27.10.2022 Aufrufe

FC44_HayaMolcho

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

LEBEN<br />

GENUSS<br />

„Viele essen nicht<br />

gesund, wenn sie<br />

sich vegan ernähren,<br />

weil sie keine<br />

Fantasie haben“<br />

Welcher Ihrer Söhne hat Ihr Talent<br />

zum Kochen geerbt?<br />

Lustigerweise Elior, der dritte, der im -<br />

mer so skeptisch war. Er hat großes Talent.<br />

Aber eigentlich kochen alle gerne, außer<br />

Nuriel. Dafür kocht seine Frau sehr gut.<br />

Sind die Schwiegertöchter nicht von<br />

Ihrer Kochkunst eingeschüchtert?<br />

Nein, weil ich mich nicht einmische.<br />

Und sie kochen mit mir, bringen neue<br />

Eindrücke mit. Es ergänzt sich sehr gut,<br />

ein Gewinn für alle.<br />

So erweitert sich Ihr Stil immer mehr.<br />

Die ohnehin von zahlreichen Einflüssen<br />

geprägte israelische Küche<br />

bekommt immer neue Impulse?<br />

Ja, eklektische Küche nenne ich es. In<br />

Israel spielen die palästinensische, jordanische<br />

und libanesische Küche eine<br />

große Rolle. Hummus ist meine Muttermilch.<br />

Wir saßen als Kinder am Strand<br />

und haben Hummus mit Pitabrot gegessen.<br />

Da wusste man hier noch gar nicht,<br />

was das überhaupt ist. Ich fühle mich der<br />

levantinischen Küche sehr nahe. Näher<br />

als der rumänischen, wobei ich von meiner<br />

Mutter viel übernommen habe. Fermentation<br />

zum Beispiel. Das ist heute<br />

wieder ganz modern, aber wir haben das<br />

immer gemacht. Ein neues Gericht von<br />

mir, welches das widerspiegelt, ist eine<br />

Rote-Bete-Suppe mit geräuchertem Labneh<br />

und fermentiertem Spitzkraut.<br />

Mein Problem damit ist, dass man<br />

so viele Zutaten braucht.<br />

Bei meiner Küche nicht. Sie ist anders,<br />

mehr Tel Aviv als Jerusalem.<br />

Aber man braucht doch diverse<br />

Gewürze und Kräuter?<br />

Kräuter immer, aber Gewürze eher<br />

weniger.<br />

Woher beziehen Sie Ihr Gemüse?<br />

Wir haben eine eigene Farm in Rumänien.<br />

Sie liegt vier Stunden von Wien<br />

entfernt, und es wird dreimal die Woche<br />

geliefert. Auberginen, Tomaten, Chilis:<br />

Alles, was wir am meisten brauchen,<br />

bekommen wir von dort. Und alles ist<br />

nachhaltig angebaut, biologisch, eine<br />

fantastische Qualität. So wie ich aufge-<br />

Kartoffelpüree<br />

FÜR 4 PORTIONEN<br />

650 g Kartoffelfruchtfleisch,<br />

Reste von den „Knusprigen<br />

Kartoffelschalen“ (s. u.), 35 g Olivenöl,<br />

40 g Gemüsefond, 4 g Salz<br />

Für das Zhoug<br />

3 Knoblauchzehen, 15 g Koriander,<br />

25 g Petersilie, 2 Sivri-Chilis, 4 EL Olivenöl<br />

Zum Anrichten<br />

4 EL Tomatenkerne, 4 EL Olivenöl,<br />

4 Schnittlauchblüten<br />

Kartoffelfruchtfleisch in einem Topf mit<br />

Olivenöl, Gemüsefond und Salz aufwärmen<br />

und zu Püree stampfen.<br />

Das Kartoffelpüree auf Tellern anrichten.<br />

Mit 4 EL Zhoug, Tomatenkernen, Olivenöl<br />

und abgezupften Schnittlauchblüten<br />

garnieren. Zhoug passt zu Fleisch und<br />

Eintöpfen oder als Brotaufstrich.<br />

Knusprige<br />

Kartoffelschalen<br />

FÜR 4 PORTIONEN<br />

2 kg Ofenkartoffeln, Sonnenblumenöl<br />

zum Frittieren, Salz<br />

Die Kartoffeln flach auf einen<br />

Gitterrost legen und bei 200 °C<br />

Ober-/Unterhitze im vorgeheizten Ofen für<br />

1 Stunde backen. Auf Weichheit prüfen,<br />

weitere 15 Minuten backen, wenn notwendig.<br />

Aus dem Ofen nehmen und für 15 Minuten<br />

bei Raumtemperatur auskühlen lassen.<br />

Die noch warmen Kartoffeln der Länge nach<br />

halbieren. Das Fruchtfleisch mit einem<br />

Löffel herauskratzen, bis nur noch<br />

0,5 cm Fruchtfleisch auf der Schale<br />

zurückbleibt. Herausgekratztes Fruchtfleisch<br />

für Kartoffelpüree aufheben.<br />

Die ausgekratzten Kartoffelhälften ein<br />

weiteres Mal der Länge nach halbieren.<br />

In Sonnenblumenöl ca. 3 Minuten frittieren,<br />

bis sie goldgelb und knusprig sind.<br />

Nach Geschmack mit Salz würzen und<br />

heiß servieren.<br />

wachsen bin: Die Tomate schmeckt, wie<br />

sie schmecken sollte, nach Toskana.<br />

Achten Sie bei den zahlreichen „Neni“-Restaurants<br />

auf Nachhaltigkeit und Regionalität?<br />

Immer. Auf Mallorca zum Beispiel ist<br />

natürlich Fisch ein größeres Thema, in<br />

den Bergen gibt es eher Schmorgerichte.<br />

Und in Berlin?<br />

In Berlin ist es schwer. Aber hier gibt es<br />

viele türkische Läden, und wir beziehen<br />

Lamm beispielsweise vom Türken, aber<br />

insgesamt orientieren wir uns hier mehr<br />

saisonal als regional.<br />

Was empfehlen Sie für schwierige<br />

Zeiten und dunkle Tage?<br />

Auf keinen Fall kalte Gerichte. Im<br />

Winter kein Zaziki! Dafür warme, lang<br />

geschmorte Speisen mit einer Soße, in<br />

die man gutes Sauerteigbrot tunken<br />

kann. Hülsenfrüchte, geschmorte Bohnen<br />

aus meinem Buch. Keine Schnell-schnell-<br />

Gerichte.<br />

Vegetarische und vegane Ernährung ist<br />

ebenfalls ein großes Thema. Auch bei Ihnen?<br />

Mein Mann ist Vegetarier, und unsere<br />

Kinder essen sehr wenig Fleisch. In<br />

„Coming Home“ sind ganz viele vegetarische<br />

Gerichte enthalten, aber nicht<br />

erzwungen. Wenn man sich entscheidet,<br />

kein Fleisch zu essen, braucht man keinen<br />

Ersatz für eine Wurst. Dann geht es<br />

um Gemüse und was<br />

man damit machen<br />

kann – und das ist<br />

sehr, sehr viel. Ein<br />

Problem ist, dass viele<br />

nicht gesund kochen,<br />

wenn sie sich<br />

vegan ernähren, weil<br />

sie zu wenig Fantasie<br />

haben. Dann gibt es<br />

auf einmal nur noch<br />

Pasta. Das heißt, wenn<br />

man vegan isst, sollte man sich entsprechende<br />

Kochbücher kaufen und herausfinden,<br />

was man alles machen kann.<br />

Welche Gerichte dürfen bei einem Ihrer<br />

Familientreffen auf gar keinen Fall fehlen?<br />

Es wird bei uns niemals nur ein Gericht<br />

geben. Aber Hummus darf nicht fehlen.<br />

Gutes Brot ist auch ganz wichtig. Oder<br />

Zhoug, eine Chili-Koriander-Paste, die<br />

sehr einfach zuzubereiten ist. Mein Mann<br />

hat die Gewürze dafür früher aus der ganzen<br />

Welt mitgebracht. Die hat er dann, wo<br />

auch immer er war, in Öl gegeben, und<br />

wenn irgendwo das Gemüse einfach nur<br />

gekocht war, hat er sich die Paste daraufgegeben<br />

und hatte dann sofort diesen<br />

Heimatgeschmack.<br />

■<br />

Unser Kolumnist Yotam Ottolenghi macht<br />

102 diese Woche Pause<br />

FOCUS 44/2022<br />

Fo t o s : Katharina Pflug/Brandstätter Verlag (2)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!