alice - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
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ückten, Säufern und Huren. Es sind düstere<br />
Märchen für Erwachsene, ihre Helden meist<br />
tragische Verlierer, hoffnungslos Gescheiterte,<br />
aussichtslos Liebende. In <strong>alice</strong> treffen<br />
die eingängigen Melodien wehmütiger Balladen<br />
und Liebeslieder auf schräge Songs<br />
voller assoziativer Wortketten und surrealer<br />
Bildwelten.<br />
Der erste Song mit dem Titel <strong>alice</strong> ist Carrolls/Dodgsons<br />
Obsession für das Mädchen<br />
gewidmet. Dodgson träumt und beschwört<br />
Bilder einer eisigen Landschaft herauf. Der<br />
Mond, ein gefrorener Weiher, das Meer<br />
und die Tränen sind Motive, die in späteren<br />
Songs wiederkehren werden. Es existiert<br />
eine Welt unterhalb der gefrorenen Oberfläche,<br />
in der Alice auf ihn wartet. Weil er<br />
nicht zu ihr gelangen kann, zieht er mit den<br />
Kufen seiner Schlittschuhe ihren Namen<br />
nach, bis das Eis nachgibt. Alice ist seine<br />
Sehnsucht und sein Abgrund – also stürzt er<br />
sich hinein und verschwindet in ihr. Heimliche<br />
Küsse, Wahnsinn und Wonne: „There’s<br />
only Alice“ / „es gibt nur Alice.“<br />
Mit dem zweiten Song wechselt die Perspektive.<br />
Alice ist „under ground”, befindet<br />
sich in einem merkwürdigen Übergangsreich<br />
zwischen Himmel und Hölle, Wachen und<br />
Träumen. No one knows, i’m gone / „Keiner<br />
weiß, dass ich weg bin“ ist Alices Song über<br />
ihr Verschwinden.<br />
In No one puts flowers on the grave beschreibt<br />
die Rose den ewigen Kreislauf von<br />
Leben und Sterben, Erblühen und Verwelken.<br />
Nach dem Tod einer Blume erblüht irgendwo<br />
prachtvoll eine andere – doch niemand legt<br />
je Blumen auf das Grab einer Blume.<br />
Es folgt das Lied der Raupe, mit dem<br />
Waits und Brennan Alice in das Reich der<br />
Jahrmarktattraktionen, der Krüppel und<br />
anatomischen Wunderwesen entführen.<br />
Tabletop Joe / „Tischplatten-Joe“ existierte<br />
tatsächlich, ein Mann ohne Unterleib, der<br />
seine unglückliche Kindheit hinter sich lässt<br />
und dank seiner Liebe zur Musik den Traum,<br />
berühmt zu werden, in der Welt der Jahrmärkte<br />
und Freakshows verwirklichen kann.<br />
In der „Coney Island Dreamland-Show“ hat<br />
er sein eigenes Orchester, genießt Reichtum,<br />
Ansehen und Popularität – und straft all<br />
diejenigen Lügen, die stets nur den Krüppel<br />
sahen. Er zeigt es ihnen, gerade indem er<br />
bleibt, wie er war und nicht weiter wächst.<br />
Johnny Eck, das reale Vorbild für Tabletop<br />
Joe, wurde u. a. durch den Film freaks von<br />
1932 bekannt.<br />
Die verrückte Teegesellschaft konfrontiert<br />
Alice mit absurden Bildfolgen von Wahnsinn<br />
und Verwesung, Würmern, Krüppeln<br />
und herum kullernden Augäpfeln. Die Zeit<br />
ist durchgedreht, nichts überdauert, alles<br />
verfällt. „Hell is such a lonely place – we’re<br />
all mad here.” Die Horrorszenarien und<br />
Alptraumfantasien der verrückten Teegesellschaft<br />
kontrastieren Waits/Brennan mit<br />
dem Liebesduett fish and bird, gesungen<br />
von Alice und dem weißen Ritter. Die am<br />
Tresen einer Taverne von einem Matrosen<br />
erzählte Geschichte von dem kleinen Vogel,<br />
der sich in einen Wal verliebte, ist die Parabel<br />
einer unmöglichen Liebe. Weil der eine<br />
nicht im Ozean, der andere nicht in der Luft<br />
leben kann, bleibt eine Vereinigung Utopie,<br />
dem Sehnsuchtskosmos einer Fantasiewelt<br />
vorbehalten, in der alle Gesetzmäßigkeiten<br />
aufgehoben sind. In der Realität wissen sie,<br />
dass sie sich trennen müssen – und bleiben<br />
doch untrennbar verbunden.<br />
Nach der Pause steigt die Geschichte mit<br />
dem Sprechgesang des altar boy wieder<br />
ein – und der Tragödie des verpfuschten, von<br />
Unterdrückung und Missbrauch gezeichneten<br />
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