Clearing - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus
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Computerspiele oder besser E-Games = Elektronic<br />
Games als zusammenfassender Oberbegriff auf Konsolenbasierender<br />
Videospiele <strong>und</strong> PC-Computerspiele<br />
- eine eigene, weite Welt, in der man sich schnell<br />
verlaufen kann <strong>und</strong> vor lauter Angeboten nicht wieder<br />
herausfindet. Beim Surfen Im Internet arbeitete ich<br />
mich zunächst durch die Kaufangebote von Gameboy,<br />
Nintendo, X-Box. Playstation oder Gamecube<br />
bis zu den einzelnen Spielen wie Siedler, Tomb Raider,<br />
Gothik 2 oder Counterstrike durch, bis ich meinem<br />
Ziel langsam näher kam: den Nebenwirkungen.<br />
Auslöser für meine Recherche war ein sehr aufrüttelndes<br />
Ereignis: Ein Jugendlicher einer Profifamilie ®<br />
erlitt bei einer LAN-Party einen epileptischen Anfall.<br />
Glücklicherweise waren die Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> die Eltern<br />
des Gastgebers in der Nähe, so dass sie Hilfe holen<br />
<strong>und</strong> später dem Jungen <strong>und</strong> uns berichten konnten,<br />
was passiert war. Erst jetzt kamen wir auf die Idee,<br />
die Spielehandbücher genauer zu lesen bzw. ernst<br />
zunehmen, in denen dann auch tatsächlich vor epileptischen<br />
Anfällen gewarnt wurde. Ich nehme dieses<br />
zum Anlass, allgemein über die Warnhinweise<br />
<strong>und</strong> Gefahren zu informieren.<br />
Bei übermäßigem Konsum von Computerspielen<br />
oder auch Computernutzung allgemein kann es zu<br />
Schlafdefizit, Schlafstörungen, Halluzinationen, Konzentrationsschwächen<br />
<strong>und</strong> Nervenschäden (Karpaltunnelsyndrom)<br />
kommen. Durch das ständige Sitzen<br />
<strong>und</strong> den Bewegungsmangel können Übergewicht<br />
sowie Haltungsschäden <strong>und</strong> die Rückbildung der<br />
Muskulatur entstehen. Das Auslassen der Mahlzeiten,<br />
weil während des Spielens alles vergessen<br />
wird, kann auch zu Untergewicht führen.<br />
Das Auftreten von Gaming Sickness (Übelkeit) ist<br />
möglich. In vielen Spielehandbüchern werden außerdem<br />
Epilepsiewarnungen ausgesprochen.<br />
Eine Studie (von November 05) der Berliner Charité<br />
zeigte, dass etwa jeder zehnte Computerspieler<br />
Abhängigkeitskriterien erfüllt, welche mit denen von<br />
anderen Süchtigen, wie beispielsweise Alkoholabhängigen,<br />
vergleichbar sind. Eine hirnphysiologische<br />
Untersuchung von fünfzehn „normalen“ <strong>und</strong> fünfzehn<br />
„exzessiven“ Computerspielern ergab, dass<br />
exzessives Spielen zur Sucht führen kann. Als ex-<br />
Computerspiele<br />
Nebenwirkungen <strong>und</strong> Sucht<br />
zessiver Spieler wurde man eingeschätzt, wenn man<br />
mindestens drei international anerkannte Kriterien<br />
für Abhängigkeit erfüllte: Unstillbares Verlangen,<br />
Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Vernachlässigung<br />
anderer Interessen, Kontrollverlust, anhaltend<br />
exzessives Spielen trotz schädlicher Folgen.<br />
Bei kaum einer anderen Sucht ist die Dunkelziffer so<br />
hoch wie bei der Computersucht - nur wenige Fälle<br />
kommen in Behandlung, so dass es kaum ein Bewusstsein<br />
in unserer Gesellschaft dafür gibt. Viele<br />
Betroffene sind eher Einzelgänger, haben wenige<br />
soziale Kontakte. Oft zeichnen sie sich durch eine<br />
hohe Intelligenz aus. Die Computersucht betrifft vor<br />
allem Männer - die Gefahr der Suchtausprägung ist<br />
am größten im Alter zwischen 14 <strong>und</strong> 20 Jahren.<br />
Eine Computersucht kann einen Rückzug in die<br />
virtuelle Welt zur Folge haben. Vor allem bei Problemen<br />
im Alltag <strong>und</strong> sozialen Schwierigkeiten kann<br />
die Computerwelt zu einer Ersatzwelt werden, die<br />
man sich zurechtrücken kann <strong>und</strong> in der man auch<br />
manchmal den Helden spielen kann.<br />
Leider bewirkt dies, dass der Betroffene noch weniger<br />
soziale Kontakte pflegt, das Gefühl der Einsamkeit<br />
stärker wird <strong>und</strong> kompensiert wird durch die Beschäftigung<br />
mit dem Computer. Es folgt eine soziale, dann<br />
zunehmend auch körperliche Verwahrlosung.<br />
Bei dem Jugendlichen in unserer Einrichtung mussten<br />
wir, um ihn zu schützen, erst einmal sicherstellen,<br />
dass er nicht mehr lange Zeit im Stück am<br />
Computer spielen kann. Leider hat er selber keine<br />
Einsicht für die Notwendigkeit entwickelt - er selbst<br />
hat seinen epileptischen Anfall ja auch nicht bewusst<br />
erlebt. Dafür aber seine Fre<strong>und</strong>e, die davon sehr<br />
aufgerüttelt waren <strong>und</strong> eine Wiederholung nicht riskieren<br />
wollen.<br />
Wie in der Therapie für Computersüchtige empfohlen,<br />
hatten wir vorher nicht den Weg des Entzugs<br />
gewählt, da er soziale Kontakte über das gemeinsame<br />
Interesse am PC pflegte, wobei wir die Zeit für<br />
das Spiel begrenzt haben. Diesen Weg stellen wir<br />
inzwischen in Frage <strong>und</strong> haben ihm für eine begrenzte<br />
Zeit das PC-Spielen zu Hause komplett<br />
verboten. Wir sehen, wie stark seine Unruhe nachlässt,<br />
wie andere Interessen wieder größer werden<br />
<strong>und</strong> auch die Konzentration auf andere Dinge stärker<br />
wird. Auch die Auswirkung auf die Beziehung zu<br />
den Profieltern ist sichtbar: Gespräche entstehen,<br />
gemeinsame Tätigkeiten sind ganz anders möglich,<br />
die Beziehung intensiviert sich.<br />
Aber auch die Kämpfe um das<br />
Spielen werden härter <strong>und</strong> seine<br />
Suche nach Schlupfwinkeln - das<br />
Problem ist damit noch lange nicht<br />
gelöst.<br />
Helga Ache<br />
Erziehungsleitung<br />
Ausgabe 53 19 KIM