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Klaus Hock | Claudia Jahnel (Hrsg.): Theologie(n) Afrika (Leseprobe)

Das Diskursfeld »Theologie(n) Afrika« ist geprägt durch Begriffe, die nicht nur Theologien generieren und Theologiegeschichte gemacht haben, sondern auch Wissen und Bedeutung konstruieren, Erfahrung strukturieren sowie Verstehen und Denken organisieren und steuern. Die Beiträge des vorliegenden Bandes befassen sich mit zentralen Termini und Konzeptionen in diesem Diskursfeld und zeichnen ihre jeweilige Geschichte nach. Dabei geht es um die Historisierung des jeweiligen Begriffs, den Aufweis seines konstruktivistischen Charakters und den Bedeutungswandel, den er im Kontext des weiteren Begriffsfeldes durchlaufen hat. Diskutiert werden die exemplarisch ausgewählten Termini Afrika, Afrikanische Unabhängige Kirchen, Authentizität, Bildung, Entwicklung, Gott, Islam, Leben, Macht, Migration.

Das Diskursfeld »Theologie(n) Afrika« ist geprägt durch Begriffe, die nicht nur Theologien generieren und Theologiegeschichte gemacht haben, sondern auch Wissen und Bedeutung konstruieren, Erfahrung strukturieren sowie Verstehen und Denken organisieren und steuern.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes befassen sich mit zentralen Termini und Konzeptionen in diesem Diskursfeld und zeichnen ihre jeweilige Geschichte nach. Dabei geht es um die Historisierung des jeweiligen Begriffs, den Aufweis seines konstruktivistischen Charakters und den Bedeutungswandel, den er im Kontext des weiteren Begriffsfeldes durchlaufen hat.
Diskutiert werden die exemplarisch ausgewählten Termini Afrika, Afrikanische Unabhängige Kirchen, Authentizität, Bildung, Entwicklung, Gott, Islam, Leben, Macht, Migration.

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114 Christiana Idika<br />

sogenannten traditionellen Bildungssystemen in afrikanischen Ländern. Es ist<br />

sehr fragwürdig, warum das eine formell ist und das andere informell. Dieser Dichotomie<br />

liegt immer ein Machtverhältnis zugrunde. <strong>Afrika</strong>nische Autoren nutzten<br />

diese Dichotomie, um zu verteidigen, dass <strong>Afrika</strong> vor der Ankunft der Missionare<br />

und Kolonialisten »Education« hatte, während die europäischen Autoren<br />

sie heuchlerisch verwenden. Mit anderen Worten geht es dabei keineswegs um<br />

»Education«, aber wir können es dennoch als informell bezeichnen. Allerdings<br />

sind die Kriterien des Formalen und Informellen und ihre normativen Implikationen<br />

zu hinterfragen.<br />

Dennoch kann man das, was als formale Bildung eingestuft wird, in einigen<br />

afrikanischen Ländern koloniale Education of the natives, Mis-Education oder Bantu<br />

Education in Südafrika, in keiner Weise als ›Bildung‹ bezeichnen. Denn eine<br />

Mis-Education oder ›Bildung‹, die im Grunde auf einer fragwürdigen anthropologischen<br />

Prämisse basiert, ist überhaupt keine ›Bildung‹.<br />

Der erste Ansatz dagegen ist das europäische Verständnis von ›Bildung‹, griechisch<br />

oder deutsch, oder das europäische Christentum, wie oben beschrieben.<br />

Das kann nicht verdrängt werden, da trotz europäischer philosophischer Anthropologie,<br />

Aufklärung und Erkenntnisse das Menschsein des <strong>Afrika</strong>ners auf etwas<br />

Minderwertiges reduziert wird. Koloniale, native oder Bantu Education ist nur<br />

dann sinnvoll, wenn sie dem eigentlichen Wort Education hinzugefügt wird. Sie<br />

sagt nichts über »Bildung« aus, denn ihr Ziel ist nicht, afrikanische Menschen<br />

zu bilden im deutschsprachigen Sinne, sondern die Konditionierung, um zahme<br />

Schwarzarbeiter zu produzieren. 13<br />

Der Zweck der sogenannten native Education ist »to equip them to deal with<br />

their environment and fit them to live in their own conditions of life«. 14 Der Ausdruck<br />

klingt sehr bekannt im heutigen afrikanisch-europäischen Diskurs über die afrikanische<br />

Entwicklung. So etwas wie: »<strong>Afrika</strong>nische Antwort auf das afrikanische<br />

Problem«, mit Begriffen wie <strong>Afrika</strong>nisierung, Indigenisierung. Diese Begriffe kommen<br />

immer im Diskurs vor. Aber sagt der Gesprächspartner dasselbe? Vielleicht<br />

auch nicht.<br />

Im Zusammenhang mit dem Zitat ist der Umstand nicht die umweltbedingte,<br />

es handelt sich auch nicht um die ökologische oder kontextuelle Realität der <strong>Afrika</strong>ner,<br />

sondern die beschriebene Situation der Unterwerfung. Dr. Verwoerd, der<br />

Architekt der Bantu Education, sagte:<br />

»Education must train and teach people in accordance with their opportunities in<br />

life, according to ›the sphere in which they live‹. 15 It is important to bear in mind that<br />

both ›their opportunities in life‹ or ›the sphere in which they live‹ are defined by the<br />

13<br />

Isaac Bangani Tabata, Education for Barbarism in South Africa: Bantu Apartheid<br />

education, London 1960, 6.<br />

14<br />

Cf. Rhodesian Herald, April 4, 1903, quoted in Dickson A. Mungazi, Colonial Education<br />

for Africans: George Stark’s Policy in Zimbabwe, New York 1991, 3.<br />

15<br />

Platon argumentierte auch, dass die Form der Bildung für jedes Individuum von seiner<br />

sozialen Stellung abhängt.

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