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VerbandsNachrichten 3 I 2022

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<strong>VerbandsNachrichten</strong> 3 I <strong>2022</strong> // Aus dem Verbandsleben<br />

Antonie Schweitzer: Welche Entwicklung<br />

hat das Steuerrecht in Ihrer Zeit als<br />

Präsident genommen?<br />

Helmut Schmitz: Seit Anfang der 1990er<br />

Jahre stand die deutsche Finanzpolitik<br />

im Zeichen der deutschen Einheit. Große<br />

Steuerreformen waren kein Thema. Aber<br />

das Bundesverfassungsgericht setzte Akzente<br />

mit seinen Urteilen zu Kinderfreibetrag,<br />

Grundfreibetrag, Besteuerung der<br />

Kapitaleinkünfte, Einheitsbewertung bei<br />

Vermögen- und Erbschaftsteuer und zur<br />

Besteuerung der Alterseinkünfte.<br />

Häufig kam es zu Zeitverzögerungen im<br />

Gesetzgebungsverfahren, und die Qualität<br />

des Steuerrechts, insbesondere des Einkommensteuerrechts,<br />

wie auch die Rechtssicherheit<br />

nahmen ab.<br />

Harald Elster: Den großen Wurf hat es auch<br />

in meiner Zeit als Präsident des Steuerberater-Verbandes<br />

Köln und als Präsident des<br />

DStV nicht gegeben. Es wurden viele kleine<br />

Verbesserungen für Arbeitnehmer beschlossen,<br />

und man versuchte, die Besteuerung<br />

der Unternehmen zu modernisieren<br />

und zu vereinfachen. Die Entscheidungen<br />

der Europäischen Kommission spielten immer<br />

wieder in die nationale Gesetzgebung<br />

herein.<br />

Wichtig ist in diesem Zusammenhang nicht<br />

nur die Entwicklung des Steuerrechts. Aus<br />

Brüssel wurde wiederholt der Versuch<br />

unternommen, die Stellung des steuerberatenden<br />

Berufs in Deutschland aufzuweichen<br />

und andere Berufe in die steuerliche<br />

Tagesarbeit stärker einzubinden. Dem<br />

musste immer wieder argumentativ entgegengetreten<br />

werden.<br />

Antonie Schweitzer: Wie haben sich der<br />

Berufsstand und seine Stellung in der Gesellschaft<br />

seit dieser Zeit verändert?<br />

Helmut Schmitz: Eine Umfrage in 2020<br />

zeigt, dass die Wertschätzung für den Beruf<br />

des Steuerberaters sinkt. Nur bei 36 Prozent<br />

der Befragten hat er ein hohes Ansehen.<br />

Dennoch hat sich der Berufsstand gut entwickelt.<br />

Die Qualität der Beratung hat dank<br />

vielfältiger Fortbildungsmöglichkeiten<br />

zugenommen. Es gibt deutlich mehr Doppelqualifizierte.<br />

Sozietäten sind häufig in<br />

der Lage, Steuer- und Rechtsberatung anzubieten.<br />

Früher waren die Berufsträger<br />

meist „Einzelkämpfer“. Die Bereitschaft<br />

zur professionellen Zusammenarbeit hat<br />

zugenommen.<br />

In den Jahren 1992 bis 2008 wurden ca.<br />

30.000 Steuerberater neu in Deutschland<br />

bestellt. Dies beweist, dass der Beruf trotz<br />

der hohen Zugangshürden attraktiv ist –<br />

und trotz des permanenten Fortbildungsbedarfs<br />

macht er auch viel Freude.<br />

Harald Elster: Der steuerberatende Beruf<br />

lag im Bekanntheitsgrad immer an den<br />

Stellen 27 bis 29. Dies hat sich durch die<br />

Mitwirkungspflicht bei den diversen Überbrückungshilfen<br />

zur Bewältigung der Corona-Pandemie<br />

deutlich verändert.<br />

Daneben wurde in der Gesellschaft deutlich,<br />

dass der Berufsstand eben nicht nur<br />

gegenüber der Finanzverwaltung tätig ist,<br />

sondern viel mehr in der Beratung der Mandanten<br />

und Steuerpflichtigen leistet und<br />

diese in kritischen Existenzfragen begleitet.<br />

Gero Hagemeister: Genau darauf kommt<br />

es auch für mich an. Dass unser Berufsstand<br />

systemrelevant ist, haben die letzten Krisenjahre<br />

ja eindeutig gezeigt. Die Wertschätzung,<br />

die wir von unseren Mandanten<br />

erfahren, muss sich auch im Verhalten<br />

von Politik und Verwaltung uns gegenüber<br />

niederschlagen. Immer mehr zugewiesene<br />

Tätigkeitsfelder und Verantwortlichkeiten<br />

bei gleichzeitig engeren Fristen und bisweilen<br />

äußerst formalistischem und dogmatischem<br />

Verhalten uns gegenüber passen<br />

nicht zusammen.<br />

Antonie Schweitzer: Welchen<br />

besonderen Herausforderungen war<br />

der Berufsstand während Ihrer Zeit als<br />

Präsident ausgesetzt?<br />

Helmut Schmitz: Eine permanente Herausforderung<br />

war der Einsatz für eine bessere<br />

Steuerrechtskultur, für ein transparenteres<br />

und vereinfachtes Steuerrecht. Das Sam-<br />

Ehrenpräsident Helmut Schmitz<br />

melsurium der zum Teil ungeordneten und<br />

unsystematischen Verordnungsänderungen<br />

war in den Praxen ein Ärgernis.<br />

Große Probleme hatten die Kanzleien und<br />

ihre Beschäftigten mit der Einhaltung der<br />

Abgabefristen. Mit viel Engagement haben<br />

die Bezirksvorstände mit den Vorstehern<br />

der Finanzämter um die Fristenregelung<br />

gerungen. Diese war auch in den vom Präsidium<br />

mit der Oberfinanzdirektion geführten<br />

Klimagesprächen eines der zentralen<br />

Themen, die wir mit Beharrlichkeit und<br />

Deutlichkeit verfolgt haben, wohl wissend,<br />

dass wir in unserer Haltung konsequent<br />

sein müssen.<br />

Harald Elster: Die Digitalisierung fordert<br />

sehr viel vom Berufsstand, und es war meine<br />

Aufgabe und die des Steuerberater-Verbandes<br />

Köln, ihn in diesem Prozess vollumfänglich<br />

mitzunehmen. Die Dringlichkeit<br />

der Digitalisierung wurde zum einen durch<br />

fehlende Mitarbeiter, zum anderen durch<br />

die stetig steigende Anzahl von Aufgaben,<br />

die wir für die Mandanten gegenüber der<br />

Finanzverwaltung, den Banken und aus der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung heraus übernehmen<br />

mussten, deutlich.<br />

Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung<br />

des Berufsstandes für das Allgemeinwohl<br />

sehr deutlich gemacht. Ohne den enormen<br />

Einsatz der Steuerberater wären viele Unternehmen<br />

nicht mehr am Markt vorhanden.<br />

Hierbei spielt die Qualifizierung des<br />

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