WIR SIND PROFIFAMILIE - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus
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sich so wirklich gekümmert. Das war dann nicht gut<br />
für mich. Bei Antje war das dann ganz anders, die<br />
hat mit mir geredet, sich gekümmert <strong>und</strong> mal gesagt:<br />
„…nein, jetzt ist Schluss…“. Da gab es klare Regeln<br />
<strong>und</strong> klare Verhältnisse <strong>und</strong> wir hatten feste Vereinbarungen.<br />
Aber es gab auch Kompromisse, wenn<br />
ich mal was wollte. Wenn ich mal sagte: „…kannst<br />
Du mir mal Taschengeld vorschießen?“, dann konnte<br />
ich was aushandeln, dann musste ich dafür auch<br />
was machen.<br />
Über die Zeit haben wir Vertrauen aufgebaut - klar<br />
ist das Vertrauen auch mal wieder verloren gegangen,<br />
weil ich Mist gebaut hatte. Aber wir haben das<br />
Vertrauen immer wieder aufgebaut. Das ging obwohl<br />
es nicht immer leicht zwischen uns war. Wenn<br />
die Telefonrechnung zu hoch war, weil ich zu viel<br />
verbraten hatte, dann gab es Ärger, aber wir konnten<br />
uns wieder aussprechen <strong>und</strong> wir haben uns wieder<br />
zusammengetan.<br />
Also die meiste Zeit bei Antje war alles super. Es ist<br />
auch schon sehr lange her, als ich zu ihr kam. Ich<br />
muss so 7 oder 8 Jahre alt gewesen sein, glaube ich.<br />
Ich habe kaum noch Erinnerungen daran, weil das<br />
Marc lebt seit 2 Jahren bei uns <strong>und</strong> hat aus kinderlosen<br />
Doppelverdienern Eltern gemacht<br />
Diskussion mit<br />
Marc beim<br />
Abendessen:<br />
Wenn wir dich<br />
nicht hätten, hätten<br />
wir eine kleinere<br />
Mülltonne.<br />
Dann wüssten<br />
wir in unserem<br />
Alter wahrscheinlich nicht, wer Heppo <strong>und</strong> Mixi sind,<br />
<strong>und</strong> würden nicht endlose Diskussionen mit einem<br />
„Miau“ beenden.<br />
Keiner würde über Holzschienen der Brio-Eisenbahn<br />
stolpern <strong>und</strong> das Auto würde nicht aussehen, als<br />
wenn wir gerade den Inhalt des Sandkastens auf<br />
dem Rücksitz transportiert haben.<br />
Wir würden nicht sämtliche pädiatrischen Fachärzte<br />
in der Umgebung kennen gelernt haben, <strong>und</strong> auch<br />
nicht erklären müssen, dass der Vorm<strong>und</strong> nicht in<br />
den M<strong>und</strong> gucken muss.<br />
Wir würden nicht erfahren haben, dass einer unserer<br />
hartgesottenen Motorradfre<strong>und</strong>e auf einmal mit einem<br />
Gespann vor der Tür steht, um mit Marc ein<br />
paar (mehr) R<strong>und</strong>en zu drehen.<br />
Wenn wir dich nicht hätten…<br />
zu lange her ist. Ich erinnere mich, dass ich in der<br />
Schule Fre<strong>und</strong>e gef<strong>und</strong>en habe <strong>und</strong> ich war eigentlich<br />
viel unterwegs. Irgendwann kam ein weiteres<br />
Kind zu uns. Das andere Kind war nicht ganz einfach.<br />
Aber ich merkte, dass es schon besser war, bei<br />
Antje zu wohnen. Alles war dort besser.<br />
Ich habe auch gemerkt <strong>und</strong> immer wieder bei den<br />
anderen <strong>Kinder</strong>n gesehen, dass man sich nicht so<br />
gepflegt hat <strong>und</strong> hat das dann über die Zeit gelernt.<br />
Man pflegt sich viel besser als vorher. Antje hat<br />
mich aber auch in allem versucht zu unterstützen.<br />
Sie hat mir bei der Schule geholfen. Sie hat mit mir<br />
gelernt <strong>und</strong> Hausaufgaben mit mir gemacht <strong>und</strong> oft<br />
bei Referaten geholfen, Sachen dafür aus dem Internet<br />
zu holen <strong>und</strong> sie hat mir sogar eine Nachhilfe<br />
besorgt, die ich dann dreimal die Woche hatte. Antje<br />
hat mir bei den Bewerbungsschreiben für meine<br />
Berufsausbildung geholfen <strong>und</strong> ist mit mir auch<br />
hingefahren zu den Bewerbungsgesprächen.<br />
Meine Lehre jetzt ist gut <strong>und</strong> auch das Wohnen hier<br />
in Meppen ist ganz gut. Ich will aber noch mehr<br />
selber entscheiden dürfen, möchte weniger Kontrolle<br />
durch die Erzieher.…“<br />
Wenn wir Dich nicht hätten, könnten wir mal wieder<br />
ausschlafen <strong>und</strong> müssten nicht morgens um sechs<br />
schon mal lautstarke Attacken abwehren. Wir können<br />
entspannt Fre<strong>und</strong>e besuchen, die so richtig<br />
klasse ihr Badezimmer mit hochglänzenden Lackmöbeln<br />
eingerichtet haben <strong>und</strong> nicht darauf stehen<br />
die Spuren von Creme weg zu polieren. Wir könnten<br />
die Motorräder rausholen <strong>und</strong> einfach drauf losfahren.<br />
Tja...<strong>und</strong> was ist alles dazu gekommen.....<br />
Ohne Marc wäre ich selber nicht wieder auf ein<br />
Pferd gestiegen, hätte nie die C-Lizenz für Übungsleiter<br />
gemacht <strong>und</strong> würde nicht jeden Mittwoch in der<br />
Turnhalle stehen, damit Marc ganz normal am Breitensport<br />
teilnehmen kann. Ohne ihn hätten wir nicht<br />
so viele tolle Menschen kennen gelernt, würden wir<br />
uns nicht so oft kringelig lachen <strong>und</strong> hätten viele<br />
tolle Momente nicht erlebt.<br />
...<strong>und</strong> wenn wir dann mal denken, wer hat uns gezwungen<br />
die Entscheidung zu treffen mit einem<br />
behinderten Kind zu leben, dann steht Marc da <strong>und</strong><br />
sagt; “… wie gut, dass ich Euch ausgesucht habe!“<br />
<strong>und</strong> für uns ist klar ... seine Lebensversicherung ist,<br />
dass wir ihn so klasse finden.<br />
Ulrike Eykamp<br />
Profimutter<br />
GfS Bremen<br />
Ausgabe 80 15 KiM ®