Mitteilungsblatt Wendelstein+Schwanstetten - Dezember 2022
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PARTEIEN
BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN Wendelstein
Ökoausgleichsflächen - klingt gut, oder?
Aktuell ist im Zusammenhang mit dem
geplanten ICE-Ausbesserungswerk, das in
oder um Wendelstein in den Reichswald
gebaut werden soll, immer wieder die Rede
von Ausgleichsflächen, juristisch korrekt:
Kompensationsflächen.
Was steckt dahinter?
Durch Baumaßnahmen wie Straßen, Stromtrassen
oder eben auch ein ICE-Ausbesserungswerk,
geht immer mehr Natur
verloren. Die verlorenen Flächen müssen
seit 2001 verpflichtend an anderer Stelle
ausgeglichen, also kompensiert werden.
Dementsprechend sind auf anderen Flächen
Maßnahmen durchzuführen, um die ökologische
Qualität dieser Flächen deutlich zu
steigern. Die somit ökologisch höherwertigen
Flächen sollen die Beeinträchtigungen
von Natur und Landschaft "ausgleichen"
und sind zu sichern und zu erhalten. Im Falle
von Eingriffen in den Bannwald müssen
diese Flächen sogar an den vorhandenen
Bannwald angrenzen (Art 9 Abs (6) S. 2 Bay
WaldG).
Wie sieht die Praxis aus?
In der Praxis werden oftmals Streuobstwiesen
und Blühwiesen als Ausgleichsfläche
angelegt. Diese müssen dann jedoch
gepflegt werden. Auch Ersatzaufforstungen
gelten als Ausgleich, ebenso die Renaturierung
von Stillgewässern wie Teichen,
Weihern, Tümpeln und Altwässern und
vieles mehr. Dafür gibt es die „Verordnung
über die Kompensation von Eingriffen in
Natur und Landschaft“.
Wo liegen die Probleme?
Diverse wissenschaftlichen Arbeiten weisen
darauf hin, dass gesetzlich vorgeschriebenen
Kompensationsmaßnahmen häufig
nur unzureichend oder gar nicht umgesetzt
werden. Nur bei etwa einem Viertel der
Ausgleichs- und Ersatzflächen in Bayern
entspricht die Qualität dem Zustand, der in
der Eingriffsgenehmigung festgelegt wurde.
In vielen Fällen werden die Kompensationsmaßnahmen
sogar überhaupt nicht umgesetzt.
Die Kontrolldichte ist gering, oftmals
fehlt es den zuständigen Landratsämtern
schlicht an Personal.
Quelle: https://www.lbv.de/naturschutz/
standpunkte/ausgleichsflaechen/faqausgleichsflaechen/,
Auch erfolgen Ausgleichsmaßnahmen oft
nicht vor Ort. Das reduziert den Wert der
Ausgleichsmaßnahmen – die meisten Tiere
wie Fledermäuse oder Kreuzkröten werden
nicht umziehen können. Ebenso nutzt dem
Wendelsteiner Naherholungssuchenden
die neue Ökofläche 30 km weiter nicht viel.
Weder kühlt die sein Mikroklima, noch kann
er dort ohne größeren Aufwand joggen oder
spazieren gehen.
Ein weiteres Problem ist die zeitliche Befristung.
Ausgleichsflächen werden meist nur
für 25 Jahre festgeschrieben, nach Ablauf
der Zeit werden sie oft nicht mehr erhalten,
sondern anderweitig, etwa wieder als Acker
oder Weide, verwendet. Gerade bei der
Schaffung von Waldflächen sind 25 Jahre
kein sinnvoller Zeitraum – im Extremfall
kann der Grundstücksbesitzer den Ersatzwald
nach Ablauf der Frist ernten und die
Fläche im Rahmen der Wiederaufforstung
erneut als Ausgleichsfläche zur Verfügung
stellen.
Herrn MGR Mändl vor Ort.
Fazit:
Ausgleichsflächen sind nur der zweitbeste
Weg. Besser ist es fast immer, den Eingriff
zu vermeiden oder zu minimieren. Das gilt
umso mehr, je wertvoller die vernichtete
Fläche ist. Einen Eingriff in den Bannwald
vor Ort auszugleichen dürfte kann mangels
verfügbarer angrenzender Flächen nur
schwer gelingen.
Martin Mändl
Dipl. Verwaltungswirt (FH), Rechtsanwalt
Fraktionssprecher BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN
im Marktgemeinderat Wendelstein
Dezember 2022
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