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WIR SIND PROFIFAMILIE - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus

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Ausgabe 80 Juni / Juli 2011<br />

<strong>WIR</strong> <strong>SIND</strong> <strong>PROFIFAMILIE</strong> ®<br />

Kann ich das überhaupt? (Seite 16)<br />

Ich habe mehr als eine Familie (Seite 30)<br />

Verselbstständigung (Seite 50) Ausbildung (Seite 51)<br />

®


<strong>Kinder</strong>-<br />

erziehung<br />

Im kommenden Heft möchten<br />

wir unter diesem Thema einiges<br />

veröffentlichen. Wir würden<br />

uns freuen, wenn auch<br />

viele außerhalb des Redaktionsteams<br />

dazu Beiträge einreichen<br />

würden. Es müssen<br />

nicht immer seitenfüllende<br />

Artikel sein, auch kurze Bemerkungen,<br />

Hinweise <strong>und</strong><br />

Statements können wir unterbringen.<br />

Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit.<br />

Lesen Sie auch:<br />

Wonneproppen des Monats<br />

Seite 22<br />

Nachwuchs in der IPW Borken<br />

Seite 48<br />

Wissenswertes über die<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

<strong>Backhaus</strong> Seite 59<br />

Inhalt<br />

Seite<br />

Vorwort ................................................................................................. 2<br />

Intro Familie <strong>Backhaus</strong> Fam. <strong>Backhaus</strong> ........................................... 3<br />

„Wir sind Profifamilie ® “ Y. Schauf .................................................... 4<br />

Fotowettbewerb P. Schmackpfeffer ................................................... 5<br />

GfS Aurich H. Treblin .......................................................................... 6<br />

- Frau + Frau + <strong>Kinder</strong> = Profifamilie ® PR <strong>und</strong> H. Treblin .............. 7<br />

- Und wie geht es weiter H. Treblin ................................................. 8<br />

GfS Berlin K. Barth <strong>und</strong> S. Tönjes .................................................... 11<br />

- Das erste Kind in Berlin vor 5 Jahren K. Barth ......................... 12<br />

GfS Bremen H. Ache, U. Pügner-Selke <strong>und</strong> C. Struck ..................... 13<br />

- Wenn wir dich nicht hätten U. Eykamp ...................................... 15<br />

GfS Emsland ..................................................................................... 16<br />

- Kann ich das überhaupt? C. Lüken ............................................ 16<br />

- Wie gestaltet sich der Weg zum Kind R. Weusthof ................... 17<br />

- Die Arbeit mit der Herkunftsfamilie U. Meiners ......................... 18<br />

- Rückblick: Wir wurden Profifamilie ® I. Stehmann ..................... 19<br />

- Jennifer <strong>und</strong> Andrea erzählen J. Burke u. A. Stehmann ............. 19<br />

- Erster Fachtag für Profieltern im Emsland C. Lüken ................ 20<br />

GfS Hamburg A. Schmitz Köster u. C. Arndt .................................... 22<br />

GfS Lüneburg D. Arlt <strong>und</strong> A. Schmitz-Köster ................................... 23<br />

GfS Münster U. Kunze ....................................................................... 26<br />

GfS Oldenburg K. Heimberg ............................................................ 28<br />

- „Aber ich hab dir doch alles gegeben“ K. Heimberg ................ 28<br />

- Ich habe mehr als eine Familie P. Schmackpfeffer .................... 30<br />

GfS Osnabrück .................................................................................. 32<br />

- In (Ver-) Bindung bleiben PR <strong>und</strong> U. Hesselkamp ..................... 33<br />

- Wir sind unsere Familie PR <strong>und</strong> C. Gerbus ................................ 34<br />

GfS Uckermark .................................................................................. 35<br />

- Profifamilie ® in der Uckermark G. Steinmetz ............................. 35<br />

- Ein Lebenstraum PR <strong>und</strong> K. Buse ............................................... 36<br />

- „Was ist das Besondere daran, Profieltern zu sein?“ R. Kraus 37<br />

Der psychologische Dienst U. Sabrowski-Lübbers ........................ 40<br />

Die Mädchengruppe J. Oelerink ...................................................... 40<br />

Traumatisierte <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> ihr Verhalten M. Wischka ................... 41<br />

Bindungskonzept in Gruppenpädagogischen Einrichtungen ...... 42<br />

D. Robben<br />

Diagnostik in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> E. Keeve ................... 44<br />

Professionelle Distanz <strong>und</strong> persönliche Nähe in der Clearingstelle ... 46<br />

C. Rensmann<br />

Die Intensiv Pädagogische Wohngruppe Borken stellt sich vor . 47<br />

Einblicke in die Arbeit <strong>und</strong> das Leben im Kleinstheim <strong>Backhaus</strong> . 48<br />

Verselbstständigung A. Lübken <strong>und</strong> D. Hölscher ........................... 50<br />

Ein Weg wird fortgeführt A. Lübken <strong>und</strong> D. Hölscher ..................... 51<br />

Ausbildung in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ................. 51<br />

- HauswirtschafterIn B. Struckmann ................................................ 52<br />

- Fachpraktiker in Hauswirtschaft S. Vogel ................................... 53<br />

- Der Ausbildungsberuf Koch/Köchin in der KJHB H. Stover ...... 53<br />

Sonderpädagogische Zusatzausbildung M. Schute ..................... 55<br />

Rätsel <strong>und</strong> Lösungen ....................................................................... 56<br />

Fast das Letzte Diesmal: Was ist „In“ <strong>und</strong> „Out“? .............................. 58<br />

Ausgabe 80 1 KiM ®


Einsendeschluss<br />

des August-/ September-Durchblicks<br />

ist der<br />

1. Juli 2011<br />

Liebe Leserin!<br />

Lieber Leser!<br />

Vorwort<br />

„Wir sind Profifamilie ® “ ist das Leitthema dieser Durchblick-Ausgabe.<br />

Das trifft nun auch auf meine Familie zu, wir sind eine Profifamilie ® . Vor<br />

nunmehr über 11 Jahren haben meine Frau <strong>und</strong> ich entschlossen, <strong>Kinder</strong><br />

bei uns aufzunehmen. Unsere eigenen <strong>Kinder</strong> hatten ein gewisses<br />

Alter erreicht <strong>und</strong>, eingeweiht in unser Vorhaben,<br />

waren auch sie gespannt auf die neuen „Geschwister“.<br />

Nachdem wir die Vorbereitungszeit abgeschlossen<br />

hatten, war es dann am 23. Dezember 2000<br />

soweit. Unsere Familie bekam Zuwachs. Auf dem<br />

Bild links sehen Sie die gesamte Profifamilie ® , wie<br />

wir uns vor ca. 3 Jahren haben ablichten lassen,<br />

zugegeben schon einige Tage alt, die gesamte Profifamilie<br />

® .<br />

Ich könnte an dieser Stelle von den Voraussetzungen,<br />

eine Profifamilie ® zu gründen, von der Vorbereitungszeit,<br />

der Anbahnungszeit, den Herausforderungen<br />

der letzten 10 Jahre, vom Verhältnis zwischen<br />

einer Profifamilie ® <strong>und</strong> der Nachbarschaft,<br />

den Vereinen oder der Schule berichten, dies tun<br />

aber schon verschiedene Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen in dem Ihnen nun<br />

vorliegenden Heft. Wenn Sie viel über unser Konzept <strong>und</strong> unsere Arbeit<br />

erfahren wollen, empfehle ich Ihnen die Lektüre der nun folgenden Seiten.<br />

Sie erfahren auch, dass verschiedene <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendwohngruppen<br />

mit den verschiedensten Konzepten, Kleinstheimen <strong>und</strong> die<br />

Clearingstelle wichtiger Bestandteil unserer Arbeit sind. Wir freuen uns<br />

auch, dass wir in verschiedenen Bereichen Jugendlichen die Möglichkeit<br />

einer Ausbildung zu einem Beruf ermöglichen können. Über all diese<br />

Themen werden sie in dieser Ausgabe informiert. Wir möchten aber<br />

in diesem Zusammenhang auf unseren Internetauftritt hinweisen. Dort<br />

können sie unter der Adresse www.profifamilie.de noch viele weitere<br />

Details über unsere Arbeit erfahren.<br />

Noch ein Jubiläum in eigener Sache: In diesen Tagen jährt sich meine<br />

Arbeit in der Durchblick-Redaktion. Seit nun 10 Jahren, für 60 Ausgaben,<br />

war ich für die Gestaltung des Durchblicks tätig. Der Durchblick ist<br />

aber ein Gemeinschaftswerk aller Mitarbeiter der Einrichtung <strong>und</strong> ich<br />

freue mich, dass wir Ihnen immer wieder, alle zwei Monate, eine interessante<br />

Ausgabe aushändigen können. Ich hoffe, Sie sind mit unserer<br />

Arbeit zufrieden. Viele Ausgaben (bis zurück zur Ausgabe 40 aus dem<br />

Jahr 2004) können Sie sich auch im Internet anschauen. Auf der oben<br />

schon genannten Hompage klicken Sie links auf „Veröffentlichungen“<br />

<strong>und</strong> dann auf „Ausgabe Durchblick“. Zwei Optionen stehen hier zur<br />

Verfügung: 1. Ansicht des aktuellen Durchblicks <strong>und</strong> 2. Durchblick Archiv.<br />

In diesem Sinne, viel Freude beim Lesen wünscht<br />

Ausgabe 80 2 KiM ®<br />

Ihr<br />

Durchblick Redaktion<br />

Erziehungsleiter<br />

GfS Emsland


Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

bisher konnte keine Ausgabe des Durchblicks unsere Kernkompetenz<br />

„Profifamilie ®“ besser darstellen als diese. Durch die unterschiedlichen<br />

Perspektiven der Autorinnen <strong>und</strong> Autoren, können<br />

wir Ihnen in einer großen Vielfalt das Leben, die Arbeit, die<br />

Profession <strong>und</strong> den Sinn einer Profifamilie ® näher bringen. Zu<br />

verdanken sind diese tiefen Einblicke ehemaligen <strong>Kinder</strong>n, die in<br />

unseren Erziehungsstellen aufwuchsen, Profieltern, die hier viele<br />

Jahre ihres professionellen Engagements resümieren <strong>und</strong> Erziehungsleitungen,<br />

die zum Teil seit Jahrzehnten für die <strong>Kinder</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> im Einsatz sind. Eindrucksvoll erfahren<br />

Sie von Profieltern, über ihre bewusste Entscheidung ihren<br />

Arbeitsplatz nach Hause zu verlegen. Jedoch werden Sie bei dieser<br />

Lektüre feststellen, dass die Entscheidung, einem jungen<br />

Menschen Heimat <strong>und</strong> Perspektiven zu bieten, nur bedingt durch<br />

ein Arbeitsverhältnis motiviert ist. Eine Bindung einzugehen, bedeutet<br />

Verantwortung zu übernehmen. Eine Verantwortung, die<br />

nicht nur das Leben des aufgenommenen Kindes /Jugendlichen<br />

prägt, sondern das gesamte Familiensystem. Großer Respekt gebührt<br />

den Profifamilien ® für ihren nachhaltigen Einsatz an der<br />

Gesellschaft!<br />

Durch das Bindungskonzept, gepaart mit unserem Leitmotiv<br />

„KiM ®“ (Kind im Mittelpunkt), ist es uns heute möglich, mit 365<br />

überwiegend pädagogischen Fachkräften 384 jungen Menschen<br />

einen geschützten Rahmen für deren Entwicklung zu bieten.<br />

Trotz der immer stärkeren Differenzierung unserer Hilfeangebote,<br />

steht die Konzeption der Profifamilie ® für uns an erster Stelle.<br />

Keine anderen stationären Erziehungshilfen lassen eine so intensive<br />

Bindungsarbeit zu, wie sie im familiären <strong>und</strong> doch professionellen<br />

Rahmen einer Profifamilie ® geleistet werden können.<br />

Wenn Sie als Pädagogin oder Pädagoge einem Kind, das nicht in<br />

seiner Herkunftsfamilie leben kann, ein neues Zuhause geben<br />

möchten, sind Sie willkommen, an unserer 36-jährigen Erfahrung<br />

teilzuhaben. Gerne stellen wir Ihnen Ihre Vorteile <strong>und</strong> Perspektiven<br />

vor, die Sie bei den Pionieren der Erziehungsstellenarbeit<br />

erwarten können.<br />

Herzliche Grüße<br />

Ihre<br />

Familie <strong>Backhaus</strong><br />

Ausgabe 80 3 KiM ®


„Wir sind Profifamilie ®“<br />

Aber was ist eigentlich eine Profifamilie ® ?<br />

Die <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong>, folgend<br />

KJHB genannt, bietet ein breites Spektrum an Hilfen<br />

für benachteiligte junge Menschen. Neben gruppenpädagogischen,<br />

ambulanten <strong>und</strong> diagnostischen<br />

Angeboten wird der überwiegende Teil der KJHB -<br />

Hilfen innerhalb der Profifamilien ® realisiert.<br />

Die KJHB wurde 1976 von Gerhard <strong>und</strong> Marianne<br />

<strong>Backhaus</strong> gegründet, die heute als Träger fungieren.<br />

Die Zentrale <strong>und</strong> die Verwaltung befinden sich im<br />

emsländischen Meppen. Arbeitgeber der Profifamilien<br />

® sind die Gesellschaften für familienorientierte<br />

Sozialpädagogik. Jede Gesellschaft hat ihren Sitz in<br />

einem pädagogischen Zentrum. Diese Zentren sind<br />

so angesiedelt, dass die Erreichbarkeit der Profifamilie<br />

® gewährleistet ist. In den Zentren finden die<br />

Vorbereitungskurse, regelmäßige Erziehungskonferenzen,<br />

Herkunftsfamilienkontakte <strong>und</strong> Fortbildungen<br />

statt. Die Erziehungsleiter sind Ansprechpartner<br />

für die Profifamilien ® . Die Profifamilien ® der Regionen<br />

bilden, gemeinsam mit dem Erziehungsleiter,<br />

ein vertrauensvolles professionelles Kollegium, die<br />

in einer großen Methodenvielfalt, individuell nach<br />

Maßgaben des Hilfeplans arbeiten. Die gesetzliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Unterbringung ist der SGB VIII § 34.<br />

Gr<strong>und</strong>lage der pädagogischen Arbeit in der KJHB,<br />

ist die Bindungstheorie <strong>und</strong> das daraus abgeleitete<br />

Bindungskonzept. Von der Profifamilie ® werden junge<br />

Menschen aufgenommen, die durch ihre Lebenssituation<br />

sehr hoch belastet sind. Eine Tag <strong>und</strong><br />

Nacht Betreuung außerhalb der Herkunftsfamilie ist<br />

notwendig.<br />

In einem sicheren Rahmen wird den jungen Menschen<br />

die Möglichkeit gegeben, ihre traumatischen<br />

Erfahrungen aufzuarbeiten.<br />

Um den Bindungsprozess tragfähig umsetzen zu<br />

können verläuft der Prozess in folgenden Schritten:<br />

In den pädagogischen Zentren werden Vorbereitungskurse<br />

zur Aufnahme eines Kindes durchgeführt.<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung zur Aufnahme eines Kindes<br />

ist, dass wenigstens ein Teil der Familie eine<br />

abgeschlossene <strong>und</strong> anerkannte pädagogische<br />

Ausbildung hat. Gr<strong>und</strong>lage dieses intensiven Vorbereitungskurses<br />

ist das hauseigene Curriculum welches<br />

folgende Themenschwerpunkte beinhaltet.<br />

Vorbereitung auf die Veränderung in der Familiendynamik<br />

- Bindungskonzept<br />

- Übertragung <strong>und</strong> Gegenübertragung<br />

- Erkennen von Bindungsstörungen <strong>und</strong> traumatischen<br />

Erfahrungen, deren Ursachen, Auswirkungen<br />

<strong>und</strong> Verarbeitung<br />

- Trauer <strong>und</strong> Abschied<br />

- Rechte <strong>und</strong> Pflichten aller Beteiligten<br />

- Eine intensive Biographiearbeit<br />

- Arbeit mit der Herkunftsfamilie<br />

- Wünsche <strong>und</strong> Erwartungen aller Beteiligten<br />

- Definition der Bindungstheorie<br />

- Erkennung von Störungen <strong>und</strong> der Umgang damit<br />

- Welches Kind passt in meine Familie<br />

In der Zeit der Vorbereitung ist es uns ein Anliegen,<br />

die Familie auf die Aufgabe vorzubereiten. Nur,<br />

wenn allen Familienmitgliedern vor der Aufnahme<br />

klar ist, was sich durch die Aufnahme in der Familie<br />

verändert, können wir Abbrüchen vorbeugen.<br />

Nach der Teilnahme am Kolloquium wird über das<br />

jeweilige Landesamt eine Betriebserlaubnis für die<br />

jeweilige Familie <strong>und</strong> deren Wohnraum beantragt.<br />

Erst wenn diese Schritte erfolgreich gemeistert <strong>und</strong><br />

alle Beteiligten sich sicher sind, dass die Aufnahme<br />

eines Kindes stattfinden kann, kommt es zur Anbahnung<br />

vor der Aufnahme. In der Regel ist es so, dass<br />

das Jugendamt eine Kindesanfrage an die Einrichtung<br />

stellt. Im Leitungsteam wird sorgfältig geprüft,<br />

welche Hilfen das Kind benötigt <strong>und</strong> welche Familie<br />

hierfür geeignet wäre.<br />

Bevor es zu einem Kontakt zwischen den Erwachsenem<br />

<strong>und</strong> dem Kind kommt, haben sich alle Beteiligten<br />

eingehend über die Biographie des Kindes<br />

informiert. Erst wenn alle Beteiligten ein Kennenlernen<br />

befürworten, kommt es zu einem ersten anonymen<br />

Sichtkontakt in der gewohnten Umgebung des<br />

Kindes. Hier kommt es besonders auf den „ersten<br />

Funken“ zwischen den Beteiligten an. Erfahrungen<br />

haben gezeigt, dass sich Sympathien bzw. Antipathien<br />

bereits nach einigen Minuten der Begegnung<br />

abzeichnen.<br />

Ist diese Begegnung positiv verlaufen, bestimmen<br />

die Bedürfnisse des Kindes das Tempo der Anbahnung.<br />

Die potentielle Profifamilie ® besucht das Kind<br />

mehrfach in seiner gewohnten Umgebung. Hat das<br />

Kind Vertrauen gefasst, kann es auch gemeinsame<br />

Unternehmungen außerhalb der vertrauten Umgebung<br />

geben. Ist die Neugier auf das Umfeld der<br />

familiären Umgebung gewachsen, wird ein Besuch<br />

in der Profifamilie ® arrangiert. Diese Besuche werden<br />

bis hin zu mehreren Übernachtungen intensiviert,<br />

bis das Kind letztendlich ganz in die Profifamilie<br />

® einzieht.<br />

Mit der Aufnahme des <strong>Kinder</strong>s bekommt der pädagogische<br />

Teil der Familie eine Anstellung mit 20<br />

St<strong>und</strong>en über die KJHB.<br />

Durch die Anstellung bleibt der Erziehungsleiter<br />

weisungsbefugt. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit<br />

als Profifamilie ® ist die regelmäßige Teilnahme an<br />

Erziehungskonferenzen. Die Inhalte der Konferenzen<br />

richten sich vorrangig nach den pädagogischen<br />

Notwendigkeiten in den Bedürfnissen der uns anvertrauten<br />

<strong>Kinder</strong>. Es findet eine Reflexion über Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Ereignisse mit dem Kind statt. Die Arbeit<br />

Ausgabe 80 4 KiM ®


mit der Herkunftsfamilie wird in der Erziehungskonferenz<br />

thematisiert <strong>und</strong> Besuche werden vorbereitet<br />

<strong>und</strong> reflektiert. Des Weiteren können in den Konferenzen<br />

organisatorische Dinge geklärt werden.<br />

Die Qualität der Arbeit ergibt sich aus der<br />

- Leidenschaft an dieser Arbeit<br />

- Zielgruppenzuordnung<br />

- Fortbildung <strong>und</strong> Weiterbildung der Mitarbeiterschaft<br />

- Kontinuierliche Begleitung aller Prozesse<br />

- Alltagstauglichkeit <strong>und</strong> Realisierbarkeit<br />

- Vorgehensweise nach Richtlinien des Qualitätsmanagementes<br />

Fotowettbewerb<br />

- Entwicklungsgerechte Ausgestaltung<br />

Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden<br />

durch die Qualitätssteuerungsgruppe ständig aktualisiert,<br />

erweitert <strong>und</strong> die in die Handbücher des Qualitätsmanagementes<br />

eingepflegt.<br />

Unser Leitmotiv ist wegweisendes<br />

Kriterium in allen Entscheidungsprozessen:<br />

KiM ® - Kind im<br />

Mittelpunkt.<br />

Yvonne Schauf<br />

Pädagogische Gesamtleitung<br />

Mein schönstes Urlaubsfoto zum Thema „Wasser“<br />

Die Urlaubs- <strong>und</strong> Reisezeit steht vor der Tür! Ein<br />

wichtiger Begleiter auf jeder Reise ist heutzutage die<br />

Digitalkamera <strong>und</strong> solch eine gibt es auch bei unserem<br />

Fotowettbewerb zu gewinnen!!! Also, aufgepasst<br />

<strong>und</strong> mitgemacht! Fotografiert fleißig, spontan<br />

oder auch wohl überlegt während des Urlaubes <strong>und</strong><br />

sucht ein schönes Foto aus, was besonders toll <strong>und</strong><br />

originell ist <strong>und</strong> mit dem Thema „Wasser“ zu tun hat!<br />

Das kann zum Beispiel ein Wasserfall, eine Kanutour,<br />

ein Tautropfen auf dem Gras, ein laufender<br />

Wasserhahn, ein Foto im Schnee oder ein Geysir<br />

sein! Alles ist möglich, wichtig ist nur, dass es zum<br />

Thema „Wasser“ passt <strong>und</strong> auf dem Foto aus datenschutzrechtlichen<br />

Gründen keine Gesichter von<br />

aufgenommenen <strong>Kinder</strong>n erkennbar sind.<br />

Wird das Foto aus Sardinien gewinnen? Nein, denn es ist<br />

von mir…<br />

Das Foto sollte in digitalisierter Form in einer maximalen<br />

Auflösung von 1 MB (!) per E-Mail an zentrale@profifamilie.de<br />

oder auf CD an die KJHB, Stichwort<br />

„Fotowettbewerb“ (Fillastr. 7, 49716 Meppen),<br />

eingesandt werden. 20.08.2011 ist Einsendeschluss.<br />

Jeder kann daran teilnehmen <strong>und</strong> maximal 2 Fotos<br />

einsenden, die er selber fotografiert hat. Zu jedem<br />

Foto sollte stehen, wo <strong>und</strong> auf welcher Reise es<br />

aufgenommen wurde <strong>und</strong> natürlich von wem!<br />

Der Gewinner bekommt eine Digitalkamera im Wert<br />

von 80,- Euro, die Preisträger des 2. <strong>und</strong> 3. Platzes<br />

erhalten eine Überraschung im Wert von ca. 10,-<br />

Euro.*<br />

Ich bin gespannt, was eingesandt wird. Die Fotos<br />

der Gewinner werden in der 81.<br />

Ausgabe des Durchblicks veröffentlicht.<br />

Viel Spaß beim Fotografieren!<br />

Petra Schmackpfeffer<br />

Erziehungsleiterin<br />

GfS Oldenburg<br />

*Teilnahmebedingungen:<br />

Teilnehmen können alle, ausgenommen sind Berufsfotografen.<br />

Die Teilnehmer versichern, dass sie über alle<br />

Rechte am eingereichten Foto verfügen <strong>und</strong> das Foto frei<br />

von Rechten Dritter ist sowie bei der Darstellung von Personen<br />

keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Die<br />

KJHB übernimmt keine Haftung für den Verlust oder eventuelle<br />

Beschädigungen an den eingereichten Fotos. Jeder<br />

Teilnehmer räumt der KJHB mit der Einreichung seiner<br />

Fotos unentgeltlich die Berichterstattung darüber in dem<br />

Durchblick <strong>und</strong> die nicht kommerzielle Nutzung der Bilder<br />

für Dekoration <strong>und</strong> zu Ausstellungszwecken innerhalb der<br />

KJHB ein. Die von den Einsendern eingereichten personenbezogenen<br />

Daten werden bei einer Veröffentlichung<br />

der Bilder im Rahmen des Fotowettbewerbs (Berichterstattung<br />

im Durchblick) weitergegeben. Der Teilnehmer<br />

erklärt sich ausdrücklich hiermit einverstanden.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Ausgabe 80 5 KiM ®


Die GfS - Aurich ist nach dem Stammhaus in Meppen<br />

die älteste<br />

Einrichtung der<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><strong>Backhaus</strong>.<br />

Ihr sind<br />

Profifamilien ®<br />

(Erziehungsstellen)<br />

aus der<br />

gesamten Region<br />

zugeordnet.<br />

Hier befinden sich die Büros der drei Erziehungsleitungen<br />

<strong>und</strong> verschiedene Gruppen- <strong>und</strong> Gesprächsräume.<br />

Die ansprechenden Räumlichkeiten dienen der<br />

Durchführung von wöchentlichen Erziehungskonferenzen,<br />

für Hilfeplangespräche <strong>und</strong> für Kontakte zwischen<br />

den aufgenommenen <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> ihren Herkunftsfamilien.<br />

Die GfS Aurich verfügt über eine große Außenanlage<br />

mit vielfältigen Spiel- <strong>und</strong> Erlebnismöglichkeiten<br />

für <strong>Kinder</strong>, zum Beispiel eine Hüpfkissenanlage, die<br />

� seit 18 Jahren gibt es die GfS in Aurich -<br />

Walle<br />

� 23 Profifamilien ® werden durch die GfS<br />

Aurich momentan betreut <strong>und</strong> begleitet<br />

� zurzeit leben 35 <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />

in Profifamilien ®<br />

� es sind 13 Mädchen <strong>und</strong> 22 Jungen im<br />

Alter von 1;6 bis 20;4 Jahren<br />

� wir arbeiten mit 31 Herkunftsfamilien eng<br />

zusammen<br />

� 3 Erziehungsleitungen begleiten die Profifamilien<br />

®<br />

� 5 Profifamilien ® -Teams beraten sich regelmäßig<br />

kollegial<br />

� 7 Tage im Jahr findet eine GfS eigene<br />

Ferienfreizeit für alle <strong>Kinder</strong> aus den Profifamilien<br />

® statt<br />

GfS Aurich<br />

GfS-Aurich in Zahlen<br />

große Lagerfeuerstelle, ein Sandkasten, Klettergeräte<br />

oder die beliebten Mooncars.<br />

Ein besonderes Angebot des Trägers<br />

für seine Mitarbeiter/innen ist<br />

die Bereitstellung von Ferienwohnungen.<br />

Im Pädagogischen Zentrum Aurich steht dafür das<br />

gesamte Dachgeschoss zur Verfügung.<br />

Hier machen Profifamilien ® Urlaub, tanken Kraft <strong>und</strong><br />

Energie <strong>und</strong> genießen das platte Ostfriesland <strong>und</strong><br />

die Nähe zur Nordseeküste.<br />

Ab <strong>und</strong> an übernachten in der Ferienwohnung auch<br />

Herkunftsfamilien im Rahmen ihrer regelmäßigen<br />

Besuchskontakte.<br />

� ca. 270 m 2 beträgt die Nutzfläche im pädagogischen<br />

Zentrum in Aurich- Walle<br />

� ca. 2000 m 2 umfasst das Gr<strong>und</strong>stück mit<br />

Spiel- <strong>und</strong> Sportmöglichkeiten um das<br />

Pädagogische Zentrum herum<br />

� 1 Ferienwohnung befindet sich im Dachgeschoß<br />

des Pädagogischen Zentrums<br />

� 18 Jugendämter kooperieren derzeit mit<br />

der GfS Aurich<br />

Ausgabe 80 6 KiM ®


Drei Erziehungsleitungen begleiten, unterstützen <strong>und</strong> beraten in der GfS Aurich ihre Profifamilien<br />

Natascha<br />

Helga Treblin<br />

Schmidt-Rademaker<br />

® .<br />

Katrin Feldmeyer<br />

Helga Treblin ist seit 1996 für<br />

die GfS Aurich tätig.<br />

Sie war langjährig selbst Profimutter<br />

- seit 2002 arbeitet<br />

sie als Erziehungsleiterin.<br />

Die GfS Aurich entwickelt sich kontinuierlich weiter<br />

<strong>und</strong> greift die Anforderungen der Zeit <strong>und</strong> die aktuellen<br />

Bedarfe für eine gelingende <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

auf.<br />

Neue Herausforderungen stehen für die Mitarbeiter/innen<br />

der GfS an, zum Beispiel:<br />

• die Verstärkung der Kooperation mit regionalen<br />

Jugendämtern<br />

Natascha Schmidt - Rademaker<br />

ist seit September 2007<br />

als Erziehungsleiterin tätig.<br />

• die Verstärkung regionaler Netzwerke<br />

• der Ausbau neuer Erziehungsstellen <strong>und</strong> die<br />

damit verb<strong>und</strong>ene verantwortungsvolle Vorbereitung<br />

neuer Profifamilien ®<br />

• die fachliche <strong>und</strong> strukturelle Entwicklung von<br />

Nachbetreuungsangeboten zur Verselbständigung<br />

von Jugendlichen aus Profifamilien ®<br />

Frau + Frau + <strong>Kinder</strong> = Profifamilie ®<br />

Wir, das sind Anna (39 J.), Julia (29 J.), Paula(10 J.)<br />

Tom(5 J.) <strong>und</strong> Lilli (3 J.). Als wir damals unseren<br />

Vorbereitungskurs gemacht haben, setzten wir uns<br />

sehr intensiv mit den Aufgaben <strong>und</strong> der Verantwortung,<br />

die wir als Paar übernehmen würden, auseinander.<br />

Gemeinsam <strong>und</strong> mit unseren Familien<br />

machten wir uns Gedanken: „Was können wir schaffen<br />

<strong>und</strong> was für ein Kind passt zu uns? Würde es<br />

Jugendämter geben, die ein Kind in unsere Lebensgemeinschaft<br />

geben würden?” Es gab viele Fragen<br />

<strong>und</strong> viele Gespräche <strong>und</strong> wir stellten uns auf eine<br />

lange Wartezeit ein.<br />

Auf einmal waren wir die ersten aus unserem Kurs,<br />

die ein Kind aufnehmen sollten. Innerhalb einer Woche<br />

waren wir zu Dritt!<br />

Ein Jugendamt stellte die Anfrage, ob es eine Profifamilie<br />

® gibt, die auch relativ schnell ein achtjähriges<br />

Mädchen aufnehmen kann. Paula lebte zu der<br />

Zeit in einer Pflegefamilie <strong>und</strong> sollte jetzt in einer<br />

professionellen Erziehungsstelle untergebracht werden.<br />

Zum Kindeswohl sollte eine kurzfristige Unterbringung<br />

in einer Bereitschaftspflege vermieden<br />

werden, <strong>und</strong> so haben wir entgegen unserer Konzeption,<br />

die eine Anbahnung von 3 Monaten vorsieht,<br />

aber getreu unserem Leitmotiv KIM (Kind im<br />

Katrin Feldmeyer ist seit April<br />

2011 als Erziehungsleiterin tätig.<br />

Sie hat langjährige Erfahrung<br />

in Bereich der Krisenintervention<br />

bei Kindeswohlgefährdung.<br />

Mittelpunkt), eine sehr kurze <strong>und</strong> intensive Anbahnung<br />

durchgeführt.<br />

Die damals achtjährige Paula zog bei uns ein, von<br />

diesem Zeitpunkt an hat sich unser Leben in nur<br />

wenigen Tagen völlig verändert. Wir wurden eine<br />

Familie. Für Paula stellte sich niemals die Frage,<br />

warum sie bei zwei Frauen lebt. Vielleicht war es<br />

<strong>und</strong> ist es „unser Selbstverständnis” mit dem wir<br />

leben, das ihr viel Sicherheit <strong>und</strong> Geborgenheit gibt.<br />

Trotzdem machten wir uns immer wieder Gedanken<br />

darüber, wie die Menschen in unserer Umgebung<br />

reagieren. Bei Arztbesuchen, in der Schule, bei der<br />

Elternschaft gab es bisher nur positives Feedback,<br />

auch Paula gegenüber. Ihr Schlüsselerlebnis mit<br />

dem Leben bei zwei Frauen war für ihre Geschichte<br />

sehr wichtig. Für sie ist es schwer, zu sich selbst zu<br />

stehen <strong>und</strong> ehrlich zu sein. Sie hat es mit ganz viel<br />

Selbstbewusstsein geschafft als ihre Mitschülerinnen<br />

fragten, wer denn jetzt ihre Mama sei <strong>und</strong> sie<br />

sagte: Keine! Meine Mama kann nicht für mich sorgen,<br />

aber meine beiden Herzensmamas. Für mich<br />

sind das Anna <strong>und</strong> Julia. Unser Alltag, unser Leben<br />

zu dritt hat sich sehr schnell eingespielt. Der Alltag<br />

ist nicht immer leicht, wobei jeder, der ein Kind aufnimmt,<br />

diese alltäglichen Stolpersteine kennt.<br />

Ausgabe 80 7 KiM ®


Die wöchentlichen Erziehungskonferenzen bieten<br />

Raum <strong>und</strong> Zeit, die alltäglichen An- <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

in <strong>und</strong> mit der Gruppe zu besprechen <strong>und</strong><br />

daraus Anregungen, neue (Er)Kenntnisse <strong>und</strong> Stärkung<br />

für den Alltag in der Profifamilie ® zu gewinnen.<br />

Und wir wurden mutig, äußerten den Wunsch, ein<br />

weiteres Kind in unserem „Weiberhaushalt“ aufzunehmen.<br />

Wieder ging es relativ schnell, im Frühjahr 2009 wurden<br />

wir gefragt ob wir ein kleines einjähriges Mädchen<br />

mit damals schweren Behinderungen aufnehmen<br />

möchten. Für uns stand schon im Vorbereitungskurs<br />

fest, dass wir auch <strong>Kinder</strong> mit körperlichen<br />

oder geistigen Behinderungen aufnehmen würden, da<br />

wir beide über ausreichend Erfahrung im Bereich der<br />

Behindertenarbeit verfügen. Lilli zog Ostern bei uns<br />

ein. Die beiden Mädchen wurden sehr wichtig für<br />

einander. Lilli lernte (lernt) viel von Paula <strong>und</strong> Paula<br />

ist eine sehr stolze große Schwester, für die es auch<br />

immer wieder wichtig ist, in die Regression gehen zu<br />

können im Spiel mit der kleinen Lilli.<br />

Im Sommer 2009 zogen wir aufgr<strong>und</strong> der besseren<br />

Infrastruktur für die <strong>Kinder</strong> in eine Kleinstadt um.<br />

Das Leben für uns vier lief in ihren alltäglichen Bahnen<br />

<strong>und</strong> nahm auch für unser Umfeld zunehmend<br />

Normalität an.<br />

Wir dachten unsere Familie sei komplett. Bis der<br />

Bruder von Lilli ein Zuhause suchte.<br />

Sechs Monate nach dem Einzug von Lilli fand ein<br />

erstes Hilfeplangespräch mit dem Jugendamt statt.<br />

Die enormen Entwicklungsfortschritte von Lilli bewegten<br />

das JA zu der Frage, ob es nicht auch eine<br />

ähnliche Profifamilie ® für den Bruder Tom gäbe.<br />

Ohne großes Nachdenken haben wir gesagt, die<br />

beiden sollen eine Chance bekommen, zusammen<br />

aufzuwachsen <strong>und</strong> als Bruder <strong>und</strong> Schwester groß<br />

zu werden.<br />

Erneut gingen Erziehungsleiterin <strong>und</strong> Profifamilie ®<br />

ins Gespräch über die Möglichkeit, auch Tom in<br />

dieser Profifamilie ® unterzubringen. Wir wissen,<br />

dass eine gemeinsame Unterbringung von Geschwistern<br />

Angst reduzierend wirken kann. Die <strong>Kinder</strong><br />

können sich langfristig besser stabilisieren, weil<br />

sie sich nicht komplett entwurzelt fühlen müssen. Es<br />

blieb aber dennoch die Frage, wo kann Tom eine<br />

männliche Identitätsfigur für sich finden.<br />

Dass es nicht leicht wird mit Tom war uns sehr be-<br />

Und wie geht’s weiter?<br />

wusst. Er ist schwer traumatisiert <strong>und</strong> wir wussten,<br />

dass er eine sehr enge <strong>und</strong> intensive Begleitung<br />

benötigt. Dass er ein Junge ist, stand für uns an<br />

zweiter Stelle. Da wir aus der Vergangenheit mit<br />

unseren beiden Mädchen feststellten, dass sie sich<br />

ihre männliche Bezugsperson in unserem sozialen<br />

Umfeld gesucht <strong>und</strong> auch gef<strong>und</strong>en haben. Tom<br />

wird einen Platz haben <strong>und</strong> einen Fre<strong>und</strong> fürs Leben<br />

finden. Für Tom ist es mittlerweile ganz selbstverständlich,<br />

dass er bei uns ist. Dass wir zwei Frauen<br />

sind, ist für ihn im Moment noch nicht wichtig. Ein<br />

Schwager ist mittlerweile eine wichtige zusätzliche<br />

Bezugsperson für Tom geworden.<br />

Der kleine Mann ist eine Herausforderung <strong>und</strong> hat<br />

uns schon unendlich viele schlaflose Nächte beschert.<br />

Nicht weil er ein Junge ist, sondern weil das<br />

Leben für ihn schwer ist <strong>und</strong> er das Leben erst kennen<br />

<strong>und</strong> lieben lernen muss.<br />

Jetzt schon eine ganze Weile leben wir zu fünft in<br />

unserem Häuschen im Moor. Alle <strong>Kinder</strong> haben sich<br />

kennen gelernt <strong>und</strong> haben ein „Stück Zuhause” gef<strong>und</strong>en.<br />

Jeder hat für sich in seinem Tempo schon<br />

tolle Sachen gelernt. Paula lernt immer wieder von<br />

Neuem, dass es Menschen gibt, die es gut mit ihr<br />

meinen. Tom kann mittlerweile auch entspannter<br />

schlafen <strong>und</strong> lachend mit seiner kleinen Schwester<br />

Blödsinn machen <strong>und</strong> Lilli zeigt es der Welt, dass<br />

man nicht so schnell urteilen sollte. Sie fängt an zu<br />

laufen <strong>und</strong> entdeckt die Sprache.<br />

Wir sind eine Familie, jeder von uns bringt seine<br />

Biografie mit <strong>und</strong> bereichert so das Miteinander.<br />

Was wir leben <strong>und</strong> den <strong>Kinder</strong>n mitgeben möchten<br />

ist: Offenheit, Achtung, Toleranz, Selbstbewusstsein,<br />

Liebe, Sicherheit <strong>und</strong> Spaß am Leben.<br />

Das können wir, weil wir offen sind, uns achten,<br />

selbstbewusst durchs Leben gehen. Ganz viel Toleranz<br />

erleben die drei „Moorkinder” <strong>und</strong> wir sind ganz<br />

sicher, dass das der richtige Weg ist <strong>und</strong> wir haben<br />

dabei gemeinsam ganz viel Spaß am Leben.<br />

Anna <strong>und</strong> Julia, Profifamilie ®<br />

Helga Treblin<br />

Erziehungsleiterin<br />

GfS Aurich<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Notwendigkeiten nach dem Auslaufen<br />

der „<strong>Jugendhilfe</strong>-Maßnahme“ Profifamilie ®<br />

Bei psychisch schwerstgeschädigten <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />

Jugendlichen sind die letzten in einer Profifamilie ®<br />

begleiteten Jahre keineswegs synchron mit einer<br />

abgeschlossenen Verselbständigung.<br />

Ausgabe 80 8 KiM ®


Die Lebensbewältigungsfähigkeit des vormals professionell<br />

begleiteten jungen Familienmitgliedes <strong>und</strong><br />

nunmehr autonomen jungen Erwachsenen richtet<br />

sich nicht eins zu eins an den gesetzlich vorgegebenen<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> Strukturen aus. Vielmehr besteht<br />

oft ein erheblicher Bedarf an nachsorgender<br />

Lebensbewältigungshilfe. Der Bedarf bezieht sich oft<br />

sogar auf eine engmaschige Nachsorge, zeitlich mit<br />

offenem Ende oder gar, prognostisch mit an Sicherheit<br />

grenzender Wahrscheinlichkeit, für ein ganzes<br />

Leben.<br />

Hier genau befinden wir uns an der Grenzlinie zwischen<br />

zeitlich begrenzt vom Kostenträger eingekaufter<br />

professionell-emotionaler Bindung einerseits <strong>und</strong><br />

gewachsener, emotional durchsättigter professioneller<br />

Bindung ohne Bezug auf irgendeinen Kostenträger<br />

andererseits.<br />

Die bezahlte, zeitlich abgegrenzte, professionell<br />

f<strong>und</strong>ierte Bindung ist ob ihrer Bezahlung nicht weniger<br />

wirksam oder moralisch gar verwerflicher als<br />

eine emotional gesättigte Bindung.<br />

Aber eine emotional durchsättigte, professionell<br />

f<strong>und</strong>ierte Bindung, die sich mit der Zeit abgelöst hat<br />

vom Maßnahme-Denken, hält ganz oft die<br />

Profifamilien ® in einem Zustand verantwortlicher Verb<strong>und</strong>enheit.<br />

Solche Verb<strong>und</strong>enheit in Verantwortung<br />

erschwert ein endgültiges Abschiednehmen nach<br />

Ende der „Maßnahme“ immer dann, wenn die begründete<br />

Prognose lautet, dass die Lebensbewältigung<br />

des Herangewachsenen in ihren Hauptfacetten<br />

scheitern wird.<br />

Über Jahre hat die Profifamilie ® besonders viel Kraft,<br />

Zeit <strong>und</strong> Profession bereitgestellt, neue Erfahrungen<br />

verarbeitet, Erlerntes verschlissen <strong>und</strong> wieder ganz<br />

neu gewonnen, um gemeinsam mit einem jungen<br />

Menschen die Perspektive der Stabilität, Flexibilität<br />

<strong>und</strong> Selbständigkeit zu erringen - um dann zu erkennen,<br />

dass dieses Ziel im Gr<strong>und</strong> nicht zu erreichen<br />

war.<br />

Dennoch ist unendlich viel geschehen.<br />

Ein solcher junger Mensch kann, unter der Voraussetzung<br />

fortlaufender Betreuung in Teilbereichen,<br />

sein Leben meistern <strong>und</strong> würde doch ohne das vorangegangene<br />

Engagement seiner Bezugsfamilie<br />

scheitern.<br />

Zu erleben, wie das Mögliche in einem jungen Menschen<br />

auch tatsächlich möglich wird, ist beglückend<br />

<strong>und</strong> „Lohn“ für all die Mühe der Jahre.<br />

Ist es da nicht allzu verständlich, dass Profieltern<br />

sich lebhaft wünschen, alles aufgewandte Engagement<br />

möge fruchtbar bleiben <strong>und</strong> ein Scheitern möge<br />

vermieden werden, weil da ein Mensch ist, an<br />

dessen Weg man nach wie vor teilhat?<br />

Ist es da nicht verständlich, dass die Profieltern zwar<br />

loslassen können, um das ehemals anvertraute Kind<br />

der Selbständigkeit im Rahmen seiner Möglichkeiten<br />

zu überantworten, dass sie aber aus freien Stücken<br />

weiterhin zur Begleitung bereit sind, um den bis dato<br />

gestalteten gemeinsamen Weg nicht an einem Abgr<strong>und</strong><br />

enden erleben zu müssen?<br />

(Obgleich es selbstredend auch verständlich ist,<br />

wenn das Ende der Maßnahme auch tatsächlich zu<br />

einem unwiderruflichen Abschluss wird, weil die<br />

Möglichkeiten, warum auch immer, erschöpft sind.<br />

Allerdings ist die Haltung der Weiterführung in Mitverantwortung<br />

keineswegs selten, denn Bindung<br />

scheint erstaunliche Kraft frei zu setzen.)<br />

Bei Norbert (Name geändert), inzwischen 23 J. <strong>und</strong><br />

verheiratet, 1 Sohn, ist das exakt so mit Weiterleben<br />

der Verb<strong>und</strong>enheit in Mitverantwortung, inzwischen<br />

nunmehr sogar zugunsten der gesamten jungen Familie,<br />

nicht mehr zugunsten allein Norberts. Es gilt,<br />

einen mit prognostischer Sicherheit ohne Begleitung<br />

bevorstehenden Scherbenhaufen zu vermeiden <strong>und</strong><br />

das Selbstgefühl der jungen Erwachsenen „wir bekommen<br />

das Leben (mit unaufdringlicher Hilfe) sehr<br />

gut hin“, zu kräftigen.<br />

(Norberts Vorgeschichte steht im Durchblick 74,<br />

Juni-Juli 2010).<br />

Warum nur dieses Bemühen um Norbert <strong>und</strong> seine<br />

Familie?<br />

Helfersyndrom? Keine Lust zu dem Eingeständnis,<br />

als Profifamilie ® alles vergeblich auf den Weg gebracht<br />

zu haben?<br />

Mag alles mit hineinspielen, wer weiß. Aber letztlich<br />

reduziert sich alles auf eine ganz simple Aussage,<br />

an der jedes Hinterfragen scheitert. Die Aussage<br />

lautet: Wir haben Norbert mit allen seinen Verhaltensbesonderheiten,<br />

mit denen er sich selbst herumschlägt,<br />

<strong>und</strong> mit allen seinen Liebenswürdigkeiten<br />

<strong>und</strong> Naivitäten, ganz schlicht <strong>und</strong> einfach lieb<br />

gewonnen.<br />

Das ist Motivation für unendliche Geduld bei der<br />

unterstützenden Begleitung des Alltags. Dabei ist<br />

zusätzlich darauf zu achten, dass nicht doch<br />

manchmal aus Ungeduld ein Stellvertreterhandeln<br />

an den Stellen Platz greift, an denen Norbert durchaus<br />

begrenzt-autonom handeln kann. Reine Fürsorge<br />

ist weitaus einfacher als Unterstützung mit zumutenden<br />

Anteilen <strong>und</strong> dem Risiko von Irrwegen <strong>und</strong><br />

Sackgassen.<br />

Jedoch: Wenn es um den einjährigen Sohn geht,<br />

dann ist das Prinzip von Versuch <strong>und</strong> Irrtum gefährlich.<br />

Insofern bedeutet fortlaufende Unterstützung<br />

hier: Training, ja bisweilen Dressur der jungen Eltern,<br />

<strong>und</strong> unaufdringliche Kontrolle. Langsames Lernen<br />

hat nur begrenzt Platz, wenn es um das Wohl<br />

des Kleinkindes geht. Insofern bedeutet fortlaufende<br />

Begleitung hier fast eine Neuauflage der Profi-<br />

(Groß)mutter- Rolle mit ein wenig Abstand zum täglichen<br />

Geschehen, aber mit höchster Aufmerksamkeit.<br />

Ausgabe 80 9 KiM ®


Unterstützende Begleitung des Alltags bedeutet<br />

auch Paarberatung mit dem Ziel, dass nicht gleich<br />

ein zweites Kind kommt, weil das die jungen Erwachsenen<br />

hoffnungslos überfordern würde.<br />

Unterstützende Begleitung bedeutet Absicherung<br />

der Gr<strong>und</strong>bedürfnisse durch Wohnungssuche, Mietvertragsgestaltung,<br />

Einrichten der Wohnung als<br />

Gr<strong>und</strong>lage all dessen: Klärung der Finanzen.<br />

Da die jungen Erwachsenen überhaupt keine Idee<br />

<strong>und</strong> Fähigkeit zum Haushalten haben, wird das<br />

Budget samt allen Kontobewegungen von der ehemaligen<br />

Profimutter verwaltet.<br />

Das Zusammenwirken in den Finanzdingen ist ein<br />

äußeres Bild dafür, dass zwischen allen Beteiligten<br />

ein unerschütterliches Vertrauen gewachsen ist.<br />

Jeder weiß vom anderen, dass niemand die Absicht<br />

hat, jemanden zu schädigen. Das ist nach der biografischen<br />

Vorgeschichte keineswegs selbstverständlich.<br />

Ein ganz wichtiger Faktor für das lebendige Vertrauen<br />

ist, dass Norbert wie selbstverständlich nach wie<br />

vor in die gesamte Profifamilie ® als vollgültiges Geschwisterkind<br />

integriert ist, dass seine Frau den gleichen<br />

Status wie die Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e der<br />

Geschwister hat, dass sein Kind die gleiche Aufmerksamkeit<br />

erfährt wie das Kind seiner (Profi-)Schwester.<br />

Norbert nimmt mit seiner Familie an den Familienfeiern<br />

teil, seine Profimutter ist seine Mama, <strong>und</strong><br />

deren Zuwendung, Rat, Ansage, Lob <strong>und</strong> Kritik akzeptiert<br />

er begierig.<br />

Norbert ist durch die Förderung der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> zum Garten- <strong>und</strong> Landschaftsbaugehilfen<br />

ausgebildet worden.<br />

Er wird saisonal fest beschäftigt, verdient dann fast<br />

komplett das Geld für seine Familie, welche allerdings<br />

ALG II - Aufstockung braucht, sonst reicht das<br />

Familieneinkommen nicht ganz. Außerhalb der Saison<br />

ist die Familie vollständig auf ALG II angewiesen.<br />

Fortlaufende Betreuung bedeutet auch, die verlangten<br />

Anträge mit ihm zu stellen <strong>und</strong> ihn bei Behördengängen<br />

zu begleiten. Der ALG-Erstantrag hatte<br />

weit über 100 Seiten, <strong>und</strong> selbst ein des Sozialrechts<br />

K<strong>und</strong>iger, der mit herangezogen wurde, hat in<br />

Teilen die Behördensprache nicht verstanden.<br />

Wie sollte es dann Norbert möglich sein, solch eine<br />

Hürde ohne Hilfe allein zu nehmen. Norbert achtet<br />

penibel auf seine Mitwirkungspflicht gegenüber dem<br />

Jobcenter <strong>und</strong> legt umgehend jedes Schreiben seiner<br />

„Mama“ zur weiteren Bearbeitung vor.<br />

Neben diesen Hauptunterstützungsgebieten gibt es<br />

wieder <strong>und</strong> wieder eine große Zahl zu bearbeitender<br />

Vorgänge: GEZ, Krippenplatzbewerbungsantrag,<br />

MoFa-Haftpflicht, Versicherungen abschließen.<br />

Bei Norbert zeigt sich, dass sich an die vergangene<br />

„Maßnahme“ des Aufwachsens in der Profifamilie ®<br />

nahtlos die Begleitung durch die Profigroßmutter<br />

anschließt, damit alles gut weitergehen soll.<br />

ehemalige Profifamilie ®<br />

GfS Aurich<br />

Ausbildung in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

Lesen Sie zu den Ausbildungsmöglichkeiten in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

<strong>Backhaus</strong> mehr ab Seite 51 in diesem Heft.<br />

In der Ausgabe 75 des Durchblicks<br />

haben wir ausführlich über<br />

die Ausbildungsmöglichkeiten in<br />

der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

<strong>Backhaus</strong> berichtet. Im Internet<br />

können Sie sich hierzu die Zeitschrift<br />

aus dem Durchblick-Archiv<br />

herunterladen.<br />

Besuchen Sie hierzu unsere Internetseite<br />

unter:<br />

www.profifamilie.de<br />

<strong>und</strong> wählen Sie dort links die Option<br />

„Veröffentlichungen“ <strong>und</strong> klicken<br />

dann auf „Ausgabe Durchblick“.<br />

Sie finden auf unserer Homepage<br />

natürlich auch viele weitere interessante<br />

Informationen.<br />

Ausgabe 80 10 KiM ®


Vor 5 ½ Jahren begann der Aufbau der GfS in Berlin,<br />

zunächst mit 2 Vorbereitungskursen mit vielen<br />

Bewerbern. Vor ca. 5 Jahren ist das erste Kind in<br />

eine vorbereitete Profifamilie ® eingezogen.<br />

Wie sieht es heute bei uns aus:<br />

Momentan leben 21 <strong>Kinder</strong> in 14 Profifamilien ® . Von<br />

den 21 <strong>Kinder</strong>n sind 14 Jungen <strong>und</strong> 7 Mädchen, der<br />

Jüngste ist 1 ½ <strong>und</strong> der Älteste fast 17 Jahre alt.<br />

Bis auf vier <strong>Kinder</strong> haben alle regelmäßig Kontakt zu<br />

ihren Herkunftseltern, einige auch zu anderen Verwandten<br />

wie z.B. Großeltern, Geschwister, Onkel.<br />

Die Berliner Profifamilien ® sind örtlich gesehen weit<br />

verteilt - Berlin ist groß <strong>und</strong> einige von ihnen leben<br />

im Umland (das ist dann schon Brandenburg), eine<br />

Familie sogar im Spreewald. Ganz schön weite Wege<br />

sind da nicht vermeidbar.<br />

Am 01.07.08 eröffneten wir in Berlin-Hellersdorf eine<br />

Erziehungswohngruppe - das heißt ein Erzieher<br />

wohnt mit 5 <strong>Kinder</strong>n zusammen <strong>und</strong> es kommt Personal<br />

von außen dazu.<br />

Die Wohngruppe befindet sich in einem Hellersdorfer<br />

Hochhaus. Es wurden zwei Wohnungen auf einer<br />

Etage zusammengelegt. So stehen jetzt 150 m 2 zur<br />

Verfügung. Im Juli <strong>und</strong> August 2008 zogen dann<br />

auch schon <strong>Kinder</strong> ein. Es wohnen dort jetzt 4 Ge-<br />

GfS Berlin<br />

Seit über 5 Jahren in der Hauptstadt<br />

schwister - zwei Jungen <strong>und</strong> zwei Mädchen im Alter<br />

von 3 ½ bis 13 Jahren.<br />

Im Herbst 2010 zogen wir mit unseren Büroräumen<br />

von der Landsberger Alle im Friedrichshain in das<br />

neue Haus nach Berlin-Marzahn.<br />

In diesem Haus soll jetzt eine weitere Wohngruppe<br />

für 6 <strong>Kinder</strong> entstehen.<br />

Hier befinden sich aber natürlich schon die Büros.<br />

Es arbeiten drei Erziehungsleiter in der GfS Berlin -<br />

eine Vollzeitkraft <strong>und</strong> zwei Halbtagskräfte - Fr. Barth,<br />

Fr. Tönjes <strong>und</strong> Herr Stephan.<br />

Weiterhin haben die Mitarbeiter des gesamten Trägers<br />

die Möglichkeit, in Berlin ein paar Tage zu verbringen,<br />

es gibt Gästezimmer.<br />

Die drei ErziehungsleiterInnen der GfS Berlin:<br />

Katrin Barth Sabine Tönjes Ivo Stephan<br />

Ivo Stephan, neuer Mitarbeiter in Berlin<br />

Ich möchte mich<br />

Ihnen als neuer<br />

Mitarbeiter der<br />

GfS Berlin vorstellen.<br />

Mein Name ist<br />

Ivo Stephan <strong>und</strong><br />

ich bin 47 Jahre<br />

alt. Ich arbeite<br />

seit dem 15. Februar<br />

2011 als<br />

Erziehungsleiter für das Unternehmen <strong>Backhaus</strong>.<br />

Von Beruf bin ich Sozialpädagoge, Erzieher <strong>und</strong><br />

Nachrichtentechniker <strong>und</strong> seit fast 25 Jahren in verschiedensten<br />

sozialen Bereichen tätig.<br />

Das Erfahrungsspektrum reichte im Laufe der Jahre<br />

von der Arbeit mit geistig behinderten Erwachsenen<br />

über Betreutes Wohnen für sozial gefährdete Jugendliche,<br />

Straßensozialarbeit mit Strichern <strong>und</strong><br />

Tagesgruppenarbeit mit <strong>Kinder</strong>n. Fast zehn Jahre<br />

habe ich als Pflegevater einer heilpädagogischen<br />

Pflegestelle zwei schwer traumatisierte seelisch<br />

behinderte Jungen betreut. Seit langem gebe ich<br />

meine Berufs- <strong>und</strong> Lebenserfahrungen in Lehr- <strong>und</strong><br />

Fortbildungsveranstaltungen für Pflege- <strong>und</strong> Adoptiveltern<br />

sowie pädagogische Fachkräfte weiter <strong>und</strong><br />

befinde mich dabei selbst noch ständig in einem<br />

Weiterbildungsprozess.<br />

Ich liebe die Arbeit mit Menschen wegen ihrer Vielfalt.<br />

Betroffenen auftretende Krisen als Chancen zur<br />

Veränderung <strong>und</strong> Entwicklung begreifbar zu machen,<br />

empfinde ich auch nach so vielen Berufsjahren<br />

noch immer als Herausforderung.<br />

In der GfS Berlin möchte ich meine Erfahrungen nun<br />

den MitarbeiterInnen der Erziehungsstellen <strong>und</strong><br />

Wohngruppen zur Verfügung stellen. Mit meinen<br />

KollegInnen in Berlin <strong>und</strong> Brandenburg möchte ich<br />

die Weiterentwicklung der Region gestalten.<br />

Einen Teil der von Frau Barth betreuten Erziehungsstellen<br />

habe ich in den letzten Wochen übernommen.<br />

Sie wird sich in der Abteilungsleitung neuen<br />

Aufgaben zuwenden. In den bestehenden Erziehungsstellen<br />

erlebe ich ein hohes Maß an Professionalität,<br />

erfrischendem Enthusiasmus <strong>und</strong> Authentizität<br />

im Umgang mit den anvertrauten <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />

Jugendlichen. Diese „Standards“ möchte ich bei der<br />

Auswahl neuer Fachkräfte für Erziehungsstellen<br />

gern beibehalten <strong>und</strong> kultivieren.<br />

Ich wurde sehr herzlich im Team aufgenommen <strong>und</strong><br />

freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Fachkräften<br />

aller Bereiche des Trägers. Ich wünsche<br />

Ihnen viel Erfolg, Zufriedenheit <strong>und</strong> immer eine ges<strong>und</strong>e<br />

Portion Humor bei der Bewältigung ihrer vielfältigen<br />

Aufgaben..<br />

Ausgabe 80 11 KiM ®


Das erste Kind in Berlin vor 5 Jahren: ein Junge mit 11 Jahren<br />

Wie sieht es nach 5 Jahren aus - Interview mit einer Profimutter<br />

Das erste unserer aufgenommenen <strong>Kinder</strong> in Berlin<br />

kam Anfang Februar 2006 in eine unserer Profifamilien<br />

® . Die Profifamilie ® hat drei eigene Töchter, die<br />

zum Zeitpunkt der Aufnahme 17, 19 <strong>und</strong> 25 Jahre alt<br />

waren.<br />

K., der damals 11-jährige, ist heute fast 17 Jahre alt,<br />

lebt weiterhin in der PR <strong>und</strong> besucht eine Realschule.<br />

Fr. T., wenn sie heute an die ersten Tage zurückdenken,<br />

an was erinnern sie sich spontan?<br />

Ich erinnere mich an einen kleinen zarten Jungen,<br />

der körperlich nicht wie 11 wirkte <strong>und</strong> in seinem<br />

Verhalten eher wie ein 5-jähriger reagierte. Für ihn<br />

war alles neu <strong>und</strong> ungewohnt - Familienleben, Umfeld,<br />

Sprache, Schule … Er kam aus NRW, an der<br />

Sprache war das sofort zu merken. Anfänglich hatte<br />

er Probleme mit unserem Dialekt.<br />

Bereits nach 5 Tagen kam es zu einer ersten Auseinandersetzung,<br />

die K. zum Anlass nahm, seinen<br />

Tränen freien Lauf zu lassen. Das „Heulen“ dauerte<br />

fast 1 St<strong>und</strong>e lang. Anschließend schien er gelöster<br />

<strong>und</strong> offener.<br />

An diesem Tag realisierte ich seine tiefe Verzweiflung<br />

über seine Situation. Er wirkte wie ein Schiff<br />

ohne Anker <strong>und</strong> ohne Hafen.<br />

Was waren am Anfang die Schwierigkeiten von<br />

K., die er mitbrachte <strong>und</strong> die ihre Familie beschäftigt<br />

haben?<br />

Für K. war es nicht verständlich, dass man sich um<br />

ihn Sorgen macht. Er war unzuverlässig <strong>und</strong> konnte<br />

unsere Sorge <strong>und</strong> Aufregung nicht nachvollziehen.<br />

Immer wieder gab es darüber Auseinandersetzungen.<br />

Für ihn war es ungewohnt, dass wir als Familie<br />

immer präsent waren <strong>und</strong> uns für ihn <strong>und</strong> seine Belange<br />

interessierten. K. war nur mit Schummeln <strong>und</strong><br />

Lügen in der Lage, seine Interessen durchzusetzen.<br />

Formen der Verhandlung <strong>und</strong> sich für sich <strong>und</strong> seine<br />

Interessen einzusetzen, kannte er nicht <strong>und</strong> wusste<br />

nicht, wie er dies umsetzen sollte. Anfänglich fiel es<br />

ihm schwer Fre<strong>und</strong>e zu finden, in der Familie zog er<br />

sich eher zurück.<br />

Überraschend für uns war, dass er überfordert<br />

schien, Kleidung für sich selbst auszusuchen.<br />

Sportliche Aktivitäten fielen ihm schwer, alles was<br />

damit zu tun hatte, sich anzustrengen <strong>und</strong> durchzuhalten,<br />

war schwierig.<br />

Was hat sich in den 5 Jahren verändert?<br />

Aus dem kleinen, dünnen Jungen ist ein körperlich<br />

drahtiger <strong>und</strong> inzwischen pubertierender Jugendlicher<br />

geworden, er wirkt heute sportlich. Er hat nach<br />

ca. 3 Jahren des Zusammenlebens mit uns begonnen,<br />

Verantwortung innerfamiliär zu übernehmen.<br />

Er kümmert sich sehr zuverlässig um den H<strong>und</strong>, die<br />

Oma in der Einliegerwohnung ist ihm wichtig, er<br />

verteidigt unsere Familie auch nach außen.<br />

Inzwischen hat er einen sehr charmanten Humor<br />

entwickelt <strong>und</strong> ist bei weitem nicht mehr steif, wie<br />

anfänglich.<br />

Im letzten Jahr hat er begonnen sich für sich selbst<br />

einzusetzen <strong>und</strong> seine Belange als wichtig anzusehen.<br />

Er spielt mit Begeisterung Fußball <strong>und</strong> setzt<br />

sich auch dort für seine Mannschaft ein.<br />

Durch ein erfolgreiches Praktikum hat er einen Berufswunsch<br />

entwickelt - Mechatroniker. Das hatte<br />

sogar zur Folge, dass Schule wieder wichtig für ihn<br />

geworden ist.<br />

K. kann über seine Herkunftsfamilie sprechen <strong>und</strong><br />

sich in der Familie auch dazu öffnen. Vor geraumer<br />

Zeit hat er das erste Mal geäußert, dass er jetzt<br />

weiß, nicht Schuld daran zu sein, als einziger nicht<br />

in der Herkunftsfamilie leben zu können.<br />

Das einzige, was wir nicht erreicht haben in den<br />

vergangenen 5 Jahren - trotz intensiver Bemühungen<br />

- ist ein Wechsel als Fan von Schalke 04 zu<br />

Hertha BSC.<br />

Wie waren die 5 Jahre für sie als Profimutter?<br />

Die Anfangszeit habe ich als sehr intensiv wahrgenommen.<br />

Ich hätte nicht vermutet, dass ein<br />

11jähriger Junge so intensive Betreuung benötigt.<br />

Ich habe gelernt, dass die Auseinandersetzung mit<br />

der eigenen Person ungeheuer wichtig ist, auch um<br />

seinen Anteil an einigen Situationen zu sehen <strong>und</strong><br />

um die persönlichen Verletzungen zu verarbeiten.<br />

Der Spagat, den Kontakt zu K. nicht abreißen zu<br />

lassen <strong>und</strong> seine Provokationen nach Ablehnung<br />

<strong>und</strong> der Bestätigung, dass ihn doch keine Familie<br />

aushalten könne, war dabei die größte Herausforderung.<br />

Wenn ich auf meine Familie schaue, haben alle in<br />

dieser Zeit viel dazugelernt.<br />

Egal was an Schwierigem passiert ist, K. ist aus<br />

unserer Familie als Familienmitglied<br />

nicht mehr wegzudenken.<br />

Katrin Barth<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Berlin<br />

Unsere neue PZ Adresse lautet:<br />

GfS Berlin<br />

Schönagelstraße 56<br />

12685 Berlin<br />

Ausgabe 80 12 KiM ®


Die GfS-Bremen besteht mit dem Pädagogischen<br />

Zentrum Bremen in der vorderen Neustadt seit September<br />

2000. 27 <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche leben in<br />

Bremen <strong>und</strong> im Bremer Umland in Profifamilien ® .<br />

Die Begleitung <strong>und</strong> Fachberatung der Profifamilien ®<br />

GfS Bremen<br />

erfolgen durch die Erziehungsleitungen Helga Ache,<br />

Ute Pügner-Selke <strong>und</strong> Christian Struck.<br />

Neben dem Pädagogisches Zentrum in Bremen gibt<br />

es neu in diesem Jahr <strong>Backhaus</strong> Vollersode im<br />

Landkreis Osterholz-Scharmbeck bei Bremen. Hier<br />

befinden sich eine Heimgruppe <strong>und</strong> ein Pädagogisches<br />

Zentrum unter einem Dach. In die Heimgruppe<br />

integriert sind zwei Krisenplätze für <strong>Kinder</strong> aus<br />

Profifamilien ® .<br />

Helga Ache, Ute Pügner-Selke <strong>und</strong> Christian Struck<br />

Ein Blick zurück auf das Leben in der Profifamilie ®<br />

Zwei junge Menschen, ehemals GfS Bremen, berichten<br />

10 Jahre Profifamilien ® in Bremen - das ist eine<br />

recht lange Zeit, um Erfahrungen zu sammeln. Und<br />

auch schon lang genug, dass die ersten <strong>Kinder</strong>, die<br />

in einer Erziehungsstelle gelebt haben <strong>und</strong> inzwischen<br />

volljährig sind, ihre Profifamilien ® verlassen<br />

<strong>und</strong> ein eigenständiges Leben angefangen haben.<br />

Nicht alle <strong>Kinder</strong>, die wir in den Profifamilien ® betreuen,<br />

bleiben bis zur Volljährigkeit. Manche Jugendliche<br />

haben in der Pubertät solche heftigen<br />

Konflikte, dass diese in einer Familie nicht mehr<br />

aufzufangen sind. Vor allem Übertragungen, die sich<br />

nicht auflösen lassen, sind oft ein großes Problem.<br />

Wenn die ganze Wut, die sich über Jahre gegen die<br />

leiblichen Eltern angestaut hat, in der Pubertät plötzlich<br />

ausbricht, wird sie oft nicht gegen die leiblichen<br />

Eltern gerichtet. Hier ist die Gefahr für die Jugendlichen<br />

zu groß, die Eltern endgültig zu verlieren, wenn<br />

man gegen sie agiert. Also wird die Wut gegen die<br />

Profieltern gerichtet, die in den Fällen, in denen die<br />

Wut in offene Gewalt übergeht, überfordert sind. Vor<br />

allem, wenn noch weitere <strong>Kinder</strong> in der Familie leben,<br />

ist diese Situation nicht zu tragen.<br />

Im Folgenden soll es um diejenigen jungen Menschen<br />

gehen, die ihre meist schwierige Pubertät in<br />

der Profifamilie ® durchlebt haben <strong>und</strong> nach Beendigung<br />

der Schulzeit, i.d.R. mit 18 Jahren, ausgezogen<br />

sind. Für die Profieltern ist dieses meist eine<br />

sehr ambivalente Sache. Einerseits spüren sie, dass<br />

sie dem jungen Menschen nun nicht mehr das geben<br />

können, was er braucht, andererseits sind sie<br />

sehr in Sorge, ob „ihr“ Kind das Leben allein schon<br />

Melanie<br />

„…2007 war ein schweres Jahr. Ich war insgesamt<br />

7,5 Monate in der Klinik; das heißt ich war mehr in<br />

der Klinik als zu Hause (in der Profifamilie ®). Das<br />

fing an mit der Gerichtsverhandlung. Kurz davor<br />

hatte ich meinen ersten Suizidversuch gemacht. In<br />

bewältigen kann. Die Sorge ist meist groß, dass der<br />

junge Mensch, der seine Entwicklungsverzögerung<br />

noch nicht ganz aufgeholt hat, der trotz Therapie<br />

<strong>und</strong> Elternarbeit nicht immer seine schwierige Geschichte<br />

bis zur Volljährigkeit aufarbeiten konnte,<br />

noch nicht stark genug ist, die Krisen, die das Leben<br />

bereit hält, zu meistern. Umso größer ist die Erleichterung,<br />

wenn sie, wie bisher in allen Fällen geschehen,<br />

den jungen Menschen in eine Einrichtung abgeben<br />

konnten, wo er in einem noch immer geschützten<br />

Raum seine Ausbildung machen <strong>und</strong> noch<br />

nachreifen konnte, ohne schon voll allein für sich<br />

verantwortlich zu sein.<br />

Wir haben zwei junge Menschen, Melanie <strong>und</strong> Erhard,<br />

nach ihrem Blick zurück auf das Leben in der<br />

Profifamilie ® gefragt. Wir fragten die Beiden nach<br />

ihrer Erinnerung an die Zeit in der Profifamilie ® , was<br />

sie dort gelernt haben <strong>und</strong> welche Bedeutung die<br />

Familie heute noch für sie hat. Ihr Erzähltes geben<br />

wir nahezu im Wortlaut weiter.<br />

Melanie, jetzt 22 Jahre alt, hat 6 Jahre, im Alter zwischen<br />

14 <strong>und</strong> 19, in einer Profifamilie ® gelebt. Sie<br />

öffnete bald nach dem Einzug in der Profifamilie ®<br />

ihre traumatischen Gewalterfahrungen in der Herkunftsfamilie<br />

<strong>und</strong> zeigte den Vater, der alles abstritt,<br />

schließlich an. Bis heute „krankt“ Melanie daran <strong>und</strong><br />

lebt in einer Einrichtung für junge Menschen.<br />

Erhard, heute 19 Jahre alt, war 10, als er in seine<br />

Profifamilie ® kam <strong>und</strong> zog nach seinem Schulabschluss<br />

mit 17 in eine Wohngruppe in Meppen, um<br />

seine Ausbildung in der GfS Meppen zu machen.<br />

der Klinik haben sie dann eine Borderline-Diagnose<br />

gestellt. Ohne Ines (die Profimutter) wäre ich untergegangen.<br />

Wenn sie mich nicht unterstützt hätte<br />

<strong>und</strong> für mich da gewesen wäre, hätte ich das nicht<br />

durchgestanden. Ines ist immer in die Klinik gekommen,<br />

obwohl es ihr nicht leicht fiel. Anfangs<br />

Ausgabe 80 13 KiM ®


hatte sie noch die Kleinen mitgenommen, aber das<br />

ging dann nicht mehr. Das ist ja auch kein Ort für<br />

<strong>Kinder</strong>. Auch als ich in die Klinik in Bremen gewechselt<br />

bin, war Ines für mich da. Wie gut, dass sie<br />

mir zur Seite gestanden hat. Als ich entlassen wurde,<br />

ging es mir immer noch schlecht. Ines hatte mich<br />

gut versorgt zu Hause, trotzdem wollte ich wieder<br />

zurück in die Klinik. Da war es dann für alle klar,<br />

dass es nicht mehr geht in der Familie. Ich hab‘ da<br />

einfach so viel Scheiß gebaut, hab‘ mich verletzt <strong>und</strong><br />

viel an Suizid gedacht. Ines hatte mir mal später<br />

erzählt, dass sie oft Angst hatte, wenn sie morgens<br />

in mein Zimmer kam, dass ich mir was angetan<br />

haben könnte. Sie ist auch deshalb immer nachts<br />

noch mal rein in mein Zimmer <strong>und</strong> hat nach mir<br />

geschaut. Die Jahre davor waren super, da kam ich<br />

sehr gut klar.<br />

Ich hatte eigentlich ursprünglich nicht die Vorstellung,<br />

in eine Familie zu gehen, aber ich fand das<br />

o.k., als mir das Jugendamt eine Familie vorgeschlagen<br />

hatte. Meine einzige Angst war, dass ich von<br />

denen nicht akzeptiert werde <strong>und</strong> womöglich nur da<br />

bin wegen des Geldes. Aber das war ja gar nicht so.<br />

Obwohl ich nicht das „Wunschkind“ war. Das<br />

„Wunschkind“ war eigentlich ein Junge, ca. 7 Jahre<br />

alt. Und dann kam stattdessen ich: ein Mädchen,<br />

vierzehn Jahre alt. Ich habe mich aber ganz schnell<br />

angenommen gefühlt.<br />

Ich bin am 21.02.2003 eingezogen. Ich erinnere<br />

mich noch, als ich am 21.02.2004 nach Hause kam;<br />

da standen Kaffee <strong>und</strong> Berliner auf dem Tisch <strong>und</strong><br />

Ines sagte: „Schön, dass Du schon ein Jahr bei uns<br />

lebst. Wir würden uns freuen, wenn Du noch viele<br />

Jahre bei uns bleibst“. Oh ja, wir haben auch gestritten<br />

<strong>und</strong> gezofft, ich habe auch teilweise gar nicht<br />

mehr geredet. Wir hatten viele Meinungsverschiedenheiten,<br />

aber das ist ja normal: das war einfach<br />

die Pubertät.<br />

Ines hatte immer geahnt, dass mir früher etwas<br />

Schlimmes passiert war. Ich hatte auch schon mal<br />

einen Brief an eine Beratungsstelle geschrieben,<br />

ohne dass Ines das wusste. Irgendwann war dann<br />

mal ein Telefonat mit meiner Oma. Oma war da<br />

richtig doof zu mir <strong>und</strong> Ines kriegte das mit <strong>und</strong><br />

wollte das Telefonat schon abbrechen. Da habe ich<br />

dann Ines auch erzählt, was früher passiert war. Ich<br />

wollte meinen Vater unbedingt anzeigen. Und die<br />

Beratungsstelle hat dann für mich einen guten Anwalt<br />

besorgt. Sie hat mich unterstützt, war auch<br />

dann noch immer weiter für mich da. Das war eine<br />

gute Erfahrung <strong>und</strong> auch eine gute Zeit.<br />

Ich habe auch viel gelernt. Mit Ines Unterstützung<br />

habe ich den Schulabschluss geschafft <strong>und</strong> auch<br />

eine Ausbildung angefangen, die ich dann leider aus<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen abgebrochen habe. Von<br />

Ines habe ich auch Kochen gelernt <strong>und</strong> auch wie<br />

man den Haushalt macht. Ines hat auch Vertrauen<br />

in mich gehabt <strong>und</strong> mich mal ein Wochenende allein<br />

zu Hause gelassen, nur mit Unterstützung von<br />

ihrer Mutter, die öfter mal nach mir geschaut hat.<br />

Außerdem habe ich gelernt, wie man mit <strong>Kinder</strong>n<br />

umgeht. Dann habe ich auch eine Erzieherausbildung<br />

angefangen.<br />

Ines hatte immer gesagt, wenn das Jugendamt nicht<br />

mehr bezahlt, kann ich trotzdem bei ihr bleiben; das<br />

hatte sie mir versprochen. Ich hätte dann Miete <strong>und</strong><br />

Essen dort bezahlt. Letztlich wollte ich aber doch<br />

ausziehen, wollte eine stationäre Trauma-Therapie<br />

machen. Durch die vielen Klinikaufenthalte war<br />

dann aber irgendwann klar, dass ich nicht mehr<br />

zurück kann. Ich wollte schließlich ja auch raus aus<br />

der Familie, wollte meine Ruhe haben, wollte die<br />

Streitereien nicht mehr, <strong>und</strong> auch nicht mehr die<br />

Kontrolle, die Ines ausüben musste, damit ich nicht<br />

wieder einen Suizid versuche. Ich wollte einfach<br />

meine Ruhe haben. Jetzt habe ich die Ruhe gef<strong>und</strong>en.<br />

Wenn ich bei Ines bin, spüre ich meine Ängste<br />

nicht mehr <strong>und</strong> fühle mich geborgen. Aber nach<br />

zwei Tagen halte ich das nicht mehr aus, <strong>und</strong> ich<br />

will wieder weg. Und das geht dann ja auch. Wenn<br />

ich Lust habe, zu Besuch zu kommen, frage ich Ines<br />

oder sie lädt mich ein. Zu Weihnachten oder Ostern<br />

bin ich immer dort. Je nachdem, wie ich drauf bin –<br />

oder wenn Ines Geburtstag hat, dann gehe ich immer<br />

hin.<br />

Ines war immer meine Pflegemutter. Sie war ein<br />

Ersatz für meine Mutter, aber nicht meine Mutter.<br />

Das war für mich immer klar.…“<br />

Erhardt<br />

„…Meine Zeit bei Antje (die Profimutter) war ganz<br />

gut. Klar, es gab gute Dinge <strong>und</strong> auch schlechte<br />

Dinge. Wenn ich Mist gebaut habe, dann habe ich<br />

einen „über den Deckel“ bekommen. Aber ich habe<br />

auch Hilfe bekommen <strong>und</strong> Antje hat mir viel unter<br />

die Arme gegriffen.<br />

Ich habe auch mit geholfen mit den anderen kleinen<br />

(<strong>Kinder</strong>n) in der Familie. Und mit den H<strong>und</strong>en bin<br />

ich mal mitgegangen, wenn das nötig war. Und ich<br />

habe geholfen, wenn es Antje mal schlecht ging. Ich<br />

konnte gut mit Antje reden - nicht wie es früher in<br />

meiner eigenen Familie war. Da war alles egal <strong>und</strong><br />

ich konnte tun <strong>und</strong> lassen was ich wollte. Keiner hat<br />

Ausgabe 80 14 KiM ®


sich so wirklich gekümmert. Das war dann nicht gut<br />

für mich. Bei Antje war das dann ganz anders, die<br />

hat mit mir geredet, sich gekümmert <strong>und</strong> mal gesagt:<br />

„…nein, jetzt ist Schluss…“. Da gab es klare Regeln<br />

<strong>und</strong> klare Verhältnisse <strong>und</strong> wir hatten feste Vereinbarungen.<br />

Aber es gab auch Kompromisse, wenn<br />

ich mal was wollte. Wenn ich mal sagte: „…kannst<br />

Du mir mal Taschengeld vorschießen?“, dann konnte<br />

ich was aushandeln, dann musste ich dafür auch<br />

was machen.<br />

Über die Zeit haben wir Vertrauen aufgebaut - klar<br />

ist das Vertrauen auch mal wieder verloren gegangen,<br />

weil ich Mist gebaut hatte. Aber wir haben das<br />

Vertrauen immer wieder aufgebaut. Das ging obwohl<br />

es nicht immer leicht zwischen uns war. Wenn<br />

die Telefonrechnung zu hoch war, weil ich zu viel<br />

verbraten hatte, dann gab es Ärger, aber wir konnten<br />

uns wieder aussprechen <strong>und</strong> wir haben uns wieder<br />

zusammengetan.<br />

Also die meiste Zeit bei Antje war alles super. Es ist<br />

auch schon sehr lange her, als ich zu ihr kam. Ich<br />

muss so 7 oder 8 Jahre alt gewesen sein, glaube ich.<br />

Ich habe kaum noch Erinnerungen daran, weil das<br />

Marc lebt seit 2 Jahren bei uns <strong>und</strong> hat aus kinderlosen<br />

Doppelverdienern Eltern gemacht<br />

Diskussion mit<br />

Marc beim<br />

Abendessen:<br />

Wenn wir dich<br />

nicht hätten, hätten<br />

wir eine kleinere<br />

Mülltonne.<br />

Dann wüssten<br />

wir in unserem<br />

Alter wahrscheinlich nicht, wer Heppo <strong>und</strong> Mixi sind,<br />

<strong>und</strong> würden nicht endlose Diskussionen mit einem<br />

„Miau“ beenden.<br />

Keiner würde über Holzschienen der Brio-Eisenbahn<br />

stolpern <strong>und</strong> das Auto würde nicht aussehen, als<br />

wenn wir gerade den Inhalt des Sandkastens auf<br />

dem Rücksitz transportiert haben.<br />

Wir würden nicht sämtliche pädiatrischen Fachärzte<br />

in der Umgebung kennen gelernt haben, <strong>und</strong> auch<br />

nicht erklären müssen, dass der Vorm<strong>und</strong> nicht in<br />

den M<strong>und</strong> gucken muss.<br />

Wir würden nicht erfahren haben, dass einer unserer<br />

hartgesottenen Motorradfre<strong>und</strong>e auf einmal mit einem<br />

Gespann vor der Tür steht, um mit Marc ein<br />

paar (mehr) R<strong>und</strong>en zu drehen.<br />

Wenn wir dich nicht hätten…<br />

zu lange her ist. Ich erinnere mich, dass ich in der<br />

Schule Fre<strong>und</strong>e gef<strong>und</strong>en habe <strong>und</strong> ich war eigentlich<br />

viel unterwegs. Irgendwann kam ein weiteres<br />

Kind zu uns. Das andere Kind war nicht ganz einfach.<br />

Aber ich merkte, dass es schon besser war, bei<br />

Antje zu wohnen. Alles war dort besser.<br />

Ich habe auch gemerkt <strong>und</strong> immer wieder bei den<br />

anderen <strong>Kinder</strong>n gesehen, dass man sich nicht so<br />

gepflegt hat <strong>und</strong> hat das dann über die Zeit gelernt.<br />

Man pflegt sich viel besser als vorher. Antje hat<br />

mich aber auch in allem versucht zu unterstützen.<br />

Sie hat mir bei der Schule geholfen. Sie hat mit mir<br />

gelernt <strong>und</strong> Hausaufgaben mit mir gemacht <strong>und</strong> oft<br />

bei Referaten geholfen, Sachen dafür aus dem Internet<br />

zu holen <strong>und</strong> sie hat mir sogar eine Nachhilfe<br />

besorgt, die ich dann dreimal die Woche hatte. Antje<br />

hat mir bei den Bewerbungsschreiben für meine<br />

Berufsausbildung geholfen <strong>und</strong> ist mit mir auch<br />

hingefahren zu den Bewerbungsgesprächen.<br />

Meine Lehre jetzt ist gut <strong>und</strong> auch das Wohnen hier<br />

in Meppen ist ganz gut. Ich will aber noch mehr<br />

selber entscheiden dürfen, möchte weniger Kontrolle<br />

durch die Erzieher.…“<br />

Wenn wir Dich nicht hätten, könnten wir mal wieder<br />

ausschlafen <strong>und</strong> müssten nicht morgens um sechs<br />

schon mal lautstarke Attacken abwehren. Wir können<br />

entspannt Fre<strong>und</strong>e besuchen, die so richtig<br />

klasse ihr Badezimmer mit hochglänzenden Lackmöbeln<br />

eingerichtet haben <strong>und</strong> nicht darauf stehen<br />

die Spuren von Creme weg zu polieren. Wir könnten<br />

die Motorräder rausholen <strong>und</strong> einfach drauf losfahren.<br />

Tja...<strong>und</strong> was ist alles dazu gekommen.....<br />

Ohne Marc wäre ich selber nicht wieder auf ein<br />

Pferd gestiegen, hätte nie die C-Lizenz für Übungsleiter<br />

gemacht <strong>und</strong> würde nicht jeden Mittwoch in der<br />

Turnhalle stehen, damit Marc ganz normal am Breitensport<br />

teilnehmen kann. Ohne ihn hätten wir nicht<br />

so viele tolle Menschen kennen gelernt, würden wir<br />

uns nicht so oft kringelig lachen <strong>und</strong> hätten viele<br />

tolle Momente nicht erlebt.<br />

...<strong>und</strong> wenn wir dann mal denken, wer hat uns gezwungen<br />

die Entscheidung zu treffen mit einem<br />

behinderten Kind zu leben, dann steht Marc da <strong>und</strong><br />

sagt; “… wie gut, dass ich Euch ausgesucht habe!“<br />

<strong>und</strong> für uns ist klar ... seine Lebensversicherung ist,<br />

dass wir ihn so klasse finden.<br />

Ulrike Eykamp<br />

Profimutter<br />

GfS Bremen<br />

Ausgabe 80 15 KiM ®


Die GfS-Emsland in Meppen/ Bokeloh ist das<br />

Stammhaus der KJHB. Es ist Sitz der Geschäftsführung,<br />

der pädagogischen Leitung aller Gesellschaften<br />

<strong>und</strong> der Gesamtverwaltung. Hier finden die Konferenzen<br />

der Leitungsebene statt. Im Umfeld dieses<br />

Zentrums befinden sich zudem verschiedene <strong>Kinder</strong>-<br />

<strong>und</strong> Jugendwohngruppen, ein Kleinstheim, die<br />

Clearingstelle <strong>und</strong> die zentrale Verwaltung. Unser<br />

Einzugsgebiet reicht von Papenburg Norden, über<br />

das westliche gelegene Nordhorn <strong>und</strong> Bentheim <strong>und</strong><br />

das östliche Haselünne bis Steinfurt im Süden.<br />

Im Bereich der GfS Emsland sind fünf ErziehungsleiterInnen<br />

in Voll- <strong>und</strong> Teilzeit beschäftigt. Über 80<br />

GfS Emsland<br />

<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche wohnen bei 57 Profifamilien<br />

® . Wir benutzen drei Pädagogische Zentren (PZ)<br />

für unsere regelmäßigen Erziehungskonferenzen,<br />

Besuchskontakte, Hilfeplangespräche <strong>und</strong> sonstige<br />

Treffen.<br />

Im Folgenden möchten die ErziehungsleiterInnen<br />

der GfS Emsland in verschiedenen Beiträgen über<br />

die Vorüberlegungen <strong>und</strong> die Vorbereitung zur Profifamilie<br />

® , über die Zeit der Anbahnung <strong>und</strong> über die<br />

Arbeit mit den Herkunftsfamilie berichten. Zudem<br />

schauen eine Kollegin mit zwei heute jungen Erwachsenen<br />

zurück auf ihre Zeit der Profifamilie ® .<br />

PZ Meppen PZ Lingen PZ Schapen<br />

Ulrike Meiners Irene Stehmann Bodo Hansmann Christa Lüken Renate Weusthof<br />

Kann ich das überhaupt?<br />

Die Vorbereitung <strong>und</strong> Entscheidung zur Profifamilie ®<br />

Manch einer erwägt vielleicht schon in jungen Jahren,<br />

eines Tages ein Kind in seine Lebensgemeinschaft<br />

aufzunehmen. Andere bewegt dieser Gedanke<br />

womöglich erst, nachdem bereits eigene <strong>Kinder</strong><br />

nahezu erwachsen geworden sind <strong>und</strong> bald das<br />

Haus verlassen. Gemeinsam ist allen Interessierten<br />

der Wunsch, etwas abzugeben von dem, was sie<br />

selber haben: Kraft <strong>und</strong> Energie, materielle Sicherheit,<br />

emotionale Stabilität, räumliche Kapazitäten.<br />

Sie alle würden gerne ein Kind auf seinem Weg ins<br />

Leben begleiten, ihm Halt <strong>und</strong> Orientierung bieten.<br />

Gerade die <strong>Kinder</strong>, die in einem Profifamilien ® - Setting<br />

„fremdplatziert“ werden, haben nicht selten Bindungsabbrüche<br />

hinter sich, haben die Unzuverlässigkeit<br />

elterlicher Bezugspersonen oft bitterlich erfahren<br />

<strong>und</strong> aushalten müssen. Daher benötigen sie<br />

neben der Liebe <strong>und</strong> Fürsorge (dem Bindungsangebot)<br />

auch eine professionelle Betreuung. Auf diesen<br />

umfassenden Auftrag will ein Vorbereitungskurs die<br />

werdenden Profieltern einstimmen.<br />

Denn es ergeben sich auch viele Fragen, die zunächst<br />

verunsichern können: Schaffen wir das überhaupt?<br />

Wer hilft uns, wenn wir mal nicht weiter wissen?<br />

Was braucht ein aufgenommenes Kind? Worin<br />

unterscheidet es sich von den eigenen leiblichen<br />

<strong>Kinder</strong>n? Welche Rolle spielt die Herkunftsfamilie<br />

des Kindes? Wie reagieren Fre<strong>und</strong>e, Nachbarn,<br />

Verwandte? Haben wir überhaupt genügend Le-<br />

benserfahrung, um uns dieser komplexen Herausforderung<br />

zu stellen?…..<br />

Damit diese Fragen beantwortet <strong>und</strong> Unsicherheiten<br />

abgebaut werden können, bereiten wir als Erziehungsleiter<br />

interessierte Menschen (Familien, Paare<br />

<strong>und</strong> auch Alleinerziehende mit pädagogischer Ausbildung)<br />

intensiv auf ihre Aufgabe vor. Im Rahmen persönlicher<br />

Gespräche <strong>und</strong> im Rahmen eines Vorbereitungskurses<br />

(der individuell angepasst werden kann)<br />

gemeinsam mit einem überschaubaren Kreis gleichgesinnter<br />

Interessierter lernen wir das familiäre System<br />

der Teilnehmer näher kennen, um dann ein Kind<br />

zu finden, das gut in diese Profifamilie ® hineinpasst<br />

<strong>und</strong> nicht deren Rahmen sprengt (gute Passung).<br />

Eine Profifamilie ® bietet einem oder zwei <strong>Kinder</strong>n (im<br />

Rahmen des §34 SGB VIII) in ihrem Zuhause eine<br />

Heimat, lebt mit dem Kind/den <strong>Kinder</strong>n Tag <strong>und</strong><br />

Nacht zusammen. Hier unterscheidet sie sich überhaupt<br />

nicht von einer Pflegefamilie, welche <strong>Kinder</strong><br />

nach §33 SGB VIII aufnimmt. Die Profifamilie ® übernimmt<br />

wie eine Pflegefamilie die Erziehung <strong>und</strong> trifft<br />

selbständig alltägliche Entscheidungen. Im Unterschied<br />

zur Pflegefamilie wird eine Profifamilie ® allerdings<br />

von Anfang an durch einen Erziehungsleiter<br />

begleitet, der beratend <strong>und</strong> unterstützend kontinuierlich<br />

zur Seite steht. Seine Funktion - als Nahtstelle<br />

zwischen Jugendamt, Vorm<strong>und</strong>, Herkunftsfamilie<br />

<strong>und</strong> Profifamilie ® mit aufgenommenem Kind - dient<br />

Ausgabe 80 16 KiM ®


primär der Entlastung der Profifamilie ® <strong>und</strong> wird im<br />

Rahmen der Vorbereitung ausführlich verdeutlicht.<br />

Zusätzlich bereiten wir darauf vor, wie sich der Alltag<br />

im Zusammenleben mit einem aufgenommenen Kind<br />

gestalten kann: da gibt es unterschiedliche Phasen,<br />

die das Kind durchlaufen wird, wenn es eine Bindung<br />

mit den Profieltern eingehen möchte. Da setzt das<br />

aufgenommene Kind all die Verhaltensmuster wieder<br />

ein, die ihm in seinem Herkunftssystem das Überleben<br />

gesichert haben. Oder es wiederholt erlebte seelische<br />

Verletzungen, indem es seine negativen Erfahrungen<br />

auf die Profifamilie ® projiziert.<br />

Hier gilt es, dem Kind neue Erfahrungen anzubieten<br />

<strong>und</strong> positive Verhaltensweisen zu entwickeln, die<br />

bald seine alten Verhaltensmuster überflüssig machen<br />

könnten. Auch gehört dazu, dass Profieltern<br />

bereit sind, sich bewusst als Reibungsfläche anzubieten,<br />

indem sie Präsenz zeigen, Zeit haben <strong>und</strong><br />

Konflikte aushalten. Immer wieder stehen sie vor der<br />

Herausforderung, die Signale des Kindes richtig zu<br />

interpretieren <strong>und</strong> empathisch zu reagieren. In der<br />

Vorbereitungszeit werden deshalb eigene Stärken<br />

<strong>und</strong> Ressourcen neu entdeckt, unter anderem durch<br />

die individuelle Auseinandersetzung mit der eigenen<br />

Biographie. Auch können die Profieltern auf die beratende<br />

Unterstützung der Erziehungsleiter <strong>und</strong><br />

eines eng vertrauten Kollegenkreises (regelmäßige<br />

Erziehungskonferenzen) zählen.<br />

Voraussetzung für die Arbeit als Profifamilie ® ist<br />

jedoch zunächst eine Ausbildung entsprechend dem<br />

Fachkräftegebot des jeweiligen Landesamtes: zum<br />

Erzieher oder Sozialpädagogen, in einigen B<strong>und</strong>esländern<br />

auch zum Heilpädagogen, Heilerziehungspfleger,<br />

Diplom-Pädagogen. Hinzu kommt unbedingt<br />

eine positive Gr<strong>und</strong>haltung zum Leben sowie Kraft<br />

<strong>und</strong> Leidenschaft im Alltag. Auch auf die positive<br />

Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern des Kindes<br />

<strong>und</strong> seinem ganzen Herkunftssystem (z.B. in<br />

Form von Besuchskontakten in angemessenen zeitlichen<br />

Abständen) werden die Teilnehmer während<br />

der Vorbereitungszeit eingestimmt, damit später der<br />

Kontakt zur Ursprungsfamilie entsprechend dem<br />

Kindeswohl gepflegt werden kann.<br />

Auch die rechtliche Situation einer Profifamilie ® ist<br />

ein spannender Teil der Vorbereitung: einerseits<br />

Bindung anzubieten wie eine Pflegefamilie <strong>und</strong> von<br />

daher nicht wie eine Wohngruppe oder eine Heimgruppe<br />

mit den <strong>Kinder</strong>n lebend, andererseits aber<br />

dennoch als Elternteil angestellt zu sein <strong>und</strong> für den<br />

professionellen Part der Tätigkeit „entlohnt“ zu werden.<br />

Es wäre müßig, die Arbeit, die tatsächlich mit<br />

der Aufnahme eines Kindes in das eigene familiäre<br />

System verb<strong>und</strong>en ist, ausreichend finanziell zu<br />

vergüten. Ein Gehalt erhält der angestellte Profielternteil<br />

dennoch, damit er nicht noch außerhalb der<br />

Familie eine volle Stelle suchen muss, sich aber<br />

eine Halbtagsstelle durchaus suchen darf.<br />

Ein Kind in seiner Lebensgemeinschaft zu beheimaten,<br />

bedeutet heutzutage eine mutige <strong>und</strong> spannende<br />

Herausforderung, auf die sich jeder Interessierte<br />

intensiv vorbereiten sollte.<br />

Und sich dieser Herausforderung<br />

trotz anfänglicher Unsicherheiten<br />

zu stellen - darin liegt zugleich<br />

eine große Bereicherung.<br />

Christa Lüken<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland-Lingen<br />

Wie gestaltet sich der Weg zum Kind<br />

Ein spannender Prozess beginnt, wenn die Erziehungsleitung<br />

nach guter Prüfung der potenziellen<br />

Profifamilie ® das Kind vorstellt, Informationen gibt,<br />

u.a. über seine Stärken <strong>und</strong> Schwächen, seine Vorgeschichte<br />

<strong>und</strong> das, was das Kind benötigt, Informationen,<br />

die der zuständige Kollege im Jugendamt<br />

gab, die aus vorliegenden Gutachten stammen können<br />

etc.<br />

Nach gründlicher Auseinandersetzung hiermit entscheidet<br />

sich die Profifamilie ® vielleicht dazu, mehr<br />

über das Kind zu erfahren.<br />

Erste Gespräche mit allen Beteiligten, die das Kind<br />

kennen, helfen bei der weiteren Entscheidungsfindung.<br />

Sind sowohl die Mitarbeiter des Jugendamtes als<br />

auch die Profifamilie ® mit der Erziehungsleitung<br />

Anbahnung<br />

davon überzeugt, dass das vorgestelltes Kind gut in<br />

diese Profifamilie ® passt <strong>und</strong> hier eine Zukunft finden<br />

könnte, findet der nächste Schritt im Anbahnungsprozess<br />

statt.<br />

Ein anonymer Sichtkontakt - möglichst unter Bedingungen,<br />

unter denen sich das Kind sicher <strong>und</strong> wohl<br />

fühlt - wird gemeinsam organisiert. Hierbei wird<br />

deutlich, ob der „Funke“, der bei der Auseinandersetzung<br />

mit den Informationen häufig schon von der<br />

Erziehungsleitung gespürt werden kann, auch überspringt,<br />

ob „die Chemie“ stimmt. Dies ist unverzichtbar,<br />

leben doch zukünftig Profifamilie ® <strong>und</strong> anvertrautes<br />

Kind sehr nah miteinander.<br />

Gefühle am Anfang dieses Prozesses müssen sehr<br />

intensiv wahr- <strong>und</strong> ernstgenommen werden. Kann<br />

sich eine Profifamilie ® ein zukünftiges Leben mit<br />

Ausgabe 80 17 KiM ®


diesem Kind nicht vorstellen, so gehört auf alle Fälle<br />

Mut, aber auch Professionalität aller am Prozess<br />

beteiligten Berater dazu, dies zulassen zu können,<br />

anzusprechen <strong>und</strong> dann eine gemeinsame Entscheidung<br />

gegen die Aufnahme dieses Kindes auszusprechen.<br />

Sind sich die Beteiligten einig, dass die Kontaktanbahnung<br />

beginnen kann, so werden Absprachen<br />

getroffen über deren Gestaltung.<br />

Die Dauer der Anbahnung ist natürlich für das weitere<br />

Zusammenleben von großer Bedeutung. Diese<br />

Zeit dient dem Kind <strong>und</strong> der Profifamilie ® , erstes<br />

Vertrauen zueinander entwickeln zu können. Häufig<br />

zeigen in dieser Zeit die <strong>Kinder</strong> ihre Themen, prüfen<br />

ihre neuen Bezugspersonen. Geduld, Zeit, Verlässlichkeit<br />

<strong>und</strong> Präsenz sind notwendig auf Seiten der<br />

zukünftigen Profifamilie ® .<br />

In der ersten Zeit der Anbahnung benötigt das Kind<br />

eine ihm vertraute Umgebung, in der es sich sicher<br />

sein kann. Die Bezugserzieherin (oder eine andere<br />

vertraute Person) begleitet das Kind, zieht sich dann<br />

aber mehr <strong>und</strong> mehr zurück.<br />

Hat das Kind Vertrauen gefasst, so werden die<br />

nächsten Kontakte nach außen verlagert. Die Profifamilie<br />

® unternimmt Ausflüge in die nähere Umgebung,<br />

bereitet das Kind so langsam auf den letzten<br />

Teil der Anbahnung vor, das Kennenlernen des zukünftigen<br />

Lebensortes durch Besuche in der Profifamilie<br />

® <strong>und</strong> spätere Übernachtungen, die dann zur<br />

Aufnahme führen.<br />

Im gesamten Prozess ist es notwendig, genau auf<br />

die Signale zu achten, die das Kind sendet.<br />

Gute, professionelle Begleitung <strong>und</strong> gutes Einfühlungsvermögen<br />

der begleitenden Fachkräfte sind<br />

notwendig, um in gemeinsamen, zwischenzeitlichen<br />

Reflexionsgesprächen entstandene Themen zu bearbeiten<br />

<strong>und</strong> den weiteren Prozess auf die Bedürfnisse<br />

sowohl des Kindes als auch der Profifamilie ®<br />

abstimmen zu können.<br />

In der Profifamilie ® werden mit allen Familienmitgliedern<br />

die Besuche gemeinsam reflektiert, ambivalente<br />

Gefühle thematisiert, abgeklärt <strong>und</strong> ggf. ausgeräumt.<br />

Zudem bereitet in dieser Zeit die aufnehmende Familie<br />

„das Nest“ für das aufzunehmende Kind vor,<br />

gibt ihm einen Platz im Familiensystem.<br />

Optimal ist es auch, wenn sich in dieser Zeit Profifamilie<br />

® <strong>und</strong> Herkunftseltern kennenlernen können,<br />

letztere dadurch ihre <strong>Kinder</strong> einfacher loslassen <strong>und</strong><br />

ihm die „Erlaubnis“ geben können, in einer neuen<br />

Familie aufwachsen zu dürfen.<br />

Es gibt keine pauschal verlaufende Kennenlernzeit.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass Familien <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong> sehr<br />

unterschiedliche Bedürfnisse haben können. Zudem<br />

muss beachtet werden, dass diese Phase auch von<br />

bisherigen Beziehungserfahrungen des Kindes geprägt<br />

ist.<br />

Das bisherige Beziehungsgefüge der Profifamilie ®<br />

gerät durch die Aufnahme des Kindes aus dem<br />

Gleichgewicht <strong>und</strong> benötigt enge, professionelle<br />

Begleitung. Ein neues Familienmitglied mit einem<br />

besonderen Status muss seinen Platz finden, alle<br />

anderen Familienmitglieder sind in Bewegung.<br />

Die Familie steht am Anfang eines<br />

begleiteten „Abenteuers“.<br />

Die Arbeit mit der Herkunftsfamilie<br />

Mein Name ist Ulrike Meiners <strong>und</strong> ich bin 52 Jahre<br />

alt. Seit 34 Jahren bin ich mit der Einrichtung <strong>und</strong><br />

Konzeption <strong>Backhaus</strong> vertraut. Seit 24 Jahren arbeite<br />

<strong>und</strong> lebe ich selbst als Profimutter im Bindungskonzept<br />

<strong>und</strong> seit 15 Jahren arbeite ich als Erziehungsleiterin<br />

im Emsland. Mein Beitrag in diesem<br />

Durchblick soll einen kleinen Einblick in unsere professionelle<br />

Arbeit mit der Herkunftsfamilie <strong>und</strong> den<br />

uns anvertrauten <strong>Kinder</strong>n geben.<br />

Vor der Aufnahme eines Kindes in eine Profifamilie ®<br />

ist es wichtig, soviel wie möglich von der Kultur der<br />

Herkunft des Kindes zu wissen <strong>und</strong> sie vor allem<br />

auch anzunehmen. In welchem äußeren Umfeld z.B.<br />

lebte das Kind, mit welchen Personen <strong>und</strong> was bedeuten<br />

sie fürs Kind? Spielen, Drogen, Alkohol, psychische<br />

Erkrankungen, Minderbegabung usw. eine<br />

Rolle? Welche Symptome hat das Kind entwickelt,<br />

mit welchen Hindernissen können wir rechnen? Wie<br />

sieht die Bindung zu unterschiedlichen Bezugsper-<br />

Renate Weusthof<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland/ Schapen<br />

sonen aus? Kann sich die potentielle Profifamilie ®<br />

auf ein abenteuerliches, zu Beginn noch ungewisses,<br />

Leben mit einem traumatisierten Kind einlassen?<br />

Weiterhin ist es wichtig, dass das Kind die Bindungsadresse<br />

der neuen Eltern annehmen kann.<br />

Was hilft es, wenn die Rahmenbedingungen perfekt<br />

sind, aber das Kind die neuen Eltern nicht annehmen<br />

kann, aus welchen Gründen auch immer? Dazu<br />

ist das genaue Kennenlernen wichtig. Meine Kollegin<br />

Renate Weusthof schreibt dazu genaueres. (siehe<br />

vorherigen Beitrag)<br />

Die Organisation <strong>Backhaus</strong> bietet der Herkunftsfamilie,<br />

dem Kind <strong>und</strong> den neuen Bindungspersonen<br />

einen objektiven äußeren Rahmen, in dem sich alle<br />

unbelastet bewegen können. Die Räumlichkeiten<br />

sind gemütlich <strong>und</strong> wohlwollend eingerichtet <strong>und</strong><br />

bieten Schutz nach außen. Die Erziehungsleitung<br />

sorgt für eine kongruente Moderation.<br />

Ausgabe 80 18 KiM ®


Es ist vorab abzuschätzen, wer genau an den Treffen<br />

teilnehmen sollte. Oft haben die <strong>Kinder</strong> (wenn<br />

sie nicht zu klein sind) nur mit der Erziehungsleitung<br />

den größten Gewinn. Sie kommen in keine Solidaritätskonflikte<br />

<strong>und</strong> lernen, beide Familiensysteme in<br />

sich zu integrieren <strong>und</strong> wenn es sich auch paradox<br />

anhört, auch voneinander zu trennen <strong>und</strong> Unterschiede<br />

zu erkennen.<br />

Die Kontakte werden mit den <strong>Kinder</strong>n gemeinsam<br />

konstruiert. Die Erziehungsleitung darf vom Kind <strong>und</strong><br />

auch von der Herkunftsfamilie als Sprachrohr funktionalisiert<br />

werden, mit dem Ziel, dass das Kind mit<br />

den Jahren immer mehr Stärke entwickelt, mit den<br />

Kindeseltern in eine interaktionale Kommunikation<br />

zu gehen.<br />

Die Erziehungsleitung trägt in dem Ganzen eine<br />

Schlüsselrolle. Sie hat den „Spagat“ zu leisten, auf<br />

der einen Seite eine neutrale Haltung zu haben, die<br />

es immer wieder ermöglicht, neu zu schauen. Sie<br />

macht sich auf der anderen Seite zum Anwalt des<br />

Kindes <strong>und</strong> darf trotz allem auch eine Allparteilichkeit<br />

zeigen. In der Arbeit mit der Herkunft des Kindes,<br />

wie es Bowlby gesagt hat, ist eine wohlwollende<br />

Behandlung aller Bindungspersonen wichtig.<br />

Eine gute Elternarbeit gibt den <strong>Kinder</strong>n die Möglich-<br />

keit, in sich stabil zu werden <strong>und</strong> eine persönliche<br />

Reife zu entwickeln. Ein größer werdender Selbstwert<br />

ermöglicht den <strong>Kinder</strong>n, offen zu werden für die<br />

Welt, für Bindung <strong>und</strong> auch für Bildung.<br />

Die Profieltern sind aufgefordert, in sich hineinzuschauen<br />

<strong>und</strong> das Herkunftssystem anzunehmen wie<br />

es ist. Wie gehen sie mit eigenen Verletzungen um?<br />

Wie sieht es mit dem eigenen Bindungsmuster aus?<br />

Werden die aufgenommenen <strong>Kinder</strong> dazu angehalten,<br />

dem zu entsprechen oder dürfen sie ein neues<br />

Bindungsmuster mit ihren neuen Bindungspersonen<br />

entwickeln? Regelmäßigen Erziehungskonferenzen<br />

bieten eine Möglichkeit, mit den eigenen Gefühlen<br />

umgehen zu lernen, konstruktive Kritik anzunehmen<br />

<strong>und</strong> zu geben.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist eine wohlwollende, aber auch klare<br />

Haltung in der Arbeit mit der Herkunftsfamilie notwendig.<br />

Wie konkret die Herkunftsarbeit<br />

aussieht, entscheiden<br />

das Kind <strong>und</strong> der Prozess.<br />

Ulrike Meiners<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Rückblick: „Wir wurden Profifamilie ® “<br />

September 1989, der Zeitpunkt, der alles veränderte,<br />

uns forderte, uns an Grenzen brachte, uns zu<br />

Zerreißproben zwang, doch, der uns auch fröhliche<br />

St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Zufriedenheit gebracht hat. Wir wurden<br />

Profieltern. Wie oft habe ich an meiner Professionalität<br />

gezweifelt, habe an mir gezweifelt, bin an mir<br />

verzweifelt. Anfangs war alles so leicht, zwei <strong>Kinder</strong><br />

mehr zu unseren eigenen zwei. Wir hatten ein großes<br />

Haus, Zeit, fühlten uns dieser Aufgabe gewachsen.<br />

Ich konnte meinen Beruf mit nach Hause nehmen,<br />

konnte Berufstätigkeit, Hausfrau- <strong>und</strong> Muttersein<br />

miteinander verbinden. Die ersten Jahre<br />

vergingen ohne große Aufregungen doch mit vielen<br />

Gesprächen, manchmal die halbe Nacht. Viele Reaktionen<br />

der <strong>Kinder</strong> waren uns fremd, erschreckten<br />

uns. So konnte ich nun nicht mehr einfach das Zimmer<br />

verlassen ohne Ängste auszulösen, musste<br />

jeden Schritt erklären, musste mich beweisen.<br />

Gemeinsam, auch mit Unterstützung unserer <strong>Kinder</strong>,<br />

haben wir die Zeit gemeistert, uns über kleine Fortschritte<br />

gefreut. Wir wurden Familie.<br />

Ich kann kaum den Schmerz beschreiben, den ich<br />

fühlte, als der Ältere die Familie verlassen musste.<br />

Jennifer: Hallo, mein Name ist Jennifer <strong>und</strong> ich bin<br />

22 Jahre. 1989 bin ich mit meinem älteren Bruder<br />

Sascha in der Einrichtung <strong>Backhaus</strong> aufgenommen<br />

Jennifer <strong>und</strong> Andrea erzählen<br />

S. ist für Jahre durch das Jugendamt in Namibia<br />

untergebracht worden. Er lebt heute noch dort <strong>und</strong><br />

hat sich eine neue Heimat geschaffen. Jennifer, die<br />

sich Jahre später entschieden hat, in eine Wohngruppe<br />

zu ziehen, war trotzdem immer noch Teil unserer<br />

Familie. Wir konnten die Verbindung halten, selbst als<br />

sie Drogen genommen hat <strong>und</strong> straffällig wurde. 2009<br />

wollte sie freiwillig in eine Therapie gehen mit einem<br />

guten Ergebnis. Während der Therapie wurde viel<br />

gesprochen, viel aufgearbeitet, viel verarbeitet.<br />

Heute nun können wir glücklich <strong>und</strong> mit Stolz berichten,<br />

dass Jennifer den Schritt geschafft hat. Sie lebt<br />

in einer Beziehung, macht zwei Ausbildungen<br />

gleichzeitig, ist von niemandem mehr abhängig. Es<br />

ist immer wieder eine Freude, sie bei uns zu haben,<br />

sie ist Teil unserer Familie <strong>und</strong><br />

wird es immer sein.<br />

Irene Stehmann<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

worden. An die erste Zeit in der Familie kann ich<br />

mich nicht mehr erinnern, ich war wohl noch zu<br />

klein. Ich weiß heute, dass ich eine schöne Zeit<br />

Ausgabe 80 19 KiM ®


hatte <strong>und</strong> meine neue Familie immer<br />

als meine gesehen habe. Außerdem<br />

bekam ich mit dem Einzug<br />

noch zwei w<strong>und</strong>erbare Geschwister.<br />

Hendrik <strong>und</strong> Andrea, die leiblichen<br />

<strong>Kinder</strong> von meinen Eltern. Klar gab<br />

es Höhen <strong>und</strong> Tiefen. Die Tiefs<br />

fingen bei mir wohl so richtig an, als mein leiblicher<br />

Bruder die Familie verlassen hat. Obwohl meine Eltern<br />

immer hinter mir standen, fing ich an, auf die<br />

schiefe Bahn zu geraten. Mit 16 Jahren habe ich mich<br />

entschieden, in eine Wohngruppe zu ziehen. Ich wollte<br />

mich nicht mehr an die Regeln halten, bin nachts<br />

weg geblieben. Danach verbrachte ich meine Zeit in<br />

der „Jugendwohngruppe <strong>Backhaus</strong>“. Das war ziemlich<br />

schwer für mich, aber auch für meine Eltern. Der<br />

Kontakt zwischen meinen Eltern <strong>und</strong> mir wurde<br />

dadurch aber besser, vielleicht war mir eine Familie<br />

einfach zu intensiv. Heute weiß ich, auch durch viele<br />

Gespräche in der Therapie, dass ich mich nie zu<br />

100% dazugehörig gefühlt habe, obwohl meine Eltern<br />

uns immer wie eigene <strong>Kinder</strong> behandelt haben. Aber<br />

auch in der Jugendwohngruppe klappte es schon<br />

bald nicht mehr, weil ich mich auch hier nicht an die<br />

Regeln hielt. Ich kam wann ich wollte, nahm Drogen<br />

<strong>und</strong> trank Alkohol. Ich entschied mich, vor meinem<br />

18. Lebensjahr zu meinen damaligen Fre<strong>und</strong> zu zie-<br />

Andrea: Mein Name ist Andrea. Ich bin 25 Jahre alt<br />

<strong>und</strong> habe vier Geschwister. Allerdings habe ich nur<br />

einen leiblichen älteren Bruder <strong>und</strong> drei nicht leibliche<br />

Geschwister. Im Alter von vier Jahren sind gleich zwei<br />

Geschwister in unsere Familie gekommen. Meine<br />

Eltern haben vorher mit uns gesprochen <strong>und</strong> uns ihre<br />

Pläne mitgeteilt. Ich fand diesen Gedanken total klasse<br />

<strong>und</strong> habe gleich Pläne gemacht. Als J. <strong>und</strong> S.<br />

endlich bei uns ankamen waren sie erst einmal sehr<br />

ängstlich, aber zuckersüß. Wir wurden innerhalb eines<br />

Tages zur Großfamilie. Die Jahre vergingen, <strong>und</strong><br />

wir wuchsen auf wie ganz normale Geschwister mit<br />

dem typischen Streitereien, aber auch den typischen<br />

Verschwörungen <strong>und</strong> Blödsinn.<br />

Später wurde es schwieriger, gerade für mich. J. hat<br />

mir ständig Sachen geklaut, so dass ich mein Zimmer<br />

immer abschließen musste. Dadurch, dass Beide<br />

so auffällig waren, bedurften sie mehr Aufmerksamkeit<br />

meiner Eltern. Ich musste daher oft eigene<br />

Bedürfnisse zurücknehmen, obwohl ich gerade in<br />

hen. Meine Eltern versuchten alles, um mich davon<br />

abzuhalten. Und von da an ging es nur noch bergab.<br />

Mit 20 <strong>und</strong> sämtlichen Vorstrafen wollte ich mich in<br />

eine stationäre Drogentherapie begeben. Meine Eltern<br />

standen voll hinter mir. Meine Mama fuhr mit mir<br />

zusammen nach Kempen <strong>und</strong> sah sich mit mir zusammen<br />

meinen Therapieplatz an. Mein Fre<strong>und</strong>, mit<br />

dem ich jetzt glücklich in Oldenburg lebe, war zu diesem<br />

Zeitpunkt schon in einer stationären Therapie.<br />

Meine Eltern <strong>und</strong> mein Fre<strong>und</strong> waren die Einzigen die<br />

mich unterstützten, die an mich geglaubt haben. Am<br />

meisten tat es mir weh als ich realisierte, wie ich mit<br />

den Menschen, die mich liebten, umgegangen bin,<br />

die immer für mich da waren <strong>und</strong> immer nur das Beste<br />

wollten. In der Therapie konnte ich viele Dinge<br />

aufarbeiten, natürlich fiel es mir sehr schwer, über<br />

mich zu reden, Gründe für die Sucht zu finden <strong>und</strong> zu<br />

verstehen. Ohne sie hätte ich das alles nicht so gut<br />

meistern können. Heute verläuft mein Leben geregelt,<br />

ich mache eine Ausbildung, verdiene Geld, habe<br />

meinen geregelten Tagesablauf <strong>und</strong> lebe abstinent.<br />

Außerdem bin ich gerade dabei, meinen Führerschein<br />

zu machen. Mit meinen Eltern verbindet mich<br />

heute ein super Eltern - Kind Verhältnis <strong>und</strong> ich fahre<br />

sie gerne <strong>und</strong> regelmäßig besuchen.<br />

Jennifer Burke<br />

der Pubertät steckte <strong>und</strong> selber viele Probleme hatte.<br />

In der Zeit habe ich mich sehr mit meiner Mutter<br />

verkracht. Ich habe vieles einfach nicht mehr verstanden.<br />

Sie ließ J. mehr durchgehen als mir <strong>und</strong> ich<br />

hatte oft das Gefühl, unfair behandelt zu werden.<br />

Heute, nach vielen Gesprächen mit ihr, kann ich ihre<br />

Gründe verstehen <strong>und</strong> nachvollziehen. Wir können<br />

mittlerweile über alles reden <strong>und</strong> verstehen uns gut.<br />

Die Erfahrungen haben mich sehr gestärkt <strong>und</strong> mich<br />

auf das Leben vorbereitet. Ich kann behaupten, dass<br />

meine soziale Kompetenz dadurch gereift ist <strong>und</strong> ich<br />

heute sehr davon profitiere.<br />

Wir sind als Familie zusammen gewachsen <strong>und</strong><br />

hängen sehr aneinander. Ich weiß, dass ich mich<br />

immer auf meine Eltern verlassen kann. Meine nicht<br />

leiblichen Geschwister gehören genauso dazu wie<br />

ich <strong>und</strong> mein Bruder.<br />

Andrea Stehmann<br />

Erster Fachtag für Profieltern im Emsland<br />

Profieltern für das Leben im Alltag gestärkt<br />

Am 18. März 2011 fand der erste Fachtag im Emsland<br />

statt. Er stand unter dem Thema „Leben im<br />

Spannungsfeld von Kindeswohl, Elternrecht <strong>und</strong><br />

professionellem Bindungskonzept“.<br />

Mit Frau Bettina Mannhart - Richterin am Amtsgericht<br />

in Lingen - <strong>und</strong> Frau Andrea Stroet -<br />

Vormünderin, Verfahrensbeistand <strong>und</strong> Supervisorin<br />

aus Münster - konnten zwei Referentinnen<br />

Ausgabe 80 20 KiM ®


gewonnen werden, die jeweils aus einem großen<br />

Erfahrungsschatz heraus lebendig <strong>und</strong> konkret, mit<br />

viel Humor berichtet haben.<br />

Zunächst ging es darum aufzuklären,<br />

was beim Familiengericht<br />

geschieht. Wie verläuft ein typisches<br />

Verfahren? Um welche<br />

Themen handelt es sich vorrangig<br />

bei familienrechtlichen Verfahren?<br />

Wie erhält das Gericht seine Informationen?<br />

Welche Informationen<br />

benötigt das Gericht, um eine<br />

Entscheidung im Sinne des Kindeswohls<br />

fällen zu können? Wer<br />

alles darf <strong>und</strong> kann sich bei Gericht<br />

melden? Welche Form sollte<br />

gewählt werden? Welchen Status<br />

bei Gericht haben Profifamilien ® ,<br />

die ja nach dem Bindungskonzept<br />

arbeiten, im Vergleich zu Pflegefamilien<br />

(§33) oder anderen Erziehungsstellen<br />

(§34)?<br />

Anschließend setzten sich die Profieltern damit auseinander,<br />

wie sie dem Kind <strong>und</strong> seinen Wurzeln<br />

gerecht werden können, wenn sie zugleich den Auftrag<br />

erfüllen, professionelle Bindung zu leben <strong>und</strong><br />

das Elternrecht ebenfalls einen breiten Raum einnimmt.<br />

Welche Möglichkeiten bieten sich? Und wo<br />

liegen die Grenzen einer vermittelnden Position,<br />

besonders z.B. wenn leibliche Eltern mit der Maßnahme<br />

nicht einverstanden sind? Um welchen Preis<br />

lohnt es sich bzw. lohnt es sich nicht in eine gerichtliche<br />

Auseinandersetzung einzusteigen?<br />

Im Rahmen eines komplexen Rollenspiels konnten<br />

im letzten Teil die verschiedenen Perspektiven aller<br />

Beteiligten an einem familiengerichtlichen Verfahren<br />

auf der Basis anonymisierter, realer Fälle konkret<br />

eingenommen <strong>und</strong> reflektiert werden. Dabei wurde<br />

auch die eigene Haltung als Profieltern kritisch in<br />

den Blick genommen.<br />

Diese Veranstaltung erfuhr einen sehr großen Zuspruchvonseiten<br />

der Profieltern<br />

<strong>und</strong> fand<br />

auch in den<br />

nachfolgenden<br />

Erziehungskonferenzen<br />

einen<br />

positiven Nachhall.<br />

Die rechtli-<br />

Wer zieht <strong>und</strong> zerrt denn da alles am<br />

Kind? - Wo ist das Kind überhaupt?<br />

chen Inhalte -<br />

gepaart mit dem<br />

Auftrag der<br />

Profifamilien ®<br />

<strong>und</strong> dem aktuellen Elternrecht - haben die Profieltern<br />

für ihren Alltag gestärkt. Viele offene Fragen<br />

konnten beantwortet werden, der Status einer Pro-<br />

fifamilie ® hat neue Aspekte erhalten, der Blickwinkel<br />

der Teilnehmer hat sich erweitert.<br />

Bild 1: Jugendamt <strong>und</strong> Sachverständige werden vom<br />

Gericht befragt<br />

Bild 2: PR <strong>und</strong> Verfahrensbeistand ringen um Worte<br />

Bild 3: Der leibliche Vater verdeutlicht dem Gericht seine<br />

Position. Dabei wird er von seiner Anwältin unterstützt.<br />

Bild 4: Die Richterin verkündet ihren Beschluss<br />

Ganz herzlich danken wir Frau Mannhart (ganz<br />

links mit Frau Lüken) <strong>und</strong> Frau Stroet (rechts) für<br />

Ihren Einsatz!<br />

Wesentlich zum<br />

Gelingen des<br />

Tages beigetragen<br />

hat unsere<br />

hauswirtschaftliche<br />

Abteilung,<br />

der an dieser<br />

Stelle ein großes<br />

Lob ausgesprochen werden soll. Durch die<br />

„R<strong>und</strong>umversorgung“ mit kulinarischen Kleinigkeiten<br />

durften sich auch die ansonsten stets im Einsatz<br />

befindlichen Profieltern einmal zurücklehnen <strong>und</strong><br />

genießen. Vielen Dank!<br />

Und last not least auch ein Dankeschön an unsere<br />

Technische Abteilung, Herrn Oudehinkel, der für uns<br />

die Medien aufgebaut <strong>und</strong> eingestellt hat!<br />

Interne Fortbildungen in der KJHB haben gerade in<br />

der letzten Zeit eine neue Relevanz erfahren. Daher<br />

werden zukünftig weitere qualitativ<br />

hochwertige Veranstaltungen konzeptionell<br />

eingeb<strong>und</strong>en sein.<br />

Christa Lüken<br />

Erziehungsleitung <strong>und</strong> Fachtagsorganisation<br />

GfS Emsland - Lingen<br />

Ausgabe 80 21 KiM ®<br />

1<br />

3 4<br />

2


Das Hamburger PZ finden sie im grünen Stadtrandbereich.<br />

Im Stadtteil Fuhlsbüttel. Man muss nur die<br />

Straße überqueren <strong>und</strong> schon ist man am Alsterlauf<br />

<strong>und</strong> kann dort lange Spaziergänge im Grünen unternehmen<br />

oder auf dem gegenüber liegenden Spielplatz<br />

spielen.<br />

Dieses PZ ist im Aufbau. Von hier aus werden zurzeit<br />

drei Familien mit insgesamt fünf aufgenommenen<br />

<strong>Kinder</strong>n betreut. Eine Familie ist zurzeit im Betriebserlaubnisverfahren<br />

<strong>und</strong> wird danach auch zur<br />

Verfügung stehen, um <strong>Kinder</strong> aufzunehmen. Drei<br />

weitere Familien nehmen seit einigen Wochen am<br />

aktuellen Vorbereitungskurs teil.<br />

GfS Hamburg<br />

Ein neuer Vorbereitungskurs soll im Mai 2011 beginnen.<br />

Wir haben viel Spaß an unserer Arbeit <strong>und</strong> freuen<br />

uns, dass der Aufbau so gut voranschreitet.<br />

Andrea Schmitz-<br />

Köster (links)<br />

Christiane Arndt<br />

Neue Erziehungsleitung in der GfS Hamburg<br />

Am 01.12. 2010 habe ich als neue Erziehungsleitung<br />

der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> für die<br />

GfS Hamburg auf einer halben Stelle angefangen zu<br />

arbeiten. Meine Aufgabe ist es, zusammen mit Andrea<br />

Schmitz-Köster die „GfS Hamburg“ weiter aufzubauen.<br />

Von Beruf bin ich Diplom-Pädagogin <strong>und</strong> habe neben<br />

meiner langjährigen Tätigkeit in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />

Jugendarbeit auch eine Supervisionsausbildung<br />

absolviert. Nachdem ich diese beendet hatte, wurde<br />

zunächst mein Sohn geboren. Als er 1 Jahr alt war,<br />

übernahm ich die Leitung eines Schulhortes um<br />

etwas überschaubarere Arbeitszeiten zu haben. 4<br />

Jahre später wurde meine Tochter geboren <strong>und</strong> ich<br />

nahm für eine Weile Elternzeit. Während meiner<br />

Elternzeit arbeitete ich freiberuflich als Supervisorin<br />

<strong>und</strong> in der SPFH. Nach Beendigung der Elternzeit<br />

stieg ich wieder in die Arbeit im Schulhort ein. Da<br />

mein Sohn mittlerweile selber die Gr<strong>und</strong>schule besuchte<br />

wurde mir das Thema Schule auf Dauer etwas<br />

zu viel. Meine <strong>Kinder</strong> sind jetzt 4 <strong>und</strong> 9 Jahre alt<br />

<strong>und</strong> ich werde wohl noch ziemlich lange mit dem<br />

Thema Schule konfrontiert sein, so blieb mir nur eins<br />

übrig: ich musste mich beruflich umorientieren. Das<br />

Wonneproppen des Monats<br />

hat ja jetzt ganz gut geklappt <strong>und</strong> ich bin froh über<br />

die neue Herausforderung bei <strong>Backhaus</strong>. Hier in<br />

Hamburg gibt es noch viel zu tun <strong>und</strong> ich werde<br />

mich bemühen, Konstanz <strong>und</strong> Verlässlichkeit in die<br />

Arbeit einzubringen. Als meine Stärken bringe ich<br />

Freude an der Arbeit, Tatkraft <strong>und</strong> Humor mit. Was<br />

mich immer nervt, ist zu viel Bürokratie <strong>und</strong> Humorlosigkeit.<br />

Bisher habe ich mit den Kollegen auch<br />

schon viel gelacht.<br />

In meiner knapp bemessenen Freizeit interessiere<br />

ich mich für zeitgenössische Kunst, bin mit meinen<br />

<strong>Kinder</strong>n viel in der Natur (wir leben mitten in der<br />

Stadt!), mache Yoga oder fahre Fahrrad. Zum Lesen<br />

komme ich zurzeit recht wenig, liebe es dennoch<br />

sehr.<br />

Aber, die <strong>Kinder</strong> werden ja auch<br />

größer <strong>und</strong> das geht leider dann<br />

doch sehr sehr schnell…<br />

Christiane Arndt<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Hamburg<br />

Gemeinsam mit unserer Mitarbeiterin Frau Astrid Stagge <strong>und</strong> ihrem<br />

Partner freuen wir uns über die Geburt von<br />

Nick<br />

Geb. am 09.03.2011 um 1:37 Uhr<br />

Größe 54 cm <strong>und</strong> einem Gewicht von 3350 Gramm<br />

Wir wünschen der Familie alles Gute!<br />

Ausgabe 80 22 KiM ®


… ach ja, <strong>und</strong> da gibt es noch das kleine Dorf bei<br />

Schneverdingen, mitten in der Nordheide.<br />

Das heißt tatsächlich Insel. Dort liegt, idyllisch gelegen<br />

unser pädagogisches Zentrum.<br />

Das Zentrum wird von Andrea Schmitz-Köster <strong>und</strong><br />

Detlev Arlt geleitet. Frau Schmitz-Köster hatte die<br />

ehemalige Dorfschmiede 1997 zu dem heutigen PZ<br />

aufbauen lassen.<br />

Hier werden zur Zeit 34 <strong>Kinder</strong> in 20 Profifamilien ®<br />

betreut.<br />

Die Belegungen sind in einem großen Umkreis von<br />

Eversen bei Bremen im Westen bis Lehmke bei<br />

Uelzen im Osten, von Hamfelde bei Hamburg im<br />

Norden bis Hannover im Süden.<br />

Das große zum Zentrum gehörende Gelände eignet<br />

sich hervorragend für Ferienfreizeiten, die hier<br />

1xjährlich in den Sommerferien stattfinden.<br />

Hier finden auch gruppenübergreifende Aktivitäten<br />

statt. So unterstützen sich die Profifamilien ® z.B. bei<br />

Auszeiten mit den <strong>Kinder</strong>n, sie machen gemeinsam<br />

Fortbildungen <strong>und</strong> organisieren Feste mit. Auch für<br />

die <strong>Kinder</strong> ist das PZ eine Anlaufstelle, wenn sie <strong>und</strong><br />

die Profifamilie ® eine kurze Auszeit brauchen oder<br />

sich ein Kind wieder beruhigen muss.<br />

Die Ferienfreizeiten werden durchgeführt <strong>und</strong> geplant<br />

vom Team der Erziehungsleitung <strong>und</strong> den<br />

Betreuern. In den Freizeiten wurden bisher immer<br />

wieder Dinge geschaffen, die den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> den<br />

Mitarbeitern des Zentrums gut in Erinnerung bleiben.<br />

So wurde schon ein Lehmbackofen gebaut <strong>und</strong> erfolgreich<br />

benutzt, es wurden Filme gedreht, ein Circus<br />

organisiert <strong>und</strong> den Profieltern vorgespielt, T-<br />

Shirts gefärbt, Stühle mit Hilfe von Pappmaschee<br />

bearbeitet <strong>und</strong> bemalt, Mauersteine bemalt <strong>und</strong> zusammengestellt.<br />

In den Ferienfreizeiten werden<br />

auch gerne lokale Künstler <strong>und</strong> Kunsthandwerker<br />

eingeladen, die mit den <strong>Kinder</strong>n kreativ basteln <strong>und</strong><br />

arbeiten.<br />

Im Zentrum finden auch die Vorbereitungskurse für<br />

künftige Profieltern statt. Dabei tauchen immer wieder<br />

Fragen auf, die am besten von erfahrenden Profieltern<br />

beantwortet werden können. So kam uns die<br />

Idee einige dieser Fragen <strong>und</strong> Antworten zusammenzustellen.<br />

Gefragt von einer Bewerberin des letzten Kurses<br />

<strong>und</strong> beantwortet von einer sehr erfahrenen Profimutter,<br />

die jetzt schon 14 Jahre <strong>Kinder</strong> betreut.<br />

Inwieweit hat sich Ihr Familienleben durch die<br />

Aufnahme verändert?<br />

Wir haben keine leiblichen <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> unser erstes<br />

aufgenommenes Kind war ein sechsjähriger Junge<br />

mit ADHS. Unser bis dahin ruhiges Leben war vorbei<br />

<strong>und</strong> in den ersten 4 Jahren hatten wir keine ruhige<br />

Minute mehr, es sei denn, er schlief oder war in<br />

der Schule. Da hatten wir kaum Zeit, nachzudenken<br />

<strong>und</strong> sind währenddessen total zusammengewachsen.<br />

GfS Lüneburg<br />

Wie haben Sie die Anbahnungsphase erlebt?<br />

Wie lange hat es vom ersten Kontakt bis zur tatsächlichen<br />

Aufnahme gedauert?<br />

Ich habe vier Anbahnungsphasen erlebt.<br />

Dreimal bin ich vor Ungeduld fast geplatzt <strong>und</strong> einmal<br />

ging es „ratzfatz“. Meistens bekommt man zuerst<br />

einen Bericht vom unterbringenden Jugendamt<br />

über das Kind. Die Sachbearbeiterin des Jugendamtes<br />

bekommt oft mehrere Profile von Profifamilien®<br />

Wenn man sich das Kind für seine Familie vorstellen<br />

kann <strong>und</strong> das mitteilt, dauert es oft ein bis drei Monate,<br />

bis ein Termin mit dem Jugendamt/Heim stattfindet.<br />

Es kommt bei diesem Kontakt erst einmal mit den<br />

Sachbearbeitern/Heimerziehern oder auch Herkunftseltern<br />

zu einem Gespräch. Mir war es wichtig,<br />

bei diesem Treffen auch schon einmal in einem<br />

anonymen Kontakt das Kind zu sehen, (ohne dass<br />

es weiß, worum es geht), einfach um eine Vorstellung<br />

zu haben, ob ich das Kind mögen könnte. (Bislang<br />

mochte ich sie alle.)<br />

Beim ersten Mal fand ich den Jungen zwar niedlich,<br />

habe aber fast einen Rückzieher gemacht, weil ich<br />

plötzlich Angst bekommen hatte.<br />

Eine Weile nach dem Erstkontakt findet der erste<br />

offizielle Kontakt mit dem Kind statt, bei dem das<br />

Kind dann schon vorher gesagt bekommt: „Da sind<br />

interessierte Pflegeeltern. Guck sie dir doch mal an,<br />

ob du sie dir vorstellen kannst!“<br />

Das Treffen findet dann mit einem ganz aufgeregten,<br />

scheuen Kind statt. Normalerweise werden<br />

dann weitere Treffen verabredet, anfangs immer in<br />

der Umgebung des Kindes.<br />

Einige Treffen später, wenn man sich ein wenig<br />

kennt <strong>und</strong> ein bisschen Vertrauen aufgebaut ist,<br />

kommt ein Erzieher mit dem Kind zu Besuch, anfangs<br />

als Tagesbesuch. Je nachdem steigert sich<br />

das, bis das Kind dann zum Probewohnen da ist.<br />

Und nach diesem Erlebnis ist es dann schon so gut<br />

wie eingezogen. Jetzt entsteht manchmal eine Pause,<br />

bei der alle Beteiligten überlegen sollen, ob sie<br />

ihre Entscheidung wirklich durchziehen wollen. Das<br />

auszuhalten kann manchmal schon anstrengend<br />

werden.<br />

Bei unserer letzten Aufnahme ging es um einen<br />

vierzehnjährigen Jungen, der in einer Auszeitfamilie<br />

untergebracht war, die selbst aber gerade in einer<br />

Anbahnung mit einem Kind ging. Bei diesem Jungen<br />

ging alles ganz schnell, nach zwei Wochen war er<br />

bei uns. Bei den anderen drei, die in einer Heimeinrichtung<br />

untergebracht waren, dauerte es 2/3/4 Monate<br />

vom Erstkontakt bis zur Aufnahme.<br />

Wie erleben Sie den Kontakt zu den leiblichen<br />

Eltern?<br />

Ganz verschieden. Ein Kind war inkognito untergebracht<br />

<strong>und</strong> hatte keinerlei Kontakt zu den Eltern.<br />

Ausgabe 80 23 KiM ®


Dadurch hat sich das Kind stärker an seine „neue“<br />

Familie geb<strong>und</strong>en.<br />

Unsere Zweite hat psychisch kranke Eltern. Die<br />

Kontakte zu den Eltern waren sehr schwierig, <strong>und</strong><br />

die Kontakte wirkten auf das Kind immer noch lange<br />

nach.<br />

Ein weiteres Kind hat auch regelmäßigen Kontakt zu<br />

den Eltern, der begleitet ist.<br />

Ihm tut es gut zu merken, dass er seinen Eltern<br />

wichtig ist. Daneben nimmt er seine Eltern mittlerweile<br />

auch differenzierter wahr <strong>und</strong> weiß, dass die<br />

Mutter lieb, nett aber auch labil ist. Auch den Vater<br />

sieht er nicht mehr als den coolen Millionär, der ihn<br />

auf Händen trägt, sondern eher als einen Blender,<br />

der ihm ganz viel erzählt <strong>und</strong> Versprechungen<br />

macht, die er nicht halten kann. Trotzdem hängt er<br />

an ihm.<br />

Inwiefern sind Ihre Eltern, Fre<strong>und</strong>e, Verwandte<br />

bei der Bewältigung des Alltags involviert?<br />

Unsere Eltern leben weit weg, so dass sie in den<br />

Alltag nicht involviert sind. Allerdings ist es schon<br />

etwas Besonderes, gerade wenn die <strong>Kinder</strong> kleiner<br />

sind, mal zur Oma zu dürfen.<br />

Da die <strong>Kinder</strong> wie eigene <strong>Kinder</strong> mit uns leben, halten<br />

sie sich natürlich im eigenen Fre<strong>und</strong>eskreis mit<br />

auf. Allerdings muss man mit aufgenommenen <strong>Kinder</strong>n<br />

manchmal sehr viel konsequenter als mit den<br />

eigenen sein, was einem manche Auseinandersetzung<br />

mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Angehörigen beschert.<br />

Gibt es noch persönliche Freiräume?<br />

Es kommt darauf an. In absoluten Stresszeiten hatte<br />

ich manchmal das Gefühl, überhaupt nicht mehr aus<br />

der Mühle herauszukommen <strong>und</strong> dann habe ich mir<br />

manchmal gewünscht, einfach weggehen zu können.<br />

In diesen Superstresszeiten hat es selten funktioniert,<br />

dass ich ein Wochenende zum Durchatmen<br />

freischaufeln konnte, dafür sorgten die <strong>Kinder</strong>.<br />

Haben sich dann einmal tatsächlich Möglichkeiten<br />

ergeben, sich voneinander zu erholen, konnte es<br />

sein, dass die <strong>Kinder</strong> plötzlich krank wurden <strong>und</strong> ich<br />

deshalb bei ihnen bleiben musste.<br />

Genauso gibt es aber auch Zeiten, in denen alles so<br />

toll läuft, dass ich schon fast ein schlechtes Gewissen<br />

hatte, dafür Geld zu bekommen.<br />

Ist es möglich als Profimutter eine weitere Teilzeitstelle<br />

zu haben?<br />

In Absprache mit der Erziehungsleitung ist es so,<br />

dass man wenn man ein Kind aufgenommen hat die<br />

Möglichkeit besteht einen weitere „halbe Stelle“ anzunehmen.<br />

So konnte ich zu manchen Zeiten mehr arbeiten <strong>und</strong><br />

in stressigen Zeiten zurückschrauben. Viele Profieltern<br />

arbeiten nebenbei als Tagesmutter oder studieren<br />

auch. Für mich war es immer wichtig, einen persönlichen<br />

Ausgleich für meine kleinen „Energiesauger“<br />

zu haben.<br />

Welche praktische Unterstützung bekommen Sie<br />

von der GfS?<br />

Die GfS nimmt den Profieltern die Arbeit mit den<br />

Herkunftseltern ab, so dass die Herkunftseltern nicht<br />

in die eigene Familie kommen um ihre <strong>Kinder</strong> zu<br />

sehen, sondern die Treffen finden meistens begleitet<br />

im Pädagogischen Zentrum (PZ) statt. Dies ist eine<br />

fühlbare Erleichterung für die meist traumatisierten<br />

aufgenommenen <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> bietet ihnen einen wirklichen<br />

weiteren Rahmen, gleichzeitig wird auch die<br />

eigene Privatsphäre gewahrt.<br />

Auch wird die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt<br />

von der Erziehungsleitung wahrgenommen, sodass<br />

man Unterstützung bei den Hilfeplänen <strong>und</strong> bei der<br />

Durchsetzung eigener Anliegen für die <strong>Kinder</strong> hat.<br />

Ich empfand das PZ immer als Ort an dem ich alles<br />

abladen konnte <strong>und</strong> belassen konnte.<br />

Mit wem tauschen Sie sich über die Arbeit aus?<br />

Jahrelang waren die wöchentlichen Erziehungskonferenzen<br />

im pädagogischen Zentrum sehr wichtig für<br />

mich. Dort bekam ich einmal von den anderen <strong>Kinder</strong>n<br />

zu hören, konnte aber genauso meine Probleme<br />

erzählen <strong>und</strong> durch die Gespräche eine neue<br />

Sichtweise <strong>und</strong> einen neuen Abstand bekommen.<br />

Mittlerweile, nach 13 Jahren, brauche ich nicht mehr<br />

so intensiven Austausch.<br />

Gibt es unter den Profieltern eine Kultur des gegenseitigen<br />

Unterstützens <strong>und</strong> Entlastens?<br />

Ja <strong>und</strong> Nein. Durch die in meiner Gruppe großen<br />

Entfernungen der anderen zu meinem Wohnort ist<br />

dieses „kurz mal eben“ nicht unbedingt der Fall. Ich<br />

hatte eine Kollegin, die eine Viertelst<strong>und</strong>e von mir<br />

entfernt wohnte. Mit ihr war das toll, da meine aufgenommenen<br />

mit ihren <strong>Kinder</strong>n eine Altersstruktur<br />

hatten. So konnten wir uns kindertechnisch gut unterstützen<br />

<strong>und</strong> dabei entwickelten sich auch viele<br />

Gespräche über Probleme mit den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> ihre<br />

Lösungen. Leider ist diese Kollegin vor einigen Jahren<br />

in ein anderes B<strong>und</strong>esland gezogen, sodass wir<br />

uns jetzt nur noch hin <strong>und</strong> wieder telefonisch austauschen.<br />

Die Unterstützung hängt meines Erachtens, in erste<br />

Linie von der räumlichen Entfernung zu den anderen<br />

Profieltern ab.<br />

Was waren die größten Herausforderungen in<br />

Ihrer Arbeit mit den <strong>Kinder</strong>n?<br />

Jedes Kind hat mich auf ganz eigene Weise an neue<br />

Grenzen gebracht, die ich überschreiten musste.<br />

Unser erstes Kind war panisch-aggressiv in den<br />

ersten Jahren. Manchmal war er durch Auslöser, die<br />

ich nicht erkennen konnte, so außer sich, dass er<br />

ohne Intervention st<strong>und</strong>enlang geschrien <strong>und</strong> unsere<br />

Einrichtung zerlegt hätte, das Ganze bei einer Größe<br />

von ca. 1,20 m.<br />

Unser zweites Kind konnte sehr gut Intrigen spinnen.<br />

Sie kam erst mit 12 Jahren zu uns. Als wir spä-<br />

Ausgabe 80 24 KiM ®


ter mit ihr umgezogen waren <strong>und</strong> sie die Leute in der<br />

neuen Umgebung noch nicht so kannten, ging sie<br />

ans Werk:<br />

Sie kannte ganz schnell sämtliche Erwachsene der<br />

Umgebung <strong>und</strong> saß dauernd bei ihnen im Wohnzimmer,<br />

wenn sie unzufrieden war. Dort erzählte sie<br />

dann, wie schlimm wir sie hielten, wie im Gefängnis,<br />

<strong>und</strong> Kleidung <strong>und</strong> Essen würde sie auch nicht bekommen.<br />

In der ersten Zeit im neuen Dorf gab es<br />

viele Leute, die uns komisch beäugten, <strong>und</strong> manche<br />

Dinge kommen erst jetzt, 7Jahre nach ihrem Auszug,<br />

ans Licht.<br />

Was waren die größten Krisen? Wer hat sich für<br />

Sie in diesen Fällen als besonders hilfreich erwiesen?<br />

Als unser erstes aufgenommenes Kind ständig seine<br />

Panikattacken mit Zerstörungswut <strong>und</strong> Geschrei<br />

bekam, war ich irgendwann mit den Nerven zu Fuß<br />

<strong>und</strong> habe ihn eines Tages aus lauter Verzweiflung<br />

am Boden festgehalten <strong>und</strong> seine Arme <strong>und</strong> Beine<br />

umklammert , um mich vor ihm zu schützen. Das tat<br />

ihm unerklärlicherweise gut, aber ich hatte ein<br />

schlechtes Gewissen, nutzte diese Möglichkeit aber<br />

trotzdem weiter.<br />

Eine Psychologin erklärte mir, dass dieses Festhalten<br />

für den Jungen eine super Erleichterung sei, da<br />

er dadurch das Vertrauen bekommt, dass es einen<br />

Menschen auf der Welt gibt, der ihn halten kann.<br />

Also hatte ich ihn nicht „gebrochen“, war unendlich<br />

erleichtert, nutzte das Festhalten noch 2-3 Jahre<br />

<strong>und</strong> brauchte es später nicht mehr (auch war er<br />

dann zu groß <strong>und</strong> kräftig geworden).<br />

Auch später, wenn es für mich unverständliche Probleme<br />

gab <strong>und</strong> ich wegen eines Kindes zur Psychologin<br />

ging, halfen mir diese Gespräche sehr, da ich<br />

dadurch immer mal wieder von außen auf die Situation<br />

sehen konnte. Ich denke, gerade wenn man so<br />

bedürftige <strong>und</strong> anstrengende <strong>Kinder</strong> hat, ist es gut,<br />

auf ein Netzwerk zu bauen mit Lehrern, Psychologen,<br />

z.T. Ergotherapeuten <strong>und</strong> am besten noch mit Kollegen<br />

in der Nähe, denn auch in seiner ganzen Professionalität<br />

kommt man an seine Grenzen.<br />

Was waren besondere Momente / Highlights?<br />

Welche Entwicklungsschritte haben Sie besonders<br />

beeindruckt?<br />

Im täglichen Leben gibt es neben Frustmomenten<br />

auch eine ganze Menge kleinerer Highlights. Mit<br />

einem Kind hatte ich besonderen Stress, weil er<br />

seine Hausaufgaben selten <strong>und</strong> wenn, dann<br />

schlecht machte, obwohl er eigentlich ein einigermaßen<br />

guter Schüler hätte sein können. Nachdem<br />

diese normalen Sachen über Jahre nicht funktionierten<br />

bekam er die Aufgabe, allein dafür zuständig zu<br />

sein, jede einzelne St<strong>und</strong>e, ob mit Hausaufgaben<br />

oder nicht, vom jeweiligen Lehrer abzeichnen zu<br />

lassen. Fehlte nur eine St<strong>und</strong>e, so konnte er am Tag<br />

weder spielen gehen noch fernsehen. Nach einem<br />

halben Jahr klappte es durchgängig mit Spielen<br />

gehen, nach zwei Jahren holte er sich noch immer<br />

die Unterschriften der Lehrer, obwohl ich das Heft<br />

gar nicht mehr nachsah <strong>und</strong> zusätzlich übte er freiwillig<br />

für Arbeiten, die anstanden, schrieb bessere<br />

Arbeiten <strong>und</strong> möchte nun dringend auf die Realschule.<br />

Ein wirkliches Highlight ist unser Ältester. Mittlerweile<br />

ist er 19 Jahre alt <strong>und</strong> wohnt seit 5 Jahren nicht<br />

mehr bei uns, jedoch noch immer in der Nähe. Er<br />

hält mehr oder weniger regelmäßig den Kontakt zu<br />

uns. Er gerät zwar noch immer regelmäßig in merkwürdige<br />

Umstände <strong>und</strong> ebensolche Bekanntenkreise,<br />

kriegt aber immer wieder die Kurve in ein „anständiges“<br />

Leben <strong>und</strong> freut sich, dass er wider Erwarten<br />

zum Sommer eine Lehrstelle antreten kann.<br />

Was hat Sie persönlich am Konzept der KJHB<br />

überzeugt?<br />

Was hat Ihnen dabei geholfen, sich für die Profifamilie<br />

® zu entscheiden?<br />

Anfangs orientierte ich mich über die unterschiedlichen<br />

Träger, die eine vergleichbare Tätigkeit anbieten.<br />

In meiner Gegend gibt es zwei große andere<br />

Träger, bei denen ich mich damals informiert hatte.<br />

Beide Träger zahlten besser.<br />

Bei beiden waren <strong>Kinder</strong> auf jeweils zwei Jahre untergebracht<br />

<strong>und</strong> die Herkunftseltern hatten die Möglichkeit,<br />

die <strong>Kinder</strong> in deren Lebensraum zu besuchen<br />

<strong>und</strong> dort selbst auch zu übernachten. Das wäre<br />

allerdings dann auch mein Lebensraum gewesen<br />

<strong>und</strong> das konnte ich mir nicht vorstellen.<br />

Ich finde es einfach gut, dass bei unserer Einrichtung<br />

die Kontakte zu den Herkunftseltern <strong>und</strong> auch<br />

zum Jugendamt außerhalb des Privatbereichs stattfinden,<br />

sodass ich mich zuhause fühlen kann <strong>und</strong><br />

die <strong>Kinder</strong> in meinen Privatbereich hineinlasse. Mit<br />

all den Menschen, die bei anderen Trägern ein Anrecht<br />

auf mein Privatleben hätten haben wollen,<br />

wäre ich nicht glücklich geworden.<br />

Sind Sie glücklich mit den <strong>Kinder</strong>n, die Sie aufgenommen<br />

haben?<br />

Ja, das bin ich. Ich habe jetzt insgesamt 4 <strong>Kinder</strong><br />

aufgenommen, immer jeweils 2. Und irgendwie<br />

passten sie immer zu unserer jeweiligen Lebenssituation.<br />

Unsere ersten beiden waren, um es mal so<br />

zu sagen, wirklich schwierig. Die beiden jetzigen<br />

sind leichter im Umgang.<br />

Das<br />

Erziehungsleiter<br />

-Team der GfS<br />

Lüneburg<br />

Andrea Schmitz-Köster Detlev Arlt<br />

Ausgabe 80 25 KiM ®


Die Entstehungsphase der GfS Münster ist gekennzeichnet<br />

durch das Motto:<br />

• „Alles braucht seine Zeit“ in Verbindung mit<br />

• „Wir sind ein Teil des/vom Ganzen“.<br />

Als im Juli 2009 meine Tätigkeit in Münster begann<br />

waren bereits die Räumlichkeiten mit Inventar gut<br />

ausgestattet vorhanden. Neben dem Konferenzraum<br />

war bereits ein Büro mit integriertem Küchenbereich<br />

vorhanden. Jetzt im Jahr 2011 haben sich die<br />

Räumlichkeiten erweitert<br />

Aus den durchgeführten Vorbereitungskursen nach<br />

hausinternem Curriculum sind neun Plätze für Unterbringungsmöglichkeiten<br />

für <strong>Kinder</strong> mit <strong>Jugendhilfe</strong>bedarf<br />

entstanden. Eine weitere vorbereitete Profifamilie<br />

® geht zunächst noch in eigene Prozesse um<br />

für eine Aufnahme eines Kindes bereit zu sein. Profifamilien<br />

® mit unterschiedlichen Ressourcen sind<br />

ihrem Profil gemäß zur Aufnahme von ein oder zwei<br />

<strong>Kinder</strong>n bereit. Jede Mitarbeiterin <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

haben ihre Qualität mit in die GfS Münster hineingebracht.<br />

Die eigene Beruflichkeit, das familiäre Miteinander<br />

im eigenen System <strong>und</strong> auch die Dynamik<br />

im zukünftigen kollegialen Miteinander wurden mit<br />

den Leitzielen des Trägers <strong>Backhaus</strong> in Einklang<br />

gebracht. Beeindruckend war das Engagement der<br />

Einzelnen in den Vorbereitungskursen. Die Partner<br />

der zukünftigen Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen<br />

wurden „nicht mitgebracht“, sondern erkannten die<br />

Notwendigkeit des „Mitmachens“, dies in Ihrer Rolle<br />

<strong>und</strong> der Unterstützerfunktion.<br />

Heute sind bereits zwei <strong>Kinder</strong> in Profifamilien ® der<br />

GfS Münster untergebracht. Mehrere Profifamilien ®<br />

befinden sich im Prozess der Anbahnung. Eine Teilnahme<br />

an den kontinuierlich stattfindenden Erziehungskonferenzen<br />

wird jedoch auch von den noch<br />

nicht belegten Familien möglich gemacht. Kollegiale<br />

Beratung in dem multidisziplinären Team wird heute<br />

schon bereits umgesetzt. Die anstehende Teilung<br />

der Erziehungskonferenz in zwei Gruppen wird<br />

durch die Mitarbeiter getragen. Jedoch wird der<br />

Wunsch geäußert auch Kontakt zu den Kollegen aus<br />

der anderen Konferenz beizubehalten. Sicherlich<br />

werden dann hier die hausinternen Fortbildungen,<br />

Familienprojekte <strong>und</strong> erziehungskonferenzübergreifende<br />

Themen dazu beitragen den Kontakt zu den<br />

anderen Mitarbeitern zu pflegen <strong>und</strong> umzusetzen.<br />

Zu der im niedersächsischen Emsland liegenden<br />

Hauptverwaltung des <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>verb<strong>und</strong>es<br />

<strong>Backhaus</strong>, empfinden die Mitarbeiter eine<br />

GfS Münster<br />

Aufbau seit Juli 2009<br />

Zugehörigkeit <strong>und</strong> fühlen sich mit dem Träger verb<strong>und</strong>en.<br />

In Erinnerung ist mir eine Situation innerhalb<br />

des Betriebserlaubnisverfahrens. Der zuständige<br />

Kollege aus der Heimaufsicht fragte die Profimutter<br />

warum Sie sich geradewegs für den Träger<br />

<strong>Backhaus</strong> entschieden habe. Neben der Qualität der<br />

halbjährlichen Vorbereitung, das Leitziel KiM ® (Kind<br />

im Mittelpunkt), das gute Miteinander innerhalb des<br />

Mitarbeiterstamms, die regelmäßige Möglichkeit<br />

einer Begleitung durch die Erziehungsleitung wie<br />

innerhalb der regelmäßig stattfindenden Erziehungskonferenzen<br />

wurde die familiäre Ausprägung<br />

des Trägers - die Familie <strong>Backhaus</strong> benannt.<br />

Innerhalb des Kolloquiums vom Juni 2010 wurden<br />

symbolisch die Zugehörigkeit zum Träger <strong>und</strong> die<br />

Qualität der eigenen Arbeit durch den Bau des „besonderen<br />

Hauses“ dargestellt. Benannt wurde: „Zunächst<br />

einmal hat jedes Haus hat ein F<strong>und</strong>ament.<br />

„Wir sehen <strong>Backhaus</strong> als F<strong>und</strong>ament - mit seiner<br />

Haltung, mit dem Konzept <strong>und</strong> seine Qualität“. Unser<br />

Haus ist gebaut aus Steinen. Wir sind die Steine <strong>und</strong><br />

„wir sind ein Teil des Ganzen“. „Unsere Erziehungsleitung<br />

ist für uns das Dach. Durch unser Dach werden<br />

wir ein Ganzes…“ (Kolloquium 14.6.2010).<br />

Zwei Vorbereitungskurse, zwei <strong>Kinder</strong> in zwei Profifamilien<br />

® , mehrere vorbereitete Familien in Anbahnungsprozessen<br />

- sind im Moment das Resultat aus<br />

der Zeit ab Juni 2009. Weitere Familiensysteme sind<br />

in Informationsgesprächen vor Ort in Münster - <strong>und</strong><br />

werden eventuell am nächsten Vorbereitungsseminar<br />

nach hausinternem Curriculum teilnehmen. Der<br />

Aufbau der GfS Münster ist weiterhin im Prozess.<br />

Im Mai findet wieder das Frühlingsfest in Meppen<br />

statt. Die vorbereiteten <strong>und</strong> tätigen Profifamilien ®<br />

werden dann vor Ort sein <strong>und</strong> die Fortbildungsveranstaltung<br />

am Nachmittag mit dem anschließenden<br />

geselligen Beisammensein ausfüllen.<br />

Ein Kennenlernen der Profifamilien<br />

® aus den anderen GfS wird<br />

dann u.a. Thema sein.<br />

Ulrike Kunze<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Münster<br />

Danken möchte ich der Profimutter Ulrike B. <strong>und</strong> Ilka<br />

S., die ein geführtes Telefonat niedergeschrieben <strong>und</strong><br />

zur Verfügung stellen. Die „Telefonschnagge“ spiegelt<br />

u.a. das Motto „Alles braucht seine Zeit“ wieder.<br />

Ein Gespräch zwischen zwei Profifamilien ® aus dem PZ Münster<br />

Wie alles begann….<br />

Ein Rückblick mit Zukunftsgedanken<br />

Ilka <strong>und</strong> Ulli,<br />

ein „Telefongeschnagge“…..<br />

Weißt du noch, wie du dich bei <strong>Backhaus</strong> beworben<br />

hast?? Man was war ich aufgeregt!!! Ich fand das<br />

Ausgabe 80 26 KiM ®


Konzept ja sehr gut…<br />

Echt?? Ich auch. KiM ® ! Kind im Mittelpunkt. Alleine<br />

dieser Satz hat mich mitgerissen…<br />

Ja das hat mir auch super gefallen. Weil es ja auch<br />

so ist. Im Vordergr<strong>und</strong> steht nun mal das Kind, welches<br />

in meine Familie kommt…<br />

Eben…<br />

Und als ich Frau Kunze kennengelernt habe, wusste<br />

ich erst gar nicht, was auf mich zukommt. Ich hatte<br />

mich zwar auf der Internet Seite informiert, aber das<br />

ist ja nicht dasselbe. Mein Mann war am Anfang<br />

nicht davon überzeugt, dass wir das mit dem Kind<br />

aufnehmen schaffen….<br />

Ja das kenne ich. So ging es mir auch erst, aber<br />

schon nach kurzer Zeit im Gespräch mit ihr wurde<br />

mir immer wohler. Frau Kunze erklärte mir <strong>und</strong> meinem<br />

Mann, was das Pädagogische Zentrum (PZ)<br />

alles leistet, wir eine Vorbereitungsphase haben <strong>und</strong><br />

das wir nicht alleine gelassen werden. …<br />

Genau. Es wurde gut dargestellt, was da auf uns<br />

zukommt <strong>und</strong> was ich noch gut fand, das da echt<br />

verschiedene Berufe die gleiche Arbeit haben. So<br />

etwas fördert den Informationsaustausch <strong>und</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

legt da großen Wert drauf. Ich meine Sozialpädagogen<br />

<strong>und</strong> zum Beispiel Erzieher ergänzen<br />

sich in vielen Themen. Sie haben alle das gleiche<br />

Ziel…<br />

Ja das finde ich auch. Sozialpädagogen, Erzieher,<br />

Ergotherapeuten <strong>und</strong> Heilerziehungspfleger. Da<br />

kann man sich gut austauschen, wenn ich eine Frage<br />

habe <strong>und</strong> umgekehrt...<br />

So ist es. Ich fand ja schon den Vorbereitungskurs<br />

sehr gut <strong>und</strong> super informativ. Die ganzen Themen<br />

die wir alle zusammen erarbeitet haben <strong>und</strong> auch<br />

mal was zu Hause machen mussten. So für uns<br />

alleine arbeiten <strong>und</strong> sich hier noch mal mit einem<br />

Thema auseinander zu setzen. Das intensiviert. ….<br />

Ich weiß noch, als wir uns gegenseitig vorstellen<br />

sollten, also das erste Gespräch mit den Kursteilnehmern.<br />

Da haben wir uns alle sehr schwer getan.<br />

Ich kam mir vor wie in der Schule. So viel <strong>und</strong> laut<br />

habe ich schon lange nicht mehr gelacht. Was dabei<br />

alles raus kam….<br />

Ja das weiß ich noch. Aber es hat uns gut zusammen<br />

geschweißt. Ich möchte keinen davon missen<br />

<strong>und</strong> es hatte den Vorteil, dass wir uns nicht selber<br />

vorstellen mussten, denn da fehlt sonst immer die<br />

Hälfte....<br />

Da sagst du was. Unsere Männer haben es zu Anfang<br />

schwer empf<strong>und</strong>en. Am besten hat mir das<br />

Mobile bauen gefallen. Da habe ich die Familien<br />

näher kennen gelernt <strong>und</strong> mein Mann wusste nicht<br />

wie ihm geschieht. Aber so konnte er sich auf die<br />

Situation einstellen, wenn ein Kind in der Familie ist,<br />

auch mal zu basteln …<br />

Ja, da hat meiner auch erst komisch geguckt. Hat es<br />

aber brav mitgemacht <strong>und</strong> wir hatten echt viel Spaß.<br />

Oder, das Biografie Wochenende, ne, was haben<br />

wir da gelacht. Man hat sich <strong>und</strong> seine Familie <strong>und</strong><br />

deren Angehörigen mal näher betrachtet. Da ist sehr<br />

viel bei rausgekommen. Und es hat uns noch näher<br />

zusammen gebracht, da wir alle mitgemacht haben,<br />

zusammen geschaut haben, wo es Parallelen gibt<br />

<strong>und</strong> so. Klasse…<br />

Richtig. Das hätte ich jetzt fast schon vergessen.<br />

Man was die Zeit läuft…Ja da sagst du was…Weißt<br />

du was ich auch noch super fand?...<br />

Nee sag mal…<br />

Das auch Alleinerziehende dabei sind. Das auch<br />

<strong>Kinder</strong>, die zum Beispiel mit Männern nicht umgehen<br />

können auch in eine Familie vermittelt werden<br />

<strong>und</strong> das es Menschen gibt, die sich das zutrauen.<br />

Hut ab. Ich bin froh, dass mein Mann da ist. Aber sie<br />

sind durch die Erziehungskonferenzen <strong>und</strong> Frau<br />

Kunze ja nicht ganz alleine. Und wir haben ja auch<br />

mittlerweile privat miteinander zu tun. Da kann man<br />

sich auch gegenseitig helfen.<br />

Das ist richtig gut <strong>und</strong> mutig. Ich fühle mich eh wie<br />

ein Teil vom Ganzen. Das hat man ja beim Kolloquium<br />

gesehen. Die Themen waren heftig <strong>und</strong> anstrengend,<br />

welcher Pädagoge spricht alltäglich über<br />

missbrauchte <strong>Kinder</strong> oder FAS. Ich habe bemerkt:<br />

Jeder hat zugehört <strong>und</strong> sich Gedanken gemacht.<br />

Das Puzzle war auf einmal ganz. Weißt du?? Erst<br />

nur wir, dann die anderen Teilnehmer, die anderen<br />

Kurse <strong>und</strong> jetzt alle auf einmal. Wie ein Puzzle<br />

halt…<br />

Genau, da war keiner außen vor. Jeder hatte die<br />

Chance sich vorzustellen <strong>und</strong> sich ein Bild von den<br />

anderen Teilnehmern zu machen. Aber das mit dem<br />

Puzzle finde ich gut. Es kamen immer mehr Teile.<br />

Nur noch eines fehlt….Das Kind, aber das kommt<br />

noch…<br />

Das wir hier die anderen Gruppen kennen gelernt<br />

haben <strong>und</strong> auch das Ehepaar <strong>Backhaus</strong>, hat sich so<br />

richtig in mein Gedächtnis eingeprägt. Ich war ganz<br />

schön stolz auf mich <strong>und</strong> uns, dass wir alle an einem<br />

Strang gezogen haben…<br />

Ja, das stimmt. Bei mir ist es genauso. Im Moment<br />

finde ich die Erziehungskonferenzen gut. Erst mal<br />

sehen wir uns alle wieder <strong>und</strong> wir können den Fortschritt<br />

in den Familien sehen <strong>und</strong> darüber reden,<br />

also wer wie weit in den Prozess gegangen ist <strong>und</strong><br />

wer schon in der Anbahnung ist…<br />

Ist zwar erst ein Kind da in unserer Gruppe, aber<br />

hier gibt es ja viel zu reflektieren <strong>und</strong> zu berichten.<br />

Das zweite Kind zieht ja auch bald ein… Das letzte<br />

Thema war gut. Da konnte ich viel Rückschlüsse<br />

ziehen für unseren eigenen Prozess. Ich habe mich<br />

um die passsende Schule zu finden informiert….<br />

Ja, bei dem Thema Schule … da kamen so alle in<br />

Fahrt. Jeder konnte was dazu sagen <strong>und</strong> hatte Beispiele.<br />

Da war er wieder, der Informationsfluss.<br />

Richtig. Und durch die Beratung von Frau Kunze<br />

wurde das Problem gelöst. Das macht mich immer<br />

sicherer, dass ich im PZ gut aufgehoben bin. Ich bin<br />

Ausgabe 80 27 KiM ®


mal gespannt ob sich das Jugendamt bei Frau Kunze<br />

gemeldet hat. Bin schon ganz nervös. Wann zieht<br />

wohl ein Kind bei uns ein <strong>und</strong> was bringt es mit. Ich<br />

finde das so spannend…<br />

Es braucht so seine Zeit. Ich bin ja auch „neun Monate<br />

schwanger“ <strong>und</strong> weiß nicht, was das Kind welches<br />

dann irgendwann zu uns kommt mitbringt. Aber<br />

ich bin auch aufgeregt <strong>und</strong> am liebsten hätte ich<br />

einen kleinen Zwerg schon hier…<br />

Oh ja richtig, so sehe ich das auch. …<br />

Immerhin wurden <strong>und</strong> werden wir nicht ins kalte<br />

Wasser geschmissen. Ich weiß was da auch auf<br />

mich zukommt <strong>und</strong> ich kann euch um Hilfe bitten<br />

Das Pädagogische Zentrum (PZ) der GfS (Gesellschaft<br />

für familienorientierte Sozialpädagogik)<br />

Oldenburg besteht seit 12 Jahren. Ländlich gelegen<br />

<strong>und</strong> nach einem Umzug 2006 in einem renovierten<br />

Bauernhaus in Huntlosen bietet es Platz für alle<br />

Bedürfnisse. Neben den regelmäßig stattfindenden<br />

Erziehungskonferenzen können hier ungestört die<br />

GfS Oldenburg<br />

Unser PZ in Huntlosen Karen Heimberg, Petra Schmackpfeffer<br />

Kontakte der <strong>Kinder</strong> zur Herkunftsfamilie begleitet<br />

<strong>und</strong> auf neutralem Boden stattfinden. Hierfür steht<br />

u.a. ein Kickerraum, ein Spielzimmer, ein Gruppenraum<br />

<strong>und</strong> die Wohnküche zur Verfügung. Draußen<br />

gibt es eine Fußballwiese mit Toren, einen Sand-<br />

<strong>und</strong> durch das PZ habe ich immer eine Fachperson<br />

im Hintergr<strong>und</strong>…<br />

Das ist es, was mich sehr sicher macht. Ich weiß,<br />

dass jemand da ist, wenn es Schwierigkeiten gibt…<br />

Mal sehen wann wir ein Kind aufnehmen…<br />

Ja ich bin auch schon gespannt…<br />

So lange wird es wohl nicht mehr dauern, oder?...<br />

Ne, glaube ich nicht. Wir werden sehen…<br />

Ja das werden wir…<br />

Wir sehen uns bei der nächsten Erziehungskonferenz…<br />

Jupp…. Also bis denn… denke dran<br />

….Alles braucht seine Zeit!!!...<br />

kasten, Schaukel <strong>und</strong> Rutsche sowie eine Tischtennisplatte.<br />

Auch für Hilfeplangespräche <strong>und</strong> Vorbereitungskurse<br />

für Bewerber wird das PZ genutzt. Huntlosen<br />

hat einen eigenen Bahnhof, so dass das PZ<br />

auch mit der Bahn gut erreichbar ist.<br />

Bei der jährlich stattfindenden Sommerfreizeit mit den<br />

aufgenommenen <strong>Kinder</strong>n übernachten alle auf der<br />

Wiese in großen Zelten, in der<br />

Scheune ist der „Speisesaal“, auf<br />

dem Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> in der Umgebung<br />

finden zahlreiche Aktivitäten<br />

<strong>und</strong> Ausflüge statt.<br />

In der GfS Oldenburg arbeiten 2<br />

Erziehungsleiterinnen, Frau<br />

Schmackpfeffer seit gut 7 Jahren<br />

<strong>und</strong> ich seit Februar 2010.<br />

Zur GfS Oldenburg gehören zurzeit<br />

20 Profifamilien ® , in denen<br />

27 aufgenommene <strong>Kinder</strong> leben. Drei Plätze in Profifamilien<br />

® sind noch frei. Zurzeit findet ein Vorbereitungskurs<br />

statt, in dem sich interessierte Familien<br />

mit der Frage beschäftigen, ob sie ein Kind aufnehmen<br />

möchten <strong>und</strong> sich auf diese Aufgabe vorbereiten<br />

<strong>und</strong> vorbereitet werden.<br />

„Aber ich hab dir doch alles gegeben!“<br />

Belastete <strong>Kinder</strong> verstehen <strong>und</strong> im Alltag begleiten<br />

Interne Fortbildung der GfS Oldenburg<br />

Die GfS Oldenburg veranstaltete am 12.03.2011<br />

eine ganztägige interne Fortbildung mit dem oben<br />

genannten Thema. 20 Familien der GfS Oldenburg<br />

nahmen an der Fortbildung teil, zum Teil auch mit<br />

Partnern. Auch zwei neue Profifamilien ® in Anbahnung<br />

nahmen engagiert teil. Der Abteilungsleiter<br />

Herr Robben nutzte die Fortbildung, um die Profifamilien<br />

® der GfS Oldenburg kennenzulernen.<br />

Der Referent Peter Rudolph (Bild<br />

rechts), Diplom-Sozialwissenschaftler,<br />

der u.a. Supervisor,<br />

Heilpraktiker für Psychotherapie<br />

sowie lehrender Transaktionsanalytiker<br />

im Oldenburger Institut<br />

für Weiterbildung, Beratung <strong>und</strong><br />

Psychotherapie (OLIW) ist, gestaltete<br />

den Tag lebendig mit<br />

Herr Rudolf<br />

Vorträgen, Arbeitsgruppen <strong>und</strong> Fallbesprechungen.<br />

Ausgabe 80 28 KiM ®


Im ersten Teil der Fortbildung ging es vor allem darum,<br />

das eigene Verhalten im Umgang mit anderen,<br />

z.B. den uns anvertrauten <strong>Kinder</strong>n, zu verstehen <strong>und</strong><br />

zu analysieren. Ziel dabei ist es, festgefahrene Muster<br />

<strong>und</strong> Rollen zu erkennen <strong>und</strong> eigene Möglichkeiten<br />

zu sehen, aus Mustern auszusteigen, z.B. um bei <strong>Kinder</strong>n<br />

Entwicklungen zu sehen, anerkennen zu können,<br />

anzustoßen o.ä.. Die Ich-Zustände werden bezeichnet<br />

als<br />

Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich<br />

<strong>und</strong> Kind-Ich.<br />

Jeder Mensch,<br />

auch ein Kind,<br />

verfügt über die<br />

drei Ich-Zustände.<br />

In jeder Situation<br />

agieren<br />

wir aus einem der Ich-Zustände heraus. Es ist oft<br />

hilfreich zu verstehen, aus welchem Ich-Zustand heraus<br />

wir oder unsere Gegenüber oft handeln, welche<br />

Reaktionen darauf oft erfolgen (Transaktionen), um<br />

eigene Veränderungsmöglichkeiten zu erkennen.<br />

Im zweiten Teil der Fortbildung ging es um die Frage,<br />

warum es vielen der uns anvertrauten <strong>Kinder</strong> so<br />

schwer fällt, für sich gute Entscheidungen zu treffen,<br />

Fürsorglichkeit anzunehmen, warum sie trotz besseren<br />

Wissens immer wieder in bestimmte Situationen<br />

geraten, provozieren, einen erreichten Erfolg zerstören<br />

oder oder oder. Dazu stellte Herr Rudolph das<br />

Modell des Scripts vor. Mit Script bezeichnet die<br />

Transaktionsanalyse den individuellen Lebensplan<br />

eines Menschen, der aufgr<strong>und</strong> unserer frühen Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> der Erwartungen <strong>und</strong> Einflüsse der Eltern<br />

<strong>und</strong> Bezugspersonen unbewusst entworfen wird.<br />

Das Script beinhaltet Aussagen über unsere Daseinsberechtigung,<br />

über die Art, wie wir denken,<br />

fühlen <strong>und</strong> handeln, über die Art, was wir meinen,<br />

wie andere dies tun, über die Art, wie die Welt funktioniert<br />

<strong>und</strong> über die Qualität des Lebens sowie über<br />

den Wert von uns selbst <strong>und</strong> anderen in der Welt.<br />

Der Lebensplan entsteht unbewusst in seinen<br />

Gr<strong>und</strong>zügen in der Regel bereits vor dem sechsten,<br />

meist in seinen wesentlichen Inhalten sogar bis zum<br />

dritten Lebensjahr.<br />

Neben konstruktiven <strong>und</strong> destruktiven elterlichen<br />

Botschaften <strong>und</strong> Erfahrungen wird der Lebensplan<br />

auch durch äußere Umstände <strong>und</strong> eigene Entscheidungen<br />

geprägt.<br />

Einschärfungen (destruktive Botschaften) <strong>und</strong> Antreiber<br />

(restriktive Botschaften der Eltern) sind Inhalte<br />

des Scripts, die das Denken, Fühlen <strong>und</strong> Handeln<br />

sowie die Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen<br />

beeinflussen.<br />

Einschärfungen sind z.B. „Sei nicht!“ (z.B. bei unerwünschten<br />

<strong>Kinder</strong>n), „Denke nicht!“ (z.B. wenn<br />

Nachdenken ein Problem aufdecken würde oder das<br />

Kind nicht klüger sein darf als ein Geschwister o.ä.),<br />

„Sei nicht wichtig!“<br />

(bei <strong>Kinder</strong>n,<br />

die gelernt<br />

haben, ihre Bedürfnissezurückzustellen).<br />

Die Transaktionsanalyse<br />

kennt<br />

12 solcher Einschärfungen.<br />

Mit Hilfe des Modells der Einschärfungen<br />

ist z.B. zu verstehen, wenn ein Kind sein liebstes<br />

Spielzeug immer wieder kaputtmacht, da es z.B.<br />

durch der Einschärfung „Sei nicht wichtig“ in der Frage,<br />

ob das Kind es wert ist, gute Dinge zu haben, zu<br />

dem Ergebnis gekommen sein kann, dass dies nicht<br />

der Fall ist.<br />

Antreiber sind z.B. „Sei stark“, „Beeile dich“ oder<br />

„Mach´s mir recht!“. Das Kind fühlt sich nur dann mit<br />

sich selbst <strong>und</strong> der Welt wohl <strong>und</strong> angenommen,<br />

wenn es seine Antreiber erfüllt.<br />

In Gruppenarbeit wurde die Arbeit <strong>und</strong> die Anwendung<br />

der Modelle an Beispielen aus der Praxis geübt<br />

<strong>und</strong> anschließend im Plenum ausgewertet <strong>und</strong><br />

ergänzt. Diese Phase hatte supervisorischen Charakter<br />

<strong>und</strong> konnte zu einigen „Aha-Erlebnissen“ zum<br />

Verständnis der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> zu den eigenen Verhaltensmöglichkeiten<br />

führen.<br />

Es kam unter anderem zu einer angeregten Diskussion<br />

über die Aussage von Herrn Rudolph, dass wir<br />

im Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen der<br />

<strong>Kinder</strong> als Helfer <strong>und</strong> Profieltern niemals hilflos sind,<br />

sondern immer Handlungs- <strong>und</strong> Entscheidungsmöglichkeiten<br />

haben- sei es eine hilfreiche Intervention,<br />

das Aufsuchen von anderen Helfern, eine Veränderung<br />

unserer eigenen Meinung zu einem Verhalten<br />

oder die Entscheidung, nichts zu verändern <strong>und</strong> z.B.<br />

„auszuhalten“ oder zu warten. Wichtig ist es, als<br />

Helfer eine professionelle Entscheidung zu treffen.<br />

Der Fachtag wurde von den anwesenden Profifamilien<br />

® als sehr anregend <strong>und</strong> weiterbringend empf<strong>und</strong>en.<br />

Die Modelle erleichtern im Alltag, aus Dynamiken<br />

auszusteigen, sich zu hinterfragen <strong>und</strong> die Metaebene<br />

einzunehmen. Zum Teil wurden sie schon<br />

direkt in den nächsten Erziehungskonferenzen<br />

fruchtbar angewendet.<br />

Die Erziehungskonferenz-übergreifende Zusammenarbeit<br />

wurde von den Profifamilien ® wieder als<br />

sehr positiv <strong>und</strong> fruchtbar erlebt <strong>und</strong> der Wunsch<br />

nach häufigerem Austausch in größerer R<strong>und</strong>e lebte<br />

wieder auf, was wir mit einem gemeinsamen Arbeitsfrühstück<br />

aller MitarbeiterInnen noch vor Ostern<br />

starten konnten.<br />

Die Verpflegung für den Fachtag<br />

war vom Café KiM ® Gruppenarbeit<br />

zubereitet <strong>und</strong><br />

sehr lecker, vielen Dank an Herrn<br />

Stover <strong>und</strong> Team!<br />

Karen Heimberg<br />

Erziehungsleiterin<br />

GfS Oldenburg<br />

Ausgabe 80 29 KiM ®


„Ich habe mehr als eine Familie!“<br />

Besuchskontakte der <strong>Kinder</strong> aus Profifamilien ®<br />

- Mit einem Interview eines Jugendlichen -<br />

In unserer Einrichtung wird der Arbeit mit der Herkunftsfamilie<br />

eine wichtige Funktion zugeschrieben,<br />

denn aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir,<br />

dass alle <strong>Kinder</strong> eine Sehnsucht nach der Wahrheit<br />

ihrer Vergangenheit in sich tragen. In unserer Konzeption<br />

heißt es dazu: „<strong>Kinder</strong>, die mit einer Lebenslüge<br />

aufwachsen <strong>und</strong> ihre Geschichte leugnen, können<br />

sich nicht zu einer authentischen Persönlichkeit<br />

entwickeln. Durch Versöhnung mit dem eigenen<br />

Schicksal verliert die Brisanz der Vergangenheit an<br />

Einfluss auf die Gegenwart. Deshalb stellt die Elternarbeit<br />

einen wichtigen Teil der pädagogischen<br />

Arbeit dar. … Die Arbeit mit der Herkunftsfamilie<br />

orientiert sich an der Sicht des Kindes. Die Herkunftsfamilie<br />

gehört zum Leben des jungen Menschen.“<br />

Für den Bereich der Profifamilien ® (Erziehungsstellen)<br />

nimmt die Erziehungsleitung die Zusammenarbeit<br />

mit der Herkunftsfamilie in die Hand, organisiert<br />

Kontakte <strong>und</strong> steht als Ansprechpartner allen Verwandten<br />

des Kindes zur Verfügung. Wenn es möglich<br />

ist, lernen die Eltern vor der Aufnahme des Kindes<br />

die Profifamilie ® kennen. Besuche zwischen<br />

dem Kind <strong>und</strong> der Herkunftsfamilie finden in der<br />

Regel in Begleitung der Erziehungsleitung <strong>und</strong> einem<br />

Profielternteil in dem zuständigen Pädagogischen<br />

Zentrum unserer Einrichtung statt. Für das<br />

Kind bleibt so sein neues Zuhause in der Profifamilie<br />

® ein geschützter Rahmen. Die Pädagogischen<br />

Zentren haben fast alle einen Garten <strong>und</strong> verfügen<br />

über vielfältige Spiel- <strong>und</strong> auch Rückzugsmöglichkeiten;<br />

sie bieten sich als neutrale Begegnungsstätten<br />

an, um möglichen Belastungen im Beziehungsgeflecht<br />

Herkunftsfamilie-Kind-Profifamilie ® entgegen<br />

zu wirken. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind die Treffen aber<br />

auch an anderen Orten möglich, sofern dies im Interesse<br />

des Kindes liegt.<br />

Garten mit Spielgeräten des Pädagogischen Zentrums<br />

Oldenburg<br />

Hier nun ein kleiner Einblick in den Umfang meiner<br />

Arbeit als Erziehungsleiterin mit den Herkunftsfamilien:<br />

Ich bin seit über 7 Jahren bei der GfS Oldenburg<br />

tätig <strong>und</strong> betreue zurzeit 19 aufgenommene<br />

<strong>Kinder</strong> in Profifamilien ® . Von diesen <strong>Kinder</strong>n hat die<br />

Hälfte regelmäßig jeden Monat einen Besuchskontakt<br />

mit ihren Verwandten, zumeist sind es die Eltern,<br />

entweder kommen Mutter <strong>und</strong> Vater gemeinsam<br />

oder aufgr<strong>und</strong> von Trennungen auch abwechselnd.<br />

Diese Eltern leben in stabilen Lebensverhältnissen<br />

<strong>und</strong> haben konstant ein großes Interesse an<br />

Kontakt zu ihren <strong>Kinder</strong>n. Sie nehmen seit Aufnahme<br />

der <strong>Kinder</strong> zuverlässig <strong>und</strong> kooperativ die Besuchstermine<br />

wahr, manche schon seit über 9 Jahren.<br />

Für diese <strong>Kinder</strong> gehören die monatlichen Besuchskontakte<br />

zum Alltag <strong>und</strong> sind ein fester Bestandteil<br />

ihres Lebens in der Profifamilie ® geworden.<br />

Die <strong>Kinder</strong> freuen sich auf die Treffen <strong>und</strong> haben die<br />

Möglichkeit, ihre Eltern zu erleben <strong>und</strong> sich altersentsprechend<br />

<strong>und</strong> nach ihren Bedürfnissen im geschützten<br />

Rahmen mit ihnen auseinanderzusetzen.<br />

Zumeist nutzen sie die Zeit, mit ihnen zu spielen <strong>und</strong><br />

entstandene Rituale wie Erzählr<strong>und</strong>e, gemeinsamer<br />

Spaziergang oder Tischfußballspiel zu pflegen; inhaltliche<br />

Gespräche, warum sie z. B. nicht bei der<br />

Mutter oder dem Vater aufwachsen konnten oder<br />

können, verebben im Laufe der Jahre <strong>und</strong> sind während<br />

der Treffen selten von Belang. Die <strong>Kinder</strong> haben<br />

dafür ihre Erklärung häufig schon vor Jahren<br />

oder während der Aufnahme in unserer Einrichtung<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> hinterfragen ihre Geschichte zumeist<br />

erst wieder, wenn sie pubertär oder erwachsen sind.<br />

Auch die meisten anderen <strong>Kinder</strong> haben den<br />

Wunsch, regelmäßig ihre Eltern zu sehen, doch<br />

schaffen ihre Eltern es aus unterschiedlichen Gründen<br />

nicht (Alkohol- <strong>und</strong> Drogensucht, JVA, psychisch<br />

instabil etc.), diesem Wunsch nachzukommen,<br />

obgleich sie es oftmals ebenfalls gern möchten.<br />

So sehen zurzeit 3 der von mir betreuten <strong>Kinder</strong><br />

ihre Eltern ca. viermal im Jahr <strong>und</strong> 5 <strong>Kinder</strong> sehen<br />

ihre Eltern selten, d.h. ein- bis zweimal jährlich bis<br />

hin zu alle 2 Jahre einmal. 2 Mädchen hatten zu<br />

ihren Eltern seit der Aufnahme (vor 5 <strong>und</strong> 2 Jahren)<br />

keinerlei Kontakt mehr; das eine Mädchen möchte<br />

auch - ebenso wie ihre Eltern - partout keinen Kontakt.<br />

Das andere Mädchen wünscht sich den Kontakt<br />

zur Mutter sehr, doch ist diese bisher leider nicht<br />

dazu zu bewegen. Diese beiden Mädchen haben<br />

aber Kontakte zu Geschwistern, ein Mädchen zudem<br />

auch regelmäßig zur Großmutter. Auch die<br />

anderen aufgenommenen <strong>Kinder</strong> haben fast alle<br />

Kontakt zu ihren Geschwistern <strong>und</strong> sehen diese in<br />

regelmäßigen Abständen, sofern sich die Geschwister<br />

ebenso in <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>maßnahmen<br />

befinden <strong>und</strong> nicht noch zuhause leben. Die Kontak-<br />

Ausgabe 80 30 KiM ®


te zu den Geschwistern führen in der Regel die Profifamilien<br />

® nach Vorgaben des Hilfeplanes ohne die<br />

Begleitung der Erziehungsleitung durch; die Treffen<br />

finden häufig auch außerhalb des pädagogischen<br />

Zentrums statt.<br />

Fußballwiese am Pädagogischen Zentrum<br />

In den Schulferien finden oft auch Ausflüge <strong>und</strong><br />

mehrstündige Besuchskontakte statt, bei denen die<br />

<strong>Kinder</strong> mit den Eltern gemeinsam im Pädagogischen<br />

Zentrum kochen oder backen, in einen Tier- oder<br />

Freizeitpark fahren, zum Schwimmen oder Eisessen<br />

gehen - vorausgesetzt die Eltern <strong>und</strong> Verwandten<br />

sind physisch <strong>und</strong> psychisch dazu in der Lage <strong>und</strong><br />

es dient dem Wohl des Kindes. Wenn es pädagogisch<br />

sinnvoll ist <strong>und</strong> dem Wunsch der <strong>Kinder</strong> entspricht,<br />

besuche ich mit den <strong>Kinder</strong>n die Eltern <strong>und</strong><br />

Verwandten auch zuhause oder auch umgekehrt,<br />

die Eltern lernen das Zuhause des Kindes kennen.<br />

Die Gr<strong>und</strong>lage für eine gute Zusammenarbeit mit<br />

der Herkunftsfamilie ist eine wertschätzende Haltung<br />

<strong>und</strong> die Bereitschaft aller Parteien (Herkunftsfamilie,<br />

Erziehungsleitung <strong>und</strong> Profifamilie ® ), kooperativ,<br />

einfühlsam <strong>und</strong> professionell miteinander umzugehen.<br />

Das aufgenommene Kind kann im Idealfall „mit<br />

2 Familien“ aufwachsen <strong>und</strong> ist nicht gezwungen,<br />

sich loyal für die eine oder andere Familie entscheiden<br />

zu müssen. Es bekommt die Möglichkeit <strong>und</strong><br />

wird dabei unterstützt, sich seine Wurzeln <strong>und</strong> Geschichte<br />

anzusehen, Realitäten zu erleben, sich <strong>und</strong><br />

seine Eltern zu verstehen <strong>und</strong> sich mit seinem Leben<br />

(-sweg) zu versöhnen. Die Eltern können eine<br />

wertvolle Ressource in der Arbeit mit dem Kind sein.<br />

Ich habe einen Jungen zu seiner Sichtweise der<br />

Besuchskontaktgestaltung in unserer Einrichtung<br />

interviewt, der schon seit über 9 Jahren in einer<br />

Profifamilie ® lebt <strong>und</strong> regelmäßig <strong>und</strong> zuverlässig<br />

Kontakte zu seinen Eltern pflegt:<br />

Kannst du dich noch an deinen ersten Besuchskontakt<br />

mit deiner Mutter <strong>und</strong> deinem Vater erinnern?<br />

Nein, das ist ja schon 9 Jahre her… (überlegt) oh<br />

doch, ja, ich kann mich noch vage erinnern. Es war<br />

ein kleiner Raum mit Dachschrägen, wo wir uns<br />

getroffen haben. Ich hatte Fotos mitgebracht: ich auf<br />

dem Fahrrad, weil ich gerade Fahrrad fahren gelernt<br />

hatte.<br />

Du siehst deine Mutter <strong>und</strong> deinen Vater abwechselnd<br />

jeden Monat. Ist diese Regelung in Ordnung?<br />

Ja.<br />

Möchtest du deine Eltern gern öfter oder seltener<br />

sehen?<br />

Nein, so ist es in Ordnung.<br />

Welches Treffen mit deiner Mutter <strong>und</strong> deinem Vater<br />

fandest du besonders schön?<br />

Eigentlich alle… (überlegt) Mit Mama das Familientreffen<br />

bei Tante D., weil wir da alle zusammen waren:<br />

Tante D. <strong>und</strong> Familie, Oma <strong>und</strong> meine Mama<br />

mit ihrem Fre<strong>und</strong>.<br />

Mit meinem Papa fand ich den Ausflug ins<br />

Schwimmbad gut.<br />

Was fandest du bei den Besuchskontakten besonders<br />

blöd oder anstrengend?<br />

Als wir Mama zum Bahnhof gebracht haben - ich<br />

war da noch jünger - <strong>und</strong> fand es nicht so gut, als<br />

Mama wieder wegfuhr. Und in Zusammenhang mit<br />

meinem Papa fand ich es blöd, als wir in der Küche<br />

des alten Hauses (Pädagogische Zentrum) auf ihn<br />

gewartet haben. Er hatte sich im Ort verlaufen, wir<br />

mussten ihn mit dem Auto suchen <strong>und</strong> einsammeln<br />

gehen.<br />

Und ein paar Mal hatte ich auch früher im alten<br />

Haus auf Papa gewartet <strong>und</strong> er kam nicht, hatte<br />

auch nicht Bescheid gesagt, das war doof.<br />

Wie findest du es, dass die Treffen in der Regel hier<br />

im Pädagogischen Zentrum stattfinden <strong>und</strong> nicht z. B.<br />

bei dir zuhause in der Profifamilie ® ?<br />

Hier finde ich es gut, weil ich nicht so weit fahren<br />

muss, z. B. zu meinen Eltern nach … <strong>und</strong> Mama<br />

<strong>und</strong> Papa müssen auch nicht so weit fahren, wir<br />

treffen uns ungefähr in der Mitte. Wir haben hier<br />

einen Raum, wo wir uns in Ruhe treffen können <strong>und</strong><br />

nicht gestört werden, wie z. B. zuhause, wenn wir<br />

uns in der Profifamilie ® treffen würden, dann würden<br />

wir im Alltag durch die anderen Familienmitglieder<br />

oder den H<strong>und</strong> gestört werden.<br />

Gefällt es dir, dass die Erziehungsleiterin die Treffen<br />

begleitet bzw. in der Nähe ist?<br />

Gut, denn ohne wäre es anders. Es wäre nicht so<br />

geplant. So hat man jemanden zum Fragen, gemeinsamen<br />

Planen <strong>und</strong> jemand ist da, der den<br />

Überblick hat.<br />

Wie findest du es, dass seit ein paar Jahren die<br />

Profimutter nicht mitkommt <strong>und</strong> du selbständig mit<br />

dem Zug anreist?<br />

Gut, weil ich Y. (Profimutter) nicht aufhalte. Auch<br />

gefällt es mir, selbstständig ohne Begleitung etwas<br />

zu machen.<br />

Was möchtest du mal gern mit deinen Eltern machen?<br />

Ausgabe 80 31 KiM ®


Ich weiß nicht, was man noch zusammen machen<br />

könnte. Ausflüge machen wir schon. Und in ein paar<br />

Wochen zeige ich meiner Mama mein Zuhause,<br />

dass habe ich mir gewünscht <strong>und</strong> Mama freut sich<br />

auch sehr darauf. Und noch einmal wieder ein Familientreffen<br />

mit allen zu machen - Mama, Oma <strong>und</strong><br />

Tante D. mit Familie - das wäre schön.<br />

Wie könntest du dir eine Veränderung in der Kontaktregelung<br />

vorstellen, z. B. deine Eltern auch ganz<br />

allein zu treffen?<br />

Ja, das kann ich mir vorstellen.<br />

Wie stellst du dir deine Kontakte zu deiner Mutter<br />

<strong>und</strong> deinem Vater, Tante <strong>und</strong> Oma vor, wenn du aus<br />

der Profifamilie ® ausgezogen bist?<br />

Dann werde ich meine Mama oder meinen Papa am<br />

Wochenende oder in der Woche, wenn ich frei habe,<br />

besuchen.<br />

Auch meine Tante <strong>und</strong> Oma werde ich besuchen<br />

<strong>und</strong> mit ihnen telefonieren, es sei denn, die ziehen<br />

weit weg.<br />

Wie oft siehst du deine anderen Verwandten?<br />

Meine Tante D. mit Familie sehe ich jetzt ein paar<br />

Mal im Jahr - aber erst seit kurzem - zumeist in den<br />

Ferien, dass ist okay. Meine Oma möchte ich gern<br />

öfter sehen, so alle 2 bis 3 Monate, die lebt vielleicht<br />

nicht mehr so lange <strong>und</strong> ist was Besonderes für<br />

mich, halt ´ne Oma.<br />

––<br />

Die GfS Osnabrück gibt es nunmehr seit 15 Jahren.<br />

Im Laufe dieser Zeit ist eine große Anzahl von <strong>Kinder</strong>n<br />

in Profifamilien ® des Osnabrücker Landes aufgenommen<br />

worden. Einige sind inzwischen schon<br />

verselbständigt. Zurzeit werden 27 <strong>Kinder</strong> in 17 Profifamilien<br />

® von 3 Erziehungsleiterinnen betreut. Einige<br />

pädagogische Fachkräfte werden auch in diesem<br />

Jahr wieder auf ihre zukünftige Rolle als Profieltern ®<br />

vorbereitet.<br />

Die regelmäßigen, wöchentlichen Erziehungskonferenzen<br />

tragen wesentlich dazu bei, dass auch die<br />

Profifamilien ® untereinander in Verbindung stehen<br />

<strong>und</strong> mithilfe der Gruppe <strong>und</strong> der Erziehungsleitung<br />

ihre Arbeit reflektieren <strong>und</strong> das Kind in seinem Entwicklungsprozess<br />

professionell begleiten <strong>und</strong> fördern<br />

können.<br />

GfS Osnabrück<br />

In ein paar Jahren stehst du auf eigenen Füßen. Wo<br />

willst du dann leben?<br />

In … <strong>und</strong> Umgebung will ich bleiben. Hier sind meine<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> lebt die Profifamilie ® .<br />

Hast du zwei Familien, zu denen du dich zugehörig<br />

fühlst?<br />

Irgendwie ja, denn in der Profifamilie ® lebe ich schon<br />

9 Jahre. Stammbaummäßig aber nicht, da gehöre<br />

ich zu Mamas <strong>und</strong> Papas Familie.<br />

Wissen deine Fre<strong>und</strong>e, dass du deine Eltern regelmäßig<br />

triffst?<br />

Ja, ich erzähl ihnen das, wenn ich z. B. nach der<br />

Schule mit dem Rad zum Bahnhof fahre <strong>und</strong> die<br />

mich fragen, wo ich hin will, dann sage ich ihnen<br />

das.<br />

Du hattest vor kurzem ein kirchliches Fest. Neben<br />

der Profifamilie ® waren auch deine Mama <strong>und</strong> Oma<br />

sowie 2 Fre<strong>und</strong>e aus deiner Schule dabei. Wie war<br />

das für dich, ein Fest mit allen zusammen zu feiern?<br />

Sehr gut, mal was anderes. Ich<br />

fand es schön, dass meine Verwandten<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e dabei waren.<br />

Petra Schmackpfeffer<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Oldenburg<br />

Die 3 Erziehungsleiterinnen U. Hesselkamp, C. Gerbus<br />

<strong>und</strong> A. Schmeer-Schröder (Bilder links) sind alle<br />

in Teilzeit tätig <strong>und</strong> fördern die Professionalität, das<br />

kollegiale Miteinander <strong>und</strong> das Wachsen im Pädagogischen<br />

Zentrum.<br />

Eine Erziehungskonferenz im Pädagogischen Zentrum<br />

der GfS Osnabrück<br />

Eine langjährige Profimutter trug ihre praktischen<br />

Erfahrungen in der folgenden Beschreibung anhand<br />

eines konkreten Fallbeispiels (anonymisiert) zusammen:<br />

Ein spannender <strong>und</strong> ermutigender Bericht,<br />

Ausgabe 80 32 KiM ®


der die vielen Facetten unserer Arbeit, die Stagnati- onen <strong>und</strong> Fortschritte deutlich werden lässt:<br />

In (Ver-) Bindung bleiben!<br />

„Die Reise eines traumatisierten Jungen zum selbständigen jungen Mann“<br />

Als ich vor einigen Jahren die Anfrage zur Anbahnung<br />

eines 9jährigen Jungen erhielt, war ich enorm<br />

glücklich, da unsere Familie bis dahin ein absoluter<br />

„Frauenhaushalt“ war. Also lernte ich Benjamin kennen,<br />

der nach 1 ½ Jahren in einer Erziehungsstelle<br />

eines anderen Trägers einen Abbruch erlebt hatte.<br />

Vor Einzug in diese Erziehungsstelle hatte er 1 ½<br />

Jahre im Heim gelebt, nachdem er bis zu seinem 6.<br />

Lebensjahr bei seiner alkoholkranken Mutter <strong>und</strong><br />

seinen Halbgeschwistern aufgewachsen war.<br />

Bereits nach seinem ersten „Probe-Wochenende“<br />

fehlten den beiden Mädchen Hörspielkassetten, ein<br />

Taschenmesser <strong>und</strong> diverse andere Kleinteile, die wir<br />

teilweise kaputt in einem Versteck im Garten fanden.<br />

Benjamin („Benni“) zog trotzdem bei uns ein <strong>und</strong> sowohl<br />

die leibliche Tochter Sarah (11) als auch die angenommene<br />

Kira (15) achteten stets darauf, ihre Lieblings-Spielsachen<br />

vor Benni in Sicherheit zu bringen.<br />

Anfangs passte Benni sich wie selbstverständlich<br />

an, wobei er sich stark an Kira orientierte. Er kam<br />

mit zum Reitstall, wo die Mädchen sich ständig aufhielten,<br />

war stets hilfsbereit <strong>und</strong> offen für die neue<br />

Umgebung. Als es eines Tages zu einer Auseinandersetzung<br />

zwischen ihm <strong>und</strong> einer Reiterin kam,<br />

deren Pferd Benni geärgert haben sollte, wollte ich<br />

ihn trösten <strong>und</strong> musste feststellen, dass er erstarrte,<br />

sobald ich Körperkontakt zu ihm aufnahm. Dieses<br />

Verhalten fiel mir daraufhin vermehrt auf <strong>und</strong> es dauerte<br />

mehr als ein Jahr, bis er genügend Zutrauen<br />

hatte, zu verstehen, dass ich ihm nicht wehtun wollte.<br />

Im Laufe der Zeit näherten wir uns einander an. Es<br />

kam immer mal wieder zu kleinen <strong>und</strong> auch großen<br />

Zwischenfällen, etwa als Benni beim Reitstall zündelte<br />

<strong>und</strong> eine Scheune abbrannte, oder als er in der<br />

Schule Feuerwerkskörper zündete. Auch sonst gab<br />

es in der Schule oft Probleme: Wenn ein Klassenkamerad<br />

in der Klasse nach vorne kommen musste,<br />

stand Bennis Schultasche oder sein Fuß plötzlich im<br />

Weg, so dass das andere Kind stolperte. Auf dem<br />

Schulhof landeten immer wieder Bälle auf dem Dach<br />

oder Schüler auf dem Boden. Bald war Benni der<br />

„Schrecken“ der Schule <strong>und</strong> musste zur Förderschule<br />

für Erziehungshilfe wechseln.<br />

Zuhause ging die Katze Benni aus dem Weg, da sie<br />

sich belästigt fühlte, dem H<strong>und</strong> war in seiner Gegenwart<br />

auch nicht so ganz geheuer, <strong>und</strong> Kira distanzierte<br />

sich völlig, während Sarah noch manchmal<br />

mit Benni spielte. Ich verdeutlichte dem Jungen, dass<br />

ich sein Verhalten stark missbillige, <strong>und</strong> wir dringend<br />

gemeinsam etwas verändern müssten. Ein Auszug<br />

aus unserer Familie stand dabei nie zur Debatte.<br />

Wir kämpften uns durch diese schwierige Zeit.<br />

Die nächsten Monate waren für mich super anstrengend.<br />

Ich erreichte meine Grenzen. Wir konnten den<br />

Jungen nicht alleine lassen, da anschließend häufig<br />

Geld, Taschenmesser, vor allem Feuerzeuge verschw<strong>und</strong>en<br />

waren. Benni leugnete jegliche Verantwortung.<br />

Anscheinend gab es bei uns einen Geist.<br />

Daraus resultierte, dass alle anderen Schlafzimmer,<br />

Speisekammer, Keller usw. abgeschlossen wurden.<br />

Wir fühlten uns im eigenen Haus wie Gefängniswärter,<br />

ließen uns hierauf jedoch ein, ich wollte in dieser<br />

Phase „aushalten“ <strong>und</strong> auch „durchhalten“. In den<br />

Erziehungskonferenzen beschrieb ich den Alltag,<br />

erarbeitete Erklärungsmodelle <strong>und</strong> Handlungsstrategien.<br />

Mir war klar, dass Benni bei uns „angekommen<br />

war“, er sich sicher fühlte <strong>und</strong> uns durch seine heftigen<br />

Auffälligkeiten zeigte, was er in der Vergangenheit<br />

alles erlebt hatte. Ich konnte ihm Sicherheit,<br />

Rückhalt <strong>und</strong> Unterstützung anbieten.<br />

Neben all den belastenden Verhaltensweisen zeigte<br />

Benni gleichzeitig viel Fleiß <strong>und</strong> Hilfsbereitschaft. Er<br />

half gerne bei der Gartenarbeit, wollte alleine für das<br />

Rasenmähen verantwortlich sein, <strong>und</strong> übernahm<br />

unaufgefordert Reparaturarbeiten im Haus. Selbst<br />

beim Hausputz <strong>und</strong> beim Kochen ging er mir zur<br />

Hand. Für eine Weile war sein Wunschberuf „Koch“,<br />

denn er aß so gerne.<br />

Als Kira volljährig wurde, blieb sie bei uns wohnen,<br />

obwohl die Maßnahme durch das Jugendamt beendet<br />

war. Diese Tatsache brachte Benjamin ins Grübeln,<br />

denn er musste feststellen, dass ich die <strong>Kinder</strong><br />

lieb hatte <strong>und</strong> es mir nicht in erster Linie darum ging,<br />

Geld zu verdienen. Dennoch ließ er keine Gelegenheit<br />

aus, zu testen, ob er mir wichtig wäre.<br />

Während dieser Zeit bauten wir unser Haus aus, um<br />

einem weiteren Kind Platz zu schaffen. Benni freute<br />

sich, half gerne bei der Arbeit, zündelte gleichzeitig<br />

allerdings wieder extrem. Dann kam Marie zu uns.<br />

Sie war 9 Jahre, stark entwicklungsverzögert <strong>und</strong><br />

leicht behindert. Benni zeigte sich ihr gegenüber<br />

vom ersten Tag an sehr feindselig; er provozierte sie<br />

mit Schimpfworten, da sie sich dagegen aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Sprachstörung nicht wehren konnte. Es bedurfte<br />

ständiger Ermahnungen <strong>und</strong> Beaufsichtigung,<br />

damit die beiden <strong>Kinder</strong> sich annähern konnten.<br />

Selbst diese sehr schwere Zeit ging vorüber <strong>und</strong><br />

festigte im Nachhinein unseren Zusammenhalt. Wir<br />

lernten, einander zu vertrauen. Benni lernte, dass<br />

ich sein Verhalten zwar oft missbilligte <strong>und</strong> ihn begrenze,<br />

aber dennoch zu ihm hielt.<br />

In den folgenden Jahren durchlebten wir Höhen <strong>und</strong><br />

Tiefen. Der Junge war weiterhin fleißig <strong>und</strong> um Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Zugehörigkeit bemüht. Anderer-<br />

Ausgabe 80 33 KiM ®


seits zündelte er, zerstörte die verschiedensten Dinge<br />

oder entwendete Eigentum der anderen Familienmitglieder.<br />

Mit 16 Jahren wollte Benjamin dann<br />

unbedingt zu seiner leiblichen Mutter <strong>und</strong> seiner<br />

Halbschwester ziehen. Er provozierte <strong>und</strong> kritisierte<br />

die Profifamilie ® <strong>und</strong> sehnte sich nach seiner Herkunftsfamilie,<br />

zu der er regelmäßig Kontakt hatte.<br />

Gleichzeitig wurde der Jugendliche auch in der<br />

Schule wieder sehr auffällig. Er hatte es geschafft, in<br />

der 7. Klasse von der Förderschule für Erziehungshilfe<br />

zur Gesamtschule zu wechseln. Nun wollte er<br />

die Schule nach der 9. Klasse unbedingt verlassen,<br />

er konnte <strong>und</strong> wollte sich den schulischen Anforderungen<br />

nicht mehr stellen. Mit dem Hauptschulabschluss<br />

beendete er seine Schulpflicht, absolvierte<br />

ein Berufsvorbereitungsjahr <strong>und</strong> begann eine überbetriebliche<br />

Ausbildung. Dabei musste er immer<br />

wieder zum Durchhalten motiviert werden.<br />

Dann kam die Zeit der Verselbständigung. Kochen<br />

<strong>und</strong> putzen konnte Benjamin ganz gut, aber der<br />

Umgang mit dem Geld war für ihn eine echte Herausforderung.<br />

Hinzu kam, dass er mit seinen 17<br />

Jahren meinte, bereits erwachsen zu sein. Durch<br />

sein kräftiges Äußeres wirkte er älter <strong>und</strong> kam so an<br />

Alkohol <strong>und</strong> Tabakwaren. Zudem nahm Benjamin es<br />

Wir sind unsere Familie<br />

mit den Regeln in unserem Haus nicht mehr so<br />

ernst. Er genoss die wachsende Autonomie <strong>und</strong><br />

fürchtete sich gleichzeitig vor der Verantwortung.<br />

Als er volljährig wurde, suchten wir gemeinsam eine<br />

geeignete Wohnung in einem Nachbarort, wo er<br />

anfangs durch Fachleistungsst<strong>und</strong>en der Profimutter<br />

betreut wurde. Er lebte sich gut ein, lud die gesamte<br />

Profifamilie ® mit den Großeltern <strong>und</strong> die Herkunftsfamilie<br />

zur Einweihung ein <strong>und</strong> schaute hin <strong>und</strong> wieder,<br />

vor allem sonntags zum Mittagessen bei der<br />

Profifamilie ® rein. Nach einem halben Jahr hatte<br />

Benjamin gelernt, einigermaßen mit seinem Geld<br />

auszukommen <strong>und</strong> seine behördlichen Angelegenheiten<br />

zu regeln. Die Fachleistungsst<strong>und</strong>en liefen<br />

aus, <strong>und</strong> Benni zog mit seiner Fre<strong>und</strong>in in eine neue<br />

Wohnung ganz in der Nähe der Profifamilie ® .<br />

Seitdem kommt er mindestens alle ein bis zwei Wochen<br />

vorbei oder ruft an, wenn er noch schnell etwas<br />

benötigt; aber auch, um seine Hilfe anzubieten.<br />

Unsere Nachbarn <strong>und</strong> Familienangehörigen<br />

schmunzeln oft, dass gerade dieser junge Mann<br />

immer wieder Zuflucht im Hotel „Pflegemama“ sucht.<br />

Das hätte eigentlich niemand von ihm erwartet. Und<br />

ich bin gespannt, wie es weitergeht.<br />

Profimutter Sabine<br />

Aus dem Alltag einer allein erziehenden Profimutter<br />

Als wir uns am Ende des Weihnachtsabends, die 8jährige<br />

Lena lebte seit Oktober bei mir, von meinen<br />

Eltern verabschiedeten, sagte das Kind an der Gartentür<br />

stehend langsam, leise <strong>und</strong> etwas unsicher:<br />

„Es ist schön… Weihnachten in einer Familie… in<br />

meiner Familie!“<br />

Danach blinzelte sie mich zaghaft von unten an.<br />

Dies war das schönste Weihnachtsgeschenk seit<br />

langem <strong>und</strong> es ließ mich mit einem Schlag die ganzen<br />

schwierigen, anstrengenden Wochen seit ihrer<br />

Aufnahme vergessen.<br />

Eine hübsche Geschichte, aber nichts besonderes<br />

mag mancher denken. Stimmt! Ist es auch nicht<br />

unbedingt, auch für uns nicht; eher eine liebevolle<br />

Bestätigung einer sich festigenden Familieneinbindung.<br />

Oder doch etwas Besonderes?! Unsere Familie<br />

setzt sich<br />

nämlich aus Lena,<br />

mir <strong>und</strong><br />

unserer Katze<br />

Nicki zusammen;<br />

im weiteren<br />

Sinne gehören<br />

auch meine<br />

Eltern <strong>und</strong> mein<br />

Bruder dazu.<br />

Klein aber fein! Lena soll ein Familienrahmen gebo-<br />

ten werden, in dem sie bedingungslose Akzeptanz,<br />

Geborgenheit, Verständnis, Sicherheit, Vertrauen,<br />

Rückhalt <strong>und</strong> Bestätigung findet <strong>und</strong> in dem sie die<br />

Chance bekommt, entsprechend ihrer Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten zu leben.<br />

Alleinstehende Menschen wie ich wollen <strong>und</strong> können<br />

diesen Rahmen auch ohne ehelichen Partner<br />

anbieten. Es gibt viele <strong>Kinder</strong>, die gerade in dieser<br />

Zweierkonstellation Lebenskonzepte entwickeln<br />

können; ja, es gibt sogar <strong>Kinder</strong>, für die sich, aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Vorgeschichte, solch ein kleiner Orientierungsrahmen<br />

als besonders günstig erweisen kann.<br />

Natürlich ist die Skepsis mancher Mitmenschen,<br />

darunter auch Berufskollegen, berechtigt. Bei allem<br />

Optimismus <strong>und</strong> Idealismus sind einige Probleme<br />

dieser Familienform nicht von der Hand zu weisen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Verhaltensweisen der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> der<br />

häufig allzu kritischen Einstellung des Umfeldes,<br />

steht unsere psychische <strong>und</strong> körperliche Belastbarkeit<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Wir sind, abgesehen vom „sozialen<br />

Netz“ unseres Fre<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Bekanntenkreises<br />

sowie des Erziehungsleiters, 24 St<strong>und</strong>en am<br />

Tag, 365 Tage im Jahr auf uns allein gestellt. Deshalb<br />

sind gerade wir allein erziehenden Profimüttern<br />

auf ein solches Netz angewiesen. Es muss nicht<br />

groß sein, aber es muss kleinmaschig <strong>und</strong> reißfest<br />

strukturiert sein.<br />

Ausgabe 80 34 KiM ®


Die Tatsache aber, dass wir uns bewusst <strong>und</strong> freiwillig<br />

für diese Familienform entschieden haben, wirkt<br />

sich auf unsere Belastbarkeit <strong>und</strong> Problembewältigungsstrategien<br />

eher positiv aus. Für mich hat diese<br />

Form des Zusammenlebens keinen defizitären Charakter,<br />

sie kann uns <strong>und</strong> den <strong>Kinder</strong>n eher eine große<br />

Chance bieten. Wir können uns zeitlich flexibler<br />

<strong>und</strong> intensiver mit den <strong>Kinder</strong>n auseinander setzen.<br />

Und nicht immer ist die Geschlechtlichkeit der Bezugspersonen<br />

von so hoher Bedeutung, wie ihr gerne<br />

zugeschrieben wird, sondern vielmehr die Konstanz<br />

<strong>und</strong> Zuverlässigkeit in der Beziehung.<br />

Für mich stellen sich allerdings andere Probleme.<br />

Bei aller zeitlichen Flexibilität ergibt sich für mich<br />

doch eine verstärkte Notwendigkeit an Zeitmanagement.<br />

Nicht alles ist mit Lena zu unternehmen. Auch<br />

die Gefahr der zu starken emotionalen Zuwendung<br />

<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen starken Zentrierung der<br />

Zweierbeziehung zwischen Kind <strong>und</strong> Erwachsenem<br />

mit einer Überforderung des Kindes ist nicht auszuschließen.<br />

Ferner sind schnelle, kurzzeitige Entlastungen in<br />

Überforderungssituationen, bzw. in Situationen, in<br />

denen Eskalation droht, nicht gegeben, lediglich<br />

telefonisch mit uns wichtigen Personen im außerfamiliären<br />

Bereich. Bisher halfen uns beiden in solchen<br />

Situationen dabei allerdings so genannte „Auszeiten“<br />

über die R<strong>und</strong>en. Auch die Problematik des<br />

Seit 1999 wird auch in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />

Brandenburg <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern nach<br />

dem bewährten Bindungskonzept der KJHB gearbeitet.<br />

Die GfS Uckermark ist die erste Gesellschaft der<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> auf ostdeutschem<br />

Boden.<br />

Nicht weit von der polnischen Grenze entfernt hatte<br />

sie bis vor kurzem<br />

ihren Sitz in<br />

Seehausen, 15<br />

km südlich von<br />

Prenzlau gewählt.<br />

Die GfS verfügt<br />

über mehr als<br />

Kerstin Buse Richard Kraus<br />

55 Heimplätze,<br />

die sich in den<br />

Wer sich fragt „Wo befindet sich die Uckermark?“,<br />

sollte wissen, dass die Uckermark der größte Flächenkreis<br />

Deutschlands ist <strong>und</strong> ganz im Osten der<br />

neuen B<strong>und</strong>esländer liegt.<br />

GfS Uckermark<br />

Profifamilie ® in der Uckermark<br />

„burn out Syndroms“ darf bei der hohen Belastung<br />

nicht außer Acht gelassen werden. Wir können zwar<br />

mit Hilfen rechnen, sind aber letztendlich doch auf<br />

uns allein gestellt, müssen uns dies bewusst machen<br />

<strong>und</strong> es voll <strong>und</strong> ganz akzeptieren.<br />

Nach fast zwei Jahren Zusammenleben mit dem<br />

Kind habe ich, so unglaublich es für manchen klingen<br />

mag, nicht einen Tag daran gezweifelt, dass<br />

dieser Schritt für mich richtig gewesen ist <strong>und</strong> dass<br />

wir beide auch weiterhin aus Krisen gestärkt hervorgehen<br />

werden; denn Krisen bieten auch immer neue<br />

Chancen, die man allerdings erkennen <strong>und</strong> beim<br />

Schopfe packen muss!<br />

Eine Profimutter der GfS Osnabrück<br />

Literatur<br />

Peuckert, Rüdiger: Familienformen im sozialen<br />

Wandel. Opladen 1991<br />

Swientek, Christine: Alleinerziehende - Familien wie<br />

andere auch? Zur Lebenssituation<br />

von Ein - Eltern - Familien. Bielefeld<br />

1984<br />

Christiane Gerbus<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Osnabrück<br />

Bereichen Prenzlau, Angermünde, Templin, Pasewalk<br />

<strong>und</strong> Neustrelitz verteilen. Neben den 20 Profifamilien<br />

® gibt es drei innewohnende Erziehungswohngruppen,<br />

in denen vorwiegend junge Geschwistergruppen<br />

ihr Zuhause gef<strong>und</strong>en haben.<br />

Weitere Heimplätze werden aufgr<strong>und</strong> des hohen<br />

Bedarfs laufend geschaffen. Die GfS Uckermark hat<br />

expandierenden Charakter <strong>und</strong> will ihr <strong>Jugendhilfe</strong>angebot<br />

auf andere Bereiche ausdehnen (u. a. Mutter-Kind-Projekte,<br />

Regelwohngruppe, betreutes Einzelwohnen).<br />

Die räumliche Nähe zur B<strong>und</strong>eshauptstadt<br />

Berlin bedingt eine enge Kooperation mit den<br />

dort ansässigen Jugendämtern. Die betreuten <strong>Kinder</strong><br />

entstammen jedoch überwiegend der Region<br />

(ortsnaher Ansatz). Berlin ist der zweitgrößte Beleger.<br />

Einige <strong>Kinder</strong> entstammen den alten B<strong>und</strong>esländern.<br />

Wir wohnen in Angermünde, einer Kleinstadt in unmittelbarer<br />

Nähe zur Oder. In 20 Minuten Autofahrt<br />

sind wir im Nachbarland Polen. Bei uns gibt es nicht<br />

viel Industrie, aber dafür viel Natur. Zum Beispiel<br />

Ausgabe 80 35 KiM ®


das UNESCO-Biosphärenreservat „Schorfheide“<br />

oder der Nationalpark „Unteres Odertal”. Auch das<br />

größte <strong>und</strong> älteste Schiffshebewerk Europas in Niederfinow<br />

befindet sich nur einige Minuten Autofahrt<br />

von uns entfernt.<br />

Im Herbst 2008 wurden wir auf die GfS Uckermark<br />

mit dem pädagogischen Zentrum in Seehausen aufmerksam.<br />

Das Leitbild KiM ® - Kind in Mittelpunkt -<br />

des Trägers KJHB entsprach unseren Vorstellungen<br />

von Beziehungsarbeit mit <strong>Kinder</strong>n.<br />

Nach mehreren Gesprächen mit der Erziehungsleitung<br />

entschlossen wir uns, an einem Vorbereitungskurs<br />

teilzunehmen. Die Erziehungsleiter Herr Kraus<br />

<strong>und</strong> Frau Buse verstanden es, uns mit der Spezifik<br />

dieses besonderen Konzeptes vertraut zu machen.<br />

Dass wir als Ehepaar diesen Vorbereitungskurs<br />

gemeinsam besuchen konnten, bestärkte unseren<br />

Entschluss, „Profieltern“ bei <strong>Backhaus</strong> zu werden.<br />

Es dauerte dann auch nicht mehr lange bis es konkret<br />

wurde. Ein 9jähriger Junge wurde uns vorgestellt.<br />

Ganz in Ruhe <strong>und</strong> trotzdem mit viel Herzklopfen<br />

wurde immer wieder überlegt <strong>und</strong> besprochen bis<br />

wir die Anbahnungsphase begannen.<br />

Wichtig war es auch, unsere zwei erwachsenen Söhne<br />

immer wieder in den Prozess mit einzubeziehen,<br />

auch wenn diese unser Haus schon längst verlassen<br />

hatten. Vor dem Zusammenleben mit einem Jungen<br />

hatten wir also am wenigsten Ängste. Dies war uns<br />

vertraut <strong>und</strong> trotzdem war es dann ganz anders als<br />

wir es aus unseren Erfahrungen kannten.<br />

Ich kündigte meine Arbeit als Kita-Erzieherin <strong>und</strong><br />

gemeinsam zogen wir in das kleine Städtchen Angermünde.<br />

Mein Mann <strong>und</strong> ich sowie der 9jährige<br />

Junge richteten nun also gemeinsam unsere neue<br />

Wohnung ein. Mir fiel der Umzug nach Angermünde<br />

nicht schwer, war dies doch meine Geburtsstadt. Ich<br />

kehrte also nach vielen Jahren ein Stück zu meinen<br />

Wurzeln zurück.<br />

Mein Vater lebt hier noch <strong>und</strong> ich bin in seiner Nähe.<br />

Familie also, die einfach da ist.<br />

Für die <strong>Kinder</strong>, die mit in unserer Familie leben, sind<br />

die Herkunftsfamilien meistens nicht so einfach erreichbar.<br />

Dies können wir nur wenig verändern, aber<br />

wir können das Leben der uns anvertrauten <strong>Kinder</strong><br />

mit unserer Familien ergänzen <strong>und</strong> bereichern.<br />

Mit der Aufnahme des ersten Jungen in unserer<br />

Familie hat sich unser Leben noch einmal vollständig<br />

verändert.<br />

Der Alltag stellte nun viele neue Herausforderungen<br />

an uns.<br />

Eine Profimutter aus der Uckermark berichtet:<br />

Nach vielen Arbeitsjahren in Berlin, als meine <strong>Kinder</strong><br />

„flügge“ geworden waren, konnte ich mir endlich<br />

Anfangs passte er sich, wie erwartet, den neuen<br />

Gegebenheiten an. Und wir stürzten uns natürlich<br />

sofort auf ihn. Er bekam die Rolle des Nesthäkchens,<br />

es drehte sich fast alles um ihn <strong>und</strong> er stand<br />

fast immer im Mittelpunkt, was er sehr genoss.<br />

Aber nach geraumer Zeit kam es zu den ersten Konflikten.<br />

Nicht nur in der Schule oder im Freizeitverein,<br />

auch innerhalb der Familie gab es Reibereien.<br />

Immer wieder das Austesten - kann ich hier bleiben?<br />

Haltet ihr mich aus?<br />

Die Übertragungen der Erfahrungen aus seiner Herkunftsfamilien<br />

<strong>und</strong> die Enttäuschung darüber, nicht<br />

in seiner Familie leben zu können, erfordern eine<br />

andere Art des Zusammenlebens.<br />

Durch viele Gespräche, gepaart mit Geduld, Einfühlungsvermögen<br />

<strong>und</strong> Verständnis aber auch mit einer<br />

liebevollen Konsequenz, haben wir bisher viele Hürden<br />

gemeistert.<br />

Besonders wichtig war, dass klare Umgangsformen<br />

<strong>und</strong> Regeln im täglichen Miteinander bestehen <strong>und</strong><br />

umgesetzt werden.<br />

Die regelmäßigen Erziehungskonferenzen innerhalb<br />

des Trägers sind in der Arbeit mit den <strong>Kinder</strong>n für<br />

uns sehr hilfreich. Hier kann ich mit meinen Kollegen<br />

die Situationen besprechen, Lösungen finden oder<br />

einfach nur im Austausch sein.<br />

Aufgr<strong>und</strong> unserer Erfahrungen im ersten Jahr der<br />

Zusammenarbeit entschieden wir uns, einen weiteren<br />

Jungen in unsere Familie aufzunehmen.<br />

Seit einigen Monaten bereichert nun ein 6 jähriger<br />

Junge unser Familienleben.<br />

Wieder ist viel Bewegung in unserer Familie. Familienzuwachs<br />

heißt erneute Rollenklärung, Positionen<br />

müssen verteidigt, bzw. erobert werden. Bestehende<br />

Regeln werden verändert, den Erfordernissen angepasst<br />

usw..<br />

Unsere Erfahrung besagt, jeder Morgen ist ein neuer<br />

Anfang mit neuen Herausforderungen, mit neuen<br />

Erlebnissen, mit neuen Freuden, mit neuen Konflikten.<br />

Unsere damals getroffene Entscheidung haben wir<br />

nicht bereut.<br />

Es ist ein schönes Gefühl, <strong>Kinder</strong> ein Stück in unser<br />

Leben mit einzubinden, um eventuell lebenslange<br />

Bindungen herzustellen.<br />

Gudrun Steinmetz<br />

Profimutter<br />

GfS Uckermark<br />

Ein Lebenstraum<br />

gemeinsam mit meinem Mann einen Kindheitstraum<br />

erfüllen: “Einen eigenen kleinen Bauernhof auf dem<br />

platten Land!“<br />

Ausgabe 80 36 KiM ®


Ein altes Haus mit Scheune <strong>und</strong> Ställen auf einem<br />

w<strong>und</strong>erschönen Gr<strong>und</strong>stück direkt am See in Mecklenburg-Vorpommern<br />

zum erschwinglichen Preis -<br />

fast zu schön um wahr zu sein!<br />

Zunächst war viel instand zu setzen <strong>und</strong> zu renovieren.<br />

Ein Stall wurde zum Ferienhaus ausgebaut,<br />

denn alle unsere Berliner Fre<strong>und</strong>e wollten natürlich<br />

kommen <strong>und</strong> sich bei uns erholen.<br />

Nachdem wir endgültig übergesiedelt waren, wurden<br />

nach <strong>und</strong> nach die Tiere angeschafft: ein Kater,<br />

Kaninchen, Enten <strong>und</strong> Milchschafe. Später kamen<br />

noch Ponys, Hühner, bunte Bentheimer Schweine<br />

<strong>und</strong> unser "Therapieh<strong>und</strong>" Max dazu. Natürlich haben<br />

wir Obstbäume angepflanzt, <strong>und</strong> auch Gemüse<br />

<strong>und</strong> Kartoffeln werden angebaut. Alles in überschaubaren<br />

Rahmen für die Eigenversorgung.<br />

So haben wir uns eine kleine Idylle à la Bullerbü<br />

geschaffen, in der nur eines fehlte: <strong>Kinder</strong>!<br />

Unsere Enkelkinder, inzwischen schulpflichtig geworden,<br />

kommen viel zu selten, <strong>und</strong> wir fühlen uns<br />

noch nicht alt genug um „in Rente" zu gehen.<br />

Da entdeckte mein Mann die Anzeige der GfS<br />

Uckermark in der Tageszeitung: „Profifamilien gesucht.“<br />

Wir fragten uns, was das wohl sein könnte <strong>und</strong> riefen<br />

an.<br />

Die Idee von <strong>Backhaus</strong> „Profifamilien ® “ begeisterte<br />

uns, <strong>und</strong> wir absolvierten den Vorbereitungskurs in<br />

Seehausen /Uckermark.<br />

Nach der Erteilung des Zertifikates zog bald ein 12<br />

jähriger Junge bei uns ein.<br />

Er lebte eineinhalb Jahre bei uns. Danach zog er in<br />

eine Jugendwohngruppe mit mehreren Gleichaltrigen.<br />

Seit dem Sommer 2010 teilen wir nun unser Leben<br />

mit einem 5jährigen Mädchen.<br />

So oft wie möglich spielt sie mit den Hühnerküken<br />

auf dem Hof, die sie gern herumträgt oder ihnen<br />

lehrt auf einem Ast zu sitzen. Mehrmals täglich kontrolliert<br />

sie, ob schon Eier gelegt wurden. Die kleinen<br />

Kätzchen werden von ihr stets mit Leckerlis versorgt.<br />

Und Alma, unser Fohlen, erst ein halbes Jahr<br />

alt, muss "gezähmt" <strong>und</strong> "trainiert" werden.<br />

Der unbeschwerte Umgang mit den Tieren unterstützt<br />

unser Zusammenleben.<br />

Und dann der am Hof grenzende See! Im Sommer<br />

gehört das Schwimmen im See zum täglichen Leben,<br />

oftmals bedarf es vieler Überredungskünste<br />

unsererseits das kleine Mädchen aus dem Wasser<br />

zu locken. Im Winter bietet er die besten Möglichkeiten<br />

das Schlittschuhlaufen zu erlernen.<br />

So eine kleine Idylle bietet viele Möglichkeiten,<br />

Pflaster auf Lebensw<strong>und</strong>en zu legen um diese heilen<br />

zu lassen.<br />

Und wenn nachts unser H<strong>und</strong> Max vor ihrer Zimmertür<br />

liegt <strong>und</strong> aufpasst, dass keine Monster <strong>und</strong> Geister<br />

hereinkommen können, dann kann das kleine<br />

Mädchen auch wieder ruhig schlafen.<br />

Profimutter<br />

GfS Uckermark<br />

Kerstin Buse<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Uckermark<br />

„Was ist das Besondere daran, Profifamilie ® zu sein?“<br />

Ausschnitte aus den Beiträgen von acht Profifamilien ® aus der Uckermark<br />

1. Aus dem Tagebuch einer Profimutter: Es war<br />

heute Nacht um 2.07 Uhr: „Das war es dann wohl<br />

wieder alles, was es heut an Schlaf gegeben hat?“<br />

Die letzten Nächte waren alle kurz <strong>und</strong> heute endet<br />

mein Schlaf: „Die <strong>Kinder</strong> kommen, was muss noch<br />

alles vorbereitet <strong>und</strong> bedacht werden?“ Seit Herr<br />

Kraus mich am letzten Donnerstagabend angerufen<br />

hat <strong>und</strong> mir die Frage stellte: „Könnten sie sich vorstellen,<br />

kurzfristig zwei kleine <strong>Kinder</strong> bei sich aufzunehmen?“<br />

geht es bei mir im Kopf drunter <strong>und</strong><br />

drüber. Dass es nun so schnell von einer Woche auf<br />

die andere losgehen soll, da bin ich natürlich erst<br />

mal baff. Tja, wie hat das eigentlich angefangen, mit<br />

dem Gedanken <strong>Kinder</strong> bei sich aufzunehmen? Ich<br />

überdenke Zeiten <strong>und</strong> Entscheidungen, die ich getroffen<br />

habe <strong>und</strong> komme dabei immer wieder zu<br />

dem Gedanken: „Ich möchte zurück zu meinen ei-<br />

gentlichen Zielen!“ Ich wollte kleine Menschen ein<br />

Stück ihres Lebens begleiten, ihnen Liebe <strong>und</strong> Zuwendung<br />

zeigen, mit ihnen spielen <strong>und</strong> toben <strong>und</strong><br />

ihnen jede Menge Rüstzeug zur Lebensbewältigung<br />

mitgeben………..<br />

Heute Vormittag war dann das zuständige Jugendamt<br />

bei uns, hat sich von unseren Wohnverhältnissen<br />

ein Bild gemacht, hat uns mit den wichtigsten<br />

Informationen versorgt. Wir sollten die <strong>Kinder</strong> jetzt<br />

gleich abholen………<br />

2. Das Interessante an unserer Arbeit ist, wir stellen<br />

keine Maschinen, keine Produkte her. Wir arbeiten<br />

mit <strong>Kinder</strong>n, die ihre eigene Geschichte mit in unsere<br />

Familie bringen. Ich kann mich auch nicht von<br />

einem Kleidungsstück, was ich lieben gelernt habe,<br />

welches seine eigene Geschichte hat, so einfach<br />

Ausgabe 80 37 KiM ®


von heute auf morgen trennen. Wir müssen unseren<br />

<strong>Kinder</strong>n Zeit geben <strong>und</strong> Zeit braucht Geduld…<br />

Der Wechsel von meiner Familie zur Familie meines<br />

Mannes war für mich auch nicht ganz einfach. Ich<br />

hatte nun täglich eine andere Familie um mich. Diese<br />

Familie hatte andere Gewohnheiten, führte andere<br />

Gespräche, hatte andere Fre<strong>und</strong>e, ein anderes zu<br />

Hause. Es war einfach alles anders. Mir fehlte meine<br />

gewohnte Umgebung, meine Mutter, mein Zimmer,<br />

mein Bett usw.. Ich habe lange Zeit gebraucht, um<br />

mich an die neue Situation zu gewöhnen. Wie mag<br />

es B. <strong>und</strong> Y. damit gehen ihre Familie verlassen zu<br />

haben?........<br />

Wichtige Voraussetzung ist eine erzieherische Ausbildung.<br />

Sie ist eine gute Gr<strong>und</strong>lage für die Arbeit<br />

mit <strong>Kinder</strong>n. Wir können die Nähe der <strong>Kinder</strong> zulassen<br />

<strong>und</strong> haben trotzdem eine ges<strong>und</strong>e Distanz entwickelt.<br />

Die Kommunikation zwischen Profieltern ® ,<br />

Herkunftsfamilie <strong>und</strong> Jugendamt erfolgt über die<br />

Erziehungsleitung, es ist eine Entlastung der Profieltern……..<br />

Die Familiennachmittage in Seehausen bieten den<br />

Profieltern eine gute Gelegenheit, sich <strong>und</strong> die <strong>Kinder</strong><br />

näher kennen zu lernen <strong>und</strong> Erlebnisse auszutauschen……<br />

3. Als Bürgermeister dieser Gemeinde war ich zu<br />

diesem Zeitpunkt sehr daran interessiert, die GfS<br />

nach Seehausen zu bekommen, denn ich konnte mir<br />

ausmalen, dass die Ansiedlung dieser Einrichtung<br />

eine gute Sache sei <strong>und</strong> somit auch einige Menschen<br />

in der Region in Lohn <strong>und</strong> Brot kommen<br />

könnten, denn zu diesem Zeitpunkt hatte die<br />

Uckermark eine Arbeitslosenquote von über 27 %<br />

<strong>und</strong> da kam jeder Investor, der es ernst mit der Region<br />

meinte, gerade richtig. Die Mühen haben sich<br />

gelohnt <strong>und</strong> es ist mittlerweile ein stattliches Unternehmen<br />

daraus geworden……<br />

Wenn uns heute die Frage gestellt wird, ob wir diese<br />

Aufgabe übernommen haben, weil wir keine Beschäftigung<br />

hatten, so müssen wir das verneinen,<br />

denn wir waren beide in einem Beschäftigungsverhältnis.<br />

Es war einfach die neue Herausforderung….<br />

Dieser Aufgabe sich zu stellen, weil man gerade<br />

keinen anderen Job hat, dass funktioniert auf keinen<br />

Fall <strong>und</strong> das sollte auch nicht der Beweggr<strong>und</strong> sein.<br />

Wichtig ist, dass man sich darüber im Klaren ist,<br />

dass es irgendwo kleine Menschenkinder gibt, welche<br />

Liebe, Zuneigung einfach Familie brauchen.<br />

Ohne dieses Verständnis sollte man die Finger von<br />

dieser Aufgabe lassen……<br />

Hoffen wir, dass wir ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> munter bleiben <strong>und</strong><br />

die Aufgabe bis zum verdienten Rentenalter ausfüllen<br />

können….<br />

4. Wichtig in dieser Zeit war für mich der Austausch<br />

in der Gruppe <strong>und</strong> im pädagogischen Zentrum. Die<br />

Selbstreflexion gewinnt hier an Bedeutung <strong>und</strong> hilft,<br />

die Realität mit anderen Augen zu betrachten. Ich<br />

denke, dass Pflegeltern, die nur innerfamiliär ihre<br />

Probleme lösen müssen, oft ratlos sind.<br />

Das Wichtigste im Alltag, woraus man Kraft schöpft:<br />

Positiv denken..., kann man nicht immer, vor allem<br />

wenn der Alltag mit unseren <strong>Kinder</strong>n schwer ist, man<br />

Krisen durchstehen muss <strong>und</strong> manchmal nicht weiß,<br />

wie es weiter geht!<br />

Mir persönlich hilft dann, mich zu besinnen auf die<br />

vielen positiven Seiten, die T. auch hat. Die vielen<br />

tollen Charaktereigenschaften wie Sensibilität, Empathie,<br />

Humor, Phantasie, Kreativität, Vertrauen.........usw.<br />

sind Dinge, die man bei genauem Hinsehen<br />

auch spürt.<br />

Wenn man sich auch in schweren Zeiten auf diese<br />

positiven Seiten des Kindes besinnen kann, gehen<br />

Krisen schneller vorbei <strong>und</strong> der gemeinsame Alltag<br />

wird wieder warm <strong>und</strong> herzlich!<br />

5. Schön ist, dass unsere Familien <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e die<br />

<strong>Kinder</strong> so „normal“ angenommen haben. Obwohl<br />

nach 7 Jahren viel im Zusammenleben normal für<br />

uns geworden ist, ist das schon noch Besonders.<br />

Als J. sich die Kniescheibe ausgerenkt hat, sind wir<br />

alle vier ins KHS gefahren. Wir haben für die 22 km<br />

fast eine ¾ St<strong>und</strong>e gebraucht, da jedes Schlagloch,<br />

jede Bremsung Schmerzen auslöste, konnten wir<br />

nur sehr langsam fahren. J. weinte, schrie manchmal<br />

<strong>und</strong> war trotzdem tapfer. Es hat uns alle sehr<br />

berührt, ich musste weinen, sie tat mir auch so<br />

leid…..Nach dem Einrenken war J. so glücklich, sie<br />

hat allen Danke gesagt <strong>und</strong> zu uns: „Ihr seid so toll,<br />

danke dass Ihr da seid“…….<br />

Wir fuhren mit gemischten Gefühlen nach Berlin. Wir<br />

wollten nicht die „Bösen“ sein, die N. aus seiner<br />

vertrauten Umgebung reißen…..So schnell wie er im<br />

Auto angeschnallt war, lag er auch schon unangeschnallt<br />

im Fußraum <strong>und</strong> schrie jämmerlich nach<br />

seiner bisherigen Pflegemutter. In einem unbeobachteten<br />

Moment lief er weinend in Richtung Pflegemutter.<br />

J. schaffte es ihn zurückzuholen. Es war<br />

herzzerreißend. Wir kamen uns wie Kidnapper<br />

vor…..<br />

Während einer Autofahrt waren die <strong>Kinder</strong> sehr laut.<br />

Ich bat die <strong>Kinder</strong> leise zu sein <strong>und</strong> J. sagte zu N. er<br />

solle sie nicht so nerven, worauf Nico antwortete:<br />

„Das ist mein Schicksal“……<br />

Die <strong>Kinder</strong> sind eine Bereicherung für unser Leben<br />

<strong>und</strong> wir hoffentlich für sie……..<br />

Den <strong>Kinder</strong>n die nötige Zeit lassen, um mit ihren<br />

Ängsten <strong>und</strong> Aggressionen umzugehen <strong>und</strong>/oder<br />

abzubauen ist wichtig <strong>und</strong> nicht immer leicht, manches<br />

dauert Jahre.<br />

6. Die Gespräche mit unseren Familien <strong>und</strong> insbesondere<br />

mit unseren eigenen <strong>Kinder</strong>n im Vorfeld<br />

waren mit Abstand das wichtigste, denn sie mussten<br />

bereit sein, ein neues Familienmitglied zu bekom-<br />

Ausgabe 80 38 KiM ®


men, bereit sein zu teilen <strong>und</strong> M. so zu akzeptieren,<br />

wie er ist. Es wurde von ihnen viel Geduld abverlangt<br />

…..ohne den Rückhalt in der eigenen Familie, ohne<br />

meine Eltern <strong>und</strong> Schwiegereltern, hätte ich niemals<br />

die Kraft, diese Aufgabe zu meistern - danke<br />

……….leider mussten wir während der ganzen Zeit<br />

feststellen, dass es auch Menschen in unserem<br />

Bekanntenkreis gab, die nicht mal „Guten Tag“ sagen,<br />

sondern M. einfach ignorieren. Das hat mich<br />

sehr betroffen gemacht<br />

……….Letztens musste ich einfach nur schmunzeln,<br />

im Vorbeigeh`n hörte ich, wie M. im spielerischen<br />

Selbstgespräch in seinem Zimmer das „Sch“ - Wort<br />

entschlüpfte <strong>und</strong> er sich im selben Atemzug gleich<br />

dafür entschuldigte, obwohl ja keiner weiter anwesend<br />

war<br />

………ich hörte M. hinter mir im Auto plötzlich lachen<br />

<strong>und</strong> kichern. Und dann seh‘ ich, wie er aus der<br />

Scheibe winkt, schau neben uns <strong>und</strong> da ist der kleine<br />

Kerl fleißig am Schäkern <strong>und</strong> Flirten mit einem<br />

jungen Mädchen im Nebenauto, ca. 16 Jahre, die<br />

voll mitmacht – also ich kannte sie nicht……<br />

7. Sehr besonders ist der gute Kontakt zur leiblichen<br />

Familie dieser <strong>Kinder</strong> zu uns. Für die <strong>Kinder</strong> ist es<br />

schön, keine Spannungen zwischen den Familien zu<br />

spüren. Sie haben eigentlich zwei Familien…..<br />

Es gibt immer Möglichkeiten zum Austausch oder<br />

zur Unterstützung der Profifamilie ® . Die 2-wöchigen<br />

Arbeitsgespräche sind sehr wichtig….<br />

Wir haben erkannt, dass für diese <strong>Kinder</strong> eine<br />

gleichbleibende Erziehung sehr wichtig ist. Dass sie<br />

unbedingt Rituale brauchen, um Sicherheit zu spüren.<br />

Sie brauchen sehr viel Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />

Zuwendung, da sie oft Verlassensängste spüren<br />

mussten <strong>und</strong> auch verlassen wurden…..<br />

Ich möchte nichts anderes machen, als mich dieser<br />

interessanten, wertvollen Arbeit zu stellen……<br />

M. ist in der AG „Feuerwehr“ in der Schule. Eines<br />

Abends berichtete er uns, dass er heute den „Arschloch“<br />

nicht bekommen hat. Nach langen Nachfragen<br />

konnten wir herausbekommen, dass er den A-<br />

Schlauch meinte….<br />

Zitat von Goethe (entdeckt von Richard Kraus)<br />

Sage es mir <strong>und</strong> ich werde es vergessen<br />

Zeige es mir <strong>und</strong> ich werde es vielleicht behalten<br />

Lasse mich es tun <strong>und</strong> ich werde es können.<br />

J. W. v. Goethe (1749-1832)<br />

Er hatte stets Angst , von irgendetwas nichts abzubekommen<br />

- diese Panik ist geblieben….<br />

8. Der Vorbereitungskurs war für uns ein wichtiges<br />

F<strong>und</strong>ament. In unserer späteren Arbeit stellten wir<br />

immer wieder fest, dass die Dinge, wie sie dort benannt<br />

wurden, immer wieder zutrafen…….<br />

Wichtig sind die 14-tägigen Treffen, wo man immer<br />

wieder Kraft schöpfen kann. Hinterher ist manches<br />

Problem nicht mehr so groß <strong>und</strong> man sieht manche<br />

Sachen aus einer ganz anderen Sichtweise……<br />

Für M. war immer wichtig, dass Absprachen eingehalten<br />

wurden. Sie war immer sehr misstrauisch…….<br />

Bei K. war von Anfang an eine große Co-<br />

Abhängigkeit zu ihrer Mutter zu spüren. Sie wollte<br />

immer wieder wissen wie es ihr geht <strong>und</strong> ihr helfen.<br />

Obwohl sie von ihrer Mutter wenig Liebe <strong>und</strong> Hilfe<br />

erhalten hat. Sie fühlte sich für sie verantwortlich…………<br />

K. wollte eine kleine Ente aus dem Wassernapf retten,<br />

die Entenmutter kam ihr zuvor <strong>und</strong> schlug ihr<br />

mit dem Flügel die Brille vom Kopf - K. nahm es<br />

gelassen…..<br />

In der Baude im Fichtelgebirge, wo wir übernachteten,<br />

lag der Schnee bis ans Fenster. Abends beim<br />

Duschen kletterten die Mädchen aus dem Fenster<br />

<strong>und</strong> tanzten im Schnee herum……<br />

Wir haben es uns als Gr<strong>und</strong>satz gemacht, sich immer<br />

in die <strong>Kinder</strong> hinein zu versetzen, <strong>und</strong> niemals<br />

vergessen, weshalb sie zu uns gekommen sind.<br />

……<br />

Man darf von den <strong>Kinder</strong>n keine Dankbarkeit erwarten.<br />

Sie sind es, können es aber oft nicht zeigen.<br />

Äußerungen der <strong>Kinder</strong> darf man nie persönlich<br />

nehmen. ……<br />

Wichtig ist für mich mein Mann. Er<br />

ist für mich der Ruhepol.<br />

Richard Kraus<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Uckermark<br />

Unsere neue PZ Adresse lautet ab 14.3.2011<br />

GfS Uckermark<br />

Am Ring 21 A<br />

Warnitz<br />

17291 Oberuckersee<br />

Ausgabe 80 39 KiM ®


Der psychologische Dienst wird vorrangig von den<br />

sechs gruppenpädagogischen Einrichtungen der<br />

KJHB sowie besonders auch dem Clearinghaus in<br />

Anspruch genommen. Vor allem im Clearinghaus<br />

steht dabei die psychologische Diagnostik im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

zu der neben der Durchführung von Testungen<br />

auch weiterführende Einzeltermine mit diagnostischem<br />

aber auch immer emotional stabilisierendem<br />

Inhalt gehören. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage findet<br />

der intensive Austausch mit den pädagogischen<br />

Mitarbeitern der Gruppe statt, so dass eine psychologische<br />

Beratung auf der Basis eigener f<strong>und</strong>ierter<br />

Eindrücke den gesamten Klärungsprozess begleiten<br />

sowie eine verantwortliche Entscheidungsfindung für<br />

eine weitere Perspektive der <strong>Kinder</strong> unterstützen<br />

kann.<br />

In den weiteren Gruppen richtet sich die zeitliche<br />

Intensität psychologischer Begleitung nach Art der<br />

Wohngruppenform <strong>und</strong> dementsprechend getroffenen<br />

Leistungsvereinbarungen sowie darüber hinaus<br />

immer wieder auch nach dem von den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />

Jugendlichen selber oder auch von den Hausleitern<br />

angemeldeten dringlichen Bedarf. Einen Schwerpunkt<br />

der psychologischen Arbeit bildet hier die<br />

Durchführung von Einzelterminen, die je nach Alter/Entwicklungsalter<br />

der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

gestaltet werden. Auf der Gr<strong>und</strong>lage des konzeptionell<br />

festgeschriebenen Bindungskonzeptes finden<br />

vor allem Elemente der zielorientierten Gesprächspsychotherapie,<br />

der Verhaltenstherapie aber auch<br />

systemische, gestalttherapeutische sowie traumatherapeutische<br />

Interventionen bzw. Techniken Anwendung.<br />

Besonders intensiv gestaltet sich die Arbeit des psychologischen<br />

Dienstes in der therapeutischen Wohngruppe:<br />

So erhält jedes Kind wöchentlich stattfindende<br />

Einzeltermine, ebenfalls findet jede Woche<br />

das therapeutisch geleitete <strong>Kinder</strong>team der Gruppe<br />

statt. Die für das Kind zuständige Psychologin bietet<br />

auch den Eltern regelmäßige Gesprächstermine an<br />

<strong>und</strong> nimmt üblicherweise an Hilfeplangesprächen<br />

Der psychologische Dienst<br />

Die Mädchengruppe<br />

Die Mädchengruppe der<br />

KJHB ist ein Projekt,<br />

das vor ca. 2 Jahren ins<br />

Leben gerufen wurde.<br />

Es sollte ein<br />

spezielles Angebot<br />

für Mädchen<br />

aus Profifamilien<br />

® geschaffen<br />

werden,<br />

um ihre sozialen<br />

Fähigkeiten durch<br />

gegenseitigen Austausch, Ge-<br />

teil. Zentrale Bedeutung besitzt auch die Teilnahme<br />

an der wöchentlich durchgeführten Teambesprechung<br />

der pädagogischen Mitarbeiter: Hier geht es<br />

neben dem interdisziplinären Austausch um Beratung<br />

im Sinne der therapeutisch/pädagogischen<br />

Zielsetzung sowie insbesondere in dieser Gruppe<br />

um die Etablierung eines sogenannten „therapeutischen<br />

Milieus“ (Gahleitner,2010). Therapeutisches<br />

Milieu im Sinne Gahleitners meint dabei „ …nicht<br />

etwa eine Therapeutisierung des Alltags, sondern<br />

realisiert sich in einer humanistischen, personzentrierten<br />

Gr<strong>und</strong>haltung <strong>und</strong> Vorgehensweise unter<br />

Einbezug eines professionellen Verständnisses von<br />

Störungsbildern, Krisenanfälligkeiten, Dynamiken,<br />

jedoch auch Ressourcen in der Wahrnehmung der<br />

Jugendlichen durch das Betreuungsteam.“ (Gahleitner,<br />

2010, S.129).<br />

Die Zusammenarbeit mit den gruppenpädagogischen<br />

Einrichtungen bildet derzeit einen deutlichen<br />

Schwerpunkt der psychologisch/therapeutischen<br />

Arbeit, immer wieder werden jedoch auch Anfragen<br />

unterschiedlicher Art von Erziehungsleitern bzw.<br />

Profieltern gestellt. Je nach Bedarf werden sehr<br />

zeitnah Beratungsgespräche angeboten, weiterführende<br />

Maßnahmen evtl. begleitet oder - in Ausnahmefällen<br />

- eine begrenzte Anzahl fortlaufender Termine<br />

für <strong>Kinder</strong> oder Jugendliche aus den Profifamilien<br />

® durchgeführt.<br />

Literatur:<br />

Gahleitner, S. B. (2010). Das „Therapeutische Milieu“<br />

als Antwort auf frühe Gewalterfahrung. Trauma<br />

& Gewalt, Forschung <strong>und</strong> Praxisfelder, 4.Jahrgang,<br />

Heft 2, (S. 128 - 140).<br />

Ulrike Sabrowski-Lübbers<br />

Psychologische Psychotherapeutin<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendlichenpsychotherapeutin<br />

GfS Emsland<br />

meinschaft <strong>und</strong> Gruppengefühle zu fördern.<br />

So entstand eine Gruppe für sechs Mädels, die unterschiedlicher<br />

nicht sein konnten, aber gerade<br />

durch ihre besondere Rolle als aufgenommenes<br />

Kind sehr viel gemeinsam hatten. Einmal im Monat<br />

treffen sich nun die „Kichererbsen“ im Bereich des<br />

Psychologischen Dienstes, um die unterschiedlichsten<br />

Themen <strong>und</strong> Fragen zu behandeln. Es entwickelten<br />

sich besondere Regeln <strong>und</strong> Rituale an die<br />

sich alle Teilnehmer halten. Beispielsweise bereitet<br />

immer ein Mädchen ein Spiel für das nächste Mal<br />

vor.<br />

Ausgabe 80 40 KiM ®


Spielen stellt in der Mädchengruppe einen Schwerpunkt<br />

dar, da durch das Spiel Gemeinschaft, Spaß,<br />

aber auch Emotionalität <strong>und</strong> Freude erlebt werden<br />

können. Die Mädchen erleben durch die Erfahrung<br />

des „Selbst Mitgestaltens“ ihre Kompetenzen <strong>und</strong><br />

ihre Selbstwirksamkeit, was einen wertvollen Baustein<br />

im Aufbau von Selbstwertgefühl darstellt.<br />

Gerade durch die Heterogenität in der Gruppe durch<br />

die unterschiedlichen Entwicklungsstadien, in denen<br />

sich die Mädchen befinden, können sie voneinander<br />

lernen, sich gegenseitig zuhören <strong>und</strong> so wertvolle<br />

Soziale Kompetenzen erlernen. Sie profitieren voneinander,<br />

lernen aber auch der Anderen zuzuhören<br />

auch wenn sie eine andere Meinung hat.<br />

Regelmäßig werden Themen besprochen, die in der<br />

Gruppe behandelt werden sollen. So wurde bereits<br />

über wichtige Alltagserlebnisse wie Fre<strong>und</strong>schaft,<br />

Mobbing, Jungs, Was Mädchen wollen, Zukunft,<br />

Identität usw. gesprochen.<br />

In der Gruppe erleben die <strong>Kinder</strong> eine Dynamik, die<br />

im Einzelkontakt schwer möglich wäre. Durch die<br />

Erlebnisse der Anderen fühlen sie sich gestärkt <strong>und</strong><br />

ermutigt selbst etwas beizutragen <strong>und</strong> über ihre<br />

eigenen Empfindungen zu sprechen. Durch einen<br />

sehr respektvollen Umgang fühlen sie sich ernst<br />

genommen. Sie trauen sich, zu sich <strong>und</strong> ihren Gefühlen<br />

zu stehen ohne Angst zu haben, ausgelacht<br />

zu werden.<br />

Gerade wenn es um die Rolle eines aufgenommenen<br />

Kindes in einer Profifamilie ® geht, können nur<br />

andere aufgenommene <strong>Kinder</strong> nachempfinden wie<br />

es ist, wie es ihnen damit geht usw.. Über diese<br />

Themen kommen die Mädels an für sie wichtige<br />

Fragen, die sie sich gegenseitig stellen können.<br />

Welche Rolle haben deine Eltern bei dir? Hast du<br />

Kontakt? usw.…. Die besondere Herkunftsgeschichte<br />

wird für die Mädchen immer ein Teil ihres Lebens<br />

sein, daher spielt dieses Thema eine übergeordnete<br />

Rolle in der Mädchengruppe, das immer wieder<br />

seinen Platz finden wird.<br />

Ich freu mich schon auf das nächste<br />

Treffen zum Thema „Dazugehören?!“<br />

Julia Oelerink<br />

Dipl. Psychologin<br />

GfS Emsland<br />

Traumatisierte <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> ihr Verhalten<br />

Im Alltagsleben mit traumatisierten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

wird immer wieder deutlich, wie schwierig<br />

es ist, ihr Verhalten zu verstehen <strong>und</strong> sie annehmend<br />

zu begleiten. Die vielfältigen „Verhaltensauffälligkeiten“<br />

sind sehr starr <strong>und</strong> es bedarf eines sehr<br />

‚langen Atems‘ im pädagogischen Alltag. Es ist wichtig,<br />

sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass<br />

die Verhaltensauffälligkeiten Abwehrmechanismen<br />

sind.<br />

„Traumata lösen immer schreckliche Ängste aus, die<br />

beständige Begleiter des Kindes bleiben. Da kein<br />

Mensch (über-)leben kann, wenn er ständig voller<br />

schrecklicher Angst ist, müssen die <strong>Kinder</strong> ihre<br />

Ängste abwehren. Sie entwickeln unbewusste Abwehrmechanismen,<br />

die dann als ‚auffälliges Verhalten‘<br />

beobachtet werden können.“ (Ebel, A., 2002).<br />

Alice Ebel hat eine Auflistung der besonders häufig<br />

vorkommenden Abwehrmechanismen vorgenommen,<br />

die wir alle aus dem pädagogischen Alltag<br />

kennen <strong>und</strong> die den Alltag mit den uns anvertrauten<br />

<strong>Kinder</strong>n oft zu „schwierig“ machen.<br />

• „Pseudo-Autonomie (<strong>Kinder</strong> die schon früh für sich<br />

selber oder sogar Geschwister sorgen, sich für<br />

unabhängig <strong>und</strong> quasi erwachsen halten <strong>und</strong> keine<br />

Bindung mehr eingehen wollen, d.h. nie wieder<br />

abhängig sein wollen)<br />

• Übermäßige Bewegung / Hyperaktivität (diese<br />

<strong>Kinder</strong> sind ständig ‚auf der Flucht‘ vor ihren Ängs-<br />

ten <strong>und</strong> versuchen diese durch Zappeligkeit <strong>und</strong><br />

ständige ‚Aktion‘ zu betäuben)<br />

• Überanpassung (diese <strong>Kinder</strong> hoffen, durch<br />

übermäßiges Brav-Sein, durch blinden, ggf. vorauseilenden<br />

Gehorsam die stets als bedrohliche<br />

erlebten Erwachsenen zu beschwichtigen <strong>und</strong> so<br />

ihre Ängste zu reduzieren)<br />

• Totstell-Reflex (völliges Erstarren, nicht mehr<br />

Mucksen beim kleinsten Anflug von Gefahr. Erscheint<br />

oft bei sexuellem Missbrauch. Oft haben<br />

diese <strong>Kinder</strong> ihre Körperwahrnehmung völlig abgespalten)<br />

• Sich selber schlecht machen (Dies ist der Versuch<br />

der <strong>Kinder</strong>, eine letzte Übereinstimmung mit den<br />

Eltern herzustellen, indem sie ihnen Recht geben<br />

<strong>und</strong> die Schuld / Schlechtigkeit auf sich nehmen,<br />

in der Hoffnung, durch diese Zustimmung verschont<br />

zu bleiben)<br />

• Sexualisiertes Verhalten (z.B. Lolita-Verhalten. Dies<br />

ist der Versuch des Kindes, die Kontrolle über die<br />

erwartete Missbrauchssituation zu behalten. ‚Wenn<br />

ich selber aktiv anfange, dann hab ICH mehr Kontrolle,<br />

als wenn ich es passiv ertragen muss‘. Es<br />

kann aber auch ein Hinweis sein, dass das Kind<br />

glaubt, sein Bedürfnis nach Nähe nur in Verbindung<br />

mit Sexualität befriedigt zu bekommen)<br />

• Identifikation mit dem Aggressor (diese <strong>Kinder</strong><br />

sind sehr aggressiv <strong>und</strong> zerstörerisch. Sie versu-<br />

Ausgabe 80 41 KiM ®


chen durch ‚Rambo-Gehabe‘ abzuschrecken <strong>und</strong><br />

stark zu erscheinen, in der Hoffnung, dass sich<br />

keiner mehr an sie heranwagt um sie zu misshandeln.<br />

‚Wenn ich nie wieder schwach bin, kann mir<br />

keiner mehr was tun‘)<br />

• Verleugnung / Verdrängung (diese <strong>Kinder</strong> versuchen<br />

so zu tun, als sei nichts gewesen <strong>und</strong> unterdrücken<br />

bzw. spalten ihre Ängste ab. Manche <strong>Kinder</strong><br />

idealisieren sogar ihre Erfahrungen bzw. Eltern,<br />

um sich selber (<strong>und</strong> andere) davon zu überzeugen,<br />

dass doch gar nichts Schlimmes passiert ist. Oft<br />

bahnen sich die Gefühle dann andere Wege, z.B.<br />

über psychosomatische Krankheiten, Phobien, Albträume<br />

etc.) Dissoziation.“ (a.a.O.)<br />

• Dissoziation - führt Frau Ebel aus - tritt nicht nach<br />

der Traumatisierung, sondern schon während der<br />

Traumatisierung auf. Dabei wird das Erleben in<br />

einzelne Teile zerlegt. „Es sind nur solche Gedächtnisinhalte<br />

bewusst abrufbar, die im Hippocampus<br />

(dem neuzeitlichen ‚bibliotheken Gedächtnis‘)<br />

abgespeichert werden. Diese Inhalte<br />

können versprachlicht, in eine zeitliche Reihenfolge<br />

gebracht bzw. einem ‚Damals‘ zugeordnet oder/<strong>und</strong><br />

als reproduzierbare sinnliche Erinnerungen<br />

abgerufen werden. Der Hippocampus wird<br />

auch ‚kühler Speicher‘ genannt, weil über die dort<br />

gespeicherten Erinnerungen mit relativ geringer<br />

emotionaler Beteiligung berichtet werden kann.<br />

Man kann sich das wie einen zersprungenen<br />

Spiegel vorstellen, von dem einige der Splitter in<br />

den Hippocampus gelangen, der Rest kommt dort<br />

nicht an. Das bedeutet aber nicht, dass der Rest<br />

nicht gespeichert wird. Er wird allerdings in einem<br />

anderen stammesgeschichtlich älteren Teil, der<br />

Amygdala gespeichert. Dort ist das gesamte<br />

traumatische Erlebnis mit allen sensorischen <strong>und</strong><br />

emotionalen Anteilen, d.h. alle Splitter aufbewahrt,<br />

jedoch ohne bewussten Zugang.“ (a.a.O.)<br />

Durch scheinbar harmlose Auslöser können diese<br />

Erinnerungen ausgelöst werden <strong>und</strong> das Kind erlebt<br />

dann, alle Gefühle <strong>und</strong> Ängste, die es während der<br />

Traumatisierung erlebt hat. Es ist wie eine Retraumatisierung.<br />

Das Kind ist nicht in der Lage diese<br />

aufbrechenden Ängste zu kontrollieren, es wird davon<br />

überrollt.<br />

Wie oft wird dies im pädagogischen Alltag erlebt,<br />

dass <strong>Kinder</strong> offensichtlich ohne verstehbaren Gr<strong>und</strong>,<br />

plötzlich völlig außer sich geraten. Sie können sich<br />

dann nicht mehr kontrollieren. Sie sind nicht in der<br />

Lage sich zu steuern, sie werden von ihren Gefühlen<br />

überwältigt. Sie können auch nicht erkennen, dass<br />

sich jetzt die Situation geändert hat, dass sie keine<br />

Angst mehr haben brauchen. Die <strong>Kinder</strong> wissen<br />

selber nicht warum sie sich so verhalten, auf Vorhaltungen<br />

oder Fragen danach, können sie nur mit den<br />

„Schultern zucken“. Sie wissen es nicht. Aber sie<br />

haben einen „guten Gr<strong>und</strong>“ sich so zu verhalten.<br />

Alice Ebel nennt es das „Konzept des guten Gr<strong>und</strong>es“.<br />

Sie teilen uns damit etwas über ihre überwältigenden<br />

Erfahrungen mit. Im Umgang mit traumatisierten<br />

<strong>Kinder</strong>n ist dieses Wissen über den „guten<br />

Gr<strong>und</strong>“ ganz wichtig. Wird das Verhalten des Kindes<br />

lediglich sanktioniert, wird sich sein Gefühl „schlecht<br />

zu sein“ - „schuld zu sein“ verstärken. Die <strong>Kinder</strong><br />

brauchen ein einfühlsames Verständnis <strong>und</strong> ein<br />

Verstehen <strong>und</strong> Versichern, dass ihr Verhalten begreiflich<br />

ist. Erst dann können sie allmählich Zugang<br />

zu ihren traumatischen Erlebnissen haben <strong>und</strong> es<br />

kann eine Heilung in Gang gesetzt werden. Dafür<br />

brauchen die pädagogischen Fachkräfte einen langen<br />

Atem. Aber jeder Mensch hat das Recht sein<br />

Tempo selber zu bestimmen.<br />

Literatur:<br />

Ebel, Alice: Traumatisierte <strong>Kinder</strong>/Jugendliche<br />

in Pflegefamilien.<br />

2002, www.agsp.de/htmal/a73.html<br />

Marion Wischka<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Bindungskonzept in Gruppenpädagogischen Einrichtungen?<br />

In unserer Einrichtung wird nun seit über 30 Jahren<br />

nach dem Bindungskonzept gearbeitet. Pädagogische<br />

Fachkräfte können nach einem Besuch unserer<br />

Vorbereitungskurse in die Anstellung zur Profifamilie<br />

® gelangen. Somit können sie nach ca. einem<br />

halben Jahr Vorbereitung ein Kind in der eigenen<br />

Familie aufnehmen. Die Erziehungsleitung, die<br />

die Profifamilie ® ausgebildet hat, berät, begleitet <strong>und</strong><br />

betreut in wöchentlichen Sitzungen die Familie weiterhin<br />

<strong>und</strong> in vielen Fällen nimmt dann die Profifamilie<br />

® nach einer gewissen Zeit ein weiteres Kind auf.<br />

Dieses allseits bekannte Verfahren der Erziehungsstellen<br />

(bei uns heißen Erziehungsstellen Profifamilien<br />

® ) ist b<strong>und</strong>esweit bekannt <strong>und</strong> in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> sehr umfangreich ausgebaut<br />

<strong>und</strong> heute in vielen B<strong>und</strong>esländern vertreten.<br />

Wie jedoch kann in einer Einrichtung wie der<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> neben einem<br />

Bindungskonzept in einer Familie doch ebenfalls<br />

ein Gruppenpädagogisches System entstehen?<br />

Konkurrieren diese Systeme nicht miteinander?<br />

Müssten nicht alle junge Menschen die Gelegenheit<br />

bekommen, in einer intakten Familie die notwendigen<br />

Werte <strong>und</strong> Normen zu erfahren, um so das eigene<br />

Wertesystem verändern zu können? Warum<br />

entstand in den letzten Jahren in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ein gruppenpädagogischer<br />

Ausgabe 80 42 KiM ®


Bereich mit jetzt ca. 100 Plätzen? Denn neben den<br />

Gruppen in Meppen sind mittlerweile auch gruppenpädagogische<br />

Systeme in Berlin, Templin <strong>und</strong> Seehausen<br />

entstanden <strong>und</strong> neuerdings öffnet eine<br />

Wohngruppe für junge Menschen mit einem Aufnahmealter<br />

von 8 bis 14 Jahren in Vollersode, ca. 40<br />

Kilometer nördlich von Bremen. Wie passen diese<br />

Gruppen in eine Einrichtung, die das Bindungskonzept<br />

als das „Non Plus Ultra“ betrachtet?<br />

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die<br />

Vergangenheit der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

(KJHB) hinweisen. Die KJHB ist vor über 37<br />

Jahren aus einem Kleinstheim entstanden. Aus der<br />

Erfahrung heraus, dass auch in einem kleinen Rahmen<br />

immer wieder <strong>Kinder</strong> nicht zu ihrem Recht finden<br />

können, weil auch dieser kleine Rahmen noch<br />

zu groß ist <strong>und</strong> somit zu unübersichtlich, entstand<br />

eine erste Profifamilie ® . Eine angestellte Erzieherin<br />

nahm ein Kind mit in die eigene Familie, um so dem<br />

Kind einen noch kleineren Rahmen zu geben. Das<br />

Kind konnte Zusammenhänge besser verstehen,<br />

musste sich nur auf wenige Personen einlassen <strong>und</strong><br />

konnte die Verhaltensweisen besser einschätzen.<br />

Somit war in der KJHB der Gedanke für das Ausbilden<br />

der Profifamilien ® entstanden. Junge Menschen<br />

sollten in den Familien die Möglichkeit erhalten, sich<br />

neue Verhaltensweisen anzueignen <strong>und</strong> die Werte<br />

der Profifamilien ® zu übernehmen. Die Bindung in<br />

der Profifamilie ® sollte über den natürlichen Rahmen<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong> hinausgehen <strong>und</strong> somit sollten die<br />

jungen Menschen auch nach der Zeit der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

das Bindungsangebot der Profifamilie ® behalten.<br />

Die vielen Anbahnungen mit <strong>Kinder</strong>n, die zwischen<br />

der Herkunftsfamilie <strong>und</strong> der Profifamilie ® erfolgten,<br />

zeigten sich oft als schwierig. <strong>Kinder</strong> waren zwischen<br />

den beiden Familien hin- <strong>und</strong> hergerissen <strong>und</strong><br />

wollten oder konnten sich nicht dazwischen entscheiden.<br />

Somit wurde der Gedanke einer Zwischenstelle<br />

geboren. Um das Jahr 2000 entstand<br />

auch in Meppen eine Clearingstelle, die hauptsächlich<br />

den Übergang von der Herkunftsfamilie zur Profifamilie<br />

® erleichtern sollte. Zusätzlich konnte in dieser<br />

Zeit eine Klärung des Ist-Standes erfolgen <strong>und</strong><br />

eine Perspektive für den weiteren Lebensweg ausgegeben<br />

werden. Die zunehmende Anzahl der psychisch<br />

erkrankten Eltern machte die Clearingstelle<br />

ziemlich schnell unverzichtbar.<br />

In den darauf folgenden Jahren konnte die Arbeitsweise<br />

der Clearingstelle weiter ausgebaut werden.<br />

Heute leistet die Clearingstelle eine pädagogische<br />

<strong>und</strong> psychologische Diagnostik <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der<br />

Kooperation mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum in<br />

Meppen auch eine medizinische <strong>und</strong> psychiatrische<br />

Abklärung.<br />

Doch auch in einigen Profifamilien ® mussten wir<br />

bemerken, dass es den jungen Menschen oft in<br />

einem gewissen Alter zu eng in der Familie wurde.<br />

Sie fühlten sich zunehmend bevorm<strong>und</strong>et („ge-<br />

stresst“) <strong>und</strong> verlangten ein anderes Setting. Um die<br />

Verbindung zur Profifamilie ® nicht abreißen zu lassen,<br />

entwickelten wir Jugendwohngruppen, um dem<br />

jungen Menschen einen Schutzraum zu geben, in<br />

dem er sich weiter entwickeln <strong>und</strong> so zu einer Eigenständigkeit<br />

kommen konnte. In diesem Zeitraum<br />

wollen die jungen Menschen ihre Wurzeln entdecken<br />

<strong>und</strong> sich mit den eigenen Eltern <strong>und</strong> der Vergangenheit<br />

auseinandersetzen. In einigen Fällen<br />

konnten wir erleben, dass sich die jungen Menschen<br />

wieder ihren leiblichen Eltern ganz zuwendeten. Oft<br />

war dieses Verhältnis <strong>und</strong> die Bindung so dünn <strong>und</strong><br />

brüchig, dass es schon nach kurzer Zeit wieder auseinander<br />

ging <strong>und</strong> die jungen Menschen dann allein<br />

auskommen mussten. Um die Bindung auch weiter<br />

mit den Profieltern aufrecht zu erhalten, mussten wir<br />

in der Elternarbeit beiden Systeme (Herkunftssystem<br />

<strong>und</strong> Profifamilie ® ) bearbeiten. Somit konnte der<br />

junge Mensch sich beiden Systemen zuwenden <strong>und</strong><br />

für sich entscheiden, wann er wie lange in der jeweiligen<br />

„Welt“ bleiben wollte. Heute sind unsere Jugendwohngruppen<br />

so konzipiert, dass sie den jungen<br />

Menschen kontinuierlich auf die Verselbständigung<br />

hinführen. Schon in den Wohngruppen gibt es<br />

ein praktiziertes System der Verselbständigung. Die<br />

jungen Menschen sollen hier in separaten Bereichen<br />

den „Ernstfall“ der Eigenständigkeit erproben. Hierzu<br />

bekommen sie ein monatliches Budget <strong>und</strong> müssen<br />

sich selbst versorgen <strong>und</strong> beköstigen. Der Übergang<br />

in die eigenen „vier Wände“ ist somit abgefedert <strong>und</strong><br />

schon im gewohnten Rahmen erprobt.<br />

Die tägliche Arbeit in der Clearingstelle zeigte uns<br />

immer mehr, dass die <strong>Kinder</strong> zwar vom Alter jünger<br />

wurden, jedoch ihre Traumatisierungen zunahmen,<br />

doch ihre Entwicklungspotentiale immer geringer<br />

wurden. Eine notwendige Vermittlung in eine Pflegefamilie<br />

oder Profifamilie ® konnte aufgr<strong>und</strong> der großen<br />

Entwicklungsdefizite nicht gemacht werden. Zu<br />

schwer waren die Traumatisierungen <strong>und</strong> Verletzungen,<br />

die sie in den ersten Lebensjahren davon<br />

getragen hatten. Aus dieser Situation (die Clearingphase<br />

ist nach drei Monaten beendet) entwickelten<br />

wir Gruppen mit besonderer Förderung für <strong>Kinder</strong>,<br />

die noch nicht in der Lage sind, eine Situation in<br />

einer engen Familie auszuhalten.<br />

In Meppen Borken entstand eine Intensivpädagogische<br />

Wohngruppe mit tiergestützter Pädagogik.<br />

Ganz bewusst suchten wir zu Beginn pädagogische<br />

Fachkräfte, die mit viel Elan <strong>und</strong> Begeisterung aber<br />

auch mit „Gummistiefeln <strong>und</strong> Blaumann“ zur Arbeit<br />

erschienen. Unsere aufgenommenen jungen Menschen<br />

konnte sich über die Tiere wieder Vertrauen<br />

zu Individuen aufbauen <strong>und</strong> somit sich langsam für<br />

die Gesellschaft rehabilitieren. Somit konnte hier<br />

eine Gruppe aufgebaut werden, in der die jungen<br />

Menschen Zeit haben sich zu entwickeln, um evtl.<br />

doch noch in eine Profifamilie ® zu wechseln. Aus<br />

diesen Erfahrungen sind eine weitere Therapeuti-<br />

Ausgabe 80 43 KiM ®


sche Wohngruppe <strong>und</strong> eine zweite Intensivpädagogische<br />

Wohngruppe entstanden.<br />

Als weitere interessante Wohngruppe eröffneten wir<br />

ein Kleinstheim. Hier konnten wir mit dem innewohnenden<br />

Ehepaar Lammers ein familienanaloges<br />

Konzept anbieten. Die jungen Menschen können in<br />

diesem Setting sowohl das familiäre Angebot als<br />

auch den Gruppenrahmen mit Erzieherschichtdienst<br />

nutzen. Für einige <strong>Kinder</strong> kommt dieses Angebot<br />

genau richtig. Das familiäre Angebot dauert nicht 24<br />

St<strong>und</strong>en, sondern wird immer wieder aufgelockert<br />

durch die dazukommenden Erzieher im Wechseldienst.<br />

Es kommt immer wieder vor, dass auch die Ausbildung<br />

ein schwieriges Unterfangen ist. Die <strong>Kinder</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> hat für diesen Bereich<br />

verschiedene Ausbildungsbereiche (HauswirtschafterIn,<br />

KochIn, Verwaltungsfachkraft, VerkäuferIn <strong>und</strong><br />

GärtnerIn im Landschafts- <strong>und</strong> Gartenbau) gegründet.<br />

Heute können die jungen Menschen in Meppen<br />

in diesen oben genannten fünf Bereichen ihre Ausbildung<br />

machen. Wenige junge Erwachsene schaffen<br />

jedoch auch dieses spezielle Angebot einer<br />

Ausbildung nicht. Hier zeigt sich dann, dass sie nicht<br />

ohne unsere Hilfe entlassen werden können <strong>und</strong><br />

auch nicht unbedingt wollen. Sie möchten weiterhin<br />

in ihrer Einrichtung bleiben. Somit müssen wir uns<br />

zurzeit mit dem Gedanken auseinandersetzen, was<br />

wir mit den jungen Volljährigen, die keine Ausbil-<br />

dung geschafft haben <strong>und</strong> nicht in der Lage sind<br />

alleine zu leben, weiterhin machen. Sie haben sich<br />

in den Jahren so an die Einrichtung geb<strong>und</strong>en, dass<br />

sie darauf vertrauen, dass wir ihnen Hilfe für das<br />

weitere Leben anbieten. In diesen Fällen müssen wir<br />

Verantwortung übernehmen <strong>und</strong> Möglichkeiten im<br />

Sinne des SGB XII suchen.<br />

Die Arbeit in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

über nun fast 35 Jahren hat gezeigt, dass wir neben<br />

den Profifamilien ® auch gruppenpädagogische Einrichtungen<br />

vorhalten müssen. Die gruppenpädagogischen<br />

Einrichtungen sind eine Ergänzung der Gesamtkonzeption<br />

geworden <strong>und</strong> nicht mehr wegzudenken.<br />

Es gibt einige junge Menschen, die noch<br />

nicht oder auch nie in einen familiären Rahmen passen<br />

<strong>und</strong> sich besser mit einem Gruppenrahmen zu<br />

Recht finden. Hier können sie selbst entscheiden,<br />

wie stark sie in Bindung mit den jeweiligen Personen<br />

der Einrichtung gehen. Es hat sich jedoch gezeigt,<br />

dass auch im Gruppendienst eine Kontinuität der<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen sich positiv auf die<br />

Entwicklung auswirkt. Die jungen<br />

Menschen, auch im Gruppenrahmen,<br />

binden sich an die Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> auch an die Einrichtung <strong>und</strong><br />

erleben ein „Heimatgefühl“.<br />

Dieter Robben<br />

stellvertr. Leitung<br />

Abteilungsleitung Konferenz Nord<br />

Diagnostik in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

Diagnostik in<br />

der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> wird<br />

immer wieder<br />

kritisch beäugt<br />

<strong>und</strong> hinterfragt.<br />

Kritiker fragen<br />

sich ob, es immer<br />

gut ist für<br />

jede Auffälligkeit<br />

eine Diagnose<br />

zu stellen.<br />

Was bedeutet<br />

es für das Kind<br />

oder den Jugendlichendiagnostiziert<br />

zu werden? Ist es gut, immer wieder zu<br />

schauen was nicht gut funktioniert <strong>und</strong> was gut funktioniert?<br />

Kann Diagnostik zu Stigmatisierungen führen?<br />

Wofür ist Diagnostik überhaupt gut? Dies alles<br />

sind sicherlich berechtigte <strong>und</strong> auch sinnvolle Fragen,<br />

die sich auch Fürsprecher der Diagnostik im-<br />

Das Clearinghaus in der KJHB<br />

mer wieder stellen sollten, denn ein kritisches Auge<br />

ist für die Diagnostik besonders wichtig, um eine<br />

gute Diagnostik erstellen zu können.<br />

Diagnostik gibt es in den unterschiedlichsten Bereichen,<br />

angefangen von der Diagnostik beim Arzt über<br />

ambulante oder stationäre Diagnostik im psychiatrischen<br />

Bereich oder aber die stationäre Diagnostik in<br />

der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>.<br />

Das Clearinghaus des <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>verb<strong>und</strong>es<br />

<strong>Backhaus</strong> bietet eine umfangreiche stationäre<br />

Diagnostik in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> an.<br />

Hierbei ist die Aufgabe, möglichst in einem Zeitraum<br />

von drei Monaten, eine erste beziehungsgestaltende<br />

Anlaufstelle zu bieten. Es wird eine umfangreiche<br />

Diagnostik <strong>und</strong> Entwicklung von individuell auf das<br />

jeweilige Kind zugeschnittene Lebensperspektive<br />

unter Berücksichtigung des Bindungskonzeptes<br />

erstellt. In Zusammenarbeit mit dem Zuständigen<br />

Jugendamt werden konkrete Fragestellungen formuliert,<br />

die es im Laufe des Prozesses gilt zu erarbeiten.<br />

Ausgabe 80 44 KiM ®


Die Clearingstelle gewährt <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

im Alter zwischen null <strong>und</strong> dreizehn Jahren, in<br />

Ausnahmefällen auch älteren Jugendlichen eine<br />

intensive sozialpädagogische Betreuung. Hierbei ist<br />

es vor allem für viele <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche wichtig<br />

einen Schutzraum zu bieten, der es ihnen erlaubt,<br />

zur Ruhe zu kommen <strong>und</strong> soweit es ihnen möglich<br />

ist, ihre bisherigen Lebensmuster überdenken zu<br />

können, bevor sie sich auf eine neue Lebensperspektive<br />

einlassen.<br />

Die Perspektiven können hierbei sehr unterschiedlich<br />

sein. Es gibt zum einen die Rückkehr in die Herkunftsfamilie,<br />

die Unterbringung in eine Pflegefamilie,<br />

die Unterbringung in eine Profifamilie ® oder Erziehungsstellen<br />

anderer Träger, die Unterbringung<br />

in eine unserer Gruppenpädagogischen Einrichtungen<br />

oder auch in andere Gruppen anderer Träger<br />

oder aber die Unterbringung in anderen betreuten<br />

Wohnformen.<br />

Zu Beginn einer jeden Diagnostik gilt es einen genauen<br />

Plan zu entwerfen, wie der Verlauf der Diagnostik<br />

aussehen kann <strong>und</strong> hierfür eine Zeitplan zu<br />

entwerfen. Es ist notwendig am Anfang darauf zu<br />

achten, welche Aufträge gestellt wurden <strong>und</strong> welche<br />

Hypothesen im Raum stehen um diese überprüfen<br />

zu können. Hierbei ist es unumgänglich zunächst zu<br />

schauen, ob Auffälligkeiten eines Kindes oder Jugendlichen<br />

wie bspw. Einnässen oder Einkoten physische<br />

Ursachen haben. Wir legen hierbei sehr hohen<br />

Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den bei<br />

uns ansässigen <strong>Kinder</strong>ärzten. Erst wenn physische<br />

Gründe auszuschließen sind, sollte geschaut werden,<br />

welche psychischen oder sogar psychiatrischen<br />

Ursachen vorliegen könnten.<br />

Um eine genaue Planung durchführen zu können, ist<br />

es wichtig, eine größtmögliche Transparenz für alle<br />

am Prozess beteiligten Personen zu gestalten. Hier-<br />

zu gehört unter anderem auch der Entwurf eines<br />

Genogramms in enger Zusammenarbeit mit den<br />

Herkunftseltern <strong>und</strong> die Erstellung eines erweiterten<br />

Beziehungsgenogramms, wodurch das familiäre<br />

Genogramm durch Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> das Helfersystem<br />

ergänzt wird, um zu schauen, wer, alles für den Prozess<br />

wichtig <strong>und</strong> am Prozess beteiligt ist. Allein hieraus<br />

ergibt sich die Notwendigkeit einer klaren Aufgabenverteilung<br />

des Helfersystems für den Clearingprozess.<br />

In der Arbeit mit den uns anvertrauten <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />

Jugendlichen legen wir während des gesamten<br />

Clearingprozesses großen Wert auf die Einbeziehung<br />

des gesamten Helfersystems <strong>und</strong> des Bezugssystems,<br />

hierzu gehören Eltern, Großeltern, Geschwister,<br />

Ärzte, Schule, <strong>Kinder</strong>garten, psychologischer<br />

Dienst, Betreuer, Fre<strong>und</strong>e, Hauswirtschaft,<br />

Hausmeister etc.. In den regelmäßig stattfindenden<br />

Teamsitzungen werden die Informationen zusammengetragen<br />

<strong>und</strong> gestellte Hypothesen überprüft,<br />

um möglichst genau herausarbeiten zu können, was<br />

das jeweilige Kind für eine möglichst positive Entwicklung<br />

benötigt.<br />

Durch das breit gefächerte Angebot des Clearinghauses<br />

ist es möglich, recht genaue Empfehlungen<br />

für eine denkbare Perspektive des Kindes geben zu<br />

können. Zu den Angeboten eines klassischen Clearingprozesses<br />

gehören:<br />

• Erstgespräche <strong>und</strong> gezielte Auftragsklärung mit<br />

dem Jugendamt<br />

• Beobachtung in strukturierten <strong>und</strong> unstrukturierten<br />

Situationen unter Einbindung des gesamten Personals<br />

mit unterschiedlichen Schwerpunkten<br />

• Exploration im Elternhaus<br />

• Anamnese mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens<br />

• Intensive Einzelgespräche mit dem Kind<br />

• Projektive Tests<br />

• Intelligenz- <strong>und</strong> Entwicklungstests<br />

• Intensive Einzelgespräche mit den Eltern<br />

• Zusammenarbeit <strong>und</strong> Reflexion mit dem bisherigen<br />

Umfeld, insbesondere des Helfersystems<br />

• Anfertigung eines Genogramms<br />

• Tägliche Dokumentation des Clearingprozesses<br />

• Empfehlung für die weitere Lebensplanung<br />

Darüber hinaus wird für jedes Kind individuell geschaut,<br />

welche Förderung es benötigt<br />

<strong>und</strong> welche Hilfen auch<br />

während des Clearingprozesses<br />

sinnvoll erscheinen. Hierbei greifen<br />

wir gerne auf die Angebote<br />

der Einrichtung wie z.B. Tanzen,<br />

Reiten, Sport, Werken, Angeln<br />

etc. zurück, um darüber noch mal<br />

einen intensiven Beziehungsaufbau<br />

gestalten <strong>und</strong> Ressourcen<br />

fördern zu können.<br />

Zu den Indikationen für einen Clearingprozess gehören<br />

unter anderem der Verdacht auf:<br />

• Störung <strong>und</strong> Probleme im Bezugs- <strong>und</strong> Familiensystem<br />

• Sozialisationsdefizite, Rückzug aus sozialen Kontakten<br />

• Psycho-soziale Störungen<br />

• Emotionale Störungen<br />

• Entwicklungs- <strong>und</strong> Lernstörungen unterschiedlicher<br />

Genese<br />

Ausgabe 80 45 KiM ®


• Intellektuelle Minderbegabung <strong>und</strong> Lernbehinderung<br />

• Psychiatrische Störungen<br />

• Missbrauch<br />

• Misshandlungen<br />

Im Clearinghaus legen wir großen Wert darauf, dass<br />

auch die äußeren Bedingungen für den Prozess optimal<br />

sind. Somit sind das Clearinghaus <strong>und</strong> das Außengelände<br />

strukturell, materiell <strong>und</strong> organisatorisch<br />

optimal <strong>und</strong> kindgerecht ausgestattet. Die Räume<br />

sind alle großzügig <strong>und</strong> hell gestaltet. Neben den<br />

Wohnräumen <strong>und</strong> den Schlafzimmern stellen wir<br />

Spiel-, Freizeit-, Kreativ- <strong>und</strong> Werkräume zur Verfügung.<br />

Die <strong>Kinder</strong> leben in großzügigen Einzel- oder<br />

Doppelzimmern mit zum Teil angrenzendem Bad.<br />

Das Außengelände erstreckt sich über ca. 1,5 ha.<br />

Hier gibt es genügend Platz, um sich körperlich auszulassen.<br />

Es bietet die Möglichkeit zum Fußballspielen,<br />

Mooncarfahren, Schaukeln, Basketball, Tennis,<br />

Volleyball etc. <strong>und</strong> auch Pferde <strong>und</strong> Hühner haben<br />

hier einen Platz gef<strong>und</strong>en.<br />

Zum Ende des Clearingprozesses wird ein umfassender<br />

Bericht verfasst <strong>und</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Dieser Bericht wird mit allen Beteiligten besprochen<br />

<strong>und</strong> dient als Gr<strong>und</strong>lage für die weitere Hilfeplanung.<br />

Hierbei sollte allerdings immer beachtet werden,<br />

dass sich der Bedarf der Beteiligten im Laufe der<br />

Zeit immer wieder verändern kann, was eine regelmäßige<br />

Überprüfung der Diagnostik im weiteren<br />

Prozess unumgänglich macht.<br />

Der Prozess der Anbahnung in die neu geplante <strong>und</strong><br />

erarbeitete Lebensperspektive gehört ebenfalls mit<br />

zu den Aufgaben des Clearinghauses. Hierbei ist es<br />

sehr wichtig, immer alle Beteiligten <strong>und</strong> vor allem<br />

das Kind im Auge zu behalten, um niemanden zu<br />

überfordern. Das Muster dieser sogenannten Anbahnungverläuft<br />

sehr<br />

strukturiert <strong>und</strong><br />

in der Regel in<br />

drei Phasen,<br />

wobei auch<br />

hier immer<br />

wieder individuell<br />

auf die<br />

Bedürfnisse<br />

des Kindes<br />

geachtet <strong>und</strong><br />

nicht starr<br />

agiert wird.<br />

Somit ist der<br />

Prozess einer Diagnostik in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

zwar häufig eine noch weitere Station der<br />

<strong>Kinder</strong>, die häufig schon viele Stationen durchlaufen<br />

haben, jedoch in der Regel sehr sinnvoll <strong>und</strong> gewinnbringend<br />

für die <strong>Kinder</strong>. Diagnostik in diesem<br />

Sinne soll nicht einer Stigmatisierung der <strong>Kinder</strong><br />

dienen, sondern eine geeignete auf jedes Kind individuell<br />

zugeschnittene Lebensperspektive<br />

erarbeiten <strong>und</strong> somit eine<br />

geeignete Hilfe für eine positive<br />

Entwicklung des Kindes ermöglichen.<br />

Eva-Maria Keeve<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Professionelle Distanz <strong>und</strong> persönliche Nähe in der Clearingstelle<br />

Die Tätigkeit in der Clearingstelle wird geprägt durch<br />

<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche aus verschiedenen Altersstufen.<br />

Nach einer relativ kurzen Zeit (drei bis sechs<br />

Monate) wird eine klare Diagnostik <strong>und</strong> Perspektive<br />

für das jeweilige Kind erstellt. Nachdem der Clearingprozess<br />

abgeschlossen ist, wird die Empfehlung<br />

ausgesprochen <strong>und</strong> nach einer geeigneten Unterbringung<br />

für das Kind gesucht. Eine Anbahnung<br />

kann stattfinden <strong>und</strong> der Auszug wird geplant.<br />

Dementsprechend werden im Clearinghaus immer<br />

wieder <strong>Kinder</strong> verabschiedet <strong>und</strong> neu aufgenommen.<br />

Dieser Aspekt erfordert von den Mitarbeitern im<br />

Clearinghaus einen angemessenen Umgang mit<br />

Nähe <strong>und</strong> Distanz zu den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />

„Die Fähigkeit, pädagogisch professionelle Distanz<br />

<strong>und</strong> pädagogisch persönliche Nähe miteinander<br />

verbinden zu können.“ (vgl. Thiersch, 1993)<br />

Die Thematik des professionellen Umgangs wird<br />

innerhalb verschiedener Studiengänge von vielen<br />

verschiedenen Theoretikern bearbeitet <strong>und</strong> durchleuchtet.<br />

Was bedeutet der Umgang mit Nähe <strong>und</strong> Distanz in<br />

der praktischen Arbeit <strong>und</strong> konkret für die Clearingstelle?<br />

In erster Linie kommen die <strong>Kinder</strong> in die Clearingstelle<br />

<strong>und</strong> finden zunächst Ruhe, Schutz <strong>und</strong> erlangen<br />

damit Sicherheit. Für das pädagogische Handeln<br />

ist ein Beziehungsaufbau von unabdingbarer<br />

Bedeutung. So wird vor der Aufnahme eines Kindes<br />

eine BezugserzieherIn festgelegt, welche am Aufnahmetag<br />

möglichst im Dienst eingeteilt ist. Sie<br />

räumt mit dem Kind die Taschen aus, die beiden<br />

kommen in Kontakt <strong>und</strong> dabei wird erkannt, welche<br />

Kleidungsstücke etc. für das Kind besorgt werden<br />

müssen. Der/die BezugserzieherIn ist für den Überblick<br />

über die Arzttermine verantwortlich <strong>und</strong> begleitet<br />

diese nach Möglichkeit. Die pädagogische Fachkraft<br />

stellt eine erste Bezugsperson dar.<br />

Ausgabe 80 46 KiM ®


Nicht nur der Bezugserzieher steht im intensiven<br />

Kontakt mit den <strong>Kinder</strong>n. Durch den wechselnden<br />

Schichtdienst sind die Mitarbeiter in der Interaktion<br />

mit den <strong>Kinder</strong>n. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist ein intensiver<br />

Austausch zwischen den Kollegen sehr wichtig.<br />

Im Zusammenhang des Beziehungsaufbaus wird<br />

den <strong>Kinder</strong>n immer wieder deutlich gemacht, was<br />

die Zeit im Clearinghaus bedeutet. Schon vor der<br />

Aufnahme wird den <strong>Kinder</strong>n erklärt, dass es sich bei<br />

dem Aufenthalt im Clearinghaus um eine absehbare<br />

Zeit handelt. Wichtig ist, dass die <strong>Kinder</strong> dies vor<br />

Augen haben. So fällt es ihnen leichter, sich nicht<br />

fest an die Clearingstelle zu binden.<br />

Des Weiteren gelten in der Clearingstelle feste<br />

Strukturen <strong>und</strong> Regeln, die durch konsequentes<br />

Verhalten eingehalten werden. Sie geben den <strong>Kinder</strong>n<br />

einen geschützten Rahmen <strong>und</strong> damit Sicherheit,<br />

die sie so dringend für ihre positive Entwicklung<br />

benötigen.<br />

Im Gegensatz zu den festen Wohngruppen werden<br />

im Clearinghaus keine großen Ausflüge, Urlaube<br />

oder Ferienfreizeiten veranstaltet. Auf diese Dinge<br />

freuen sich die <strong>Kinder</strong> unter anderem, wenn sie in<br />

eine feste Lebensform wechseln. Von dort aus können<br />

auch feste Hobbies ausgeführt werden.<br />

Des Weiteren sind die Räumlichkeiten der <strong>Kinder</strong><br />

von der Clearingstelle eingerichtet <strong>und</strong> werden nicht<br />

von den <strong>Kinder</strong>n individuell gestaltet. Durch die Ein<strong>und</strong><br />

Auszüge werden im Clearinghaus auch öfter die<br />

Zimmer getauscht. Dies ist ein weiterer großer Unterschied<br />

zu den festen Wohngruppen.<br />

Durch einen fortlaufenden Austausch der Kollegen<br />

werden Handlungsweisen immer wieder reflektiert.<br />

Während der Teamsitzungen, Supervisionen oder in<br />

der Übergabe beim Schichtwechsel werden Empfindungen<br />

<strong>und</strong> Beobachtungen ausgetauscht. Dieser<br />

Austausch erweitert immer wieder den eigenen<br />

Blickwinkel <strong>und</strong> erleichtert somit<br />

auch den professionellen <strong>und</strong> angemessenen<br />

Umgang mit Nähe<br />

<strong>und</strong> Distanz zu den <strong>Kinder</strong>n in der<br />

Clearingstelle.<br />

Christin Rensmann<br />

Hausleitung Clearingstelle<br />

GfS Emsland<br />

Quellen<br />

Thiersch, Hans (1993) Strukturierte Offenheit, Zur<br />

Methodenfrage einer lebensweltorientierten Sozialen<br />

Arbeit, In Rauschenbach, Thomas/Ortmann, Freidrich/Karsten,<br />

Maria E. (Hrsg.) Der sozialpädagogische<br />

Blick, Lebensweltorientierte Methoden in der<br />

Sozialen Arbeit, Weinheim/München, S. 11-28<br />

Die Intensiv Pädagogische Wohngruppe Borken<br />

In Borken, einem schönen Dorf in der Nähe von<br />

Meppen befindet sich ein Hof mit viel Platz für <strong>Kinder</strong>,<br />

Tiere <strong>und</strong> Erwachsene. Genauer gesagt : Mit<br />

viel Platz für acht <strong>Kinder</strong> bzw. Jugendliche im Alter<br />

von elf bis vierzehn Jahren, einer Hausleitung, fünf<br />

Erzieher/-innen, einer Hauswirtschaftskraft <strong>und</strong> einem<br />

Hausmeister. Neben diesen ganzen Menschen<br />

hat der Hof sogar noch viel Platz für drei Katzen, zig<br />

Kaninchen, Enten, Hühner, Schafe, Schweine, Hängebauchschweine,<br />

Gänse <strong>und</strong> einem tollen Pferd<br />

mit Namen „Nikki“. Es gibt hier noch sehr viel Möglichkeiten<br />

zum Herumtoben, Trampolinspringen,<br />

Volleyballspielen, Inliner fahren oder Fußballspielen.<br />

Da wir Erzieher/-innen alle sehr sportlich sind, gibt<br />

es auch oft genug die Möglichkeit dazu.<br />

Unsere Tiere wollen natürlich auch gefüttert, gestreichelt<br />

<strong>und</strong> gemistet werden. Das ist neben den Schulaufgaben<br />

<strong>und</strong> diversen anderen Terminen fest in<br />

unseren Tagesablauf integriert. In der Woche geht es<br />

jeden Mittag für alle <strong>Kinder</strong> raus zum Füttern <strong>und</strong><br />

Streicheln der liebgewonnenen Vier- bzw. Zweibeiner.<br />

Meistens freuen sich auch alle <strong>Kinder</strong> darauf. Spätestens<br />

wenn es um die Streicheleinheiten geht, haben<br />

auch eventuelle Nörgler ihre Freude an den Tieren<br />

wiederentdeckt. Wenn sich dann sogar ein wildes<br />

Huhn streicheln lässt, oder wir Nachwuchs bei den<br />

Kaninchen entdecken, kann der mittägliche Gang<br />

zum Highlight des Tages werden. Hier bei den Tieren<br />

können unsere <strong>Kinder</strong> (<strong>und</strong> auch wir Erwachsenen)<br />

die Seele baumeln lassen <strong>und</strong> sich vom Schul-/ bzw.<br />

Alltagsstress eine kleine Auszeit nehmen.<br />

Am Wochenende haben wir dann die Möglichkeit,<br />

uns auch länger Zeit für die Tiere zu nehmen. Dann<br />

ist es möglich, länger in den Ställen zu bleiben, oder<br />

unser Pferd auf einen kleinen Ritt durch das Dorf<br />

vorzubereiten. Es ist schon ein schönes Bild, das<br />

Pferd mitsamt Reiter-/in in Begleitung von sieben<br />

fahrradfahrenden <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> einem Erzieher durch<br />

Borken wandern zu sehen. Danach sind oft viele<br />

Probleme wieder vergessen.<br />

Durch die enge Beziehung zu den Tieren, merken<br />

wir unseren <strong>Kinder</strong>n an, dass sie für diese Verantwortung<br />

übernehmen. So kann es passieren, dass<br />

<strong>Kinder</strong> die Pflege der Tiere eines kranken Kindes<br />

übernehmen <strong>und</strong> diese versorgen. Jedes Kind hat<br />

seine speziellen Tiere, um die es sich kümmern<br />

muss. Der Umgang mit den Tieren bietet also für<br />

uns alle viel Positives, aber es gilt sich auch mit<br />

traurigen Dingen auseinanderzusetzen, wie zu Beispiel<br />

Krankheit oder sogar Tod.<br />

Ausgabe 80 47 KiM ®


Wir merken in der von uns angewandten tiergestützten<br />

Pädagogik immer wieder, welch großen Einfluss<br />

Tiere auf uns Menschen haben. Wie schön es für<br />

uns zu beobachten ist, wenn unser stures altes<br />

Pferd ein Lächeln auf die Gesichter der <strong>Kinder</strong> zaubert.<br />

Wie fröhlich unsere großen, coolen Jungs werden,<br />

wenn eine unserer Katzen sie zum Schmusen<br />

einlädt. Wie begeistert eins unserer Mädchen ist,<br />

Am 31.03.2011 haben wir den ersten Nachwuchs<br />

von unserem Schaf Paula bekommen. Dann, zwei<br />

Tage später, sind fünf weitere Lämmchen geboren<br />

worden. Leider hat ein Mutterschaf zwei von ihren<br />

drei Lämmern abgestoßen, sodass wir uns um diese<br />

kümmern müssen.<br />

wenn sich eins der Hängebauchschweine von ihr<br />

streicheln lässt <strong>und</strong> wie aufgebracht alle <strong>Kinder</strong> sind,<br />

wenn sich die Enten mal weniger sozial zeigen <strong>und</strong><br />

sich gegenseitig beißen. Zwischendurch kommt<br />

H<strong>und</strong> Cleo noch zu Besuch. Sie ist eine 60 kg.<br />

schwere Leonberger Hündin, die mittlerweile von<br />

allen <strong>Kinder</strong>n begeistert empfangen wird. Cleo zuliebe<br />

kann man dann auch mal längere Zeit ganz<br />

ruhig sein, da H<strong>und</strong>e ja ein sehr feines Gehör haben.<br />

Sie wird auch gerne als Schmusekissen genutzt<br />

oder sogar zu Therapiezwecken (Sie kann<br />

w<strong>und</strong>erbar zuhören <strong>und</strong> erzählt mit Sicherheit nichts<br />

weiter!). Wer großen Bewegungsdrang verspürt,<br />

wird sicher von ihr begleitet <strong>und</strong> manchmal zeigt sie<br />

auch ihre verborgene Seite als Zirkush<strong>und</strong> <strong>und</strong> übt<br />

fleißig Kunststücke ein.<br />

Das waren jetzt nur kleine Einblicke in diese oft anstrengende<br />

doch so schöne <strong>und</strong> vielseitige Arbeit<br />

auf unserem Hof in Borken.<br />

Das Team der IPW-Borken<br />

GfS Emsland<br />

Nachwuchs in der IPW Borken<br />

Das bedeutet, dass wir alle zwei St<strong>und</strong>en zu den<br />

Lämmchen gehen, um sie zu füttern. Eines der<br />

Lämmchen ist total verrückt <strong>und</strong> insgesamt sind alle<br />

Lämmchen sehr zahm. In der Gruppe überlegen wir<br />

nun gemeinsam Namen für die Lämmchen.<br />

Geschrieben von einem Kind der IPW<br />

Einblicke in die Arbeit <strong>und</strong> das Leben im Kleinstheim <strong>Backhaus</strong><br />

Seit Dezember 2006 leben mein Mann <strong>und</strong> ich, mit<br />

den uns anvertrauten <strong>Kinder</strong>n, im Kleinstheim <strong>Backhaus</strong>.<br />

Im Sommer 2009 sind wir in ein großzügiges<br />

<strong>und</strong> frisch renoviertes Einfamilienhaus in die Meppener<br />

Kleinstadtidylle gezogen. Hier leben wir mit<br />

acht <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen zusammen.<br />

In unserem Kleinstheirn arbeiten wir nach einem<br />

ganzheitlichen Ansatz. Im Kleinstheim können <strong>Kinder</strong><br />

aufgenommen werden, die auf Gr<strong>und</strong> belastender<br />

Familiensituationen professionelle Hilfe benötigen.<br />

Für die Bindungserfahrungen dieser jungen<br />

Menschen wäre ein familiärer Rahmen, wie in einer<br />

Profifamilie ® , zu eng <strong>und</strong> das Bindungsangebot einer<br />

regulären Heimgruppe zu weit. Kennzeichnend für<br />

diese Hilfe ist die kontinuierliche Präsenz des Hausleiterehepaars.<br />

Mit diesem Konzept ist es den <strong>Kinder</strong>n<br />

bzw. Jugendlichen möglich, ihr Nähe- Distanzverhältnis<br />

zu ihren Bindungspersonen individuell <strong>und</strong><br />

selbstbestimmt zu gestalten. Im Rahmen unserer<br />

Arbeit bin ich als Hausleiterin für die familiäre Versorgung<br />

zuständig. Somit bin ich z. B. die „Bezugs-<br />

erzieherin" der gesamten Gruppe. Wichtig in diesem<br />

Bezugssystem ist jedoch auch mein Mann, da er mit<br />

uns gemeinsam im Haus lebt <strong>und</strong> somit ein wichtiger<br />

Ansprechpartner ist. Er ist die bedeutende männliche<br />

Bezugsperson in der Gruppe. Weitere Angebote<br />

<strong>und</strong> Aufgaben werden gemeinsam mit den pädagogischen<br />

Fachkräften erarbeitet <strong>und</strong> ausgeführt.<br />

Durch das Zusammenleben mit dem Hausleiterehepaar<br />

können die jungen Menschen einen verlässlich<br />

familiären Rahmen kennen lernen <strong>und</strong> sich so in<br />

kleinen Schritten auf ein eigenständiges Leben vorbereiten.<br />

Unser Auftrag ist es, den uns anvertrauten<br />

<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen, ein adäquates, stabiles,<br />

verlässliches <strong>und</strong> zukunftsträchtiges Zuhause zu<br />

geben. Insbesondere „Heimkinder" sind auf der Suche<br />

nach tragfähigen Beziehungen. Diese versuchen<br />

wir ihnen an zu bieten. Durch diese Hilfeform,<br />

gem. §§ 27/34, 35a <strong>und</strong> 42 SGB VIII, bekommen die<br />

jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Vergangenheit<br />

aufzuarbeiten <strong>und</strong> sich mit dieser auszusöhnen.<br />

Ausgabe 80 48 KiM ®


Hierzu sind uns eine auf Dauer angelegte Begleitung,<br />

sowie der Kontakt zu den leiblichen Eltern wichtig.<br />

Die Kontakte <strong>und</strong> Begegnungen mit den Herkunftsfamilien<br />

werden in einem geschützten Rahmen individuell<br />

gestaltet <strong>und</strong> begleitet. Das Kleinstheim bietet<br />

den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen eine auf längere Zeit<br />

angelegte Lebensform <strong>und</strong> bereitet sie auf ein selbständiges<br />

Leben vor. Der familienähnliche Charakter,<br />

wie er von der Umwelt wahrgenommen wird, beugt<br />

Stigmatisierungen vor <strong>und</strong> fördert so die Integration<br />

der jungen Menschen. Durch die aktive Teilnahme<br />

am Gemeinde- <strong>und</strong> Vereinswesen wird die Integration<br />

der jungen Menschen weiter unterstützt. Wir nutzen<br />

die ländliche Infrastruktur <strong>und</strong> bieten unter anderem<br />

Freizeit- <strong>und</strong> Erlebnispädagogik wie Kanufahren,<br />

Floßwandern, lange Radtouren, Angeln, Inlineskating<br />

<strong>und</strong> Schwimmen an, sowie Zoobesuche <strong>und</strong> die<br />

Betreuung der hauseigenen Tiere.<br />

Da wir, wie schon zuvor beschrieben, ein familienanaloge<br />

Wohngruppe sind, gestaltet sich das Leben<br />

bei uns wie in einer Großfamilie. Der Tagesablauf<br />

zeigt sich zwar sehr strukturiert <strong>und</strong> mit klaren Regeln,<br />

kann aber auch flexibel stattfinden. Die <strong>Kinder</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendlichen besuchen die Schulen vor Ort <strong>und</strong><br />

bilden dort Fre<strong>und</strong>schaften. Diese Fre<strong>und</strong>e kommen<br />

auch zu uns ins Kleinstheim <strong>und</strong> beobachten oft mit<br />

Freude, was alles gemacht werden kann <strong>und</strong> wie es<br />

hier abläuft. Erstaunlich ist, dass viele es toll finden<br />

mit so vielen<br />

<strong>Kinder</strong>n zusammen<br />

zu leben.<br />

„Es ist dann immer<br />

einer zum<br />

Spielen da."<br />

Ein weiterer<br />

wichtiger Punkt<br />

ist das Vereinsleben.<br />

Somit<br />

legen wir sehr viel Wert darauf, dass die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />

Jugendlichen Hobbys haben, die nicht nur innerhalb<br />

der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> stattfinden.<br />

Einige spielen in einer Fußballmannschaft, besuchen<br />

den <strong>Kinder</strong>chor in der Kirchengemeinde oder<br />

gehen zum Handball. Aber auch die Angebote der<br />

Einrichtung sind für die uns anvertrauten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />

Jugendlichen wichtig <strong>und</strong> interessant. Tiere gehören<br />

zu einem bedeutendenBestandteil<br />

der<br />

Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen.<br />

In<br />

kleinen Gruppen<br />

werden sie z.B.<br />

an das Pferd<br />

herangeführt<br />

<strong>und</strong> lernen Vertrauen auf zu bauen <strong>und</strong> stärken ihr<br />

Selbstbewusstsein.<br />

In diesem Zusammenhang<br />

lässt sich auch<br />

der Bezug zu<br />

den Haustieren<br />

beschreiben.<br />

Manche unserer<br />

<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendlichenhaben<br />

ein eigenes<br />

Haustier, für das sie die entsprechende Verantwortung<br />

übernehmen. Sie gehen jeden Tag zu ihrem<br />

Tier <strong>und</strong> versorgen es mit Futter <strong>und</strong> Zuwendung.<br />

Die <strong>Kinder</strong> erfahren, dass sie Verantwortung für<br />

Leben tragen <strong>und</strong> in ihrem Tier einen positiven<br />

„Partner" (Seelentröster) sehen können.<br />

Wie auch in „normalen" Familien fahren wir in den<br />

Sommerferien in den Urlaub. Dieser sieht zwar etwas<br />

anders aus, macht aber genauso viel, wenn<br />

nicht sogar mehr, Spaß. Wir fahren z.B. mit Zelten<br />

an die Nordsee oder machen Urlaub in einer Ferienhütte<br />

mitten im Wald. Spannend ist immer wieder zu<br />

beobachten, dass wir durch die Vielzahl der Personen<br />

auffallen <strong>und</strong> dadurch oft gute <strong>und</strong> informative<br />

Gespräche führen dürfen. Das Interesse ist häufig<br />

groß, um zu erfahren, wie man sich das Leben im<br />

Kleinstheim vorstellen kann. Hier zeigt sich immer<br />

wieder, dass die uns anvertrauten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

das beste Beispiel für ein tolles <strong>und</strong><br />

„normales" Leben im Kleinstheim darstellen. Ausflüge<br />

werden meistens mit allen Erziehern unternommen.<br />

Ebenso ist es mit den Ausflügen in den Zoo<br />

oder Freizeitpark.<br />

Damit sich alle<br />

im Kleinstheim<br />

wohl fühlen können,<br />

ist nicht nur<br />

die gute Betreuung<br />

<strong>und</strong> pädagogische<br />

Arbeit<br />

mit den <strong>Kinder</strong>n<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen<br />

wichtig.<br />

Wir haben festgestellt,<br />

dass<br />

die Nachbarschaft<br />

ebenso<br />

eine sehr gewichtige<br />

Rolle<br />

spielt. In dem<br />

neuen Umfeld in Meppen erleben wir eine tolle<br />

Nachbarschaft, in der wir so akzeptiert werden wie<br />

wir sind. Alle werden mit ihren Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />

anerkannt. Damit es möglich war uns kennen<br />

zu lernen, luden wir im Herbst 2009 die Nachbarn zu<br />

einem Herbstfest, auf unserem Hof, ein. Die <strong>Kinder</strong><br />

Ausgabe 80 49 KiM ®


<strong>und</strong> Jugendlichen präsentierten einen Talentwettbewerb<br />

<strong>und</strong> begeisterten die Gäste. Alle sahen sich<br />

das Haus an <strong>und</strong> stellten, bei Kaffee <strong>und</strong> Kuchen,<br />

viele Fragen, um uns richtig kennen zu lernen. Wir<br />

freuen uns schon auf das nächste Treffen mit den<br />

Nachbarn.<br />

Im Vorfeld erklärte ich schon, dass die Zusammenarbeit<br />

mit der Herkunftsfamilie für die uns anvertrauten<br />

<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen, mit ein Hauptbestandteil<br />

unserer Arbeit ist. Es ist schwer für die <strong>Kinder</strong>,<br />

sich auf ihren derzeitigen Lebensmittelpunkt voll<br />

einzulassen, wenn sie nicht von ihren Eltern das<br />

„OK“ dafür erhalten. So ist es unser Anliegen, den<br />

Herkunftsfamilien deutlich zu machen, dass wir<br />

ihnen nicht die <strong>Kinder</strong> „wegnehmen" wollen, sondern<br />

Wer sind wir: Almut Lübken <strong>und</strong> Daniela Hölscher,<br />

Erzieher in der Verselbständigung<br />

Wer gehört zu uns: Jugendliche ab 17 Jahren, die<br />

motiviert sind allein in einer Wohnung in Meppen<br />

<strong>und</strong> Umgebung, oder in Zweier WGs ins selbständige<br />

Leben starten wollen.<br />

Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen:<br />

Einer geregelten Tätigkeit nachgehen wie Ausbildung,<br />

Praktikum oder Schule. Den Willen mit uns<br />

zusammen zu arbeiten.<br />

Was machen wir: Der Schwerpunkt liegt in der Hilfe<br />

zur Selbsthilfe. Die Verselbständigung begleitet junge<br />

Menschen auf ihren Weg in die Selbständigkeit<br />

mit dem Ziel Aufgaben nach <strong>und</strong> nach selber zu<br />

übernehmen. Wir unterstützen bei Anträgen, Behördengänge,<br />

Einkäufe, Schuldenbewältigung <strong>und</strong> vielen<br />

alltäglichen Dingen. Wir nehmen Kontakt zu den<br />

Schulen <strong>und</strong> Ausbildungsplätzen auf, helfen bei der<br />

Bewältigung von Problemen <strong>und</strong> unterstützen bei<br />

Prüfungsvorbereitungen.<br />

Natürlich soll der Spaß auch nicht zu kurz kommen,<br />

Aktivitäten wie Bowlen, kochen oder Weihnachtsfei-<br />

Verselbstständigung<br />

Hilfe zur Selbsthilfe<br />

sie in dem momentanen Lebensabschnitt unterstützen<br />

<strong>und</strong> begleiten. Die Elternarbeit beinhaltet regelmäßige<br />

Kontakte, in Form von Telefonaten <strong>und</strong> Besuchskontakten.<br />

Die Besuchskontakte finden in einem<br />

geschützten Rahmen im Pädagogischen Zentrum<br />

in Bokeloh statt. Hier werden Eltern <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong><br />

begleitet <strong>und</strong> haben die Möglichkeit Informationen<br />

aus zu tauschen. Ein wichtiger Bestandteil unserer<br />

Arbeit mit den Eltern ist die so genannte „Elternzeit"<br />

während der Besuchskontakte. Hier haben die Eltern,<br />

wie auch wir, die Möglichkeit, ohne das Kind<br />

oder Jugendlichen Dinge zu besprechen, die von<br />

Wichtigkeit sind. Diese ist eine gute Gelegenheit das<br />

Vertrauen zu den Eltern auf zu bauen. Die <strong>Kinder</strong><br />

spüren sehr schnell ob es ein gutes <strong>und</strong> akzeptiertes<br />

Vertrauen ist zwischen den Erwachsenen <strong>und</strong> zeigen<br />

dementsprechend auch das Verhalten in den<br />

Kontakten.<br />

Es gibt immer wieder spannende <strong>und</strong> auch aufreibende<br />

Prozesse in unserer Arbeit, die es aber auch<br />

immer wieder spannend <strong>und</strong> herausfordernd machen.<br />

Ich denke es ist gerade das,<br />

was wir an unserer Arbeit mögen.<br />

Training zur Selbständigkeit<br />

Marion Lammers<br />

Hausleitung Kleinstheim <strong>Backhaus</strong><br />

GfS Emsland<br />

ern gehören genau so dazu.<br />

Wenn ihr Interesse habt? Meldet euch direkt bei<br />

uns oder über eure Betreuer, Profifamilien ® oder<br />

Erziehungsleiter.<br />

Wir freuen uns.<br />

Almut Lübken <strong>und</strong> Daniela Hölscher<br />

Verselbstständigung<br />

GfS Emsland<br />

Durch das Training zur Selbständigkeit werden<br />

Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene nach § 41<br />

SBG VIII betreut, die auch nach dem Auszug aus<br />

einer betreuten Wohnform noch vorübergehend<br />

Unterstützung bedürfen. Die meisten von ihnen<br />

sind zuvor aus den Jugendwohngruppen ausgezogen,<br />

dessen Konzepte bereits auf die Selbständigkeit<br />

abzielen.<br />

Ausgabe 80 50 KiM ®


Die Verselbständigung begleitet junge Menschen<br />

auf ihrem Weg in die Selbständigkeit.<br />

Hier wird das fortgeführt, was in den Profifamilien ®<br />

<strong>und</strong> / oder in den gruppenpädagogischen Einrichtungen<br />

begonnen wurde.<br />

Mitarbeit <strong>und</strong> Motivation des Jugendlichen vorausgesetzt,<br />

werden Zimmer in Wohngemeinschaften,<br />

mit gemeinsamer Küche <strong>und</strong> Bad angeboten. Auch<br />

eigene Wohnungen sind möglich. Es soll eine regelmäßige<br />

Tätigkeit, wie Schule, Ausbildung oder<br />

Praktikum ausgeübt werden.<br />

Begleitet <strong>und</strong> betreut werden die jungen Menschen<br />

in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens, im<br />

Rahmen von Fachleistungsst<strong>und</strong>en, die vorher im<br />

Hilfeplangespräch individuell festgelegt werden.<br />

So wird gemeinsam eingekauft, nachdem der Bedarf<br />

festgestellt wurde.<br />

Die Ordnung <strong>und</strong> Sauberkeit der Zimmer <strong>und</strong> Wohnungen<br />

wird kontrolliert <strong>und</strong> evtl. auch gemeinsam<br />

wieder hergestellt.<br />

Überweisungen, Verträge, Anträge, Rechnungen,<br />

Bescheide <strong>und</strong> Berichte werden erklärt <strong>und</strong> gemeinsam<br />

bearbeitet.<br />

Aber auch gemeinsame Unternehmungen, wie zusammen<br />

kochen etc. fehlen nicht.<br />

Arztbesuche <strong>und</strong> Medikamenteneinnahme werden<br />

kontrolliert <strong>und</strong> begleitet.<br />

Wichtig ist die Zusammenarbeit mit Schulen <strong>und</strong><br />

Betrieben, um bei Schwierigkeiten präsent zu sein.<br />

Um Bindungen aufrecht zu erhalten, sind Kontakte<br />

zur Profifamilie ® <strong>und</strong> /oder Herkunftsfamilie wichtig.<br />

Diese werden individuell unterstützt <strong>und</strong> begleitet.<br />

All das setzt eine enge, von Offenheit <strong>und</strong> Vertrauen<br />

geprägte Zusammenarbeit voraus, was den Jugendlichen<br />

manchmal schwer fällt, aber hilft um möglichen<br />

Schaden zu verhindern, oder möglichst klein<br />

zu halten, wenn z.B. die Handyrechnung etwas zu<br />

hoch ausgefallen ist.<br />

Ein Weg wird fortgeführt<br />

Die Verselbständigung<br />

Der Schwerpunkt liegt in der Hilfe zur Selbsthilfe.<br />

Wir wollen die Jugendlichen anleiten nach <strong>und</strong> nach<br />

die Aufgaben selber zu übernehmen.<br />

Oft ist der Schritt in die Verselbständigung mit dem<br />

Schritt in den Beruf verb<strong>und</strong>en. Hier bietet die KJHB<br />

die Möglichkeit der Ausbildungen im geschützten<br />

Rahmen der Einrichtung, die noch besonders gefördert<br />

werden. Angeboten werden:<br />

- Hauswirtschafter/in<br />

- Koch/ Köchin<br />

- Garten- , Landschaftsbauer/in<br />

- Bürokauffrau / -mann<br />

- Einzelhandelskauffrau / -mann<br />

Dieses Angebot bietet gute Perspektiven für die<br />

Zukunft der jungen Menschen, die die Möglichkeit<br />

haben mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung<br />

in ein eigenständiges, eigenverantwortliches <strong>und</strong><br />

gesellschaftsfähiges Leben zu starten.<br />

Wir wollen auf diesem Weg Hilfe <strong>und</strong> Begleitung<br />

sein, erlernte Fähigkeiten festigen <strong>und</strong> mit einem<br />

sinnvollen, strukturierten Alltag ein positives Selbstwertgefühl<br />

installieren, das eine sichere langfristige<br />

Lebensplanung ermöglicht.<br />

Das ist natürlich nicht immer im vollen Umfang möglich,<br />

doch auch hier ist es uns wichtig, eine Perspektive<br />

für die Zukunft zu entwickeln <strong>und</strong> zu organisieren.<br />

Ist uns das gelungen, haben wir es geschafft!<br />

Ein Leben, das oft schon keine Chance mehr zu<br />

haben schien, dem Schreckliches widerfahren ist, in<br />

dem kaum etwas „ normal „ gelaufen ist, dieses Leben<br />

hat es geschafft, einen Weg in<br />

die Gesellschaft zu finden <strong>und</strong><br />

eine Zukunft zu haben.<br />

Almut Lübken <strong>und</strong> Daniela Hölscher<br />

Fachkräfte für Verselbständigung<br />

GfS Emsland<br />

Ausbildung in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

In den Einrichtungen der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong><br />

<strong>Backhaus</strong> (KJHB) werden in Meppen verschiedene<br />

Ausbildungsberufe angeboten, die die jungen Erwachsenen<br />

erlernen können.<br />

• Koch/Köchin<br />

• Hauswirtschafter/Hauswirtschafterin<br />

• Gärtner/Gärtnerin<br />

• Bürokaufmann/Bürokauffrau<br />

• Verkäufer/Verkäuferin<br />

Ebenso werden junge Menschen, die lernschwach<br />

sind <strong>und</strong> besondere Betreuung in der Ausbildung<br />

benötigen, bei der KJHB auch in speziellen Berufsformen<br />

ausgebildet, in denen der praktische Teil<br />

überwiegt <strong>und</strong> bei den theoretischen Aufgaben besondere<br />

Hilfen zu Seite gestellt werden.<br />

• FachwerkerIn im Gartenbau<br />

• FachpraktikerIn in der Hauswirtschaft<br />

• Fachkraft in der Gastronomie, Schwerpunkt<br />

Küche (Beikoch)<br />

Die einzelnen Berufe werden in dieser Ausgabe des<br />

Durchblickes etwas genauer beschrieben.<br />

Ausgabe 80 51 KiM ®


Weitere Informationen erhalten sie auf unserer Homepage: www.profifamilie.de<br />

Ausbildung zum Hauswirtschafter /zur Hauswirtschafterin<br />

bei der KJHB in Meppen<br />

Der Beruf der Hauswirtschafter/innen ist ein staatlich<br />

anerkannter Ausbildungsberuf. Es ist sehr vielfältig <strong>und</strong><br />

interessant. Viele einzelne Bereiche werden durch die<br />

dreijährige Ausbildung absolviert. Der Umgang mit Lebensmitteln,<br />

mit Menschen, sowie die Pflege von Textilien<br />

sind wichtige Bestandteile der Ausbildung. Aufgeteilt<br />

ist die Ausbildung in drei Hauptbereiche:<br />

• Nahrungszubereitung<br />

• Haus-<strong>und</strong> Wäschepflege<br />

• Textilpflege<br />

Wer als junger Mensch die Ausbildung zum Hauswirtschafter/zur<br />

Hauswirtschafterin beginnen möchte,<br />

muss als Voraussetzung einen Hauptschulabschluss<br />

besitzen <strong>und</strong> flexibel <strong>und</strong> belastbar sein.<br />

Das Ausbildungsberufsbild sieht laut § 4 der Verordnung<br />

über die Ausbildung zum Hauswirtschafter/zur<br />

Hauswirtschafterin verschiedene Fertigkeiten <strong>und</strong><br />

Kenntnisse vor:<br />

1. Der Ausbildungsbetrieb, betriebliche Zusammenhänge<br />

<strong>und</strong> Beziehungen<br />

2. Arbeitsorganisation, betriebliche Abläufe, wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> sozial Zusammenhänge<br />

3. Betriebsräume <strong>und</strong> Betriebseinrichtung<br />

4. Hauswirtschaftliche Versorgungsleistung<br />

5. Hauswirtschaftliche Betreuungsleistung<br />

6. Fachaufgaben im Einsatzgebiet<br />

Hauswirtschafter/in<br />

Meister/in der<br />

Hauswirtschaft<br />

Bachlor of Science<br />

im Studiengang<br />

Oecotrophologie<br />

Hauswirtschftliche<br />

Betriebsleitung<br />

Die Auszubildenden besuchen die berufsbegleitende<br />

Berufsschule <strong>und</strong> erlernen dort die wichtigen theoretischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Ausbildung. Es findet eine<br />

Zwischenprüfung am Ende des 2. Lehrjahres statt,<br />

sowie die Abschlussprüfung am Ende des 3. Lehrjahres.<br />

Betriebe, die Hauswirtschafter/innen ausbilden, können<br />

oft nicht die gesamten Bereiche der Hauswirtschaft<br />

abdecken. So ist es sehr empfehlenswert<br />

während der Ausbildung, ein oder mehrere Praktika<br />

in anderen Betrieben zu machen, um alle Bereiche<br />

der Hauswirtschaft kennen zu lernen.<br />

Wer sich als junger Mensch dazu entscheidet seine<br />

Ausbildung in der Hauswirtschaft zu machen, wird<br />

es häufig nicht bereuen. Es gibt in Deutschland viele<br />

verschiedene Ausbildungsbetriebe die einen Ausbildungsplatz<br />

anbieten. Häufig werden junge Erwachsene<br />

in Krankenhäusern, Großwäschereien, Großhaushalten,<br />

Großküchen sowie Altenheimen ausgebildet.<br />

Bei der Ausbildungsplatzwahl sollte darauf<br />

geachtet werden, dass der Betrieb viele der Fertigkeiten<br />

<strong>und</strong> Kenntnisse vermitteln kann, die oben<br />

genannt wurden.<br />

Bei der KJHB können junge Frauen <strong>und</strong> Männer die<br />

Ausbildung in der Hauswirtschaft absolvieren, wenn<br />

sie in der Einrichtung wohnen <strong>und</strong> leben. Auf unserem<br />

Intensiv Pädagogischen Bauernhof in Borken<br />

bei Meppen werden Hauswirtschafterinnen im Großen<br />

<strong>und</strong> Ganzen von einer Meisterin in allen drei<br />

Hauptbereichen ausgebildet. Ebenso werden verschiedene<br />

Praktika in den einzelnen Einrichtungen<br />

in Meppen angeboten. Sowie Praktika außerhalb<br />

des Lehrortes.<br />

Wer eine Ausbildung beginnen möchte, sollte wissen,<br />

dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind <strong>und</strong><br />

dass die Ausbildungsvergütung genau der Arbeitskraft<br />

<strong>und</strong> der wirtschaftlichen Lage des Betriebes<br />

angeglichen ist.<br />

1. Lehrjahr: ca. 400 € - 450 €<br />

2. Lehrjahr: ca. 450 € - 550 €<br />

3. Lehrjahr: ca. 500 € - 650 €<br />

Nach Beendigung der Ausbildung steht dem ehemaligen<br />

Lehrling die Welt der Hauswirtschaft offen.<br />

Viele einzelne Betriebe suchen oft hauswirtschaftliche<br />

Kräfte da diese vielseitig einsetzbar sind.<br />

Wer jedoch nach seiner Ausbildung noch weiter<br />

lernen möchte, hat gute Aufstiegschancen.<br />

Falls Sie Fragen zum Thema Hauswirtschaft <strong>und</strong><br />

Ausbildung haben, schicken Sie eine Mail an:<br />

b.struckmann@profifamilie.de<br />

Barbara Struckmann<br />

Dipl.oeco.troph.<br />

GfS Emsland<br />

Ausgabe 80 52 KiM ®


„Fachpraktiker/-in Hauswirtschaft“<br />

Neue Ausbildungsregelung gemäß § 66<br />

BBIG für Menschen mit Behinderung<br />

Die Anforderungen an die Fachkräfte der Hauswirtschaft<br />

unterliegen wechselnden Anforderungen <strong>und</strong><br />

Ansprüchen. Qualitätssicherung ist für den Dienstleistungsbereich<br />

Hauswirtschaft ein unverzichtbarer<br />

Aspekt. Arbeitgeber <strong>und</strong> Gesetzgeber fordern strenge<br />

Maßnahmen. Eine ausreichende Qualifikation der<br />

Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter in den vielschichtigen<br />

Arbeitsbereichen der Hauswirtschaft ist Gr<strong>und</strong>lage<br />

für ein eigenverantwortliches, verantwortungsbewusstes<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliches Handeln.<br />

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen erlässt<br />

als zuständige Stelle bezogen auf den Beschluss<br />

des BBIG vom 30.07.2010 eine neue Ausbildungsregelung<br />

gemäß des Berufsbildungsgesetzes vom<br />

23.03.2005 in der jeweils gültigen Fassung „zur<br />

Fachpraktikerin Hauswirtschaft/zum Fachpraktiker<br />

Hauswirtschaft. Die bisherige Ausbildung zum Helfer<br />

/ zur Helferin der Hauswirtschaft ist somit nicht mehr<br />

relevant.<br />

Niedersachsen ist neben Bayern eines der ersten<br />

B<strong>und</strong>esländer, die dieses Berufsfeld überarbeitet<br />

<strong>und</strong> dem Arbeitsmarkt angepasst haben.<br />

Zielsetzung der Neuregelung ist, die Fähigkeiten der<br />

Auszubildenden während der Ausbildung zu berücksichtigen<br />

<strong>und</strong> zu fördern, die jungen Erwachsenen<br />

nach ihrer Ausbildung nicht alleine zu lassen, sondern<br />

ihnen die Chance auf eine verbesserte Integration<br />

auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Eine<br />

direkte Weiterbeschäftigung in den Betrieben soll<br />

angestrebt werden.<br />

Zur Realisierung ist der Ausbildungsrahmenplan<br />

vom Berufsbildungsausschuss der Landwirtschaftskammer<br />

Niedersachsen komplett überarbeitet worden.<br />

Neu ist der Begriff „berufsprofilgebende“ Fertigkeiten,<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten in der hauswirtschaftlichen<br />

Versorgung <strong>und</strong> Betreuung. Hier wird<br />

Basiswissen z.B. im Bereich der Speisenvorbereitung<br />

unter Einbeziehung des selbstständigen Planen,<br />

Durchführen <strong>und</strong> Kontrollieren vermittelt.<br />

Die Ausbildung erfolgt nach wie vor in besonders<br />

geeigneten <strong>und</strong> anerkannten Ausbildungsstätten, die<br />

sich durch speziell geschultes Fachpersonal auszeichnet.<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Lernschwäche der Auszubildenden<br />

werden berücksichtigt. Die Berufsausbildung<br />

zur Fachpraktikerin/ zum Fachpraktiker dauert<br />

drei Jahre <strong>und</strong> ist dual organisiert.<br />

Erfolgt die Ausbildung in Berufseinrichtungen sind<br />

insgesamt 12 Monate betriebspraktischer Ausbildung<br />

in geeigneten Betrieben zu absolvieren. Die<br />

ersten 2 Monate dienen dem Auszubildenden als<br />

„Schnupperkurs“, damit in dieser Zeit eine Orientierung<br />

der Interessen stattfinden kann.<br />

Im dritten Ausbildungsjahr werden „10 Monate betriebspraktische<br />

Ausbildung im Einsatzgebiet“<br />

durchgeführt. In diesen Betrieben sind geschulte<br />

Fachkräfte mit der Ausbildung beauftragt. Neu hierbei<br />

ist die Auswahl der Betriebe. Erstmals hat der<br />

Auszubildende die Möglichkeit das Praktikum in<br />

einem produktbezogenen hauswirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen<br />

wahrzunehmen. Das kann<br />

z.B. eine gewerbliche Wäscherei oder Reinigungsfirma,<br />

oder auch Betriebe des Gaststätten- <strong>und</strong> Hotelgewerbes<br />

sein. Hintergr<strong>und</strong> hierbei ist es, den<br />

Azubi anschließend fließend in eine Beschäftigung<br />

zu integrieren.<br />

Eine weitere positive Weiterentwicklung des Berufsbildes<br />

sind die integrativen Fertigkeiten, Kenntnisse<br />

<strong>und</strong> Fähigkeiten, die den Auszubildenden befähigen<br />

seine persönliche Entwicklung zu stärken.<br />

Die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> verfügt in der<br />

Hauswirtschaft über Fachpersonal, dass die geforderten<br />

Ansprüche erfüllen kann die Ausbildung zur<br />

Fachpraktikerin Hauswirtschaft/ zum Fachpraktiker<br />

Hauswirtschaft durchzuführen. Bei uns, als anerkannter<br />

Ausbildungsbetrieb, ist es möglich, die drei<br />

jährige Ausbildung zu absolvieren. Darüber hinaus<br />

können die Auszubildenden die „10 Monate betriebspraktische<br />

Ausbildung im Einsatzgebiet“ bei<br />

uns wahrnehmen.<br />

(Quelle: Landwirtschaftskammer Niedersachsen)<br />

Susanne Vogel<br />

Meisterin der Hauswirtschaft<br />

GfS Emsland<br />

Der Ausbildungsberuf „Koch / Köchin“ in der KJHB<br />

Wer eine Ausbildung zum Koch antreten möchte,<br />

der muss sich darüber im Klaren sein, dass freie<br />

Wochenenden <strong>und</strong> freie Abende in Zukunft der Vergangenheit<br />

angehören. Köche, wie alle anderen<br />

Berufe in der Gastronomie, arbeiten vorwiegend<br />

dann, wenn andere frei haben <strong>und</strong> ihre Freizeit genießen.<br />

Das ist natürlich hauptsächlich abends, am<br />

Wochenende <strong>und</strong> in der Urlaubszeit.<br />

Voraussetzungen<br />

Schulische Voraussetzung für eine Ausbildung als<br />

Koch ist mindestens ein Hauptschulabschluss, besser<br />

jedoch mittlere Reife (Realschulabschluss). Der<br />

angehende Kochlehrling sollte einigermaßen sicher<br />

sein in den Gr<strong>und</strong>rechenarten, da es immer mal<br />

wieder gilt, Rezepte zu verfassen, sie auf bestimmte<br />

Personenzahlen umzurechnen oder Menüs zu kal-<br />

Ausgabe 80 53 KiM ®


kulieren. Daneben ist es als Koch wichtig, psychisch<br />

<strong>und</strong> körperlich belastbar zu sein <strong>und</strong> gut mit Stress<br />

umgehen zu können. Persönliche Hygiene ist ebenfalls<br />

sehr wichtig.<br />

Selbstverständlich ist es Gr<strong>und</strong>voraussetzung als<br />

Koch, einen überdurchschnittlichen Geschmacks<strong>und</strong><br />

Geruchssinn zu haben. Außerdem muss man<br />

selbst gerne essen <strong>und</strong> trinken, denn wer Essen nur<br />

als notwendiges Übel ansieht, der wird nie ein guter<br />

Koch werden. Auch ein gutes Maß an Kreativität,<br />

Aufgeschlossenheit für neue Produkte <strong>und</strong> neue<br />

Techniken <strong>und</strong> die Bereitschaft, in anderen Städten<br />

oder gar Ländern zu arbeiten sind Gr<strong>und</strong>voraussetzungen<br />

für einen guten Koch. Des Weiteren Fremdsprachen<br />

wie Englisch <strong>und</strong> Französisch, da die Küchen-Sprache<br />

überwiegend Französisch ist.<br />

• Hauptschulabschluss<br />

• Handwerkliches Geschick <strong>und</strong> Kreativität<br />

• Gute körperliche Verfassung<br />

• Schnelle Auffassungsgabe<br />

• Kalkulatorische Fähigkeiten<br />

• Teamfähigkeit<br />

Ausbildungsinhalte<br />

In der Ausbildung lernt der Kochauszubildende die<br />

verschiedenen Gr<strong>und</strong>garmethoden wie Braten, Kochen,<br />

Schmoren, Pochieren, Backen usw.. Er lernt<br />

verschiedene Fleischarten <strong>und</strong> Fleischstücke, Fische,<br />

Obst- <strong>und</strong> Gemüsesorten kennen <strong>und</strong> sie richtig<br />

zu verarbeiten. Auch Kräuter <strong>und</strong> Gewürze <strong>und</strong><br />

der richtige Umgang damit stehen auf dem Ausbildungsplan<br />

eines Koches. Außerdem lernt er verschiedene<br />

Suppen, Salate, Vorspeisen, Fleisch- <strong>und</strong><br />

Fischgerichte, Gemüse, Beilagen <strong>und</strong> Nach- <strong>und</strong><br />

Süßspeisen zuzubereiten. Ferner lernt der Kochlehrling<br />

den Ablauf in einer professionellen Küche kennen<br />

<strong>und</strong> alle Arbeiten, die zur Vor- <strong>und</strong> Zubereitung<br />

von Speisen notwendig sind. Neben der Speisek<strong>und</strong>e<br />

ist auch die Getränkek<strong>und</strong>e wichtiger Bestandteil<br />

der Ausbildung.<br />

Eine wichtige Rolle in der Ausbildung zum Koch<br />

nimmt die Hygiene ein. Der Lehrling lernt die verschiedenen<br />

Krankheitserreger kennen, die Speisen<br />

befallen <strong>und</strong> Krankheiten hervorrufen können. Er<br />

lernt auch, was zu beachten ist, um eine hygienisch<br />

einwandfreie Küche <strong>und</strong> hygienisch einwandfreie<br />

Produkte zu haben.<br />

• Nahrungsmittel herstellen <strong>und</strong> zubereiten<br />

• Professionelle Küchentechnik <strong>und</strong> moderne Arbeitsgeräte<br />

einsetzen<br />

• Ernährungsphysiologische, ökonomische <strong>und</strong><br />

ökologische Gesichtspunkte berücksichtigen<br />

• Hygienevorschriften beachten<br />

• Produkte präsentieren<br />

• Gäste beraten<br />

In der Berufsschule, die ein bzw. zwei Tage in der<br />

Woche oder im Blockunterricht besucht wird, lernt<br />

der Auszubildende die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen für<br />

seinen Beruf. Dazu gehören Nahrungsmittel- <strong>und</strong><br />

Getränkek<strong>und</strong>e, Gr<strong>und</strong>verständnis in berufsrelevante<br />

Rechtsfragen <strong>und</strong> Mathematik bzw. Fachrechnen.<br />

Außerdem wird in der Berufsschule Deutsch, Gemeinschaftsk<strong>und</strong>e,<br />

Englisch <strong>und</strong> die Küchensprache<br />

Französisch unterrichtet.<br />

Die Kochausbildung dauert 3 Jahre. Mit entsprechendem<br />

Schulabschluss (Abitur) oder einer bereits<br />

erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung in<br />

einem verwandten Beruf kann die Ausbildungszeit<br />

um ein halbes, in Ausnahmefällen sogar um ein<br />

volles Jahr, verkürzt werden.<br />

Ausbildungsvergütung<br />

Die monatliche Ausbildungsvergütung richtet sich<br />

nach den gültigen Tarifverträgen bzw. den jeweiligen<br />

Arbeitgebern. Entsprechend der Lebenshaltungskosten<br />

ist diese in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern<br />

unterschiedlich.<br />

Arbeitsplatzchancen<br />

Die Chancen, nach abgeschlossener Ausbildung<br />

einen Arbeitsplatz zu finden, stehen sehr gut. Die<br />

Gastronomie sucht händeringend nach Fachpersonal.<br />

Nach abgeschlossener Ausbildung arbeitet der Koch<br />

zunächst als Commis de Cuisine (Jungkoch). Von<br />

dort kann er die Karriereleiter aufsteigen bis hin zum<br />

Chef de Rang (Postenchef), Sous-Chef (Vertreter<br />

des Küchenchefs) oder gar zum Chef de Cuisine<br />

(Küchenchef). Mit abgeschlossener Berufsausbildung<br />

steht dem Koch sprichwörtlich die ganze Welt<br />

offen. Er kann sich auf der ganzen Welt Arbeit suchen,<br />

vom Nordkap bis nach Südafrika. Gute Köche<br />

werden überall auf der Welt gesucht!<br />

Die abgeschlossene Ausbildung zum Koch berechtigt<br />

ihn auch ohne zusätzliche Qualifikationen dazu,<br />

sich mit einem eigenen Restaurant oder einem anderen<br />

Gastronomiebetrieb selbständig zu machen.<br />

Weiterbildungmöglichkeiten<br />

Auch die Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen für<br />

Köche sind vielfältig. Nach entsprechender Berufserfahrung<br />

kann er die Meisterschule besuchen <strong>und</strong> die<br />

Prüfung zum Küchenmeister ablegen. Auch der<br />

Besuch einer Hotelfachschule <strong>und</strong> ein Studium zum<br />

staatlich geprüften Hotelbetriebswirt ist nach zwei<br />

Jahren Berufserfahrung möglich.<br />

• Meisterkurs (Küchenmeister)<br />

• Fachwirt im Gastgewerbe (IHK)<br />

• Hotelfachschule (staatl. geprüfter Gastronom<br />

oder Betriebswirt)<br />

• Spezielle Fortbildung , z.B. zum Diätkoch<br />

• Auslandsaufenthalte<br />

• Fachseminare<br />

Ihre Chance als Koch / Köchin<br />

Lange Zeit galt der Beruf des Koches als "zweitrangig",<br />

doch dieses Vorurteil wurde in den letzten Jah-<br />

Ausgabe 80 54 KiM ®


en mehr <strong>und</strong> mehr eliminiert. Der Kochberuf hat<br />

mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert <strong>und</strong> man<br />

kann sagen, als Koch ist man heute "en vogue"(in<br />

Mode), dies ist sicherlich auch auf die vielen renommierten<br />

Sterne- <strong>und</strong> Fernseh-Köche zurückzuführen.<br />

Diese Entwicklung zeigt somit auch deutlich<br />

auf, dass der Trend zu gutem Essen in schönem<br />

Ambiente nach wie vor gelebt wird.<br />

Auch wenn viele Hobbyköche zuhause die Rezepte<br />

der Koch-Stars nach brutzeln, so freuen sich doch<br />

sehr viele Gäste stets auf den Gang ins Restaurant,<br />

um dort die dargebotenen Köstlichkeiten zu genießen.<br />

Eines steht auf jeden Fall fest, der Beruf Koch /<br />

Köchin ist eine sichere Basis für die Zukunft - denn<br />

gegessen <strong>und</strong> getrunken wird schließlich immer!<br />

Weitere Ausbildungsberufe der KJHB:<br />

• Restaurantfachfrau / Restaurantfachmann<br />

• Hotelfachfrau / Hotelfachmann<br />

• Hotelkaufmann / Hotelkauffrau<br />

• Fachfrau / Fachmann für<br />

Systemgastronomie<br />

• Fachkraft im Gastgewerbe<br />

Holger Stover<br />

Koch<br />

GfS Emsland<br />

Sonderpädagogische Zusatzqualifikation<br />

Die sonderpädagogische Zusatzqualifikation (SPZ)<br />

wird u. a. bei der Ausbildung von Fachpraktikern<br />

benötigt.<br />

Meine Kollegin<br />

Barbara Struckmann<br />

(im Bild<br />

rechts) <strong>und</strong> ich<br />

haben diese<br />

Qualifikation<br />

nach einem Jahr<br />

berufsbegleitender<br />

Maßnahmen im Februar dieses Jahres abgeschlossen.<br />

Die Inhalte der SPZ sind sehr umfangreich <strong>und</strong> vielfältig.<br />

Die wichtigsten Themen waren:<br />

- Unterschiede zwischen körperlicher <strong>und</strong> psychischer<br />

Behinderung.<br />

- Behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen<br />

(Was wird wie unter welchen Voraussetzungen<br />

gefördert?) Welche Rolle spielt hierbei der Integrationsfachdienst?<br />

Einführung in die Psychologie:<br />

- Welche Krankheitsbilder behandelt sie <strong>und</strong> mit<br />

welchen Methoden?<br />

- Was ist der Unterschied zwischen Neurose <strong>und</strong><br />

Psychose?<br />

- Was ist eine Zwangsstörung <strong>und</strong> welche Symptome<br />

deuten auf Schizophrenie hin?<br />

- Einblicke in die Anwendungs- <strong>und</strong> Wirkungsweise<br />

von Psychopharmaka.<br />

- Krankheitsbilder wie Depressionen, bipolare Störungen<br />

<strong>und</strong> deren Symptome sowie die Ursachen<br />

<strong>und</strong> Auswirkungen im Arbeitsleben.<br />

In der sogenannten „speziellen“ Psychologie ging es<br />

in erster Linie um die familiäre <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Situation behinderter Menschen, den Umgang mit<br />

ihnen, die Problemstellung aus Sicht behinderter<br />

Jugendlicher, die Entstehung <strong>und</strong> Strukturen von<br />

Lern- <strong>und</strong> Leistungsbeeinträchtigungen, Aufgabenbereiche<br />

der pädagogischen Förderdiagnostik, Berücksichtigung<br />

behindertenspezifischer Belange im<br />

Rahmen von Prüfungen.<br />

Förderpläne: Der Förderplan ist ein förderpädagogischer<br />

Prozess, der auf jeden Einzelnen bezogen<br />

<strong>und</strong> gestaltet ist. Der Ausbildungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess<br />

wird individuell mit allen Beteiligten<br />

geplant, überwacht, analysiert, unterstützt, gesteuert<br />

<strong>und</strong> dokumentiert. Es werden sowohl Nah- als auch<br />

Fernziele festgelegt, wobei das Erreichen eines<br />

Zieles immer wieder angepasst wird. Die Informationen,<br />

die der Förderplan enthält, bieten eine verlässliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage zur sachgemäßen Beurteilung der<br />

aktuellen Situation. Daraus ergibt sich seine inhaltliche<br />

Gültigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit der Angaben.<br />

Auch das Thema Arbeitspädagogik wurde aufgegriffen,<br />

wobei die Anforderungen an die Ausbildungsstätte<br />

<strong>und</strong> die Auszubildenden besprochen wurden.<br />

Außerdem wurden handlungsorientierte Ausbildungsmethoden,<br />

Leittexte, Projektmethoden, die 4-<br />

Stufen-Methode usw. thematisiert.<br />

Unter das Kompetenzfeld Arbeitspädagogik/Arbeitsk<strong>und</strong>e<br />

fiel auch das Zeitmanagement mit seinen<br />

unterschiedlichen Methoden. Außerdem erhielten<br />

wir Einblicke in Bewertungsmaßstäbe, Zeugnisarten<br />

<strong>und</strong> deren Erstellung.<br />

Durch die SPZ haben wir interessante neue Erfahrungen<br />

machen können, viel an neuem Wissen erworben,<br />

tolle Kursteilnehmer kennen gelernt <strong>und</strong><br />

wurden von guten <strong>und</strong> erfahrenen<br />

Dozenten betreut, so dass die SPZ<br />

nicht nur beruflich, sondern auch<br />

menschlich eine große Bereicherung<br />

für uns war.<br />

Martina Schute<br />

Hauswirtschaftsleiterin<br />

GfS Emsland<br />

Ausgabe 80 55 KiM ®


Schachtelrätsel<br />

1. Wie heißt der Papagei aus<br />

dem Witz (Seite xx)?<br />

2. Abkürzung für Intensivpädagogische<br />

Wohngruppe!<br />

3. Was gibt es im Winter?<br />

4. Ergänze Fanta…. (was zum<br />

Essen)<br />

5. Welche Jahreszeit kommt<br />

nach dem Winter?<br />

6. Was ist Mallorca, eine …<br />

7. Was ist braun <strong>und</strong> essen alle<br />

<strong>Kinder</strong> gerne?<br />

8. Worauf reitet man in der Wüste?<br />

9. Was wärmt im Winter?<br />

10. Was hört man im Frühling?<br />

11. Was haben alle <strong>Kinder</strong> sechs<br />

Wochen mitten im Jahr?<br />

12. Wie heißt unsere Zeitschrift?<br />

Der Frosch im Brunnen<br />

Zwei Türen<br />

Falsch Taler<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

11.<br />

12.<br />

Rätsel<br />

Dieses Rätsel wurde von der <strong>Kinder</strong>-Redaktion erstellt.<br />

Eines Tages fällt ein kleiner Frosch in einen 30 Meter tiefen Brunnen.<br />

Mit aller Kraft probiert der Frosch die glitschigen Wände des Brunnens<br />

hinauf zu klettern. Dabei klettert der Frosch pro Tag 3 Meter hinauf. Jede<br />

Nacht, während er sich ausruht, rutscht der Frosch aber wieder um<br />

2 Meter nach unten.<br />

Wie viele Tage dauert es bis der arme Frosch endlich aus dem Brunnen<br />

kommt?<br />

Ein listiger Kaufmann wurde einst zu lebenslanger Haft verurteilt. Da er<br />

aber ein sonst unbescholtener Bürger war, wollte der Richter ihm noch<br />

eine Chance geben <strong>und</strong> stellte ihm folgendes Rätsel.<br />

"Vor dir befinden sich zwei Türen, eine der Türen führt in den Kerker<br />

<strong>und</strong> die andere in die Freiheit. Vor jeder Tür steht je ein Wächter, einer<br />

der Wächter sagt immer die Wahrheit der andere lügt immer. Du weißt<br />

nicht welcher der Wächter die Wahrheit sagt aber du darfst einem eine<br />

Frage stellen um herauszufinden welche der 2 Türen in die Freiheit<br />

führt."<br />

Der Angeklagte stellte einem Wächter eine Frage, wusste dann genau<br />

welche Türe in die Freiheit führt <strong>und</strong> konnte sich so vor der Haftstrafe<br />

retten.<br />

Was hatte er gefragt?<br />

In einer Kiste liegen 10 Säcke mit je 100 Talern. Ein echter Taler wiegt<br />

genau 100 Gramm. Einer der Säcke ist nun aber mit gefälschten Talern<br />

gefüllt die 1% leichter sind.<br />

Wie ist es mit nur einer Wägung möglich herauszufinden in welchem<br />

Sack die falschen Taler sind?<br />

Ausgabe 80 56 KiM ®


Gewächse<br />

Rebus<br />

Bilderrätsel<br />

Zitate<br />

Matheunterricht<br />

Lösungen (Durchblick 79)<br />

1. Rittersporn 12. Löwenzahn<br />

2. Stiefmütterchen 13. Schachtelhalm<br />

3. Aaronstab 14. Männertreu<br />

4. Fleißiges Lieschen 15. Frauenschuh<br />

5. Eisenhut 16. Pfafffenhütchen<br />

6. Märzbecher 17. Weihnachtsstern<br />

7. Löwenmäulchen 18. Schneeball<br />

8. Hirtentaschenkraut 19. Küchenschelle<br />

9. Turkenb<strong>und</strong> 20. Knabenkraut<br />

10. Kaiserkrone 21. Wiesenschaumkraut<br />

11. Sumpfdotterblume (Bild) 22. Hahnenfuß<br />

Das Lösungswort ist: Gedanke<br />

Der Würfel wurde aus Vorlage 4 gefaltet.<br />

Es sind 28 Kegel zu sehen.<br />

Dies <strong>und</strong> Das<br />

DER VORTEIL<br />

DER KLUGHEIT<br />

BESTEHT DARIN<br />

DASS MAN SICH<br />

DUMM STELLEN KANN<br />

DAS GEGENTEIL<br />

IST SCHON SCHWIERIGER<br />

KURT TUCHOLSKY<br />

ERZIEHUNG IST<br />

DIE ORGANISIERTE<br />

VERTEIDIGUNG<br />

DER ERWACHSENEN<br />

GEGEN DIE<br />

JUNGEND<br />

MARK TWAIN<br />

Hauptschule:<br />

Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50,00 Euro. Die Erzeugerkosten<br />

betragen 40,00 Euro. Berechne den Gewinn!<br />

Realschule:<br />

Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50,00 Euro. Die Erzeugerkosten<br />

betragen 4/5 des Erlöses. Wie hoch ist der Gewinn?<br />

Gymnasium:<br />

Ein Agrarökonom verkauft eine Menge subterraner Feldfrüchte für eine<br />

Menge Geld (G). G hat die Mächtigkeit 50. Für die Elemente aus G gilt:<br />

G ist 1. Die Menge hat die Herstellungskosten (H). H ist um 10 Elemente<br />

weniger mächtig als die Menge G. Zeichnen Sie das Bild der Menge<br />

H als die Tilgungsmenge der Menge G <strong>und</strong> geben Sie die Lösung (L)<br />

für die Frage: Wie mächtig ist die Gewinnsumme?<br />

Waldorfschule:<br />

Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln für 50,00 Euro. Die Erzeugerkosten<br />

betragen 40,00 Euro <strong>und</strong> der Gewinn 10,00 Euro. Aufgabe: Unterstreiche<br />

das Wort „Kartoffeln“ <strong>und</strong> singe ein Lied dazu!<br />

Ausgabe 80 57 KiM ®


Fast das Letzte (von der <strong>Kinder</strong>redaktion)<br />

IN OUT<br />

Neuer Kinofilm von Justin Bieber Radlerhosen<br />

Sport Couch Potatos<br />

Sonne Ewiges Jammern über die Kälte<br />

Kommt Fritzchen mit Oma aus dem Bäckergeschäft.<br />

Liegt 1€ auf dem Boden. Fritzchen will ihn aufheben.<br />

Oma sagt: “Was auf dem Boden liegt, darf man nicht aufheben.“<br />

Dann liegt eine Bananenschale auf dem Boden.<br />

Oma rutscht darauf aus. Fritzchen soll ihr hoch helfen.<br />

Fritzchen sagt: “Was auf dem Boden liegt, darf man nicht aufheben!“�<br />

Ein Einbrecher bricht in ein Haus ein. Als er die 1.Schublade öffnet, sagt eine Stimme:<br />

„Ich sehe dich <strong>und</strong> Jesus sieht dich auch.“ Bei der 2. Schublade hört er wieder diese Stimme:<br />

„Ich sehe dich <strong>und</strong> Jesus sieht dich auch.“ Als er in die Küche kommt, sieht er einen Papagei!<br />

Er öffnet wieder eine Schublade <strong>und</strong> der Papagei sagt: „ Ich sehe dich <strong>und</strong> Jesus sieht dich auch!“<br />

Der Einbrecher sagt: “Du bist aber ein schöner Vogel! Wie heißt du denn?“<br />

„Ich heiße Paul!“ „Paul ist aber kein schöner Name!“ sagt der Einbrecher. Darauf antwortet der<br />

Papagei: „ Jesus ist auch kein schöner Name für einen Rottweiler!“ �<br />

Wassermann (21 . Jan. - 1 9. Feb. ):<br />

Du musst in der Schule besser aufpassen<br />

<strong>und</strong> mehr Zeit mit deinen Fre<strong>und</strong>en<br />

verbringen<br />

Fische (20. Feb. - 20. März):<br />

Du bist zurzeit sehr fleißig, weiter so!<br />

Widder (21 . März- 20. April):<br />

Du musst mehr Sport machen, sonst<br />

bleibt der Winterspeck sitzen!<br />

Stier (21 . April- 21 . Mai):<br />

Geb‘ doch mal wieder was aus!<br />

Zwilling (22. Mai- 21 . Juni):<br />

Du brauchst dringend Ferien!<br />

Krebs (22. Juni- 22. Juli):<br />

Achte besser auf deine Ges<strong>und</strong>heit!<br />

Löwe (23. Juli- 23. Aug. ):<br />

Guck nicht so grummelig!<br />

Lach doch mal wieder! �<br />

Jungfrau (24. Aug. - 23. Sep. ):<br />

Dein Zimmer könnte einen Frühjahrsputz<br />

gebrauchen!<br />

Waage (24. Sep. - 23. Okt. ):<br />

Gönn dir mal wieder eine „Fette“ Pizza!<br />

Skorpion (24. Okt. - 22. Nov. ):<br />

Sei nicht so gemein zu deinen Mitmenschen!<br />

Schütze (23. Nov. - 21 . Dez. ):<br />

Schmeiß die Radlerhose in die Ecke <strong>und</strong><br />

geh shoppen!<br />

Steinbock (22. Dez. - 20. Jan. ):<br />

Sag deine Meinung, nicht so Schüchtern!<br />

Diese Seite wurde von der <strong>Kinder</strong>redaktion gestaltet.<br />

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Wissenswertes über die <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

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Weitere pädagogische Angebote der KJHB<br />

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