VerbandsNachrichten 3 I 2022
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<strong>VerbandsNachrichten</strong> 3 I <strong>2022</strong> // Aus dem Verbandsleben<br />
geregelten Fällen Konten- und Depotinformationen<br />
sowie (seit 01.01.2020)<br />
die Adressen und die Identifikations-Nr.<br />
bestimmter Personen abrufen. Kontostammdaten<br />
sind die Konto-Nr., der Tag<br />
der Errichtung und Auflösung, der Name<br />
und das Geburtsdatum des Kontoinhabers<br />
sowie der Verfügungsberechtigte, nicht<br />
aber Kontostände und Kontobewegungen.<br />
Zu erfassen sind nach § 24c Abs. 1<br />
KWG auch etwaige Schließfächer und<br />
abweichende wirtschaftliche Berechtigte<br />
im Sinne von § 3 GWG. Die Kontenabfrage<br />
erfolgt gemäß § 93b Abs. 2 AO durch das<br />
BZSt als technische Zentralstelle. § 93 Abs.<br />
8 AO regelt außersteuerliche Zwecke betr.<br />
Sozialleistungen (Satz 1 Nr. 1), Polizeivollzugsbehörden<br />
(Nr. 2) und Verfassungsschutzbehörden<br />
(Nr. 3). § 93 Abs. 8 Satz 2<br />
AO betrifft Vollstreckungsbehörden. § 93<br />
Abs. 2 Satz 3 AO erstreckt die Zulässigkeit<br />
auf andere, bundesgesetzlich geregelte<br />
Fälle. Gerichtsvollzieher dürfen seit 2013<br />
zugreifen; seit 2016 auch unterhalb der<br />
ursprünglichen Bagatellgrenze von 500 €.<br />
Die Erstellung und detaillierte Auswertung<br />
von Statistiken zur automatisierten Kontenabfrage<br />
wird dadurch erschwert, dass<br />
es sich zum einen Teil um Bundes- und<br />
zum anderen Teil um Landesrecht sowie<br />
außerdem um kommunale Hoheitsbereiche<br />
handelt. Die Antwort der Bundesregierung<br />
in der BT-Drucks. 20/2751, Seite 2,<br />
weist daher explizit darauf hin, dass in der<br />
dortigen Auswertung auf Länderebene die<br />
Finanzbehörden mit Ersuchen gemäß § 93<br />
Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AO gezählt worden<br />
sind. Die Werte der „Realsteuergemeinden“<br />
beinhalten auch die Fallzahlen derjenigen<br />
Realsteuergemeinden, die zugleich<br />
Verwaltungsvollstreckungsbehörde sind.<br />
Sonderfälle und Ersuchen der übrigen ersuchenden<br />
Stellen im Sinne des § 93 Abs.<br />
7 AO (also z.B. Realsteuergemeinden,<br />
die nicht als Verwaltungsvollstreckungsbehörde<br />
tätig geworden sind), werden<br />
auf der „Bundesebene“ gezählt. Die in<br />
der BT-Drucks. 20/2751 ausgewiesenen<br />
„Gesamtzahlen“ sind daher mit den andernorts<br />
(z.B. Wikipedia) ausgewiesenen<br />
Gesamtzahlen nicht vergleichbar.<br />
Ungeachtet dieser statistischen Schwierigkeiten<br />
und Erfassungsdivergenzen<br />
kann eindeutig festgestellt werden, dass<br />
das ursprünglich nur zur Terrorismus- und<br />
Geldwäschebekämpfung eingeführte<br />
Instrumentarium zu einem Standardinstrument<br />
der Behörden geworden<br />
ist. Rechtsstaatlich geboten wären zum<br />
einen konkrete Verdachtsfälle rechtswidrigen<br />
Verhaltens des Bürgers. Zum<br />
anderen müsste zunächst mit herkömmlichen<br />
Mitteln des Auskunftsersuchens gearbeitet<br />
werden, welches ggf. im Wege<br />
der Zwangsvollstreckung durchgesetzt<br />
werden könnte. Abstraktes Misstrauen<br />
dahingehend, dass der Bürger dann<br />
wahrscheinlich nicht im gebotenen Maße<br />
mitwirken würde, genügt gemäß Art. 20<br />
Abs. 3 GG nicht, um derart, wie es § 93 Abs.<br />
7 und 8 AO zulassen, in die Rechte des Bürgers<br />
einzugreifen.<br />
Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich<br />
verbürgten Freiheitsrechte der Bürger<br />
hat das im Jahre 2003 eingeführte<br />
automatisierte Kontoabrufverfahren<br />
eine Pandorabüchse geöffnet, da dieses<br />
ungewöhnliche, hinter dem Rücken<br />
des Bürgers durchgeführte Verfahren<br />
nicht auf die Bekämpfung schwerer<br />
Kriminalfälle beschränkt geblieben ist.<br />
Schließlich wurde § 30a AO („Schutz<br />
von Bankkunden“), der in seinem Abs. 1<br />
ausdrücklich forderte, dass „die Finanzbehörden<br />
auf das Vertrauensverhältnis<br />
zwischen den Kreditinstituten und deren<br />
Kunden besonders Rücksicht zu nehmen“<br />
haben, im Jahre 2017 mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz<br />
vollständig<br />
abgeschafft. Damit wird eine<br />
fast 400 Jahre lang bestehende Tradition<br />
eines besonderen Vertrauensverhältnisses<br />
zwischen Bank und Kunde,<br />
das oft mit dem besonderen freiberuflichen<br />
Vertrauensverhältnis verglichen<br />
worden ist, nicht mehr vom Fiskus, dem<br />
stärksten Verwaltungszweig des Staates,<br />
respektiert. Es steht zu befürchten,<br />
dass insbesondere das geplante zentrale<br />
Europäische Vermögensregister für alle<br />
Bürger (zur in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie<br />
vgl. VN 1| <strong>2022</strong>, S. 60) zum<br />
Einfallstor für weitere Eingriffe in noch<br />
bestehende Bürgerrechte werden wird.<br />
Auch die Verpflichtung der Berufsangehörigen,<br />
grenzüberschreitende Steuergestaltungen<br />
anzuzeigen, geht in diese<br />
Richtung.<br />
1.100.000<br />
1.140.580 Kontoabrufe insgesamt in 2021<br />
1.000.000<br />
900.000<br />
800.000<br />
700.000<br />
2017 2018 2019 2020 2021<br />
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