er Wappen. Der Versorgungsmeister,<br />

Bootsmann H., war blass und bürokratisch, zitierte ZDV (zentrale Dienstvorschriften)<br />

auswendig, obwohl seine mündliche Rede durch ständiges Einfügen <strong>von</strong> »hier« ein<br />

wenig verwahrlost war; der Sanitätsmeister ein schlanker und nervöser, nicht besonders<br />

gewandter, aber doch halbwegs freundlicher und zurückhaltender Typ. Der Feuerwerksmeister,<br />

genannt »Bumbum«, verwaltete auch den Proviant (er war es, der später in der<br />

Nordsee die Sonderration Zwieback herausrückte, als wir kotzten). Zu feuerwerken gab<br />

es für ihn nicht viel, die »<strong>Offenburg</strong>« besaß zwar zur Abwehr <strong>von</strong> Luftangriffen zwei<br />

Zwillingsflakgeschütze, die aber einkokonniert waren und nie benutzt wurden. Seine<br />

große Stunde schlug beim »Wochenende bei der Marine« in Pelzerhaken, als er auf dem<br />

Signaldeck das Abschlußfeuerwerk durchführte. Maat Hensel leitete die Schreibstube, er<br />

bearbeitete Urlaubsanträge und Papierkram aller Art; rötliche Haare und Vollbart, etwas<br />

untersetzt, klare Tenorstimme und bestimmtes Auftreten, er hatte äußerlich etwas<br />

Seebärenhaftes. Von den niederen Unteroffizieren (Maaten und Obermaaten) wichtig<br />

war für uns unmittelbar nur ‚Chico‘, unser Abschnittsleiter, der nach einem Quartal<br />

durch Wagner ersetzt wurde. Schmidtgen <strong>von</strong> den 11ern fanden wir noch ganz nett, mit<br />

den anderen war wenig anzufangen. Signal-Abschnittsleiter war OMt Hoppe, hochgewachsen<br />

und eitel, mit Popperschnitt und Schnauzer, ein typischer Diskothekenbesucher<br />

und zur gerade aktuellen Discowelle passend; ich glaube, wir nannten ihn dann auch<br />

»Travolta«. Er war schon dienstälter, tat groß mit seiner Erfahrung, provozierte uns mit<br />

Sprüchen, aber wenn er gut aufgelegt war, war nicht schlecht mit ihm auszukommen.<br />

Die Navigation hatte, glaube ich, außer dem NO keinen Abschnittsleiter, erst ein Quartal<br />

später kam Marcus Graw als Maat dazu. – Chico war ein bißchen borstig und brummelig,<br />

aber berechenbar und in der Grundhaltung wohlwollend. K. erzählte uns <strong>von</strong> ihm,<br />

daß er wichtige Arbeiten am liebsten selbst machte; am Fernschreiber und an der Taste<br />

gab er sich als »der große Zampano«, wurde es ihm aber zuviel, dann sagte er etwas wie:<br />

»Ich geh’ nur schnell mal eine Büroklammer holen«, und dann konnte man sicher sein,<br />

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