Genusswelt Tabak `22/`23
Themenheft 5/22
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CANNABIS-LEGALISIERUNG<br />
Cannabis-Legalisierung: Wie<br />
realistisch sind die Ampel-Pläne?<br />
Ein süßlicher Geruch<br />
durchzieht die Gänge<br />
und Hallen der Firma<br />
Demecan nördlich<br />
von Dresden. Hinter<br />
dicken Wänden und<br />
bewacht von einem<br />
Sicherheitsdienst reiht<br />
sich unter grellem<br />
Licht eine Cannabispflanze<br />
an die nächste.<br />
Kaum einer würde<br />
in dem ehemaligen<br />
Schlachthof wohl eine<br />
Produktionsstätte für<br />
Cannabis vermuten.<br />
Constantin von der Groeben hat die Firma Demecan<br />
mit aufgebaut. Seit etwa einem Jahr wird hier<br />
nun unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ausschließlich<br />
für den medizinischen Gebrauch angebaut. "Die Mutterpflanzen<br />
sehen super aus. Aber da werden wir noch sehr<br />
viel mehr davon brauchen", sagt Geschäftsführer von der<br />
Groeben beim Begutachten. Das Kabinett hat Pläne für<br />
eine Cannabis-Legalisierung gebilligt - doch ob es auch<br />
tatsächlich dazu kommt, ist unklar.<br />
In den Startlöchern<br />
für die Legalisierung<br />
Derzeit dürfen sie nicht mehr als eine Tonne Cannabis<br />
pro Jahr produzieren. Sie könnten aber kurzfristig<br />
auf vier bis fünf Tonnen hochfahren. Die Firma steht<br />
in den Startlöchern für die von der Ampel-Regierung<br />
geplante Legalisierung. Aber noch fehlt die Planungssicherheit<br />
für die Investitionen. "Wir müssen in etwa<br />
wissen, wohin die Reise geht mit dem Gesetzentwurf",<br />
sagt von der Groeben. Wenn aber Klarheit herrsche,<br />
dass die Bundesregierung auf den Anbau in Deutschland<br />
und nicht auf Importe setze, dann sei das für das<br />
Unternehmen das Startsignal für den Ausbau. Doch<br />
das Versprechen, das die Ampel-Partner vor allem in<br />
Richtung jüngere Wähler gemacht hatten, kommt etwas<br />
schleppend in Gang. Ein Gesetzentwurf ist noch<br />
nicht in Sicht. Die Eckpunkte für eine Legalisierung von<br />
Cannabis will Gesundheitsminister Karl Lauterbach<br />
erst einmal von der EU-Kommission prüfen lassen. Das<br />
Vorhaben könnte gegen EU-Recht verstoßen. Im Schengener<br />
Abkommen etwa hat sich Deutschland dazu<br />
verpflichtet, den unerlaubten Handel und Verkauf von<br />
Cannabis zu unterbinden.<br />
Vor- und Nachteile<br />
einer Legalisierung<br />
Wichtige Details bleiben im Eckpunktepapier vollkommen<br />
unklar. Etwa ob Cannabis auch als sogenannte<br />
Esswaren erlaubt werden soll, und ob die Kunden<br />
auch online bestellen dürfen. FDP und Grüne sind dafür.<br />
In Regionen, wo es kein lizenziertes Fachgeschäft<br />
gebe, müsse es möglich sein, Cannabis online zu bestellen.<br />
Sonst sei der Gang zum Dealer oder die SMS an<br />
den Dealer immer noch leichter. Mediziner warnen vor<br />
einer Freigabe ab 18. Außerdem ist noch nicht entschieden,<br />
ob es einen Grenzwert für den Gehalt an THC, der<br />
berauschenden Substanz in Cannabis, für unter 21-Jährige<br />
geben soll. Denn Cannabis kann auch bei jungen<br />
Erwachsenen zu Hirnschäden und Psychosen führen.<br />
"Man weiß, dass die Hirnentwicklung erst mit Mitte 20<br />
abgeschlossen ist, und das Gehirn ist gerade in dieser<br />
Phase sehr empfindsam was die Entwicklung von psychischen<br />
Erkrankungen angeht", warnt Timo Krüger.<br />
Vorstellen könnte sich der Arzt eine gut vorbereitete,<br />
regulierte Freigabe ab 21 Jahren. Aber die Pläne der<br />
Ampel gehen dem Suchtmediziner zu weit. Etwa was<br />
die geplante Höchstmenge beim Verkauf von 20 bis<br />
30 Gramm betrifft. Viel zu viel, sagt Krüger. Eine solche<br />
Menge lade dazu ein, täglich zu konsumieren.<br />
Legalisierung im Eiltempo<br />
ist unrealistisch<br />
Derweil bringt sich der Gesundheitsminister schon<br />
mal vorsichtig aus der Schusslinie und verweist auf die<br />
Zulassung durch die Europäische Kommission. Auf der<br />
Cannabisplantage in der Nähe von Dresden hören sie<br />
das natürlich nicht so gerne. Sie hoffen, dass die Ampel<br />
ihr Versprechen, Cannabis zu legalisieren, einlöst.<br />
Doch auch dann würde das Vorhaben für die Firma<br />
kein Selbstläufer. "Ich glaube, der Schwarzmarkt wird<br />
unser größter Wettbewerber sein", sagt Geschäftsführer<br />
von der Groeben. "Da sollte man sich keinen Illusionen<br />
hingeben. Das wird einige Jahre dauern, bis wir<br />
den Schwarzmarkt zurückgedrängt haben." Aber ob es<br />
bald losgeht und der Ertrag der Cannabisblüten dann<br />
frei verkäuflich sein wird, ist noch völlig unklar. Das<br />
Bundesgesundheitsministerium gibt sich wortkarg. Die<br />
EU-Kommission habe die Eckpunkte vorliegen. Wenn<br />
die angefragten Gespräche dazu beendet seien, werde<br />
man über die Ergebnisse berichten. Bis eine mögliche<br />
Legalisierung kommt, wird es also noch dauern.<br />
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