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WIR SIND PROFIFAMILIE - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus

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ter mit ihr umgezogen waren <strong>und</strong> sie die Leute in der<br />

neuen Umgebung noch nicht so kannten, ging sie<br />

ans Werk:<br />

Sie kannte ganz schnell sämtliche Erwachsene der<br />

Umgebung <strong>und</strong> saß dauernd bei ihnen im Wohnzimmer,<br />

wenn sie unzufrieden war. Dort erzählte sie<br />

dann, wie schlimm wir sie hielten, wie im Gefängnis,<br />

<strong>und</strong> Kleidung <strong>und</strong> Essen würde sie auch nicht bekommen.<br />

In der ersten Zeit im neuen Dorf gab es<br />

viele Leute, die uns komisch beäugten, <strong>und</strong> manche<br />

Dinge kommen erst jetzt, 7Jahre nach ihrem Auszug,<br />

ans Licht.<br />

Was waren die größten Krisen? Wer hat sich für<br />

Sie in diesen Fällen als besonders hilfreich erwiesen?<br />

Als unser erstes aufgenommenes Kind ständig seine<br />

Panikattacken mit Zerstörungswut <strong>und</strong> Geschrei<br />

bekam, war ich irgendwann mit den Nerven zu Fuß<br />

<strong>und</strong> habe ihn eines Tages aus lauter Verzweiflung<br />

am Boden festgehalten <strong>und</strong> seine Arme <strong>und</strong> Beine<br />

umklammert , um mich vor ihm zu schützen. Das tat<br />

ihm unerklärlicherweise gut, aber ich hatte ein<br />

schlechtes Gewissen, nutzte diese Möglichkeit aber<br />

trotzdem weiter.<br />

Eine Psychologin erklärte mir, dass dieses Festhalten<br />

für den Jungen eine super Erleichterung sei, da<br />

er dadurch das Vertrauen bekommt, dass es einen<br />

Menschen auf der Welt gibt, der ihn halten kann.<br />

Also hatte ich ihn nicht „gebrochen“, war unendlich<br />

erleichtert, nutzte das Festhalten noch 2-3 Jahre<br />

<strong>und</strong> brauchte es später nicht mehr (auch war er<br />

dann zu groß <strong>und</strong> kräftig geworden).<br />

Auch später, wenn es für mich unverständliche Probleme<br />

gab <strong>und</strong> ich wegen eines Kindes zur Psychologin<br />

ging, halfen mir diese Gespräche sehr, da ich<br />

dadurch immer mal wieder von außen auf die Situation<br />

sehen konnte. Ich denke, gerade wenn man so<br />

bedürftige <strong>und</strong> anstrengende <strong>Kinder</strong> hat, ist es gut,<br />

auf ein Netzwerk zu bauen mit Lehrern, Psychologen,<br />

z.T. Ergotherapeuten <strong>und</strong> am besten noch mit Kollegen<br />

in der Nähe, denn auch in seiner ganzen Professionalität<br />

kommt man an seine Grenzen.<br />

Was waren besondere Momente / Highlights?<br />

Welche Entwicklungsschritte haben Sie besonders<br />

beeindruckt?<br />

Im täglichen Leben gibt es neben Frustmomenten<br />

auch eine ganze Menge kleinerer Highlights. Mit<br />

einem Kind hatte ich besonderen Stress, weil er<br />

seine Hausaufgaben selten <strong>und</strong> wenn, dann<br />

schlecht machte, obwohl er eigentlich ein einigermaßen<br />

guter Schüler hätte sein können. Nachdem<br />

diese normalen Sachen über Jahre nicht funktionierten<br />

bekam er die Aufgabe, allein dafür zuständig zu<br />

sein, jede einzelne St<strong>und</strong>e, ob mit Hausaufgaben<br />

oder nicht, vom jeweiligen Lehrer abzeichnen zu<br />

lassen. Fehlte nur eine St<strong>und</strong>e, so konnte er am Tag<br />

weder spielen gehen noch fernsehen. Nach einem<br />

halben Jahr klappte es durchgängig mit Spielen<br />

gehen, nach zwei Jahren holte er sich noch immer<br />

die Unterschriften der Lehrer, obwohl ich das Heft<br />

gar nicht mehr nachsah <strong>und</strong> zusätzlich übte er freiwillig<br />

für Arbeiten, die anstanden, schrieb bessere<br />

Arbeiten <strong>und</strong> möchte nun dringend auf die Realschule.<br />

Ein wirkliches Highlight ist unser Ältester. Mittlerweile<br />

ist er 19 Jahre alt <strong>und</strong> wohnt seit 5 Jahren nicht<br />

mehr bei uns, jedoch noch immer in der Nähe. Er<br />

hält mehr oder weniger regelmäßig den Kontakt zu<br />

uns. Er gerät zwar noch immer regelmäßig in merkwürdige<br />

Umstände <strong>und</strong> ebensolche Bekanntenkreise,<br />

kriegt aber immer wieder die Kurve in ein „anständiges“<br />

Leben <strong>und</strong> freut sich, dass er wider Erwarten<br />

zum Sommer eine Lehrstelle antreten kann.<br />

Was hat Sie persönlich am Konzept der KJHB<br />

überzeugt?<br />

Was hat Ihnen dabei geholfen, sich für die Profifamilie<br />

® zu entscheiden?<br />

Anfangs orientierte ich mich über die unterschiedlichen<br />

Träger, die eine vergleichbare Tätigkeit anbieten.<br />

In meiner Gegend gibt es zwei große andere<br />

Träger, bei denen ich mich damals informiert hatte.<br />

Beide Träger zahlten besser.<br />

Bei beiden waren <strong>Kinder</strong> auf jeweils zwei Jahre untergebracht<br />

<strong>und</strong> die Herkunftseltern hatten die Möglichkeit,<br />

die <strong>Kinder</strong> in deren Lebensraum zu besuchen<br />

<strong>und</strong> dort selbst auch zu übernachten. Das wäre<br />

allerdings dann auch mein Lebensraum gewesen<br />

<strong>und</strong> das konnte ich mir nicht vorstellen.<br />

Ich finde es einfach gut, dass bei unserer Einrichtung<br />

die Kontakte zu den Herkunftseltern <strong>und</strong> auch<br />

zum Jugendamt außerhalb des Privatbereichs stattfinden,<br />

sodass ich mich zuhause fühlen kann <strong>und</strong><br />

die <strong>Kinder</strong> in meinen Privatbereich hineinlasse. Mit<br />

all den Menschen, die bei anderen Trägern ein Anrecht<br />

auf mein Privatleben hätten haben wollen,<br />

wäre ich nicht glücklich geworden.<br />

Sind Sie glücklich mit den <strong>Kinder</strong>n, die Sie aufgenommen<br />

haben?<br />

Ja, das bin ich. Ich habe jetzt insgesamt 4 <strong>Kinder</strong><br />

aufgenommen, immer jeweils 2. Und irgendwie<br />

passten sie immer zu unserer jeweiligen Lebenssituation.<br />

Unsere ersten beiden waren, um es mal so<br />

zu sagen, wirklich schwierig. Die beiden jetzigen<br />

sind leichter im Umgang.<br />

Das<br />

Erziehungsleiter<br />

-Team der GfS<br />

Lüneburg<br />

Andrea Schmitz-Köster Detlev Arlt<br />

Ausgabe 80 25 KiM ®

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