FOCUS MONEY 2023/04 Vorschau
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moneyeditorial
EDITORIAL
Aktienanalyse
und Geopolitik
Anleger sind es gewöhnt, bei der Suche nach aussichtsreichen Unternehmen
eine ganze Vielfalt von Faktoren zu analysieren: den Markt, die Branche, die
Wettbewerbssituation, in der sich ein Konzern bewegt, das Geschäftsmodell,
die Innovationsfähigkeit, ebenso wie die Fundamentaldaten in der Bilanz, der Gewinn-
und Verlustrechnung, der Kapitalflussrechnung. Neben dem Errechnen von
Kennzahlen zur Rentabilität und zur finanziellen Stabilität braucht es den Blick auf
die Ausschüttungen und die Bewertung an der Börse, relativ zum Wettbewerb und
der eigenen Aktienhistorie. Wie steht es ferner um die Nachhaltigkeit?
Als wäre das alles nicht schon komplex genug, gewinnt nun ein neuer Faktor jeden
Tag mehr an Gewicht: das Verständnis für die Geopolitik und ihre Folgen. Das
unterstrich das Panel „Ein geopolitischer Kompass für Unternehmen!?“ bei der
Burda-Digitalkonferenz DLD, abzurufen auf YouTube (https://www.youtube.com/
watch?v=3z1p5PlSxd8).
„Ich kann mich in den letzten 50 Jahren an keine Phase erinnern, in der Geopolitik
so viel Einfluss auf die Unternehmensstrategie gehabt hätte wie heute“, sagt Jeffrey
Rosen von der Investmentbank Lazard, der seit 50 Jahren Unternehmen berät. Man
könne sogar argumentieren, dass Technologie und geopolitischer Wandel derzeit am
wichtigsten überhaupt seien. Zur Geopolitik: Die grundlegende Entscheidung für ein
Unternehmen ist die, wo es sein Geld investiert. Es folgt die, wo es seine Leute beschäftigt.
Und ein Konzern muss sich um Risiken für seinen Ruf, sein Ansehen kümmern.
Rosen sieht eine Ursache für den Wandel darin, dass China in den letzten Jahren von
einer politisch neutralen Marktchance zu einem Herausforderer aufgestiegen sei –
mit Folgen nicht nur für die US-Politik, sondern auch für US-Konzerne. Europas Konzerne
sitzen hier zwischen den Stühlen und stehen vor schwierigen Entscheidungen,
wie sie künftig investieren – gerade auch, weil die Vereinigten Staaten und China um
die technologische Vorherrschaft auf dem Globus ringen.
Wolfgang Ischinger, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, betonte die Folgen
des heißen Krieges in der Ukraine: mehr Instabilität, mehr Konflikt, mehr Unsicherheit,
das Ende der Weltgemeinschaft. Eine Sorge von ihm mit Blick auf Deutschland:
Während Weltkonzerne à la BMW und Siemens geopolitische Kompetenz haben
oder sie sich sichern können, ist das für die Mittelständler in der Bundesrepublik
viel schwerer zu erreichen – die bräuchten dabei Hilfe.
Schon heute werden die Protokolle der Diskussionen von CEOs und CFOs
der Konzerne weltweit mit den Analysten von Investmentbanken analysiert,
zum Beispiel von Barclays. Dort zeigte sich bei den Gesprächen
zum dritten Quartal, dass das Thema Lieferketten an Bedeutung verliert,
das Leben mit den erhöhten Zinsen die Unternehmenslenker
aber mehr und mehr umtreibt. Unschwer zu prognostizieren, dass
die Geopolitik in diesen Protokollen immer häufiger als wichtiges
Thema auftauchen wird – und Anleger dies in ihre Überlegungen
einbeziehen müssen.
Ihr
FRANK MERTGEN
stellv. Chefredakteur
FOCUS MONEY
Aus aktuellem Anlass!
Lesen Sie FOCUS MONEY bequem zu Hause
Liebe Leserinnen und Leser,
die Inflation hat in Deutschland und auch im Durchschnitt der
Euro-Zonen-Länder zweistellige Werte erreicht. Bange blicken
die Börsianer auf die Notenbanken: Stürzen diese jetzt mit vielleicht
kleiner ausfallenden Zinsschritten, die aber Geld immer noch weiter
verteuern, die Volkswirtschaften in eine tiefe Rezession? Und was heißt
das für die Märkte und die Aktienkurse? Mein Tipp: Sie erfahren alles
Wichtige in FOCUS MONEY. Den portofreien Kombi-Bezug (Print und
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FOCUS MONEY 4/2023
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3
moneyinhalt
moneykompakt
6 DLD: BMW baut auch auf den
Wasserstoffantrieb
7 Das kaufe ich jetzt: Datensicherheit
ist ein Muss. Secunet Security
kennt sich aus
7 Chart der Woche: Dax über
15 000 Punkten
7 Hit & Shit: Südzucker verdient
Geld, Linde-Abgang aus dem Dax
8 Investment-Ampel: Wo die
Ampeln auf Grün stehen
8 Wohnungsnotstand: Der Mangel
an bezahlbarem Wohnraum
schreit nach Gegenmaßnahmen
9 Apple/Aixtron: Das Zauberwort
heißt Insourcing. Direkt soll Apple
profitieren, indirekt Aixtron
30 Kolumne: Die Bundesvorsitzende
der „Jungen Unternehmer“ Sarna
Röser über Vollgas an die Wand
98 Andis Börsenbarometer: Vom
Nutzen eines Anlage-Tagebuchs
moneytitel
10 Strategien: Mit Systemen auf
Renditejagd. Wie FOCUS MONEY-
Strategien abschneiden
20 Indexfonds: Sie haben das
gewisse Etwas. Was Strategie-
ETFs leisten
24 Faulbär-Strategie: Die Letzten
werden die Ersten sein. Besser
kann man es nicht ausdrücken
28 Strategie-Zertifikate: Croci,
Buyback, Seasonal. Nie gehört?
Dann wird’s Zeit
moneymarkets
32 Märkte: Der Dollar macht
schlapp, Europa übernimmt die
Führung und China probt die
Wende
36 Interview: Wir sind nicht über den
Berg. Karen Pittel zum Stand der
Energiewende
40 Ölkonzerne: Warum der Ölpreis
zulegt und welche Konzerne
profitieren
44 Veolia: Ein französischer Umweltund
Wasserexperte auf dem Weg
nach oben
46 Medizintechnik: Von Siemens
Healthineers, GE Healthcare und
anderen Gesundmachern
10
Gewinner unter sich
Die besten Börsenstrategien:
Wie Sie zum Beispiel ohne
Stress neun Prozent p. a.
verdienen können. Plus: Anlagesysteme
via ETF oder Zertifikat
36
„Nichtsdestotrotz benötigen wir
Gas als Brückenenergieträger“
PROF. KAREN PITTEL,
ENERGIE-EXPERTIN DES IFO-INSTITUTS
4 Titelillustration: iStock
FOCUS MONEY 4/2023
18. JANUAR 2023 www.money.de
50 Deutsche Bank: Das Comeback
eines Finanzinstituts
56 Süss Microtec: Ein neuer CEO
und ein Paukenschlag – ein
Halbleiter-Experte dreht auf
58 Metalle: Aluminium, Kupfer,
Nickel, Silber. Mit welchen Papieren
Investoren an morgen denken
60 Schoko und mehr: An Süßigkeiten
geht kein Weg vorbei.
Börsianer mögen Schokolade
63 „Economist“-Analyse: Wenn
Tesla nicht mehr an die
Weltherrschaft glaubt
64 Macau: Monte Carlo liegt in Asien.
Wie die Glücksspielkonzerne an
der Börse performen
moneydigital
52 Social Trends: Elon Musks ganz
spezieller Weltrekord
53 Analyse: Der E-Commerce-Händler
Zalando besitzt Potenzial
55 Chartsignal: Der Euro-Stoxx-
50-Index unter der Lupe
55 Börsenwissen: Was ist
Hyperinflation?
dswanlegerschutz
68 Orientierung: Der Blick auf
Branchen in volatilen Zeiten.
Ein Gastbeitrag
moneysteuern&recht
70 Aktenzeichen: Der Bundesfinanzhof
nimmt sich den Soli vor
64
Spiel und Spaß
Chancen und Risiken liegen selten so dicht beieinander wie beim
Glücksspiel. Macau setzt auf Spiel und Spaß und auf die Festlandchinesen.
Was durchaus erfolgversprechend sein kann – auch für Anleger
moneyservice
72 Marktplatz: Vom Rewardprogramm
Miles & More der
Lufthansa über Hotels zu SUVs
74 PKV: Wie läuft es bei privaten
Krankenversicherungen in puncto
Fairness? Eine Untersuchung
moneyanalyse
81 Fonds
82 Deutsche Aktien
90 Internationale Aktien
96 ETFs
97 Zertifikate
moneyrubriken
3 Editorial
80 Leserbriefe – Impressum
98 Termine
32
Neue
Richtung
Der lange Zeit unverwüstliche
Dollar schwächelt. Quer über
den Globus proben Aktien die
Wende. Kann das gut gehen,
geht das weiter? Die Bestandsaufnahme
und der Ausblick
58
Zukunft inklusive
Es geht um den Megatrend Nachhaltigkeit.
Bei Metallen? Die Dekarbonisierung
der Wirtschaft beflügelt die
Nachfrage – und diese börsengehandelten
Papiere
FOCUS MONEY 4/2023
Inhalt: Fotos: Adobe Stock (3), R. Vinogradova/Ifo-Institut, Bloomberg Illustration: VectorStock 5
moneytitel
FAULTIER: Symbol für
energiesparendes
Vorgehen
STRATEGIEN
In der Faulheit liegt die Kraft
Nach Ablauf eines Jahres immer den Aktienmarkt (via ETF) kaufen, der im Vorjahr der größte Verlierer
war: Das simple System überzeugt langfristig mit 15 Prozent Rendite jährlich
Quelle: Bloomberg
von FRANK MERTGEN
Herber Dämpfer
Die Ende 2021 erreichte Anlagesumme fiel 2022 um mehr
als ein Fünftel, kann sich aber weiter sehen lassen.
Faulbär-Strategie-Depot
Depot-Vermögen in Tausend Euro
199295 2000 05 10 15 20
800
600
400
200
0
Spät im Jahr 2022, zu spät für die Faulbär-Strategie, begann
sich Chinas Aktienmarkt zu erholen – als die Diktatur von
ihrer Null-Covid-Strategie auf völlige Öffnung (teils erst Anfang
2023 umgesetzt) umschaltete. Am Ende hatte der in FOCUS
MONEY 3/2022 für die Umsetzung der Strategie vorgeschlagene
Indexfonds iShares-MSCI-China-A-ETF im Jahresverlauf 20,9 Prozent
eingebüßt. Wer Anfang 1992 die Strategie mit einem Einsatz
von 10 000 Euro gestartet hatte, steht nun nach nur einem ETF-
Trade pro Jahr bei einer Summe von 687 604,62 Euro. Das entspricht
einer Rendite von 14,6 Prozent p. a. Immer noch brillant,
aber Ende 2021 waren bereits über 870 000 Euro erreicht worden.
Aufholjagd erhofft. Die Strategie ist wahrlich einfach und erfordert
keinen besonderen Fleiß: Jedes Jahr zu Jahresbeginn erwirbt
der Anleger einen ETF auf einen führenden Aktienindex aus dem
größten Verlierermarkt des abgelaufenen Jahres. Das Kalkül dabei:
Der Investor will von der erhofften Aufholjagd profitieren. Nach einem
Jahr wird die komplette Summe erneut in den Loser-Markt
24 Illustration: VectorStock
FOCUS MONEY 4/2023
GELD-IDEE IM
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FONDS-TIPP
In der Ruhe liegt der Ertrag
Das Grundprinzip für Buy and Hold steckt schon im Namen der Anlagestrategie
und bietet mit einem Investmentfonds, dessen Laufzeit von vornherein begrenzt ist,
viele Vorteile – zum Beispiel eine gewisse Sorglosigkeit
Wenn der Finanzmarkt schwächelt,
dann lohnen sich kluge
Investitionen. Gerade jetzt
scheint der Zeitpunkt günstig, um langfristig
einzusteigen. Denn jedes Tief
wird irgendwann wieder ein Hoch. Dann
sollte man vorbereitet sein und die Anlagestrategie
Buy and Hold ist dabei
eine gute Möglichkeit.
Das Familienunternehmen Carmignac
startete im vergangenen Jahr den Laufzeitfonds
Carmignac
Credit 2027, der fünf
Jahre laufen wird.
Laufzeitfonds haben
eine begrenzte Laufzeit,
Vermögenswerte
bleiben bis dahin im
Fonds, am Ende werden
Kapital und Ertrag
ausgeschüttet.
Investieren, Beine
hochlegen und in einigen
Jahren auf ein
Vermögen blicken? Das
geht nur mit einem
starken Partner. Die erfahrenen
Fondsmanager von Carmignac
behalten die Märkte im Auge und werden
reagieren, wenn sie eine Verschlechterung
des Risikos erwarten oder sich eine
Anlagemöglichkeit ergibt, die von der
vorher festgelegten Anlagestrategie abweicht.
In anderen Worten, der Fonds wird
Seit mehr als 30 Jahren verfolgt
das Familienunternehmen Carmignac
einen globalen Investitionsansatz
mit einem von Überzeugung
betriebenen Anlagestil.
nicht sich selbst überlassen, sondern
immer neu kalibriert. Eine Strategie, die
sich schon immer bewährt hat. Mit Carmignac
Credit 2027 bekommen Anleger
eine strenge Titelauswahl, die auf einer
tiefgreifenden Analyse beruht, bekannte
Renditenangabe und ein Datum, wann
das investierte Kapital verfügbar ist.
Die Experten bei Carmignac identifizieren
weltweit attraktive Credit Spreads,
um ein breit aufgestelltes Portfolio aufzubauen,
und möchten
dabei den Wert des
investierten Kapitals
im Einklang mit seiner
Carry-Strategie über
einen Horizont von
fünf Jahren steigern.
Anleger nutzen eine
einfache und vorhersehbare
Strategie, bei
der die Option der vorzeitigen
Fälligkeit im
dritten und vierten Jahr
besteht, sofern die Bedingungen
erfüllt sind.
Durch das Kaufen von
Anleihen zu einem günstigen Zeitpunkt
und das Halten bis zum Ablauf der Laufzeit
kann man von einer im Vorfeld geschätzten
Rendite profitieren. Die Buyand-Hold-Option
bietet Transparenz,
während gleichzeitig das Zins-, Kreditund
Volatilitätsrisiko vermindert wird.
Carmignacs Expertise –
mit Gold ausgezeichnet
Carmignac wurde von Citywire für seine
Expertise in der Kategorie „Bonds –
Euro Corporates“ mit „Gold“ bewertet.
Um eine Gruppenbewertung in einem
der über 160 Sektoren zu erhalten,
die Citywire derzeit abdeckt, müssen
Gruppen die durchschnittliche Punktzahl
in den Sektoren, in denen sie tätig
sind, um 33 Prozent übertreffen. Die
Gruppen-Ratings werden basierend
auf der risikobereinigten Performance
des Managers von mindestens drei bis
sieben Jahren berechnet.
Quelle und Urheberrecht: Citywire. Carmignac wurde im
Sektor „Bonds – Euro Corporates“ von Citywire für seine
fortlaufende, risikobereinigte Performance im Zeitraum
vom 30.06.2015 bis 30.06.2022 mit „Gold“ bewertet.
Citywire Rankings sind Eigentum von Citywire Financial
Publishers Ltd („Citywire“) und © Citywire 2022. Alle
Rechte vorbehalten.
Mehr Informationen über
den Fixed Income Fonds
Carmignac Credit 2027
sowie das Unternehmen
selbst und die verantwortlichen
Finanzexperten finden Sie mithilfe des
QR-Code und auf www.carmignac.de
MARKETING-ANZEIGE. Bitte lesen Sie den KID / Prospekt, bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen. Hauptrisiken des Fonds: KREDITRISIKO: Das Kreditrisiko besteht in der Gefahr, dass der
Emittent seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. ZINSRISIKO: Das Zinsrisiko führt bei einer Veränderung der Zinssätze zu einem Rückgang des Nettoinventarwerts. LIQUIDITÄTSRISIKO: Punktuelle Marktstörungen
können die Preisbedingungen beeinträchtigen, zu denen der Investmentfonds gegebenenfalls Positionen auflösen, aufbauen oder verändern muss. RISIKO IN VERBINDUNG MIT DER VERWAL-
TUNG MIT ERMESSENSSPIELRAUM: Die von der Verwaltungsgesellschaft vorweggenommene Entwicklung der Finanzmärkte wirkt sich direkt auf die Performance des Fonds aus, die von den ausgewählten
Titeln abhängt. Weitere Informationen zum Anlageziel finden Sie im Fondsprospekt. Es stellt in keinem Fall ein Versprechen einer Rendite oder Performance des Fonds dar. Es gibt keine Garantie für
die Wertentwicklung. Der Fonds ist mit einem Kapitalverlustrisiko verbunden. Die Bezugnahme auf ein Ranking oder einen Preis beeinträchtigt nicht die zukünftigen Rankings oder Preise dieser UCIs oder
der Verwaltungsgesellschaft. Quelle: Carmignac, 31.12.2022.
FOCUS MONEY 4/2023
Fotos: xxxxxxxxxxx/FOCUS MONEY Composing: xxx/FOCUS MONEY 25
moneymarkets
INTERVIEW
Wir müssen im
Krisenmodus
bleiben“
Auch ohne Gasmangellage in diesem
Winter sind wir nicht über den Berg, ist Karen
Pittel überzeugt. Die Energie-Expertin des
Ifo-Instituts sagt, welche Hebel wir umlegen
müssen, um die Energiewende zu schaffen
von HEIKE BANGERT
Wie wichtig Energie ist, hat 2022 gezeigt. Um eine Mangellage
zu vermeiden, mussten andere Ziele zurückstehen. Bis 2045
möchte Deutschland klimaneutral sein. Ist das zu schaffen?
Karen Pittel: Ich bin im Grunde meines Herzens Optimistin.
Insofern denke ich, dass wir das schaffen können.
Dazu müssen wir aber viele Hebel in Bewegung
setzen. Der derzeitige Pessimismus resultiert aus dem
aktuellen Fokus auf fossilen Energieträgern. Dieser
muss langfristig überwunden werden. Da diese Transformation
der gesamten Wirtschaft aber Auftrieb geben
wird, bin ich optimistisch.
Welche Bedeutung kommt fossilen Energieträgern dabei zu?
Pittel: Eine wieder wichtigere. Rankten sich in den
Jahren vor der Energiekrise sämtliche Diskussionen
noch um die Umstellung der Industrie auf die erneuerbaren
Energien, so konzentrierte sich im Vorjahr alles
36
Foto: R. Vinogradova/Ifo-Institut
FOCUS MONEY 4/2023
auf die Sicherstellung von Energie – gerade seitens fossiler
Energieträger und Gas als Brückentechnologie. Das darf aber
nicht den Fokus auf die Transformation verstellen.
BEI DER BEREITSTEL-
LUNG VON ERNEUER-
BAREN ENERGIEN
wird Europa an seine
Grenzen kommen, ist Karen
Pittel überzeugt. Selbst bei
mehr Effizienz wird Europa
Energie importieren müssen
Vita
Prof. Karen Pittel
Geb. 1969 in Hamburg,
VWL-Studium in
Göttingen und Chapel
Hill/North Carolina,
Promotion, TU Chemnitz,
Habilitation, ETH Zürich
2009–2010 Leitung des
Zentrums für Wirtschaftspolitik
der ZHAW
Winterthur, Forschungsaufenthalte
im Ausland
Seit 2010 ist sie Direktorin
des Zentrums für
Energie, Klima und
Ressourcen des Ifo-Instituts,
Leibniz-Institut für
Wirtschaftsforschung, und
Professorin für VWL an der
Ludwig-Maximilians-Universität
München, sie ist
Mitglied von etlichen Beiräten
und Kommissionen
Laufen Investitionen in LNG-Terminals der Energiewende nicht
entgegen?
Pittel: Der Instinkt, die Flüssiggasterminals so lange laufen
zu lassen wie technisch möglich, besteht natürlich. Deshalb
ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass diese ab 2043 in
der Lage sein müssen, Wasserstoff zu verarbeiten. Noch ist
allerdings nicht klar, wie das funktionieren soll. So wissen
wir noch nicht, wie wir Wasserstoff importieren werden. Die
Gefahr, dass Vermögenswerte abgeschrieben werden müssen,
besteht. Nichtsdestotrotz benötigen wir Gas als Brückenenergieträger
im Zuge der Transformation.
Die Einweihung des ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven
nach einer Bereitstellung von wenigen Monaten zeigt, dass es
auch schnell gehen kann – eine Blaupause für andere Projekte?
Pittel: Nur bedingt. Bei den Genehmigungsverfahren wurden
einige Abkürzungen genommen, etwa bei Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Ein Ziel kann nicht auf Dauer
zugunsten eines anderen geopfert werden. Energie ist per se
nicht wichtiger als Artenvielfalt. Das ist juristisch unmöglich
und wäre auch der Glaubwürdigkeit der Energiewende
nicht zuträglich. Aber man kann sehen, welche Verfahrensschritte
geändert werden müssen, um Prozesse zu beschleunigen.
Ein Windpark, für dessen Genehmigung wir derzeit
bis zu sechs Jahre brauchen, kann in zwei bis drei Jahren bewerkstelligt
werden.
Sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen?
Pittel: Auf der Ebene der EU gibt es dazu Vorgaben. Und
auch die Bundesregierung hat ein Paket verabschiedet, das
zu schnelleren Verfahren führen soll, indem Prüfungen beispielsweise
einheitlicher gestaltet werden. Die Tauglichkeit
muss sich aber erst in der Praxis erweisen. Gerade beim Artenschutz
kann es sein, dass an verschiedenen Standorten
unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen sind.
Sie sagten, man müsse viele Hebel in Bewegung setzen – welche?
Pittel: Wir müssen überall gleichzeitig anfangen. Wir
benötigen ausreichend Strom aus erneuerbaren Energiequellen
und neue Technologien für die Mobilität und die
Industrie. Viele dieser Technologien existieren zwar, stehen
aber noch nicht in den benötigten Mengen zur Verfügung
oder sind noch nicht wettbewerbsfähig einsetzbar. Grüner
Wasserstoff für die Stahl- und Chemieindustrie ist da nur ein
Beispiel.
Die Energiewende gibt es nicht umsonst. Sie haben nachgerechnet
und diese Kosten bis zum Jahr 2050 auf 500 Milliarden bis 3000 Milliarden
Euro beziffert. Wie erklärt sich diese Spanne?
Pittel: Sie erklärt sich daraus, dass unterschiedliche Rechnungen
und Annahmen dahinterstehen. Ein Beispiel: Auf
3000 Milliarden Euro kann man kommen, wenn man davon
ausgeht, dass der Wasserstoffbedarf in Deutschland selbst
gedeckt wird. Lässt man hingegen Importe zu, gehen die
FOCUS MONEY 4/2023
37
moneymarkets
ROHÖL
Der Preis
ist heiß
Das erwartete Ausbleiben einer Rezession
und die weitere Öffnung Chinas drohen den
Ölpreis wieder nach oben zu treiben
von HANS-PETER SIEBENHAAR
Die Zentrale des Ölkartells Opec im Herzen Wiens verfolgt
den Verfall des Ölpreises mit Argusaugen.
Schließlich starteten die Ölpreise in der ersten Januarwoche
mit einem Verlust von gut acht Prozent in das neue
Jahr. Das ist der größte Preisrückgang in der ersten Handelswoche
seit sieben Jahren. Der Ölpreis hatte ohnehin im vergangenen
Jahre eine außergewöhnliche Berg-und-Tal-Fahrt
hinter sich. Nach Spitzenpreisen unmittelbar nach dem Angriff
Russlands auf die Ukraine sanken die Preise im vierten
Quartal – sogar mit Jahrestiefständen. Die Volatilität des Ölpreises
war im vergangenen Jahr sogar noch höher als im
überaus turbulenten Corona-Jahr 2020.
Die Opec gibt sich vom Preisverfall nach außen hin unbeeindruckt.
Das Ölkartell zeigt sich gern selbstsicher – trotz
aller Kritik von Klimaschützern und Anstrengungen zum
Ausbau der erneuerbaren Energien. „Der Anteil von Erdöl am
globalen Energiemix wird bis 2045 mindestens 29 Prozent
betragen. Allein auf erneuerbare Energien zu setzen, wird
nicht die Energie liefern, die die Welt braucht“, behauptete
TOTAL
Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit
Das Unternehmen: Der französische Öl- und Gaskonzern Total Energies gehört
zu den größten Unternehmen Europas. Das in Paris ansässige Unternehmen
hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein.
Der global agierende Konzern verkauft nicht nur Sprit, Gas und petrochemische
Produkte, sondern investiert zunehmend in erneuerbare Energien. Total
verfügt über ein Netz von rund 3500 Ladepunkten für Elektrofahrzeuge.
Die Zahlen: Total gilt als robuster Energiekonzern. 2021 erzielte das Unternehmen
einen Umsatz von 156 Milliarden Euro bei einem operativen Ergebnis
von knapp 21 Milliarden Euro. Mit einer Dividendenrendite von 6,2 Prozent
gilt der Energieriese als populäre Aktie für Anleger, die nicht
ausschließlich nach Kriterien der Nachhaltigkeit investieren. Experten schätzen
das Kurspotenzial auf 12,5 Prozent in diesem Jahr.
Quelle: Bloomberg
Rally gestartet
Der starke Aufwärtstrend ist intakt. Trotz des
gesunkenen Öl- und Gaspreises legte die
Aktie im vierten Quartal des vergangenen
Jahres zu. Analysten erwarten ein Kurspo-
TotalEnergies
tenzial von durchschnittlich 67 Euro.
Kurs der Total-Aktie in Euro
200-Tage-Linie
20
2018 19 20 21 22 2023
50
40
30
40
Foto: Bloomberg
FOCUS MONEY 4/2023