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Bericht von Andreas Brandt - Trossschiff Offenburg

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Am Sonntagvormittag gab der Bürgermeister einen Empfang, zu dem eine<br />

Delegation der Besatzung geladen war. Dabei erlebte ich zum ersten und einzigen Mal<br />

ein dienstlich verordnetes Saufen. In der ganzen Situation lag eine ziemliche Komik.<br />

Nach ein paar wohlgesetzten Worten des Bürgermeisters sowie des Kommandanten, auf<br />

deren Inhalt es wenig anzukommen schien, stieß man mit Bier an. Ich hatte noch vom<br />

Vorabend einen dicken Kopf, mochte nicht schon wieder Alkohol trinken und griff zu<br />

einer Fanta, woraufhin der E-Meister mich diskret beiseite nahm und sagte: »Sagen Sie<br />

mal, sind Sie krank? Sie können doch nicht hier auf einem Empfang Limonade trinken!«<br />

Recht hatte er, es ging um Imagepflege, und zum Image eines anständigen Marinesoldaten<br />

gehört nun einmal, daß er Alkohol trinkt. – Am Sonntagabend war ich dann<br />

noch einmal an Land und ging diesmal zu zweit mit dem Sani los, um ein erneutes<br />

Besäufnis zu vermeiden. Wir wollten es nüchtern und gepflegt angehen, um mehr <strong>von</strong><br />

dem Abend zu haben, und hatten dann auch Gelegenheit, uns in der Sympathie zu<br />

sonnen, die uns vielfältig entgegengebracht wurde. Als wir in einem Strandlokal Steak<br />

essen gingen, spendierten Gäste am Nachbartisch uns Getränke. Junge Marinesoldaten<br />

wirken äußerlich anders als die oliven Heeresmuffel, die blauen Uniformen haben etwas<br />

Elegantes und Exotisches, vielleicht schwingt auch ein Hauch <strong>von</strong> fernen Ländern mit.<br />

Man behandelte uns sehr freundlich. Wir trafen noch einige der jüngeren Besatzungsmitglieder<br />

und redeten. Die Veranstaltung ging mit dem <strong>von</strong> Bumbum abgebrannten<br />

Feuerwerk auf dem Signaldeck zuende.<br />

Die anschließende Schiffssicherungsausbildung ›C‹ vom 9. bis 12.7. war eine<br />

ziemliche Rödelei, aber auf ihre Weise auch spaßig. Wir ankerten immer abends in der<br />

Lübecker Bucht vor Neustadt und fuhren tagsüber hinaus auf die Ostsee, an Fehmarn<br />

vorbei oder so, wobei das Ausbildungsteam aus Neustadt mit <strong>von</strong> der Partie war und<br />

einiges für uns auf Lager hatte. Es wurde richtig Krieg gespielt, zum Lachen realistisch<br />

inszeniert mit allerhand Simulationen, Rauchbomben, Verlöschen des Lichtes; sogar<br />

Knaller haben sie detonieren lassen. Wir waren aufgefordert, unsere Phantasie spielen<br />

zu lassen und so zu tun, als ob alles echt wäre. Gespielte Verletzte wurden täuschend<br />

ähnlich und ekelhaft zurechtgeschminkt und mußten aus den unzugänglichsten Winkeln<br />

des Schiffsinneren geborgen werden, was eine ziemliche Plackerei bedeutete (neben<br />

meinem Funkerjob war ich als Hilfskrankenträger eingesetzt). Die Mannschaftsmesse<br />

wurde zum Lazarett umfunktioniert. Es war nur die erste Stufe dieser Ausbildung, daher<br />

waren die Übungen nicht allzu hart; <strong>von</strong> Unteroffizieren hörten wir, daß bei den<br />

fortgeschrittenen Stufen die Kandidaten noch ganz anders fertiggemacht werden, z.B<br />

wenn sie in teilweise brennenden Schiffswracks bis zum Oberkörper im Wasser stehen<br />

und sich dann in Leckabdichtung, Feuerlöschen und ähnlichem bewähren müssen. Und<br />

die Kampfschiffe, so hieß es, werden zur Ausbildung im internationalen Flotten-<br />

Trainingszentrum in Portland (NATO-Rödelcenter) geschickt, wo die Rödelei Tag und<br />

Nacht andauert. Dagegen war es bei uns harmlos. Einmal mußten wir bei ABC-Alarm<br />

ganz weit hinunter ins Schiff (um im Ernstfall möglichst wenig Strahlung abzukommen)<br />

und hockten dann mit aufgesetzter ABC-Maske und Stahlhelm direkt über dem<br />

Backbord-Wellentunnel, das Ende des Alarms abwartend. Ich habe noch mitten in dem<br />

Lärm und Gestank gepoft, denn sobald man untätig und stumpfsinnig dasaß, packte<br />

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