Jedes Kind braucht seine Zeit - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus
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Ausgabe 76 Oktober / November 2010<br />
ALLES HAT SEINE<br />
ZEIT<br />
Jeder Mensch <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> Seite 4<br />
Seite 11 Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong><br />
Inge Hansmann<br />
Gestaltung der <strong>Zeit</strong> Seite 8<br />
Berichte von verschiedenen Kolloquien Seite 17 ff<br />
Seite 14 Stärke statt Macht<br />
Neues Haus in Vollersode Seite 20
Vorbehalte<br />
Vorurteile<br />
Im kommenden Heft möchten<br />
wir unter diesem Thema einiges<br />
veröffentlichen. Wir würden<br />
uns freuen, wenn auch<br />
viele außerhalb des Redaktionsteams<br />
dazu Beiträge einreichen<br />
würden. Es müssen<br />
nicht immer seitenfüllende<br />
Artikel sein, auch kurze Bemerkungen,<br />
Hinweise <strong>und</strong><br />
Statements können wir unterbringen.<br />
Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit.<br />
Inhalt<br />
Ausgabe 76 1 KIM<br />
Seite<br />
Vorwort ................................................................................................ 2<br />
Intro Familie <strong>Backhaus</strong> Fam. <strong>Backhaus</strong> ........................................... 3<br />
J e d e r Mensche <strong>braucht</strong> s e i n e <strong>Zeit</strong> H. Treblin .......................... 4<br />
Muße - was ist das <strong>und</strong> wie geht das M. Wischka ........................... 6<br />
Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als die <strong>Zeit</strong> ..... 7<br />
R. Weusthof<br />
Gestaltung der <strong>Zeit</strong> K. Heimberg ....................................................... 8<br />
<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> freie <strong>und</strong> ganz unverplante <strong>Zeit</strong> ............ 9<br />
T. Schwarz<br />
Achtsamkeit für den Augenblick C. Lüken .................................... 10<br />
Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> D. Arlt ............................................................... 10<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> H. Treblin <strong>und</strong> C. Rensmann ........................ 11<br />
Glücklich sein C. Gerbus ................................................................. 11<br />
<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld Julian IPW Borken .......................................... 12<br />
Es gibt Momente D. Arlt ................................................................... 12<br />
Der Weg zur Sonne A. Stagge ......................................................... 13<br />
Arbeitsfrühstück: Stärke statt Macht U. Meiners .......................... 14<br />
Kolloquium in Meppen U. Kunze .................................................... 17<br />
GfS Aurich Vorbereitungskurs erfolgreich beendet T. Schwarz . 18<br />
Kolloquium im neuen Regionalbereich Berlin/Uckermark R. Kraus .19<br />
Neues Haus in Vollersode D. Robben ............................................ 20<br />
Das Sommerfest der MitarbeiterInnen der GfS Bremen C. Struck 21<br />
Erster Infoabend der GfS Bremen in Vollersode D. Robben ........ 22<br />
Wir waren auch dabei M. Lammers ................................................. 22<br />
Vertreten auf der Emslandschau M. Wischka ................................ 23<br />
Buchempfehlung Die Himmelsrutsche Cedi ................................. 23<br />
Alle Menschen sind sterblich Buchvorstellung P. Schmackpfeffer 24<br />
Das Loch in der Straße T. Schwarz ................................................. 24<br />
Die WG „Alte Molkerei“ in den Niederlanden A. Kühn .................. 25<br />
Nachbarschaftsfest am 16.09.2010 im Heidering S. Töller ........... 26<br />
Das Küchenteam H. Stover .............................................................. 26<br />
Der Haarschnitt ................................................................................ 27<br />
<strong>Zeit</strong> N. Schmidt-Rademaker .............................................................. 27<br />
Rätsel <strong>und</strong> Lösungen ....................................................................... 28<br />
Fast das Letzte Diesmal: Ist das komisch ........................................ 30<br />
Wissenswertes über die <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ...... 31
Das Bild: „Die grasende Kuh“<br />
Was dieses Bild mit unserem Leitthema<br />
zu tun hat? Lesen Sie das<br />
Vorwort.<br />
Einsendeschluss<br />
des Dezember-/ Januar-<br />
Durchblicks ist der<br />
1. November 2010<br />
Liebe Leserin!<br />
Lieber Leser!<br />
Vorwort<br />
- Leider fehlte mir die <strong>Zeit</strong>, ein Vorwort zu schreiben. -<br />
Als ich diesen Satz in einer Redaktionssitzung äußerte, wurde mir der<br />
Vorschlag gemacht, als Vorwort nur diesen Satz zu schreiben. Er würde<br />
zu dem Leitthema dieser Ausgabe doch gut passen. Das hat mich<br />
aber an den alten Witz von Klein Fritzchen erinnert, der nach dem<br />
Kunstunterricht ein leeres, weißes Blatt mit dem Titel: „Grasende Kuh“<br />
<strong>seine</strong>m Lehrer überreichte. Auf die Frage des Lehrers, wo denn das<br />
Gras sei, antwortete Klein Fritzchen: „Das hat die Kuh komplett aufgefressen.“<br />
Der Lehrer wollte nun aber noch wissen, wo denn dann aber<br />
die Kuh sei. Klein Fritzchen antwortete: „Hier war ja kein Gras mehr,<br />
jetzt frisst sie woanders.“<br />
Ein leeres, weißes Blatt - das habe ich mir dann doch noch anders<br />
überlegt.<br />
Wir hatten überlegt, das Leitthema „<strong>Zeit</strong>“ für dieser Durchblick-Ausgabe<br />
zu wählen. Das allein stehende Wort „<strong>Zeit</strong>“ war uns zu wenig, so fielen<br />
uns folgende Schlagworte <strong>und</strong> Themen ein: „<strong>Zeit</strong>management“, „Pause“,<br />
„Sonntag“, „Entschleunigung“, „<strong>Zeit</strong>mangel“, „<strong>Zeit</strong> ist Geld“, „<strong>Zeit</strong>lupe“,<br />
„<strong>Zeit</strong>raffer“, „zeitlos“, „<strong>Zeit</strong> zur Entwicklung“, „Entwicklungszeiten“,<br />
„Arbeitszeitverlängerung“ (vorn durch das Abi nach der 12-ten Klasse,<br />
hinten durch das erhöhte Renteneintrittsalter), „Hausaufgabenzeit“,<br />
„Schulzeit“ <strong>und</strong>, na ja, siehe ganz oben , „Ich habe keine <strong>Zeit</strong>“. Alle<br />
Vorschläge passen sehr gut zu dieser Ausgabe, wir wollten das Thema<br />
aber nicht durch eines dieser Worte einschränken. So kamen wir auf<br />
den Satz „Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“. Erst im Nachhinein wurde uns klar,<br />
dass dies ein Zitat aus der Bibel ist (Prediger 3,1-11 1 - Nachzulesen in<br />
dem Beitrag von Herrn Arlt auf Seite 10). Man erkennt also ein „zeitloses“<br />
Thema.<br />
Ich freue mich, dass wieder viele Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen „<strong>Zeit</strong> gef<strong>und</strong>en“<br />
haben, ihren Beitrag zum Gelingen dieser Ausgabe beizusteuern.<br />
Neben den Artikeln zum Leitthema finden Sie natürlich auch wieder<br />
Informationen aus dem Geschehen in unserer Einrichtung.<br />
Ich hoffe, dass Sie „<strong>Zeit</strong> finden“ zum Lesen dieser Ausgabe. Ich bin mir<br />
sicher, es ist keine „verschenkte <strong>Zeit</strong>“.<br />
In diesem Sinne<br />
Ausgabe 76 2 KIM<br />
Ihr<br />
Durchblick Redaktion<br />
Erziehungsleiter<br />
GfS Emsland<br />
1 Es handelt sich hierbei vermutlich um die Spätschriften des als Weise bezeichneten Salomo, der zu <strong>seine</strong>r <strong>Zeit</strong> reichste<br />
<strong>und</strong> mächtigste Mensch. Er legt im Buch Prediger davon Rechenschaft ab, was man durch Weisheit <strong>und</strong> das menschliche<br />
Streben nach Glück <strong>und</strong> Selbstverwirklichung „unter der Sonne“, d.h. im diesseitigen Leben, erreichen kann.
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
Langeweile, so der Pädagoge Johann Friedrich Herbart (1776 -<br />
1841), sei die größte Sünde. <strong>Zeit</strong>, wird gerne behauptet, sei das<br />
kostbarste Gut auf Erden. Verlorenes Geld kann wieder beschafft<br />
werden, verlorene <strong>Zeit</strong> hingegen …? In der heutigen <strong>Zeit</strong> gehe es<br />
immer hektischer zu. Im zunehmenden Druck unseres Alltags, stehe<br />
<strong>Zeit</strong> immer begrenzter zur freien Verfügung. Es gäbe immer<br />
mehr Aufgaben zu erledigen <strong>und</strong> alles werde schnelllebiger, so der<br />
Volksm<strong>und</strong>. Das bringt uns täglich an unsere Belastungsgrenzen.<br />
Das Burnout-Syndrom könnte eine Folge der zunehmenden „<strong>Zeit</strong>verknappung“<br />
sein. Doch vielleicht kommt es nur zu Engpässen<br />
<strong>und</strong> Burnout aufgr<strong>und</strong> des Blickwinkels, mit dem wir unseren persönlichen<br />
<strong>Zeit</strong>ressourcen begegnen. Worum geht es eigentlich bei<br />
der Verwaltung der Lebenszeit? Die Erziehungsleiterin der GfS-<br />
Osnabrück, Frau Gerbus, begreift die <strong>Zeit</strong>, seit der Aufnahme eines<br />
<strong>Kind</strong>es, völlig anders als zuvor (S. 11). Dieses Mädchen hat ihre<br />
Prioritätensetzung ganz neu gestaltet. Frau Gerbus konnte den<br />
Blickwinkel des aufgenommen <strong>Kind</strong>es für sich selbst nutzen. Frau<br />
Weusthof, Erziehungsleiterin der GfS-Emsland / Schapen, steht für<br />
bewusste Entschleunigung <strong>und</strong> knüpft in ihrem Artikel (S. 7) an ein<br />
Zitat von John Steinbeck an: „Man verliert die meiste <strong>Zeit</strong> damit,<br />
dass man <strong>Zeit</strong> gewinnen will.“ Sie empfiehlt einen Milchkaffee lang<br />
zu telefonieren oder eine CD lang in der Wanne zu liegen. Herr<br />
Schwarz, Erziehungsleiter der GfS-Aurich, kritisiert den oft überfüllten<br />
Terminkalender von <strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> plädiert für freie <strong>und</strong> unverplante<br />
<strong>Zeit</strong>. In <strong>seine</strong>m Blickwinkel zur <strong>Zeit</strong>einteilung spielt der<br />
Begriff „Downshifting“ eine zentrale Rolle (S. 9).<br />
Professionelles <strong>Zeit</strong>management gerät immer stärker in den Fokus<br />
von Beratern <strong>und</strong> deren Führungskräftetrainings. Deren Inhalte<br />
empfehlen oft das Gegenteil der folgenden Artikel. In diesen Trainings<br />
wird sich insbesondere mit der Ziel- <strong>und</strong> Prioritätensetzung<br />
befasst. Es werden u.a. „<strong>Zeit</strong>planbücher“ erstellt, Analysen von zu<br />
erledigenden Aufgaben durchgeführt <strong>und</strong> verschiedene Methoden<br />
<strong>und</strong> Prinzipien der Prioritätensetzung angewendet. Diese Beratungen<br />
haben das Potenzial einen minutiös geplanten Tages-, Wochen<strong>und</strong><br />
Jahresablauf zu realisieren, inkl. der definierten <strong>Zeit</strong>räume für<br />
Freizeit, in denen wir möglichst effektiv unsere privaten Verpflichtungen<br />
erfüllen. Frau Wischka, Abteilungsleiterin Süd, zeigt in ihrem<br />
Artikel auf, was viele Berater in ihrer strikten Fokussierung auf<br />
Effektivität außer Acht lassen (S. 5).<br />
Wir hoffen sehr, dass das Lesen dieser Ausgabe ganz weit oben auf<br />
ihrer Prioritätenliste Platz findet!<br />
Herzlichst<br />
Ihre<br />
Familie <strong>Backhaus</strong><br />
Ausgabe 76 3 KIM
J e d e r Mensch <strong>braucht</strong> s e i n e <strong>Zeit</strong>!<br />
Und dazu müssen die sozialpädagogischen Praktiker<br />
im richtigen Moment das Richtige tun. Hierzu ein<br />
Fallbeispiel:<br />
Der 8-jährige Clemens (Name geändert) ist in <strong>seine</strong>r<br />
Profifamilie ® schon seit langem „angekommen". In<br />
ihm ist eine Bindung zur Profimutter, zu deren Mann<br />
<strong>und</strong> zu den anderen <strong>Kind</strong>ern in der Familie herangewachsen.<br />
Auch geht Clemens gerne zur Schule, nimmt mit<br />
Aufmerksamkeit am Unterricht teil <strong>und</strong> hat in der<br />
Schule Fre<strong>und</strong>e gewonnen.<br />
Zwischen der Profimutter <strong>und</strong> der Schule besteht<br />
guter Kontakt.<br />
Zwischen der Profimutter <strong>und</strong> der Erziehungsleiterin<br />
im 30 km entfernten Pädagogischen Zentrum (PZ)<br />
besteht ein reger <strong>und</strong> einvernehmlicher Austausch<br />
über alle auftretenden <strong>und</strong> alle vorausschaubaren<br />
relevanten pädagogischen Fragen.<br />
Clemens nimmt mit Begeisterung an den jährlichen<br />
Zeltfreizeiten der GfS teil, er respektiert die Erziehungsleiterin<br />
nicht nur, sondern er schätzt sie sehr.<br />
Gerade hat er auf der Freizeit als Antwort auf immer<br />
besser werdende Kooperation viele 'Sonnen' zugeteilt<br />
bekommen.<br />
Sein Lebensumfeld ist insgesamt harmonisch <strong>und</strong><br />
fruchtbringend für ihn, er erlebt sein steigerndes<br />
Wohlbefinden, <strong>und</strong> das nach einer schwer belasteten<br />
Herkunft. Leider ändert sich sein Verhalten umständehalber<br />
von einem Tag auf den anderen mehr<br />
als drastisch.<br />
Zum Beginn des neuen Schuljahres, nicht lange<br />
nach Ende der diesjährigen Zeltfreizeit, bekommt<br />
Clemens eine neue Klassenlehrerin <strong>und</strong> als weitere<br />
unvertraute Neuerung diverse Fachlehrer.<br />
Fachlehrer waren ihm bis dato nicht geläufig, Schule<br />
bedeutete für ihn das vertraute <strong>und</strong> vertrauenswürdige<br />
Gesicht <strong>seine</strong>r bisherigen Klassenlehrerin. Auf<br />
die neue Situation reagiert er folgendermaßen: Er<br />
beschimpft die neue Klassenlehrerin wie aus heiterem<br />
Himmel massiv mit schmutzigsten Worten. Auf<br />
die Versuche <strong>seine</strong>r neuen Klassenlehrerin, ihn verbal<br />
zu stoppen, reagiert er nur noch lauter <strong>und</strong> verächtlicher.<br />
Da der Unterricht in Gänze von Clemens<br />
zu Lasten der Klasse „aufgemischt" ist <strong>und</strong> bleibt,<br />
soll er zeitweilig den Klassenraum verlassen. Jedoch:<br />
Er geht nicht, muss erst am Arm ergriffen<br />
werden <strong>und</strong> mit sanftem Druck hinausexpediert werden.<br />
Diese Aktion wirbelt die Klasse umso mehr<br />
durcheinander. Da Clemens sich nicht auf einen für<br />
den Schulunterricht akzeptablen Level zurückschalten<br />
kann, wird die Profimutter angerufen <strong>und</strong> gebeten,<br />
ihn umgehend abzuholen.<br />
Die Profimutter bespricht im Telegrammstil telefonisch<br />
mit der Erziehungsleiterin. Ergebnis: Es muss<br />
s o f o r t gehandelt werden!<br />
Absprachegemäß organisiert die Profimutter einen<br />
bald möglichen Gesprächstermin mit allen Beteiligten,<br />
am besten noch am selben Tag.<br />
So geschah es, die Schule stimmte zu.<br />
Zwar ließen der Terminkalender der Erziehungsleiterin<br />
<strong>und</strong> die Tagesplanung der Profimutter die Wahrnehmung<br />
eines Kriseninterventionsgesprächs am<br />
Tage des Geschehens eigentlich nicht zu, doch die<br />
theorie- <strong>und</strong> erfahrungsbasierte Intuition der Erziehungsleiterin<br />
ließ sie ihren geplanten Tagesterminablauf<br />
unterbrechen. Stattdessen fuhr sie umgehend<br />
mit kollegialer Begleitung eines weiteren Erziehungsleiters<br />
in die Schule zu dem kurzfristig verabredeten<br />
Zusammentreffen von Profimutter, Schulleiter<br />
<strong>und</strong> Klassenlehrerin. Es war die 'gefühlte' Einschätzung<br />
vorherrschend, dass es für Clemens zu<br />
einer einschneidenden Änderung der Schul- <strong>und</strong><br />
Lebenssituation kommen werde, wenn die Erziehungsleitung<br />
nicht umgehend interveniere. Dadurch<br />
wären sehr wahrscheinlich alle guten Ansätze bei<br />
Clemens hinfällig geworden.<br />
Der weitere Verlauf zeigte tatsächlich: Wäre die<br />
günstige Gelegenheit eines sofortigen Zusammentreffens<br />
nicht ergriffen worden, hätte man diesen<br />
<strong>Zeit</strong>punkt verstreichen lassen <strong>und</strong> erst einmal im<br />
Gefüge der Terminkalender aller Beteiligten nach<br />
einem passenden Termin zu einem späteren <strong>Zeit</strong>punkt<br />
gesucht, dann hätte es höchstwahrscheinlich<br />
keine weitere Beschulung von Clemens in dieser für<br />
ihn wichtigen Schule geben können, oder es wären<br />
zumindest im Nachhinein langwierige Auseinandersetzungen<br />
gefolgt, um für Clemens die vertraute<br />
Lebenswelt zu retten. Solche Auseinandersetzungen<br />
hätten das Klima zwischen Schule <strong>und</strong> GfS nicht<br />
gerade verbessert, wären also kontraproduktiv für<br />
die notwendige Kooperation zugunsten von Clemens<br />
gewesen.<br />
Die intuitive Entscheidung, in diesem Moment das<br />
für richtig Erachtete mit höchstmöglicher Schnelligkeit<br />
zu tun, transportierte anstelle langwieriger Auseinandersetzungen<br />
in der Folge eines verspäteten<br />
Handelns nunmehr folgende Botschaften:<br />
a) Das Dilemma, in dem sich Schulleiter, Klassenlehrerin<br />
<strong>und</strong> die ganze Klasse befinden, ist der Erziehungsleitung<br />
keineswegs gleichgültig. Ihr liegt an<br />
einer schnellen Lösung <strong>und</strong> Entspannung der Situation.<br />
((-ein terminplangerechter, Tage späterer Termin<br />
dagegen hätte eher signalisiert: Komme ich<br />
heute nicht, komme ich morgen. So dringlich wird es<br />
ja wohl schon nicht sein. Außerdem: Die Schule wird<br />
ja wohl Mittel <strong>und</strong> Wege haben, ein solches, doch<br />
nicht ungewöhnliches Problem, mit erzieherischen<br />
Mitteln selbst zu lösen. Was sollen wir da gleich auf<br />
der Matte stehen.-)) Stattdessen wurde die Ratlosigkeit<br />
der Schule anerkannt, ohne der Schule einen<br />
Gesichtsverlust beizufügen.<br />
b) Das Verhalten von Clemens zieht ohne <strong>Zeit</strong>verzug<br />
eine Konsequenz nach sich, nämlich dass alle<br />
verantwortlichen Erwachsenen zu einer abzusprechenden<br />
Position finden <strong>und</strong> dann zeigen, dass sie<br />
an einem Strang ziehen <strong>und</strong> dem <strong>Kind</strong> gemeinsam<br />
Ausgabe 76 4 KIM
deutlich machen, was sein muss <strong>und</strong> was nicht geht,<br />
wenn man die Zukunftsvorstellungen von Clemens<br />
berücksichtigt.<br />
c) Erziehungsleiterin <strong>und</strong> Profimutter übernehmen<br />
sofort Verantwortung. Sie wenden Energie <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong><br />
auf <strong>und</strong> zeigen damit, dass ihnen der weitere Weg<br />
von Clemens auf gar keinen Fall gleichgültig ist. Und<br />
dass ihnen die Unterrichtssituation ebenso wenig<br />
gleichgültig ist. Dadurch ziehen sie alle beteiligten<br />
zuständigen Erwachsenen mit hinein in eine Verantwortung<br />
zugunsten von Clemens, ausgehend von<br />
der Vermutung, dass es zwischen allen eine annäherungsweise<br />
ähnliche pädagogische Wert- <strong>und</strong><br />
Zielvorstellung gibt.<br />
Solche Haltung zu aktualisieren <strong>und</strong> entsprechendes<br />
Verhalten auf den Weg zu bringen, war nur möglich<br />
in Gesprächen zu dem <strong>Zeit</strong>punkt frisch nach dem<br />
Vorfall. Tage später hätte sich die anfängliche Meinung<br />
auf Seiten der Schule ‚wie lange sollen wir das<br />
alles aushalten, dafür sind wir nicht mit den notwendigen<br />
pädagogischen Mitteln ausgestattet' vermutlich<br />
längst verfestigt.<br />
In unserem Fallbeispiel allerdings führte die Geschwindigkeit<br />
zur Flexibilität des konstruktiven Mitdenkens<br />
auf allen Seiten.<br />
Clemens betreffend konnte den Schulpädagogen<br />
gegenüber deutlich gemacht werden, dass <strong>seine</strong><br />
innere Uhr phasenweise anders tickt als der Organisations-<br />
<strong>und</strong> <strong>Zeit</strong>ablauf der Schule. Er <strong>braucht</strong> viel<br />
mehr <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> Lebensenergie als die meisten anderen<br />
<strong>Kind</strong>er, um in einer gr<strong>und</strong>legend für ihn veränderten<br />
Situation wieder neu Vertrauen fassen zu<br />
können, denn gr<strong>und</strong>sätzlich erlebt er neue Umstände<br />
<strong>und</strong> neue Gesichter zunächst einmal als gegen<br />
sich gerichtet. Die Sozialpädagogen erkennen an<br />
<strong>und</strong> verstehen, dass eine Schule "nicht ewig" abwarten<br />
kann, bis ein <strong>Kind</strong> sich wieder einklinkt. Deswegen<br />
arbeiten sie mit Nachdruck daran, Clemens'<br />
Wahrnehmungsfähigkeit <strong>und</strong> Wahrnehmungsbereitschaft<br />
für ihm entgegengebrachte Wertschätzung in<br />
der Schule stärken, nachdem alle anerkennen, dass<br />
er mehr <strong>Zeit</strong> als andere benötigt, um Vertrauen zu<br />
gewinnen. Mehr <strong>Zeit</strong> wird er überhaupt brauchen,<br />
nicht nur hier.<br />
Weiter übernehmen die Sozialpädagogen die Verantwortung<br />
dafür, der Klassenlehrerin anhand der<br />
Vorgeschichte von Clemens zu erklären, dass mit<br />
den Anfeindungen <strong>und</strong> der Ablehnung nicht sie ge-<br />
meint ist. Man kann sichtbar machen, in welcher<br />
Weise sie zur Projektionsfläche zum Abarbeiten<br />
alter Traumata wurde. Auch kann man ihr vorschlagen,<br />
Clemens zu helfen, sich von <strong>seine</strong>r ‚alten Geschichte'<br />
zu befreien. Bei spürbaren Änderungen<br />
<strong>seine</strong>s Verhaltens kann er überdies mit den ihm von<br />
der Freizeit her vertrauten Anerkennungen („Sonnen")<br />
belohnt werden.<br />
Sodann wird Clemens zukünftig regelmäßig von der<br />
von ihm hochgeschätzten <strong>und</strong> respektierten Erziehungsleiterin<br />
zuhause besucht werden. Dabei wird<br />
dann sein Verhalten besprochen <strong>und</strong> mit ihm bilanziert.<br />
Clemens ist als handelndes Subjekt (nicht zu behandelndes<br />
Objekt) in den Steuerungsprozess <strong>seine</strong>s<br />
Lebens einbezogen, indem er weiß: „Ich will in<br />
dieser Familie leben, ich will meine Fre<strong>und</strong>e in der<br />
Schule nicht verlieren. Und eigentlich gehe ich gern<br />
zur Schule."<br />
Er weiß auch, dass ihm alle helfen wollen, <strong>seine</strong><br />
ausfälligen Attacken zu überwinden, damit er gemäß<br />
<strong>seine</strong>m Willen leben kann. Aber das handelnde Subjekt<br />
ist er selbst, <strong>und</strong> alles wird dann zu dem von<br />
ihm gewünschten Ziele kommen, wenn er eine Veränderung<br />
<strong>seine</strong>s Verhaltens will <strong>und</strong> mit Hilfe bewerkstelligt.<br />
Hilfe ist von außen möglich, der Wille<br />
zur Erreichung <strong>seine</strong>s Zieles <strong>und</strong> zur Verhaltensänderung<br />
muss in ihm selbst angelegt sein.<br />
Alles wird <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> brauchen, <strong>seine</strong> Clemens-<strong>Zeit</strong>.<br />
Und die wird zunächst nicht unbedingt übereinstimmen<br />
mit dem Rhythmus der Schule. Aber nun werden<br />
alle Erwachsenen soweit ihnen das irgend möglich<br />
ist, acht geben, dass Clemens auf <strong>seine</strong>m Weg<br />
zum guten Ziel Raum <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong> gegeben wird.<br />
Die Klassenlehrerin hat ihm ihre Wertschätzung<br />
deutlich, aber nicht erdrückend, übermittelt <strong>und</strong> wird<br />
das weiter tun.<br />
Und Clemens hat sich murmelnd, aber verstehbar,<br />
bei ihr für <strong>seine</strong> Beleidigungen entschuldigt <strong>und</strong> ihr<br />
ein selbstgemaltes Bild geschenkt.<br />
<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, insbesondere<br />
der kleine Clemens.<br />
Helga Treblin<br />
Erziehungsleiterin<br />
GfS Aurich<br />
Muße - was ist das <strong>und</strong> wie geht das?<br />
Beim Recherchieren zu dem Thema „<strong>Zeit</strong>“ habe ich<br />
einen interessanten Artikel in der ZEIT ONLINE -<br />
Wissen: „Die Wiederentdeckung der Muße“ gef<strong>und</strong>en.<br />
Der Autor bezeichnet die Muße als „Pausen des<br />
Geistes“ <strong>und</strong> beschreibt wie wichtig diese Pausen<br />
sind. „Wenn er sich zum Mittagschlaf zurückzog,<br />
hängte der französische Dichter Saint-Pol-Roux an<br />
<strong>seine</strong> Tür das Schild ‚Poet bei der Arbeit‘. Denn er<br />
wusste: Müßiggang ist aller Ideen Anfang. Wirklich<br />
schöpferische Einfälle kommen einem am ehesten<br />
Ausgabe 76 5 KIM
dann, wenn man sie nicht zu erzwingen versucht.<br />
Das gilt beileibe nicht nur für die Poesie. Die Erleuchtung<br />
zu <strong>seine</strong>r Gravitationstheorie kam Isaac<br />
Newton, als er im heimischen Obstgarten versonnen<br />
einen Apfel betrachtete (dass ihm dieser auf den<br />
Kopf fiel, ist allerdings eine Legende). Dem Chemiker<br />
Friedrich Kekulè offenbarte sich die lang gesuchte<br />
Struktur des Benzolrings im Traum. Und Renè<br />
Descartes, der Begründer des modernen Rationalismus,<br />
entwickelte <strong>seine</strong> Gedanken mit Vorliebe<br />
morgens im Bett.“ (<strong>Zeit</strong>-Online-Wissen). Man muss<br />
nicht nur berühmte Beispiele heranziehen, sondern<br />
jeder von uns kennt diese Situation, dass in einer<br />
Phase des Müßiggangs schöpferische Ideen entspringen<br />
oder plötzlich Ideen für kreative Lösungen<br />
von Arbeitsaufgaben oder Problemen da sind - <strong>und</strong><br />
das ganz ohne Anstrengung. Oftmals entsteht eine<br />
Leichtigkeit <strong>und</strong> plötzlich fällt es einen wie „Schuppen<br />
von den Augen“ <strong>und</strong> die Lösung ist da.<br />
Aber der Autor entwickelt weiter: „Heute würde Descartes<br />
vermutlich morgens aus dem Bett springen,<br />
<strong>seine</strong>n Laptop einschalten <strong>und</strong> als Erstes das elektronische<br />
Postfach checken. Dort würde eine Flut<br />
von E-Mails auf ihn warten <strong>und</strong> für die Entwicklung<br />
des Kartesianismus bliebe keine <strong>Zeit</strong>.“ (a.a.O.)<br />
Immer mehr fehlt heute die Muße zum Nachdenken.<br />
Dies geht sowohl den Wissenschaftlern so, wie auch<br />
dem Rest der Gesellschaft: Managern, Politikern,<br />
Selbständigen <strong>und</strong> Angestellten, alle klagen über<br />
<strong>Zeit</strong>mangel <strong>und</strong> dem ständigen Gefühl unter Druck<br />
zu stehen. Jeder weiß es, jeder klagt darüber, aber<br />
irgendwie genießen es viele auch. So richtig wollen<br />
wir von den hektischen Gewohnheiten nicht wirklich<br />
lassen.<br />
„Wer die Kunst des Müßiggangs erlernen will, tut gut<br />
daran, sich zunächst einmal mit all jenen Mechanismen<br />
auseinanderzusetzen, die ihr entgegenstehen.<br />
Vier Hürden sind es, auf die man bei dieser<br />
Selbererforschung immer wieder stößt.“ (a.a.O.)<br />
Die erste Hürde ist, der Gedanke es handelt sich um<br />
ein individuelles Problem, dass man durch z.B. besseres<br />
<strong>Zeit</strong>management lösen könnte, also wird der<br />
Alltag immer mehr durchstrukturiert. Hinzu kommt,<br />
da es mittlerweile ein kollektives Problem ist, fällt es<br />
schwer, sich zwischen lauter gehetzten Menschen,<br />
entspannt dem Müßiggang hinzugeben.<br />
Ein zweites Hindernis ist der Gedanke auch unsere<br />
Freizeit muss organisiert werden: Muße bedeutet<br />
nicht Wellness <strong>und</strong> Fitness, Muße unterliegt keinem<br />
Nützlichkeitsdenken, es ist keine funktionelle Methode<br />
die Schaffenskraft wieder herzustellen. „Die<br />
Muße unterlag keiner Verwertungslogik; man fragte<br />
nicht, was etwa das Philosophieren am Ende ‚bringe‘,<br />
der Müßiggang war sich selbst genug, ein Lebenswert<br />
an sich.“ (a.a.O.)<br />
Gerade dieses Zulassen von Nichtstun haben wir<br />
verlernt zuzulassen. Aber neurobiologische Experi-<br />
mente zeigen, dass das Gehirn offenbar immer wieder<br />
<strong>Zeit</strong>en des Nichtstuns <strong>braucht</strong> - „ein gewisser<br />
Leerlauf im Kopf ist für unsere geistige Stabilität<br />
geradezu unabdingbar.“<br />
Das dritte Hindernis ist ein ständiger Erwartungsdruck.<br />
Als Erwerbstätiger stehen auch die Wochenenden<br />
<strong>und</strong> die Urlaube unter Erfolgsdruck – jetzt<br />
muss alles nachgeholt werden, Familie, Hobby,<br />
Sport, Fre<strong>und</strong>e - aber dabei stellt sich die Ruhe nicht<br />
ein. Auch zeigt sich, dass Arbeitslose mit dem<br />
Nichtstun oft nichts anfangen können. In einer Leistungsgesellschaft<br />
kann Nichtstun kein Genuss sein.<br />
Das vierte Hindernis ist der Wunsch nach mehr<br />
Wohlstand <strong>und</strong> das Mehr an Möglichkeiten. Kaum<br />
hat man alle Prospekte gewälzt <strong>und</strong> eine Kamera<br />
gekauft, findet man ein Sonderangebot gerade für<br />
diese Kamera. Und wie schnell ist die neu erworbene<br />
Kamera auch schon wieder veraltet. „Der amerikanische<br />
Psychologe Barry Schwartz hat in Studien<br />
gezeigt, dass ein Zuwachs an Wohlstand, sobald er<br />
ein gewisses Gr<strong>und</strong>niveau überschreitet, die Menschen<br />
eher unglücklich macht. Ein Gr<strong>und</strong> dafür, sagt<br />
Schwartz, sei die enorm gestiegene Wahlfreiheit in<br />
allen Bereichen des Lebens. Wer zwischen einer<br />
kaum zu überschauenden Zahl von Fernsehkanälen<br />
oder Joghurtmarken wählen muss, gewinnt nicht an<br />
Freiheit - wie die Werbung suggeriert -, sondern<br />
erhöht <strong>seine</strong>n Stresspegel. „Kurioserweise versuchen<br />
wir diesen Frust oft mit just demselben Mittel<br />
zu bekämpfen, das ihn uns beschert hat: mit weiteren<br />
Konsum. Wer sich gestresst fühlt, bucht den<br />
Entspannungskurs, wer die Hausmusik vermisst,<br />
gönnt sich neue CDs, wer unter <strong>Zeit</strong>druck leidet,<br />
kauft den Ratgeber zum <strong>Zeit</strong>management - so, als<br />
ob man sich mit dem Buch oder der CD die <strong>Zeit</strong> zum<br />
entspannten Lesen oder Hören gleich mitkaufen<br />
könnte.“ (a.a.O.)<br />
Muße ist ein sich „Einlassen-Können“, ein Versinken<br />
in die Tätigkeit, die man gerade tut, sei es Nachdenken,<br />
Lesen, Musik-Hören, Gartenarbeit. Es ist Eigenzeit<br />
<strong>und</strong> immer durch eine Eigenschaft charakterisiert:<br />
„Muße ist die Übereinstimmung zwischen mir<br />
<strong>und</strong> dem, worauf es in meinem Leben ankommt“.<br />
Und jetzt beginnt für mich das Wochenende, aber<br />
die Betten müssen bezogen werden <strong>und</strong> der Garten<br />
muss vom Unkraut befreit werden. Was nun? Vielleicht<br />
gelingt es ja das Bettenbeziehen mit Muße zu<br />
gestalten <strong>und</strong> nicht als schnell zu erledige Arbeit,<br />
damit dann endlich die Mußezeit beginnt.<br />
Literatur:<br />
www.zeit.de/2010/01/Die-Wieder<br />
entdeckung-des-Nichtstuns<br />
Marion Wischka<br />
Abteilungsleitung<br />
GfS Emsland<br />
Ausgabe 76 6 KIM
„Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als die <strong>Zeit</strong>.“<br />
„Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als<br />
die <strong>Zeit</strong>.“<br />
Ludwig van Beethoven<br />
„Genieße den Augenblick“, „lass Dir <strong>Zeit</strong>“, „halt doch<br />
mal an“, all solche Aussagen kennt ein jeder von<br />
uns.<br />
Wenn im Alltag das Gefühl entsteht, im Trubel aus<br />
dem Gleichgewicht zu geraten, tragen kleine Pausen<br />
oder ein ruhiger Abend dazu bei, neue Energien<br />
zu sammeln. Ob wir uns hetzen lassen oder in Ruhe<br />
die Aufgaben des Tages angehen, ist unsere freie<br />
Entscheidung. Und nicht immer erreichen wir durch<br />
übereiltes Hetzen unser Ziel zum geplanten <strong>und</strong><br />
angestrebten <strong>Zeit</strong>punkt.<br />
Hierzu eine kleine Erzählung:<br />
Till Eulenspiegel ging eines Tages des Weges daher,<br />
als ihn eine Kutsche mit hoher Geschwindigkeit<br />
überholte. Der Kutscher fragte ihn beim Überholen:<br />
„Hey, wie lange brauchen wir noch bis zur nächsten<br />
Stadt?“<br />
Till Eulenspiegel erwiderte: „Wenn ihr langsam fahrt,<br />
eine halbe St<strong>und</strong>e. Wenn ihr aber weiter so rast,<br />
einen halben Tag.“<br />
Der Kutscher fand kaum <strong>Zeit</strong>, sich zu bedanken,<br />
sondern raste noch schneller davon.<br />
Eine <strong>Zeit</strong> später fand Till Eulenspiegel die Kutsche<br />
im Straßengraben. Der Kutscher versuchte gerade,<br />
das Ganze zu reparieren. Vorwurfsvoll blickte er<br />
hoch.<br />
Till Eulenspiegel lachte <strong>und</strong> sagte: „Ich sagte doch,<br />
wenn ihr weiter so rast, benötigt ihr einen halben<br />
Tag.“<br />
Beschreibt diese Geschichte nicht genau unsere<br />
<strong>Zeit</strong>, in der wir heute leben. Wir haben ständig das<br />
Gefühl, die <strong>Zeit</strong> sei nicht auf unserer Seite. Immer<br />
flieht sie <strong>und</strong> nichts kann sie aufhalten. So ist es uns<br />
häufig kaum möglich, die Ziele, die wir uns für den<br />
heutigen Tag gesteckt haben, auch erreichen zu<br />
können, ohne dass Gefühl am Ende des Tages zu<br />
haben, der Tag müsste uns noch mehr St<strong>und</strong>en zur<br />
Verfügung stellen.<br />
„Man verliert die meiste <strong>Zeit</strong> damit, das man <strong>Zeit</strong><br />
gewinnen will“,<br />
so John<br />
Steinbeck.<br />
Lothar J. Seiwert,(führender<br />
Experte für<br />
<strong>Zeit</strong>- <strong>und</strong> Lebensmanagement)<br />
fordert<br />
uns in <strong>seine</strong>m<br />
Buch auf, bewusst<br />
zu „entschleunigen“,<br />
sich nicht hetzen lassen, in Ruhe die Aufgaben des<br />
Tages anzugehen. Vielmehr empfiehlt er, auf unsere<br />
innere Uhr zu schauen, unsere <strong>Zeit</strong> danach zu managen,<br />
die Tätigkeiten sinnvoll zu verbinden, die<br />
gewonnene <strong>Zeit</strong> für uns zu nutzen <strong>und</strong> unserem<br />
Leben damit zu mehr Qualität zu verhelfen. Lothar J.<br />
Seiwert zeigt in <strong>seine</strong>m Buch auf, wie man dazu<br />
<strong>seine</strong> Lebensrollen festlegt, einen Jahreszielplan<br />
<strong>und</strong> eine Prioritätenliste für jede Woche aufstellt <strong>und</strong><br />
schließlich lernt, das <strong>Zeit</strong>management für jeden Tag<br />
in den Griff zu bekommen - produktive Langsamkeit!<br />
So eröffnen sich neue Perspektiven, können Augenblicke<br />
<strong>und</strong> Situationen genau beobachtet <strong>und</strong> auch<br />
ausgekostet werden, Erstaunliches entdeckt werden,<br />
Lassen wir auch einmal bewusst den Dingen <strong>Zeit</strong>,<br />
sich entwickeln zu können. Wie lange dauert es, bis<br />
man die Äpfel eines Baumes pflücken kann, den<br />
man gepflanzt hat! Es fällt uns schwer, geduldig auf<br />
etwas zu warten. Was wir uns wünschen, soll gleich<br />
geschehen.<br />
Um den Wert eines Jahres zu erfahren,<br />
frage einen Studenten, der im Schlussexamen<br />
durchgefallen ist.<br />
Um den Wert eines Monates zu erfahren,<br />
frage eine Mutter, die ihr <strong>Kind</strong> zu früh zur Welt gebracht<br />
hat.<br />
Um den Wert einer Woche zu erfahren,<br />
frage den Herausgeber einer Wochenzeitschrift.<br />
Um den Wert einer St<strong>und</strong>e zu erfahren,<br />
frage Verliebte, die darauf warten, sich zu sehen.<br />
Um den Wert einer Minute zu erfahren,<br />
frage jemanden, der <strong>seine</strong>n Zug, <strong>seine</strong> Bahn, <strong>seine</strong>n<br />
Flug verpasst hat.<br />
Um den Wert einer Sek<strong>und</strong>e zu<br />
erfahren,<br />
frage jemanden, der einen Unfall<br />
erlebt hat.<br />
Um den Wert einer Millisek<strong>und</strong>e<br />
zu erfahren, frage jemanden, der<br />
bei den olympischen Spielen eine Silbermedaille<br />
gewonnen hat.<br />
(Verfasser unbekannt)<br />
In diesem Sinne wünsche ich Euch die Möglichkeit,<br />
hin <strong>und</strong> wieder Eure <strong>Zeit</strong> selber einteilen zu können:<br />
einen Milchkaffee lang zu telefonieren, eine CD lang<br />
in der Wanne zu liegen…..<br />
Renate Weusthof<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Emsland/ Schapen<br />
Ausgabe 76 7 KIM
„Endlich mal <strong>Zeit</strong> haben“, diesen Gedanken <strong>und</strong><br />
tiefen Wunsch, endlich mal <strong>Zeit</strong> zu haben für alle<br />
Dinge, die immer liegen bleiben: für das Hobby, für<br />
Haus <strong>und</strong> Garten, für Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Post, für Kreativität,<br />
für übergreifendes Engagement oder oder oder.<br />
Eine Urlaubszeit zu Hause kann fast jeder gut gestalten<br />
<strong>und</strong> genießen. Wie lange man freie <strong>Zeit</strong> als<br />
bereichernden Freiraum nutzen kann oder wie<br />
schnell man bedrohliche, gähnende Leere empfindet,<br />
da hat wohl jeder <strong>seine</strong> persönliche „Schmerzgrenze“.<br />
Oft hört man von Menschen, die mit dem<br />
Renteneintritt, Arbeitslosigkeit oder ähnlichen Situationen,<br />
(bei denen nicht Krankheit o.ä. zum zu Hause<br />
bleiben zwingt), wenn plötzlich jede Menge <strong>Zeit</strong><br />
einfach da ist <strong>und</strong> genutzt werden könnte, in ein<br />
tiefes Loch fallen. Die freie <strong>Zeit</strong> erstreckt sich unübersichtlich,<br />
unerbittlich, lähmend <strong>und</strong> sinnlos vor<br />
den Menschen. Und selbst zu den Dingen, die man<br />
immer schon tun wollte, fehlen der Antrieb <strong>und</strong> die<br />
Freude darauf. Na klar, Arbeit ist für viele Menschen<br />
ein sinngebendes Element <strong>und</strong> ihr Wegfallen kann<br />
zu einer Krise führen. Warum aber gelingt es nicht,<br />
sich aus der Lethargie zu befreien?<br />
Mein Denken über dieses Thema ist von der Transaktionsanalyse<br />
(TA) geprägt, mit der ich mich seit<br />
langem in Weiterbildung beschäftige. Jeder Mensch<br />
hat laut Eric Berne, dem Begründer der TA, drei<br />
(psychologische) Gr<strong>und</strong>bedürfnisse, nämlich nach<br />
Struktur (Strukturhunger), Stimulierung <strong>und</strong> Anerkennung.<br />
Auf die Gr<strong>und</strong>bedürfnisse nach Stimulierung<br />
<strong>und</strong> nach Anerkennung gehe ich hier nun nicht<br />
ein, <strong>und</strong> denkt man u.a. an Spitz´ Säuglingsforschung<br />
ist für das Gr<strong>und</strong>bedürfnis nach Stimulierung<br />
schon deutlich, was gemeint ist.<br />
Dass <strong>Kind</strong>er Struktur brauchen, ist jedem, der mit<br />
<strong>Kind</strong>ern je zu tun hatte, klar. Dass es sich aber um<br />
ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis handelt <strong>und</strong> damit für jeden<br />
Menschen, auch Erwachsene, existentiell wichtig ist,<br />
halte ich für einen interessanten Gedanken <strong>und</strong> eine<br />
wichtige These 2 . Denn damit ist nicht nur ein Recht<br />
auf Strukturgebung, sondern auch eine Notwendigkeit<br />
dazu sowie die zu erlernende Fähigkeit, für <strong>seine</strong><br />
Befriedigung zu sorgen, verb<strong>und</strong>en. In der Folge<br />
bedeutet fehlende Struktur, dass ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />
nicht befriedigt ist. Verfügt ein Mensch nicht über die<br />
Fähigkeit, dieses Bedürfnis zu befriedigen, kann es<br />
zu z.B. psychischen Störungen kommen.<br />
Berne beschreibt 6 Möglichkeiten der Gestaltung der<br />
<strong>Zeit</strong> mit der gr<strong>und</strong>legenden Annahme, dass jede<br />
dieser Möglichkeiten ein Weg ist, unseren Struktur-<br />
Hunger zu befriedigen (allein wegen dieses schönen<br />
Begriffs lohnt es sich schon, sich mit der TA zu<br />
beschäftigen! ☺).<br />
2 Die These, ob das Bedürfnis nach Struktur wirklich<br />
ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis ist, wird innerhalb der TA diskutiert.<br />
Nichtsdestotrotz finde ich sie interessant <strong>und</strong><br />
insofern berichtenswert.<br />
Gestaltung der <strong>Zeit</strong><br />
Berne benennt als die 6 Arten der Gestaltung der<br />
<strong>Zeit</strong> Rückzug, Rituale, <strong>Zeit</strong>vertreib, Aktivität,<br />
Psychologische Spiele <strong>und</strong> Intimität (im Sinne<br />
der TA). Kurz zu den Begriffen: Rückzug <strong>und</strong> Rituale<br />
verstehen sich von selbst. <strong>Zeit</strong>vertreib meint<br />
eine unverbindliche Unterhaltung, z.B. Partygespräche.<br />
Unter Aktivität versteht Berne eine sinnvolle<br />
<strong>und</strong> zielgerichtete Tätigkeit, z.B. Arbeit oder Hobbys.<br />
Mit psychologischen Spielen meint Berne eine Begegnung<br />
oder Beziehung, bei der ein unausgesprochenes<br />
oder uneingestandenes Motiv eine Rolle<br />
spielt <strong>und</strong> am Ende der Interaktion beide Seiten<br />
unzufrieden zurückbleiben (z.B. wie bei Loriots<br />
„Hermann, was machst du?“ „Ich mache nichts!“).<br />
Intimität im Sinne der TA meint eine offene, aufrichtige,<br />
uneigennützige <strong>und</strong> spielfreie Begegnung.<br />
Die unterschiedlichen Arten der <strong>Zeit</strong>strukturierung<br />
sollen nicht wertend betrachtet werden, keine der<br />
Arten ist besser oder schlechter als die andere. Die<br />
Wahl einer Art von <strong>Zeit</strong>strukturierung sowie auch die<br />
Zufriedenheit damit hängt von der Situation ab, in<br />
der man sich befindet, denn in jeder Situation ist<br />
unterschiedliches angemessen. Auch bevorzugt<br />
jeder Mensch mal mehr die eine Art <strong>und</strong> weniger die<br />
andere. „Es besteht ein Unterschied, ob es sich z.B.<br />
um einen geschäftlichen Kontakt oder um eine Liebesbeziehung<br />
handelt. Die individuellen Muster der<br />
Gestaltung der <strong>Zeit</strong> werden aus dem in der <strong>Kind</strong>heit<br />
Erlebten, vom Temperament <strong>und</strong> dem persönlichen<br />
Stil geprägt. („TransaktionsAnalyse“; G. Hennig <strong>und</strong><br />
G. Pelz; Junfermann 2002, S. 68, 69).<br />
Sich darüber bewusst zu werden, welche Arten der<br />
Strukturierung der <strong>Zeit</strong> man bevorzugt, kann anregend<br />
sein <strong>und</strong> man lernt sich ein bisschen besser<br />
kennen - auch dahingehend, ob man das Risiko<br />
menschlicher Nähe <strong>und</strong> Auseinandersetzung eingehen<br />
mag.<br />
Denn je nachdem, wie man bevorzugt <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />
gestaltet, lässt man z.B. mehr oder weniger Nähe zu<br />
oder vermeidet das Risiko von Enttäuschung, Auseinandersetzung<br />
o.ä..<br />
In unserer Arbeit wird das oben genannte – neben<br />
dem Wissen um die Bedeutung von Struktur - für<br />
mich dann interessant, wenn das Modell zur Analyse<br />
verwendet wird <strong>und</strong> ich damit die Neigungen z.B.<br />
eines <strong>Kind</strong>es, die <strong>Zeit</strong> zu strukturieren, betrachte.<br />
Bleiben die Kontakte oft unbefriedigend? Spielt das<br />
<strong>Kind</strong> viele psychologische Spiele? Zieht es sich über<br />
die Maßen zurück? Wie könnte ich es anregen <strong>und</strong><br />
ermutigen, das Risiko einzugehen, sich auf Nähe<br />
einzulassen? Welche Erfahrungen hat das <strong>Kind</strong><br />
gemacht <strong>und</strong> welche Bedingungen muss ich ihm<br />
bieten, damit es wagen kann, ein Bedürfnis zu äußern?<br />
Das Modell ist Anregung für einen anderen<br />
Blick auf Menschen <strong>und</strong> insofern hilfreich, um neue<br />
Wege zu entdecken.<br />
Ausgabe 76 8 KIM
Literatur:<br />
„Die Transaktionsanalyse“; Ian Stewart, Vann Joines,<br />
Herder Spektrum 2002<br />
„TransaktionsAnalyse“; Gudrun Hennig, Georg Pelz,<br />
Junfermann 2002<br />
„Handbuch der Transaktionsanalyse“, Leonhard<br />
Schlegel, 2002<br />
Immer häufiger erleben wir <strong>Kind</strong>er, die heutzutage<br />
viele Verpflichtungen <strong>und</strong> Termine eingeb<strong>und</strong>en<br />
sind. Vormittags sind sie in der Schule, das schulische<br />
Nachmittagsangebot ist mit gebucht, montags<br />
ist Tanzen <strong>und</strong> dienstags Schwimmen, einmal wöchentlich<br />
gibt es Nachhilfe in Mathe <strong>und</strong> dann noch<br />
in Englisch, in der <strong>Kind</strong>ergruppe der Kirchengemeinde<br />
wird freitags Flöte gespielt <strong>und</strong> am Wochenende<br />
ist der Ausflug zum Stadtfest geplant...<br />
Bei einigen <strong>Kind</strong>ern ist der Terminkalender ähnlich<br />
wie in diesem Beispiel gut gefüllt.<br />
Doch bei allen durchaus sinnvollen Ansätzen einer<br />
Förderung des <strong>Kind</strong>es sei auch zu erwähnen: <strong>Jedes</strong><br />
<strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> freie <strong>und</strong> ganz unverplante <strong>Zeit</strong>.<br />
Amerikanische Forscher haben den Begriff des<br />
"Downshifting" geprägt. Das bedeutet so viel wie<br />
"sich herunterfahren". Sie erkannten, dass ein<br />
Mensch, der ständig gefordert wird, weniger leistet<br />
als der, der <strong>seine</strong> Ressourcen schont <strong>und</strong> <strong>seine</strong><br />
Kraft dosiert. Weniger ist also tatsächlich mehr.<br />
Die Sichtweise in der heutigen <strong>Zeit</strong> hat sich verändert.<br />
Zum Bild eines erfolgreichen Menschen gehört<br />
nicht mehr der Dauerstress. Im Gegenteil. Im Vordergr<strong>und</strong><br />
steht die Fähigkeit des Menschen, mit<br />
<strong>seine</strong>n eigenen Kräften sorgsam umzugehen <strong>und</strong><br />
inne zu halten.<br />
Was für Erwachsene gilt, muss erst recht für <strong>Kind</strong>er<br />
gelten. <strong>Kind</strong>er klagen nicht ohne Gr<strong>und</strong> zunehmend<br />
über Stress-Symptome wie Kopf- oder Magenschmerzen.<br />
Solche Symptome sind ernstzunehmende<br />
Hilferufe des Körpers nach mehr Ruhe. Erwachsene<br />
tragen die Verantwortung, für nötige Ruhe<br />
<strong>und</strong> Entspannung bei den <strong>Kind</strong>ern zu sorgen <strong>und</strong><br />
dafür, dementsprechende Phasen im Tagesablauf<br />
der <strong>Kind</strong>er reichhaltig zu reservieren.<br />
<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> für sich diese <strong>Zeit</strong>. Gemeint ist<br />
damit beispielsweise die <strong>Zeit</strong>, allein <strong>und</strong> ungestört im<br />
Zimmer zu sein <strong>und</strong> in einem Buch zu blättern. Es ist<br />
auch die <strong>Zeit</strong>, zu träumen <strong>und</strong> die Gedanken <strong>und</strong><br />
Ich habe keine <strong>Zeit</strong>, mich zu beeilen. Igor Strawinsky<br />
Kein F<strong>und</strong>büro ist zuständig für verlorene <strong>Zeit</strong>.<br />
Ernst R. Hauschka<br />
<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />
Zitate<br />
Karen Heimberg<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Oldenburg<br />
Erlebnisse auf Papier zu malen. Und es ist die <strong>Zeit</strong>,<br />
zum Nachdenken, zum auf der Wiese liegen <strong>und</strong> in<br />
den Strukturen der Wolken Figuren zu erkennen.<br />
Hierbei entsteht Kreativität. Impulse beim <strong>Kind</strong><br />
kommen aus der eigenen Verarbeitung des Erlebten<br />
<strong>und</strong> aus <strong>seine</strong>r Ruhe heraus - ganz anders als bei<br />
einer Überschüttung mit Anregungen von Außen.<br />
Schon bei Kleinstkindern können wir beobachten<br />
wie dieses Verarbeiten vor sich geht.<br />
Ein Beispiel: Ein <strong>Kind</strong> versucht sich immer wieder an<br />
einem Tisch hochzuziehen. Es möchte selbständig<br />
auf den eigenen Beinen stehen. Viele Male gelingt<br />
dies nicht <strong>und</strong> es fällt immer wieder auf den Teppich.<br />
Das <strong>Kind</strong> erlebt das, <strong>und</strong> es lernt <strong>und</strong> übt immer <strong>und</strong><br />
immer wieder, bis es selbständig stehen kann.<br />
Es ist die Natur, die dem <strong>Kind</strong> signalisiert. Übe solange,<br />
bis du es kannst. Es ist für deine Entwicklung<br />
notwendig. Ähnlich ist das auch bei älteren <strong>Kind</strong>ern.<br />
Nur wer <strong>Zeit</strong> hat, <strong>seine</strong> Eindrücke in Ruhe zu verarbeiten,<br />
kann sie untermauern <strong>und</strong> darauf aufbauend<br />
lernen. <strong>Kind</strong>er lernen ihre Fertigkeiten dann besonders<br />
intensiv wenn sie sich aus ihrem eigenen Interesse<br />
heraus beschäftigen können. Dazu <strong>braucht</strong> es<br />
frei verfügbare <strong>Zeit</strong> im Sinne eines notwendigen<br />
Freiraums.<br />
Auch Langeweile darf hier sein <strong>und</strong> wir dürfen davon<br />
ausgehen, dass jedes <strong>Kind</strong> in der Lage ist, Langeweile<br />
auch auszuhalten. Schon bald wird dem <strong>Kind</strong><br />
eine Idee entstehen <strong>und</strong> aus dieser Idee eine Beschäftigung.<br />
Bereits dann hat das <strong>Kind</strong> die Chance,<br />
eine Erfahrung zu machen, für eine<br />
gute unverplante <strong>Zeit</strong>.<br />
Tino Schwarz<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Aurich<br />
In jeder Minute, die man mit Ärger verbringt, versäumt<br />
man sechzig glückliche Sek<strong>und</strong>en.<br />
William Somerset Maugham<br />
Ausgabe 76 9 KIM
Achtsamkeit für den Augenblick<br />
Einen meiner Lieblingstexte verfasste der Philosoph,<br />
Dichter <strong>und</strong> Maler Kalil Gibran.<br />
Er wurde am 6.1.1883 im heutigen Libanon geboren<br />
<strong>und</strong> emigrierte 1895 in die USA, wo er am 10.4.1931<br />
in New York verstarb. Sein Werk gilt heute als Bindeglied<br />
zwischen Sufismus <strong>und</strong> Christentum.<br />
Es gibt immer wieder <strong>Zeit</strong>en, in denen das System<br />
der Profifamilie ® sozusagen wächst <strong>und</strong> - weil viele<br />
„Parteien“ mitwirken wollen <strong>und</strong> einbezogen sind -<br />
sehr komplex werden kann. Dann ähnelt die Beratungstätigkeit<br />
einer Erziehungsleitung bisweilen<br />
einem Artisten, der mit vielen Bällen jonglieren<br />
muss. Wie schnell kann da einer dieser Bälle hinunterfallen?<br />
Auch <strong>Zeit</strong>en des Umbruchs, der Neuorientierung,<br />
der Neustrukturierung z.B. in einer Firma verlangen<br />
von Mitarbeitern <strong>und</strong> Führungsebene wahre Kunststücke.<br />
In solchen Situationen kann der folgende Text, der<br />
Ihnen vielleicht schon einmal begegnet ist, hilfreich<br />
sein, sich auf das Wesentliche, den Augenblick, zu<br />
konzentrieren <strong>und</strong> behutsam <strong>und</strong> achtsam Schritt<br />
für Schritt im Sinne von „KiM“ voranzuschreiten.<br />
„Glücklich sein“<br />
Ein Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz <strong>seine</strong>r<br />
vielen Beschäftigungen immer so glücklich sein<br />
könne.<br />
Ich habe im letzten Monat meine Mutter beerdigen<br />
müssen <strong>und</strong> nachgedacht, was dies für ein Abschied<br />
ist. Sie hatte seit ihrem 49. Lebensjahr 8 Schlaganfälle<br />
<strong>und</strong> wurde immerhin 85 Jahre alt.<br />
Da war dieser Satz: „Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“ <strong>und</strong> bei<br />
genauerer Suche fand ich das Gedicht dazu.<br />
Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />
Ein jegliches hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>,<br />
<strong>und</strong> alles Vorhaben unter dem Himmel hat <strong>seine</strong><br />
St<strong>und</strong>e:<br />
geboren werden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, sterben hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>;<br />
pflanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, ausreißen, was gepflanzt ist,<br />
hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
töten hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, heilen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
abbrechen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, bauen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
weinen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, lachen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
klagen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, tanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
Steine wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, Steine sammeln<br />
hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />
Er sagte:<br />
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />
wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />
wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />
wenn ich esse, dann esse ich,<br />
wenn ich liebe, dann liebe ich ..."<br />
Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort <strong>und</strong> sagten:<br />
„Das tun wir auch, aber was machst Du darüber<br />
hinaus?"<br />
Er sagte wiederum:<br />
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />
wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />
wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />
wenn ich esse, dann esse ich,<br />
wenn ich liebe, dann liebe ich... "<br />
Wieder sagten die Leute:<br />
„Aber das tun wir doch auch!"<br />
Er aber sagte zu ihnen:<br />
„Nein -<br />
wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,<br />
wenn ihr steht, dann lauft ihr schon,<br />
wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel."<br />
Kalil Gibran (Der Prophet; u.a.<br />
Patmos-Verlag, Düsseldorf 2005)<br />
Christa Lüken<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Emsland Lingen<br />
herzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, aufhören zu herzen hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>;<br />
suchen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, verlieren hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
behalten hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
zerreißen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, zunähen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
schweigen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, reden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
lieben hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, hassen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
Streit hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, Friede hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>.<br />
Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen<br />
Gewinn davon.<br />
(Quelle: Prediger Salomo 3, 1-8, Die Bibel nach der<br />
Übersetzung Martin Luther in der revidierten Fassung<br />
von 1984.)<br />
Detlev Arlt<br />
Erziehungsleiter<br />
GfS Lüneburg<br />
Ausgabe 76 10 KIM
Ein Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz<br />
<strong>seine</strong>r vielen Beschäftigungen immer so glücklich<br />
sein könne.<br />
Er sagte:<br />
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />
wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />
wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />
wenn ich esse, dann esse ich,<br />
wenn ich liebe, dann liebe ich…“<br />
Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort <strong>und</strong><br />
sagten:<br />
„Das tun wir auch, aber was machst du darüber<br />
hinaus?“<br />
Er sagte wiederum:<br />
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />
wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />
wenn ich…“<br />
Wieder sagten die Leute:<br />
„Aber das tun wir doch auch!“<br />
„Nein-<br />
Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,<br />
wenn ihr steht, dann geht ihr schon,<br />
wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“<br />
(Östliche Weisheit)<br />
In den letzten 8 Jahren, seit die heute fast 9-jährige<br />
Kerstin (Name geändert) bei uns lebt, habe ich viel<br />
über diese Weisheit nachgedacht. Mein <strong>Zeit</strong>begriff<br />
hat sich völlig verändert, Redewendungen wie „ich<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong><br />
Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.<br />
Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben:<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, dich zu freun <strong>und</strong> zu lachen,<br />
<strong>und</strong> wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> für dein Tun <strong>und</strong> dein Denken,<br />
nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> - nicht zum Hasten <strong>und</strong> Rennen,<br />
sondern die <strong>Zeit</strong> zum Zufriedenseinkönnen.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> - nicht nur so zum Vertreiben.<br />
Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben<br />
Als <strong>Zeit</strong> für das Staunen <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong> für Vertraun,<br />
anstatt nach der <strong>Zeit</strong> auf der Uhr nur zu schaun.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, nach den Sternen zu greifen,<br />
<strong>und</strong> <strong>Zeit</strong>, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, neu zu hoffen, zu lieben.<br />
Es hat keinen Sinn, diese <strong>Zeit</strong> zu verschieben.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, zu dir selber zu finden,<br />
jeden Tag, jede St<strong>und</strong>e als Glück zu empfinden.<br />
Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, auch um Schuld zu vergeben.<br />
Ich wünsche dir: <strong>Zeit</strong> zu haben zum Leben!<br />
Von Elli Michler (Entdeckt von H. Treblin <strong>und</strong> C. Rensmann)<br />
Glücklich sein<br />
mach´ mal eben“ oder „ich geh´ mal kurz“ habe ich<br />
völlig aus meinem Wortschatz gestrichen. Mit Kerstin<br />
geht nichts mal eben. Aufgr<strong>und</strong> ihrer kognitiven<br />
<strong>und</strong> motorischen Defizite <strong>braucht</strong> sie für alles sehr<br />
viel <strong>Zeit</strong>. Und so habe ich gelernt mir <strong>Zeit</strong> zu nehmen<br />
für Dinge, die sonst automatisch abliefen; vom<br />
Haus bis zum Auto gehen (überraschend, was es<br />
auf diesem kurzen Stück alles zu sehen gibt), Einkaufen<br />
(ich glaube ich habe die unteren Regale von<br />
Schlecker mittlerweile eigenhändig einsortiert), bezahlen<br />
(interessant, was man beim Geldstücke aufheben<br />
so alles unter den Regalen findet) usw..<br />
Seit Kerstin da ist, läuft nichts mehr im Vorbeigehen<br />
ab, für alles wird mehr <strong>Zeit</strong> eingeplant (<strong>Zeit</strong>druck ist<br />
dabei tödlich!). Ich begreife in solchen Momenten,<br />
wie viel Energie es sie kostet, „selbstverständliche“<br />
Dinge zu tun <strong>und</strong> ich bew<strong>und</strong>ere sie für ihren Ehrgeiz,<br />
dafür dass sie nie aufgibt <strong>und</strong> für ihre Fähigkeit,<br />
sich ganz auf das zu konzentrieren, was der<br />
Moment von ihr verlangt (auch wenn 10 Leute an<br />
der Kasse hinter ihr stehen), denn<br />
wenn sie steht, dann steht sie,<br />
wenn sie sitzt, dann sitzt sie,<br />
wenn sie geht dann geht sie…<br />
Christiane Gerbus<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Osnabrück<br />
Ausgabe 76 11 KIM
Vertrauen ist im Leben wichtig. Doch um Vertrauen<br />
zu bekommen, oder zu gewinnen, ist es wichtig eng<br />
zusammen zu arbeiten, auch wenn es schwer ist.<br />
Bei einigen Menschen geht es schnell, bei anderen<br />
dauert es.<br />
<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld. Bei denen wo es lange dauert,<br />
<strong>braucht</strong> es viel <strong>Zeit</strong>. Am Besten man fängt langsam<br />
an. Man macht z.B. eine Vereinbarung, die man<br />
einhält <strong>und</strong> schon hat man ein bisschen Vertrauen<br />
gewonnen.<br />
Es gibt Momente, da brauche ich Erholung,<br />
Es gibt Momente, da brauche ich Rat,<br />
Es gibt Momente, da brauche ich eine Stütze,<br />
Es gibt Momente, da brauche ich Besinnung,<br />
Es gibt Momente, da hilft mir:<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich verstanden,<br />
dass ich immer <strong>und</strong> bei jeder Gelegenheit,<br />
zur richtigen <strong>Zeit</strong> am richtigen Ort bin<br />
<strong>und</strong> dass alles, was geschieht, richtig ist -<br />
von da an konnte ich ruhig sein.<br />
Heute weiß ich: Das nennt man ‚VERTRAUEN'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
konnte ich erkennen,<br />
dass emotionaler Schmerz <strong>und</strong> Leid<br />
nur Warnung für mich sind,<br />
gegen meine eigene Wahrheit zu leben.<br />
Heute weiß ich, das nennt man ‚AUTENTHISCH-<br />
SEIN'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich aufgehört,<br />
mich nach einem anderen Leben zu sehnen<br />
<strong>und</strong> konnte sehen, dass alles um mich herum<br />
eine Aufforderung zum Wachsen war.<br />
Heute weiß ich, das nennt man ‚REIFE'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich aufgehört,<br />
mich meiner freien <strong>Zeit</strong> zu berauben<br />
<strong>und</strong> ich habe aufgehört,<br />
weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.<br />
Heute mache ich nur das, was mir Spaß <strong>und</strong> Freude<br />
bereitet,<br />
was ich liebe <strong>und</strong> mein Herz zum Lachen bringt,<br />
auf meine eigene Art <strong>und</strong> Weise <strong>und</strong> in meinem<br />
Tempo.<br />
Heute weiß ich, das nennt man ‚EHRLICHKEIT'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich mich von allem befreit,<br />
was nicht ges<strong>und</strong> für mich war,<br />
<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld<br />
Es gibt Momente<br />
Aber Vertrauen geht schneller weg als es kommt.<br />
Zum Beispiel durch Enttäuschungen.<br />
Bis man eine Enttäuschung verkraftet<br />
hat, dauert es wieder sehr<br />
lange, bis man sich vertrauen<br />
kann.<br />
Geschrieben von Julian<br />
IPW Borken<br />
von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen<br />
<strong>und</strong> von Allem, das mich immer wieder hinunterzog,<br />
weg von mir selbst.<br />
Anfangs nannte ich das ‚GESUNDEN EGOISMUS',<br />
aber heute weiß ich, das ist ‚SELBSTLIEBE'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich aufgehört,<br />
immer Recht haben zu wollen,<br />
so habe ich mich weniger geirrt.<br />
Heute habe ich erkannt,<br />
das nennt man ‚DEMUT'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
habe ich mich geweigert,<br />
weiter in der Vergangenheit zu leben<br />
<strong>und</strong> mich um meine Zukunft zu sorgen.<br />
Jetzt lebe ich nur mehr in diesem Augenblick,<br />
wo ALLES stattfindet.<br />
So lebe ich heute jeden Tag <strong>und</strong> nenne es ‚BE-<br />
WUSSTHEIT'.<br />
Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />
da erkannte ich,<br />
dass mich mein Denken armselig <strong>und</strong> krank machen<br />
kann,<br />
als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,<br />
bekam der Verstand einen wichtigen Partner.<br />
Diese Verbindung nenne ich heute ‚HERZENS-<br />
WEISHEIT'.<br />
Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,<br />
Konflikten <strong>und</strong> Problemen mit uns selbst <strong>und</strong> anderen<br />
zu fürchten,<br />
denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander<br />
<strong>und</strong> es entstehen neue Welten.<br />
Heute weiß ich, DAS IST DAS<br />
LEBEN!<br />
(Charlie Chaplin an <strong>seine</strong>m 70. Geburtstag<br />
am 16. April 1959)<br />
Detlev Arlt<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Lüneburg<br />
Ausgabe 76 12 KIM
Ein Jäger machte sich mit <strong>seine</strong>r Frau <strong>und</strong> <strong>seine</strong>m<br />
kleinen Sohn auf den Weg ins Gebirge, um die Sonne<br />
zu suchen. Der Jäger hatte die Sonne jeden Tag<br />
hinter dem hohen Felsen leuchten sehen. Dort hinauf<br />
wollte er mit <strong>seine</strong>r Frau <strong>und</strong> dem <strong>Kind</strong> steigen.<br />
Sie gingen erst durch einen lichten Wald. Die Hasen,<br />
Rehe <strong>und</strong> Füchse schauten ihnen nach <strong>und</strong><br />
fragten sich: Wo wollen die Menschen hin? Was<br />
suchen sie?<br />
Der Vater schaute zielbewusst nach vorn <strong>und</strong> schritt<br />
kräftig aus.<br />
Die Mutter ging etwas unsicher <strong>und</strong> war besorgt,<br />
ihre Kleider <strong>und</strong> Schuhe nicht zu beschmutzen oder<br />
zu zerreißen. Der kleine Junge hüpfte frohgemut<br />
voran. Und wenn er einen Hasen oder ein Reh entdeckte,<br />
rief er ihnen zu: „Wir wandern zur Sonne!“<br />
Manchmal schauten der Vater <strong>und</strong> die Mutter auf,<br />
beschatteten die Augen mit der Hand <strong>und</strong> schauten<br />
in die Sonne, die hoch oben über dem Felsen stand<br />
<strong>und</strong> sie seufzten: „Ach, der Weg ist noch so weit.“<br />
Dann gingen sie ohne Pause zu machen oder rechts<br />
<strong>und</strong> links zu schauen weiter.<br />
Der kleine Junge schaute nicht in die Sonne, er<br />
schaute auf den Weg. Er sah viele schöne Steine<br />
<strong>und</strong> die glänzten <strong>und</strong> blitzten in der Sonne. Der Junge<br />
staunte <strong>und</strong> fragte die Steine: „Ist denn die Sonne<br />
in euch?“ Aber er konnte die Antwort nicht abwarten,<br />
denn die Eltern waren schon weit voraus <strong>und</strong><br />
mahnten zur Eile. Er sah auch viele schöne bunte<br />
Blumen. Und wenn die Blumen so schön gelb leuchteten,<br />
fragte er wieder, ob vielleicht die Sonne in<br />
ihnen wäre. Aber die Eltern wollten nichts davon<br />
hören. Sie zeigten in die Sonne hinter dem Felsen<br />
<strong>und</strong> meinten, sie müssten sich beeilen, der Weg sei<br />
noch weit! Und sie merkten gar nicht, dass es so<br />
recht nach Sonnenschein roch, von den vielen Kräutern<br />
rings umher. Aber die Füße des Jungen waren<br />
noch klein <strong>und</strong> sie waren bald müde geworden. Da<br />
hängte er sie in einen klaren Gebirgsbach, der munter<br />
vorbeiplätscherte. Und er sah in dem sprudelnden<br />
Wasser die Sonne glitzern <strong>und</strong> fragte das Wasser,<br />
ob denn in ihm die Sonne wäre. Aber Vater <strong>und</strong><br />
Mutter gönnten ihm keine lange Pause <strong>und</strong> er konnte<br />
die Antwort gar nicht abwarten – er musste weitergehen.<br />
Dann kamen sie in einen dunklen Wald. Die Eltern<br />
sagten, dass nun das Ziel bald erreicht wäre. Der<br />
Junge hüpfte nicht mehr, er war müde. Es roch auch<br />
immer weniger nach Sonnenschein, die Blumen<br />
leuchteten nicht mehr, das Wasser gluckste nur<br />
dumpf <strong>und</strong> dunkel dahin <strong>und</strong> die Steine sahen grau<br />
<strong>und</strong> glanzlos aus. Endlich, endlich waren sie auf der<br />
Die <strong>Zeit</strong> ist eine gute Lehrmeisterin. Schade ist nur,<br />
dass sie alle ihre Lehrlinge umbringt. Curt Goetz<br />
Der Weg zur Sonne<br />
Zitate<br />
Bergspitze angekommen. Sie hatten ihr Ziel erreicht!<br />
Aber da war es dunkel, die Sonne war untergegangen.<br />
Der Mann war sprachlos, er konnte es nicht fassen.<br />
Hatte die Sonne nicht hinter dem Felsen gestanden?!<br />
Er hatte es doch genau gesehen. Die Frau<br />
war mürrisch <strong>und</strong> zeterte, sie hätte es doch gleich<br />
gesagt. Ihre Schuhe seien kaputt, die Kleider zerrissen<br />
<strong>und</strong> wofür das alles? Der Junge sagte nichts. Er<br />
war müde <strong>und</strong> traurig. Er legte sich hin, Tränen rollten<br />
ihm über das Gesicht. Er schloss die Augen, <strong>und</strong><br />
es dauerte nicht lange, da war er eingeschlafen. Da<br />
kamen mit einemmal die Steine anspaziert <strong>und</strong> sagte:<br />
„Sei nicht traurig! Schau dich nur genau an.“ Und<br />
als er sich anschaute, sah er, dass es in ihm genauso<br />
glitzerte, wie die Steine im Sonnenschein. Und<br />
die Blumen trippelten hinterdrein <strong>und</strong> sagten: „Schau<br />
dich genau an!“ Und da sah er, dass es aus ihm<br />
leuchtete, wie die Blumen im Sonnenschein. Da kam<br />
auch das Wasser <strong>und</strong> forderte ihn auf, sich anzuschauen.<br />
Da merkte er, dass es in ihm floss, sprudelte<br />
<strong>und</strong> funkelte. Er stand auf <strong>und</strong> schaute um sich<br />
– es war nicht mehr dunkel.<br />
Er stand da <strong>und</strong> erhellte die Welt.<br />
Ob der Mann noch immer sprachlos dasteht <strong>und</strong> die<br />
Frau weiterzankt oder ob sie zurückgegangen sind,<br />
das weiß ich nicht.<br />
Verfasser unbekannt<br />
Stellen Sie sich jetzt nicht die Frage, warum es ausgerechnet<br />
ein Jäger ist?<br />
- Vielleicht weil er eine Machtposition darstellt?<br />
Oder warum ist <strong>seine</strong> Frau eine pikfeine Dame?<br />
- Vielleicht ist sie sich Selbst am Wichtigsten?<br />
- Schaut sie nur auf das äußerliche Erscheinungsbild?<br />
Der kleine Junge aber, sieht die schönen Dinge<br />
im Leben, er schaut nicht nur in die Luft, er beobachtet<br />
die Umwelt <strong>und</strong> eigentlich benötigt er<br />
doch noch viel mehr <strong>Zeit</strong> all die w<strong>und</strong>ervollen<br />
Dinge auf dem Weg zur Sonne zu finden, oder?<br />
Durchblick mit <strong>Kind</strong>eraugen…<br />
Literatur:<br />
Unterrichtsmaterial FSP I<br />
Fachschule für Sozialpädagogik<br />
Astrid Stagge<br />
Erzieherin Kleinstheim<br />
GfS Emsland<br />
Verbringe nicht die <strong>Zeit</strong> mit der Suche nach einem<br />
Hindernis. Vielleicht ist keines da. Franz Kafka<br />
Ausgabe 76 13 KIM
Arbeitsfrühstück am 7. September im Café KiM<br />
Alle drei Monate, am ersten Dienstag des Monats,<br />
treffen wir uns zu einem Arbeitsfrühstück. Dabei sein<br />
können alle MitarbeiterInnen, die <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> auch Lust<br />
auf neue <strong>und</strong> alte Themen haben. Dieses Mal haben<br />
wir uns für das Thema „Stärke statt Macht“ entschieden.<br />
Die Präsentation (siehe im Anschluss) bot für alle<br />
genügend Diskussionsstoff. Was z.B. genau meinen<br />
Haim Omer <strong>und</strong> Arist von Schlippe mit der „neuen<br />
Autorität“? Wo beginnt sie bereits in kleinen Schritten<br />
in unserem Alltag? Was müssen wir als Erwachsene<br />
verstanden haben um die „neue Autorität anzunehmen<br />
<strong>und</strong> sie in unserem Tun zu integrieren?<br />
Welche Interventionen sind in Familien umsetzbar,<br />
worin verbergen sich auch Gefahren? Was sollte<br />
berücksichtigt werden <strong>und</strong> welche Motivationen <strong>und</strong><br />
Ziele verfolgen wir damit? Spannend!<br />
Was deutlich wurde war, dass wir uns erst auf unser<br />
eigenes Handeln konzentrieren müssen. Also weg<br />
von den alten Aussagen von Gehorsam, Furcht,<br />
Bestrafung, Distanz <strong>und</strong> Unanfechtbarkeit der Autoritätspersonen.<br />
Es waren sich alle einig, dass durch<br />
die „alte Autorität“ aggressives Verhalten der <strong>Kind</strong>er<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen mehr Unterstützung findet als das<br />
sie ihnen hilfreich zur Seite steht. Die Haltung aus<br />
den 70er <strong>und</strong> 80er Jahren, <strong>Kind</strong>er benötigen viele<br />
Freiräume ohne Grenzsetzungen <strong>und</strong> Forderungen<br />
zeigen ebenfalls keinen Erfolg. Die „neue Autorität“<br />
stärkt Eltern in der Haltung Verantwortung fürs <strong>Kind</strong><br />
Stärke statt MACHT<br />
zu übernehmen, Profil zu zeigen <strong>und</strong> handlungsfähig<br />
zu sein.<br />
In der Präsentation wurde aus den ersten drei Büchern<br />
von Haim Omer <strong>und</strong> Arist von Schlippe geschöpft<br />
(alle drei Bücher sind zum Schluss aufgeführt).<br />
Ergänzt ist sie durch Hinweise aus den<br />
Workshops der Kongresse in Osnabrück. Beim Vortragen<br />
der einzelnen Methoden wurden Beispiele<br />
aufgeführt, die in den drei Büchern als Fälle vorgestellt<br />
wurden.<br />
Zum Schluss möchte ich noch kurz das neue Buch<br />
der beiden Autoren „Stärke statt Macht“ vorstellen.<br />
Durch viele Fallbeispiele wird auf eindrucksvolle Art<br />
<strong>und</strong> Weise Möglichkeiten aufgezeigt, sich dem auffälligen<br />
Verhalten der <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen in<br />
Familie, Schule <strong>und</strong> Gemeinde zu stellen.<br />
Das Buch „Stärke statt Macht“ ist ein genauso lohnendes<br />
Werk zu lesen wie die anderen drei Bücher,<br />
da sich das Miteinander in der Familie auf Lebensbereiche<br />
wie <strong>Kind</strong>ergarten, Schule <strong>und</strong> Freizeit erweitert.<br />
Auch in diesem Buch werden Methoden beschrieben,<br />
die für Erstaunen <strong>und</strong> Zweifel sorgen. Es ist<br />
sicher nicht alles umsetzbar. Für die Eltern, die<br />
Schule <strong>und</strong> Öffentlichkeit kann jedoch die veränderte<br />
Gr<strong>und</strong>haltung des Begriffes „neue Autorität“ eine<br />
Chance sein das eigene Verhalten zu hinterfragen.<br />
Das Konzept der „neuen Autorität“ in der Familie, in der Schule <strong>und</strong> auf der Straße<br />
Der Begriff „Neue Autorität“ wurde in Zusammenhang<br />
von Haim Omer geprägt, um ein verändertes<br />
(<strong>und</strong> sich veränderndes) Selbstverständnis von Autorität<br />
zu skizzieren. Während das letzte Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
im Zeichen eines zunehmenden Verfalls herkömmlicher<br />
Bilder von Autorität stand, bis hin zu einer<br />
Infragestellung jeglicher ihrer Formen, basiert eine<br />
„neue Autorität“ auf völlig anderen Bildern <strong>und</strong> Prämissen:<br />
Im Zentrum dieses neuen Denkens steht<br />
der Begriff Präsenz.<br />
Im Elternhaus, in der Schule, in der Öffentlichkeit<br />
wie in Unternehmen: stets geht es darum, eine Form<br />
von „Anwesenheit“ <strong>und</strong> „Dasein“ zu verwirklichen,<br />
die nicht (primär) auf Macht <strong>und</strong> Durchsetzung gegründet<br />
ist, sondern auf Beziehung <strong>und</strong> Kooperation<br />
- <strong>und</strong> die damit Bindung ermöglicht.<br />
Die aus dem Konzept hergeleiteten Interventionsmöglichkeiten<br />
zielen darauf ab, verloren gegangene<br />
Präsenz wieder herzustellen <strong>und</strong> damit verloren<br />
gegangene Bindungen zu erneuern oder neu aufzubauen.<br />
Damit fokussiert „Neue Autorität“ auf etwas gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
anderes als Kontrolle, Durchsetzung oder<br />
Macht, nämlich auf Verb<strong>und</strong>enheit.<br />
(entnommen dem Flyer der vierten Osnabrücker<br />
Tagung zur Elterlichen <strong>und</strong> Professionellen Präsenz<br />
im März 2009)<br />
1. Das Wichtigste: Aus dem Teufelskreis aussteigen<br />
a) Sich nicht hineinziehen lassen: den Provokationen<br />
widerstehen: Gewaltloser Widerstand ist<br />
eine Form des Protests, keine Schlacht<br />
b) Das Prinzip der verzögerten Reaktion <strong>und</strong> des<br />
Schweigens: das Predigen beenden<br />
c) Wenn es schief geht: Mitten in der Eskalation<br />
kann man nichts tun. Im Zweifelsfall geht der<br />
persönliche Schutz vor!<br />
Wichtig zu wissen:<br />
- zu viel reden fördert die Eskalation<br />
- zu viel reden signalisiert dem <strong>Kind</strong> Hilflosigkeit<br />
Ausgabe 76 14 KIM
- Äußerungen eines klaren Verbots führen zu weniger<br />
Eskalation als Versuche, zu überzeugen, zu<br />
predigen, zu schreien <strong>und</strong> zu debattieren.<br />
- Vermeiden Sie Diskussionen <strong>und</strong> sofortiges Reagieren.<br />
„Schmieden Sie das Eisen so lange es<br />
kalt ist“ (eine afrikanische Weisheit)<br />
- Die <strong>Kind</strong>er achten darauf, was gesprochen wird<br />
<strong>und</strong> lenken auf andere Themen <strong>und</strong> Inhalte. Die<br />
Eltern werden verführt.<br />
- Die <strong>Kind</strong>er nehmen Einfluss auf die Emotionalität<br />
der Eltern: Wut, Ärger, Hilflosigkeit, Schuld. Die<br />
<strong>Kind</strong>er entwickeln den Wunsch Kontrolle auszuüben.<br />
Z.B. „Du hast mich sowieso nicht lieb“<br />
(Schuld), „Du bist sowieso ein Versager“ (Ärger/Wut),<br />
„Lügen“ (Hilflosigkeit).<br />
2. Ankündigung<br />
Die Ankündigung symbolisiert einen Wendepunkt für<br />
die ganze Familie. Von diesem Augenblick an sind<br />
Sie sich selbst verpflichtet, Ihrem Ehepartner, den<br />
Helfern <strong>und</strong> Ihren <strong>Kind</strong>ern, ja auch dem gewalttätigen<br />
<strong>Kind</strong> gegenüber.<br />
„Ich gebe dich nicht auf <strong>und</strong> ich gebe dir nicht<br />
nach “<br />
„Ich gebe dir nicht nach <strong>und</strong> ich gebe dich nicht<br />
auf. Ich bin dein Vater / deine Mutter <strong>und</strong> ich<br />
bleibe es. Ich werde nicht zulassen, ausgeblendet,<br />
abgeschüttelt oder unberücksichtigt zu werden.<br />
Du bist nicht besiegbar <strong>und</strong> wir können<br />
deine Meinung nicht ändern. Wir haben keine<br />
Kontrolle über dich. Es ist unsere Pflicht, dir<br />
mitzuteilen, dass wir mit deinem Verhalten nicht<br />
einverstanden sind.“<br />
(„Autorität durch Beziehung“, Haim Omer/Arist von<br />
Schlippe)<br />
3. Sit-in<br />
- Das Sit-in sollte zu einem ruhigen <strong>Zeit</strong>punkt stattfinden<br />
<strong>und</strong> auf keinen Fall während einer Eskalation<br />
oder unmittelbar nach einer schweren Auseinandersetzung.<br />
- Sie sollten vorher die für Sie günstige <strong>Zeit</strong> einplanen,<br />
Sie sollten entspannt etwa eine St<strong>und</strong>e zur<br />
Verfügung haben.<br />
- Sie geben genau an, was Sie wollen, zum Beispiel:<br />
„Wir sind nicht länger bereit hinzunehmen,<br />
dass du deine Schwester schlägst, sie beschimpfst<br />
<strong>und</strong> sie lächerlich machst.“ Allgemeine<br />
<strong>und</strong> verschwommene Ziele sind nicht hilfreich.<br />
- Wenn Sie Sorge haben, das <strong>Kind</strong> könnte vielleicht<br />
mit Gewalt reagieren, kann es ratsam sein, ein<br />
oder zwei Personen im Haus zu haben (Fre<strong>und</strong>e<br />
oder Verwandte), aber nicht im Zimmer.<br />
- In solchen Fällen sollte man dem <strong>Kind</strong> sagen: „Da<br />
wir befürchten, dass du gewalttätig werden würdest,<br />
haben wir X als Zeugen eingeladen.“<br />
- Wenn das <strong>Kind</strong> sich trotz des außerhalb des<br />
Zimmers befindlichen Zeugen gewalttätig be-<br />
nimmt, bitten Sie ihn hereinzukommen. Die Erfahrung<br />
aus Dutzenden von Fällen zeigt, dass die<br />
Anwesenheit einer dritten Partei fast unweigerlich<br />
die Gewalt beendet.<br />
- Nach Beendigung des Sit-ins wird der Tagesablauf<br />
der Familie fortgeführt ohne Bezugnahme auf<br />
das Sit-in oder <strong>seine</strong> Ergebnisse.<br />
4. Das Siegel der Geheimhaltung brechen. Unterstützer,<br />
Vermittler <strong>und</strong> die öffentliche Meinung<br />
einbeziehen<br />
Wenn es darum geht, sich mit extremen Verhaltensformen<br />
des <strong>Kind</strong>es auseinander zu setzen, ist es<br />
von großer Bedeutung, andere Leute in das einzubeziehen,<br />
was zu Hause passiert. Geheimhaltung ist<br />
ein der Hauptcharakteristika in Familien mit häuslicher<br />
Gewalt. Die Erfahrung lehrt, dass die Atmosphäre<br />
der Gewalt fortbesteht, so lange die Geheimhaltung<br />
aufrechterhalten wird. Viele Eltern empfinden<br />
es als notwendig, den Ruf der Familie zu<br />
schützen <strong>und</strong> zu vermeiden, dass das <strong>Kind</strong> stigmatisiert<br />
wird.<br />
5. Telefonr<strong>und</strong>e<br />
a) Informationen sammeln<br />
b) Anrufen<br />
c) Mit verschiedenen Personen sprechen:<br />
Fre<strong>und</strong>e des <strong>Kind</strong>es, Eltern der Fre<strong>und</strong>e, Lokal-,<br />
Freizeitortbesitzer <strong>und</strong> deren Mitarbeiter<br />
Zu a) Die Telefonr<strong>und</strong>e bezweckt:<br />
- elterliche Präsenz zu zeigen <strong>und</strong> Ihr Recht <strong>und</strong><br />
Ihre Pflicht wieder herzustellen, das <strong>Kind</strong> zu beaufsichtigen,<br />
- das <strong>Kind</strong> wieder zu finden,<br />
- Gruppendruck zu mobilisieren, um das <strong>Kind</strong> zur<br />
Rückkehr zu bewegen,<br />
- für die Rückkehr des <strong>Kind</strong>es sorgen.<br />
Zu b) Anrufen<br />
Es ist wichtig viele Nummern anzurufen, nicht nur<br />
die Stelle, wo Sie Ihr <strong>Kind</strong> vermuten. Sie wollen es<br />
nicht nur finden, sondern ihm die Botschaft der Elternpräsenz<br />
übermitteln. Direkt die Nummer <strong>seine</strong>s<br />
eigenen Handys zu wählen, ist nicht wirklich hilfreich.<br />
Zu c) Mit verschiedenen Personen sprechen<br />
Teilen Sie Fre<strong>und</strong>en Ihres <strong>Kind</strong>es, den Eltern des<br />
Fre<strong>und</strong>es sowie Freizeiteinrichtungen <strong>und</strong> Lokalen<br />
Ihre Sorge mit, dass Ihr <strong>Kind</strong> nicht nach Hause gekommen<br />
ist <strong>und</strong> Sie nach ihm suchen. Auch wenn<br />
Ihr <strong>Kind</strong> von Fre<strong>und</strong>en versteckt wird, zeigen Sie<br />
Präsenz.<br />
6. Nachgehen <strong>und</strong> Aufsuchen<br />
Nachgehen <strong>und</strong> Aufsuchen kann in den folgenden<br />
Fällen eine angemessene Antwort sein.<br />
- Das <strong>Kind</strong> läuft von zu Hause weg<br />
Ausgabe 76 15 KIM
- Das <strong>Kind</strong> kommt abends nicht wie verabredet<br />
nach Hause oder verschwindet für eine längere<br />
<strong>Zeit</strong> während des Tages<br />
- Das <strong>Kind</strong> hält sich in schlechter Gesellschaft auf<br />
7. Verlängerter Sitzstreik<br />
Anders als das Sit-in dauert der verlängerte Sitzstreik<br />
ein paar Tage (gewöhnlich drei), wird in Gegenwart<br />
von so vielen Unterstützern wie möglich<br />
durchgeführt <strong>und</strong> erstreckt sich über das ganze<br />
Haus. Der Sitzstreik ist in der Folge besonders akuter<br />
Ereignisse angezeigt, wie wenn das <strong>Kind</strong> nach<br />
dem Fortlaufen nach Hause gebracht wird, wenn es<br />
<strong>seine</strong> Eltern zum ersten Mal schlägt oder wenn es<br />
von der Polizei bei kriminellen Handlungen gefasst<br />
wird.<br />
Der Sitzstreik ist eine Art Übergangsritual, ein Ereignis,<br />
das anzeigt, dass das Leben an einem Wendepunkt<br />
angekommen ist, sodass die Situation nach<br />
der Zeremonie anders sein wird als vorher.<br />
Die Vorbereitungen für den Sitzstreik sind sehr umfangreich<br />
<strong>und</strong> sollten mit allen gut durchgesprochen<br />
werden.<br />
Am Ende des Sitzstreiks sollte es nicht irgendwelche<br />
Drohungen oder Warnungen geben. Der Vorgang<br />
sollte schriftlich zusammengefasst <strong>und</strong> an alle Teilnehmer<br />
geschickt werden. Das ist kein Vertrag, den<br />
das <strong>Kind</strong> unterzeichnen muss, sondern eine Schilderung<br />
des Rituals.<br />
8. Befehle verweigern<br />
„Befehlsverweigerung“ ist ein Mittel des gewaltlosen<br />
Widerstands, bei dem Sie als Eltern aufhören, Handlungen<br />
auszuführen, die Sie als erzwungen empfinden,<br />
<strong>und</strong> solche Handlungen wieder zu tun, die Sie<br />
als vom <strong>Kind</strong> verboten empf<strong>und</strong>en haben. „Befehlsverweigerung“<br />
verfolgt eine Reihe von Zielen:<br />
- gegen die Gewohnheit „automatischer Gehorsams“<br />
anzugehen,<br />
- das Bewusstsein für die vielen Dienste zu schärfen,<br />
die Sie erbringen oder zu erbringen Sie sich<br />
verpflichtet fühlen,<br />
- Ihre Freiheit zu erweitern.<br />
Befehlsverweigerung kann auf zwei Ebenen durchgeführt<br />
werden:<br />
- Tabus brechen<br />
- Dienste verweigern<br />
9. Unverzichtbarer Bestandteil: Gesten der Versöhnung,<br />
der Wertschätzung <strong>und</strong> des Respekts<br />
Gesten der Versöhnung <strong>und</strong> Wertschätzung tragen<br />
dazu bei, das Verhältnis zu Ihrem <strong>Kind</strong> zu erweitern,<br />
so dass Ihre Beziehung nicht länger ausschließlich<br />
durch den Konflikt zwischen Ihnen beherrscht wird.<br />
Studien über Eskalation zeigen, dass das Ausführen<br />
solcher Gesten die gegenseitige Aggression mindert<br />
<strong>und</strong> die Beziehung verbessert. Versöhnungsgesten<br />
sind keine Belohnung, sie hängen nicht vom Verhalten<br />
des <strong>Kind</strong>es ab. Sie gestatten Ihnen, Ihre Liebe<br />
oder einfach Ihren Respekt vor dem <strong>Kind</strong> als<br />
Mensch auszudrücken, während Sie gleichzeitig gewaltlosen<br />
Widerstand ausüben. Versöhnungsgesten<br />
ersetzen nicht den gewaltlosen Widerstand, sondern<br />
verlaufen parallel zu ihm! Einige mögliche Versöhnungsgesten<br />
sind:<br />
- Erklärungen, verbaler <strong>und</strong> geschriebener Art<br />
- Zuwendung, wie Essen, das Ihr <strong>Kind</strong> besonders<br />
mag oder symbolische Geschenke<br />
- Eine gemeinsame Aktivität<br />
- Ein besonderer Typus von Versöhnungsakt ist,<br />
wenn Sie für Ihre eigenen heftigen Reaktionen in<br />
der Vergangenheit Bedauern ausdrücken<br />
Eltern haben Vorbehalte, weil sie befürchten, als<br />
schwach angesehen zu werden. Denken Sie daran,<br />
dass Versöhnungsgesten parallel zu gewaltlosem<br />
Widerstand durchgeführt werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
ist eine Versöhnung niemals ein Zeichen von Unterwerfung,<br />
sondern eine selbstgewählte<br />
positive Geste.<br />
Ulrike Meiners<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Emsland<br />
Buchempfehlungen zur Vertiefung des Themas<br />
Autorität ohne Gewalt (Bild links)<br />
Haim Omer u. Arist von Schlippe<br />
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />
ISBN-10: 3525014708<br />
Feindbilder Psychologie der Dämonisierung<br />
(ohne Abbild)<br />
Haim Omer/Arist von Schlippe/Na-<br />
hi Alon<br />
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />
2006<br />
ISBN-10: 352549100X<br />
Autorität durch Beziehung (Bild rechts)<br />
Die Praxis des gewaltlosen Widerstands<br />
in der Erziehung<br />
Haim Omer/ Arist von Schlippe<br />
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />
2005/2004<br />
ISBN-10: 3525490771<br />
Ausgabe 76 16 KIM
Kolloquium der GfS Bremen, GfS Emsland <strong>und</strong> GfS Münster<br />
Am 9.9.2010 fand in Zentrum in Meppen ein Kolloquium<br />
statt. Es trafen sich TeilnehmerInnen aus den<br />
Vorbereitungskursen der GfS Bremen, GfS Emsland<br />
<strong>und</strong> der GfS Münster.<br />
Die TeilnehmerInnen von der GfS Bremen eröffneten<br />
im Kolloquium ein Atelier mit Pinsel, Farbe <strong>und</strong><br />
Leinwand. Bunt stellten sich die Profifamilien ® auf<br />
der großen Leinwand vor. Die Farben standen dabei<br />
für die Vielfalt der Profifamilien ® , die jede für sich<br />
eigenen Qualitäten mitbringt. Erst diese Unterschiedlichkeit<br />
ermöglicht die passgenaue Vermittlung<br />
eines <strong>Kind</strong>es.<br />
Die gemeinsame Arbeit an der Leinwand stand auch<br />
für den Prozess um die Entscheidung, Profifamilie ®<br />
zu werden. Dieser Prozess setzt sich immer weiter<br />
fort, denn auch nach Integration eines <strong>Kind</strong>es in die<br />
Profifamilie ® findet entsprechende Auseinandersetzung<br />
<strong>und</strong> Weiterentwicklung statt.<br />
Mit Grüßen von den Erziehungsleitern der GfS Bremen<br />
wurden den Bremer Profifamilien ® vom EL<br />
Christian Struck bunte Flug-Drachen überreicht.<br />
Dieser stand für die Leichtigkeit <strong>und</strong> Kraft, dem Spiel<br />
<strong>und</strong> der für das Fliegen notwendige Anbindung an<br />
die Erde.<br />
Erziehungsleiter Christian Struck der GfS Bremen<br />
<strong>und</strong> die vorbereiteten Profifamilien ®<br />
Die potentiellen Profifamilien ® der GfS Emsland<br />
absolvierten diesmal einen etwas anderen organi-<br />
sierten Vorbereitungskurs. Dieser Kurs entspricht<br />
inhaltlich dem Curriculum der GfS mit den verschiedenen<br />
Themen, wurde aber von mehreren Erziehungsleitern<br />
der GfS Emsland gestaltet. So haben<br />
sich die TeilnehmerInnen nicht nur auf unterschiedliche<br />
Themen, sondern auch auf unterschiedliche<br />
ErziehungsleiterInnen eingelassen Die Gruppe<br />
konnte am Ende nicht zusammenbleiben <strong>und</strong> wurde<br />
entsprechend der jeweiligen Entfernung des Heimatortes<br />
verschiedenen pädagogischen Zentren zugeordnet.<br />
Innerhalb des Kolloquiums beschrieben die einzelnen<br />
Teilnehmer ihren persönlichen Weg.<br />
Anhand individueller Symbole machten sie ihre unterschiedlichen<br />
Eindrücke, ihre Beschäftigung mit<br />
den jeweiligen Themen des Kurses, ihre persönlichen<br />
Themen auf ihren Weg in unsere Einrichtung<br />
<strong>und</strong> letztlich auf dem Weg zu einem <strong>Kind</strong> deutlich.<br />
Die einzelnen Wege finden wieder zusammen unter<br />
dem Dachverband der Einrichtung <strong>Backhaus</strong>.<br />
Die meisten Familien haben sich am Ende des Kurses<br />
dazu entschieden, ein <strong>Kind</strong> aufzunehmen <strong>und</strong><br />
warten nun voller freudiger Spannung auf die Einbindung<br />
an die verschiedenen Zentren: Bersenbrück,<br />
Meppen <strong>und</strong> Schapen <strong>und</strong> vor allem auf das<br />
Leben <strong>und</strong> die Arbeit mit einem <strong>Kind</strong>.<br />
Im Namen der Erziehungsleiter Bodo Hansmann,<br />
Ulrike Meiners, Ruth Rießelmann, Irene Stehmann<br />
<strong>und</strong> Renate Weusthof wünschen wir allen TeilnehmerInnen<br />
des Kolloquiums für die weitere Zukunft<br />
viele schöne <strong>und</strong> bewegende Momente.<br />
Die Erziehungsleiter R. Rießelmann, I. Stehmann,<br />
R. Weusthof, U. Meiners <strong>und</strong> Abteilungsleitung M.<br />
Wischka mit den vorbereiteten Profifamilien ®<br />
Ausgabe 76 17 KIM
Die Profifamilien ® der GfS Münster hatten das Motto<br />
„alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> <strong>braucht</strong> auch <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“.<br />
So stand die <strong>Zeit</strong> des Vorbereitungskurses in der<br />
Kurseinheit wie auch im Ablauf der einzelnen Monate<br />
für den eigenen R<strong>und</strong>ungsprozess hinsichtlich der<br />
Aufnahme eines <strong>Kind</strong>es mit Traumata <strong>und</strong> / oder mit<br />
weiteren Handicaps. Auch stand die <strong>Zeit</strong> für die Dynamik<br />
in der Gruppe. Die Gruppe als starke zusammengehörige<br />
Einheit sieht sich für die Zukunft als<br />
tragfähiges Instrument für die Gestaltung der interdisziplinären<br />
Erziehungskonferenz. Beziehung untereinander<br />
ist gewachsen <strong>und</strong> so kann von tragfähigen<br />
Arbeitsbeziehungen bereits schon jetzt ausgegangen<br />
werden. Zur Veranschaulichung dazu<br />
wurde ein menschliches Konstrukt gebildet, welches<br />
in sich hält. Hierzu wurden vier Stühle in einem Viereck<br />
aufgestellt. Vier Familienmitglieder setzen sich<br />
auf die Stühle <strong>und</strong> lassen sich nach hinten fallen.<br />
Die Stühle wurden<br />
nach <strong>und</strong><br />
nach dann weggenommen.<br />
Die<br />
menschliche<br />
Konstruktion hält.<br />
Für das Aufstehen<br />
wurden die<br />
Stühle wieder<br />
eingefügt. Auch<br />
hier der Bezug<br />
zum Träger<br />
<strong>Backhaus</strong>: „Ein<br />
menschliches<br />
Konstrukt, welches<br />
ohne Hilfe<br />
zwar stehen<br />
kann (Profifamilie<br />
® ) aber ohne<br />
Hilfe (<strong>Backhaus</strong>)<br />
nicht aufstehen kann“.<br />
Die Profifamilien ® zeigten ihr Verständnis für die<br />
vorhandenen Traumatisierungen der <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong><br />
deren Auswirkung im Familienalltag. „Auf Stein ge-<br />
schrieben“ <strong>und</strong> durch Schwere im<br />
Wasserbad versinkend, soll das<br />
F<strong>und</strong>ament (<strong>Backhaus</strong>) - die Steinplatte<br />
- als Sicherheit dienen.<br />
Leichtigkeit wurde dem Gebilde<br />
symbolisch durch die angebrachten<br />
Luftballons hinzugefügt. So soll<br />
das Leben der <strong>Kind</strong>er neben der<br />
begleitenden Fachlichkeit einer erlangten<br />
Geborgenheit <strong>und</strong> neuer<br />
Lebensfindung dienen. Der besonders „stabile Karton“<br />
Profifamilie ® soll beschützend <strong>und</strong> sicher sein.<br />
Erziehungsleitung Ulrike Kunze der GfS Münster mit<br />
den vorbereiteten Profifamilien ®<br />
Vielen Dank auch dem Team um<br />
Herrn Stover. Das Buffet entsprach<br />
einmal wieder allen Erwartungen.<br />
So konnte der Tag kulinarisch dem<br />
Ende zugehen.<br />
Das Team vom<br />
Café KIM<br />
Ulrike Kunze<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Münster<br />
GfS Aurich - Vorbereitungskurs erfolgreich beendet<br />
Der erste Vorbereitungskurs der GfS Aurich in die- sem Jahr wurde am 14. Juni mit einem Kolloquium<br />
in Meppen beendet.<br />
Sechs Familien begannen im Januar 2010 ihren<br />
halbjährigen Prozess zur Vorbereitung auf die Aufgaben<br />
einer Profifamilie ® . An 12 Abenden <strong>und</strong> einem<br />
gesamten Wochenende beschäftigten sich die Teilnehmer/innen<br />
mit zukünftigen An- <strong>und</strong> Herausforderungen<br />
einer Erziehungsstelle, fachlichen Fragestellungen<br />
der Bindungs- <strong>und</strong> Integrationstheorie, der<br />
Arbeit mit Herkunftsfamilien <strong>und</strong> mit Blinkwinkeln auf<br />
die eigene Motivation <strong>und</strong> Biographie. Die persönliche<br />
Reflexion, die Entwicklung eines realistischen<br />
Ausgabe 76 18 KIM
Bildes für das Vorhaben Profifamilie ® <strong>und</strong> der intensive<br />
Austausch in der Gruppe standen an allen<br />
Kursabenden besonders im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Erstmalig nahm eine bereits erfahrene Profifamilie ®<br />
nach 10 Jahren erfolgreicher Mitarbeit in der<br />
GfS Aurich an einem Vorbereitungskurs wiederholt<br />
teil.<br />
Durch die bevorstehende Verselbständigung ihrer<br />
beiden aufgenommenen <strong>Kind</strong>er, beabsichtigte diese<br />
Familie, die erneute Aufnahme eines <strong>Kind</strong>es ganz<br />
besonders <strong>und</strong> durch die Teilnahme am Kurs unterstützt,<br />
zu überprüfen.<br />
Dieser Vorbereitungskurs, so reflektieren die Erziehungsleitungen<br />
der GfS Aurich, war wieder ein erfolgreicher<br />
Kurs. Er stand für eine intensive Überprüfung<br />
eigener Standorte der Bewerber/innen <strong>und</strong> eine<br />
Überprüfung ihrer professionellen Haltungen. Wir<br />
haben das Ziel, zukünftige<br />
Profifamilien ®<br />
auf ihre Aufgabe verantwortungsvollvorzubereiten,<br />
erreicht.<br />
Die vertrauensvolle <strong>und</strong><br />
wertschätzende Zusammenarbeit<br />
unter den Teilnehmerinnen hat die Zielerreichung<br />
befördert.<br />
Am 23. August startete der nächste<br />
Vorbereitungskurs der GfS Aurich.<br />
Tino Schwarz<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Aurich<br />
Kolloquium im neuen Regionalbereich Berlin/Uckermark<br />
Im Beisein der gesamten Geschäftsleitung wurden<br />
fünf künftige Profieltern ® für ihre erfolgreiche Teilnahme<br />
am Vorbereitungskurs zertifiziert. Neben<br />
zwei Uckermärker Familien <strong>und</strong> einer Familie aus<br />
Mecklenburg fanden sich zwei Berliner Familien in<br />
Seehausen ein.<br />
Folgende Gedanken aus dem sehr empfehlenswerten<br />
Buch von Peter Wawerzinek „Rabenliebe“ leiteten<br />
die R<strong>und</strong>e ein: „Wie hatte <strong>seine</strong> Mutter es ihm<br />
antun können, ihn als Kleinkind in der DDR zurückzulassen,<br />
als sie in den Westen floh? Herumgereicht<br />
von <strong>Kind</strong>erheimen <strong>und</strong> ihn aufnehmende Eltern<br />
stellte Peter sich zunehmend der<br />
Frage was Heimat sei. Er unternahm<br />
als Grenzsoldat einen halbherzigen<br />
Fluchtversuch um <strong>seine</strong><br />
Mutter wieder zu treffen <strong>und</strong> wusste<br />
dann doch nicht ob er sie wirklich<br />
sehen wollte. Sie hatte ihn<br />
schließlich verstoßen, alleine gelassen.<br />
Aber <strong>seine</strong> Mutterlosigkeit<br />
ließ ihn nie los bis er sie schließlich<br />
traf um sie danach nicht wieder zu sehen. Das überlebensgroße<br />
Mutterbild war der Realität nicht gewachsen.<br />
Es blieb die Frage nach <strong>seine</strong>r Heimat.“<br />
So bekam das Thema Elternarbeit, neben anderen<br />
Themen wie gleichgeschlechtliche Paare <strong>und</strong> Verselbständigung,<br />
eine besondere Bedeutung. Mit<br />
einem Glas Sekt, kleinen Häppchen <strong>und</strong> der Vorfreude<br />
auf die „Profielternschaft“ klang die R<strong>und</strong>e<br />
aus.<br />
Wir wünschen Fam. Hansch, Fam. Wißkirchen/<br />
Geishäuser, Fam. Böhm, Fam. Renzel <strong>und</strong> Fam.<br />
Schumann alles Gute <strong>und</strong> möchten Ihnen herzlich<br />
zu ihrer Entscheidung gratulieren.<br />
Buchtip:<br />
„Rabenliebe“<br />
Peter Wawerzinek<br />
Verlag Galiani Berlin<br />
ISBN 978-3-86971-020-4<br />
Richard Kraus<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Uckermark<br />
Ausgabe 76 19 KIM
Der Gruppenpädagogische Bereich der <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ist in den letzten zehn Jahren<br />
in der Stadt Meppen sehr gewachsen. Insgesamt<br />
sind sieben unterschiedliche Häuser mit individuellen<br />
Angeboten der <strong>Jugendhilfe</strong> entstanden. Neben<br />
der schon bestehenden Clearingstelle konnten wir<br />
zwei Jugendwohngruppen, zwei Intensivpädagogische<br />
Wohngruppen, ein Kleinstheim <strong>und</strong> eine Therapeutische<br />
Wohngruppe installieren. Für die Stadt<br />
Meppen ist der Ausbau der Gruppenpädagogischen<br />
Einrichtungen nun an einem Punkt angekommen,<br />
der für die Erweiterung keinen Platz mehr lässt.<br />
Seit dem 7. Mai 2010 habe ich nun die Arbeit von<br />
Frau Wischka übernommen <strong>und</strong> leite die Konferenz<br />
in Bremen, die sich aus den Kollegen der Gesellschaften<br />
Bremen, Oldenburg <strong>und</strong> Lüneburg zusammensetzt.<br />
Durch die Kollegen in Bremen wurden wir<br />
mit der Anfrage konfrontiert, auch im Bremer Bereich<br />
eine Gruppenpädagogische Einrichtung aufzubauen.<br />
Glücklicherweise gab es auch das richtige<br />
Wohnhaus, welches in Augenschein genommen <strong>und</strong><br />
für gut bef<strong>und</strong>en wurde. Nach einem ersten Besuch<br />
40 Kilometer nördlich von Bremen in Vollersode<br />
waren wir begeistert von den Möglichkeiten. Nun<br />
musste zuerst das Haus erworben werden. Im September<br />
war es soweit. In einem Wohnhaus mit einer<br />
Gr<strong>und</strong>fläche von über 600 m² <strong>und</strong> einem Außenbereich<br />
von über 10.000 m² wird nun eine neue Wohngruppe<br />
aufgebaut werden. Zuerst wurden alle Jugendämter<br />
in der Region angeschrieben <strong>und</strong> nach<br />
den Bedarfen gefragt. Anschließend musste nun das<br />
Haus gereinigt werden, welches bereits einige Jahre<br />
leer gestanden hatte. So wurde am 21. September<br />
ein Aktionstag ausgerufen, an dem viele Mitarbeiter<br />
aus Meppen nach Vollersode fuhren, um diesem<br />
neuen Projekt den notwendigen Anschub zu geben.<br />
Am frühen Morgen ging es von Meppen los. Mit<br />
insgesamt 21 Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern aus<br />
Meppen <strong>und</strong> zwei Kollegen aus der<br />
GfS Bremen wurde das Haus von<br />
oben bis unten entrümpelt, aufgeräumt<br />
<strong>und</strong> geputzt. Auch unsere<br />
Auszubildenden aus der Hauswirtschaft,<br />
der Küche <strong>und</strong> dem Garten<strong>und</strong><br />
Landschaftsbau nahmen mit<br />
ihren Ausbildern an der Aktion teil.<br />
Auszubildende<br />
mit Meisterin<br />
beim Hausputz<br />
Neues Haus in Vollersode<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Größe des Hauses<br />
können wir neben einer Wohngruppe<br />
auch ein Pädagogisches Zentrum<br />
für Herrn Struck von der GfS<br />
Bremen einrichten. Ebenfalls sind wir in der Überlegung,<br />
einen Mutter-<strong>und</strong>-<strong>Kind</strong>-Teil dort einzurichten,<br />
sowie Appartements für Auszubildende im Bereich<br />
Hauswirtschaft <strong>und</strong> Koch anzubieten.<br />
Gemeinsames Frühstück im zukünftigen Esszimmer<br />
Azubis <strong>und</strong> Gärtner bei der Gestaltung<br />
des Vorgartens<br />
Kochazubi Erhardt<br />
bei der<br />
Bereitung des<br />
Mittagessens<br />
alle Schränke<br />
wurden ausgewischt<br />
Eine Kaffeepause ist wichtig<br />
Der Eingangsbereich<br />
wird<br />
gestylt<br />
Nach getaner Arbeit ein müdes Team<br />
Ausgabe 76 20 KIM
Am 29. September 2010 wird bereits ein erster Informationsabend<br />
in Vollersode für interessierte Profifamilien<br />
® in den neuen Räumen stattfinden. In den<br />
nächsten Wochen werden wir das neue Team für<br />
die Wohngruppe Vollersode zusammen stellen <strong>und</strong><br />
nach Möglichkeit alle für einige Wochen in Meppen<br />
in unseren bestehenden Gruppen arbeiten lassen.<br />
Somit soll auch das neue Team die Struktur unserer<br />
Arbeit verinnerlichen. Mit dem Aufbau der Wohn-<br />
gruppe Vollersode rechnen wir zu<br />
Beginn des kommenden Jahres.<br />
Dieter Robben<br />
Abteilungsleitung Gruppenpäd.<br />
Einrichtungen<br />
GfS Emsland<br />
Das Sommerfest der MitarbeiterInnen der GfS Bremen<br />
Christian Stuck<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Bremen<br />
Alle <strong>Zeit</strong>, die nicht mit dem Herzen wahrgenommen<br />
wird, ist so verloren, wie die Farben eines Regenbogens<br />
für einen Blinden oder das Lied eines Vogels<br />
für einen Tauben. Michael Ende<br />
Mit <strong>Kind</strong> <strong>und</strong> Kegel trafen sich die MitarbeiterInnen der GfS Bremen zum<br />
Sommerfest, gleichzeitig das interne Feiern des 10jährigen Jubiläums.<br />
Das PZ in Huntlosen gab den guten Rahmen her, um das Fest zu einem<br />
Erfolg zu machen. Das wechselhafte Wetter konnte die Stimmung nicht<br />
trüben: es wurde in fröhlicher Gemütlichkeit gegessen, gespielt <strong>und</strong> geredet.<br />
Helga Ache, die Erziehungsleitung der ersten St<strong>und</strong>e, zeichnete<br />
das Werden der GfS Bremen nach <strong>und</strong> die Profifamilien ® der ersten<br />
St<strong>und</strong>e erinnerten sich noch einmal an den Beginn vor einer Dekade. Mit<br />
Kreistänzen brachte eine Tanzpädagogin alle <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Erwachsenen<br />
in Bewegung <strong>und</strong> damit zusammen. Danach schmeckten Salate <strong>und</strong><br />
Gegrilltes dann doppelt so gut. Bei Kaffee <strong>und</strong> Kuchen knüpften gerade<br />
die neuen Profifamilien ® viele neue Kontakte. Angeleitet von der Praktikantin<br />
Rebecca Gleich fanden diverse Spiele <strong>und</strong> Aktionen für die <strong>Kind</strong>er<br />
statt. Die Erziehungsleitungen Helga Ache, Ute Pügner-Selke <strong>und</strong> Christian<br />
Struck danken den ehrenamtlichen Helfern im Hintergr<strong>und</strong>, die wesentlich<br />
zum Gelingen des Festes beigetragen haben <strong>und</strong> den Profifamilien,<br />
die zu dem Fest etwas beigetragen haben.<br />
In der neuen Einrichtung in Vollersode, Kreis Osterholz bei Bremen,<br />
wird im kommenden Jahr das Jubiläum zum 10-jährigen Bestehen der<br />
GfS Bremen Bremen gebührlich<br />
gefeiert<br />
werden.<br />
Zitate<br />
Die Kunst, <strong>Zeit</strong> zu haben, ist auch die Kunst, sich die<br />
Leute vom Leibe zu halten, die uns die <strong>Zeit</strong> stehlen.<br />
Emil Oesch<br />
Ausgabe 76 21 KIM
Erster Infoabend der GfS Bremen in Vollersode<br />
Am 29. September fand der erste Informationsabend<br />
der GfS Bremen in Vollersode für angehende Profifamilien<br />
® statt. Herr Struck konnte an diesem Abend<br />
elf interessierte Familien begrüßen, die sich die Ar-<br />
Wir waren auch dabei!<br />
beit von Profifamilien ® erklären ließen. Nach einem<br />
zweistündigen Infoabend nutzten die Teilnehmer<br />
das Angebot, das zukünftige <strong>Kind</strong>erheim der GfS<br />
Bremen zu besichtigen. Nach den Herbstferien wird<br />
Herr Struck mit dem Vorbereitungskurs<br />
für Profifamilien ® in Vollersode<br />
beginnen. Zukünftig wird<br />
das neue <strong>Kind</strong>erheim auch das<br />
Pädagogische Zentrum beherbergen.<br />
Dieter Robben<br />
Abteilungsleitung GpE<br />
GfS Emsland<br />
Auf dem Weg zum Weltrekord im „Dauerkonzertegeben“<br />
Passend zum Leitthema “Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“ erhielt<br />
Frau Schauf einen Brief vom emsländischen <strong>Kind</strong>erliedermacher<br />
Christian Hüser. Er bat um Unterstützung<br />
zum Weltrekordversuch, in dem er auch in<br />
unserer Einrichtung für die <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
der Gruppenpädagogischen Einrichtungen ein Konzert<br />
geben wollte. Auch für solch ein Event ist das<br />
Thema <strong>Zeit</strong> sehr wichtig. Herr Hüser versuchte in<br />
der <strong>Zeit</strong> von 8:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr<br />
abends, also in 12 St<strong>und</strong>en, dreißig 15-minütige<br />
Konzerte zu geben. Wir unterstützten dieses Vorhaben<br />
gerne <strong>und</strong> freuten uns sehr. Somit begrüßten<br />
wir Herr Hüser am 3. September gegen 15:45 Uhr.<br />
Er wurde von zwei Live-Musikern begleitet <strong>und</strong> gab,<br />
bei strahlendem Sonnenschein, ein tolles 15minütiges<br />
Konzert auf der großen Rasenfläche vor<br />
dem Café „KIM“ in Bokeloh. Es wurden vier Lieder<br />
gesungen <strong>und</strong> Herr Hüser animierte alle, auch die<br />
Erwachsenen, dazu sich aktiv daran zu beteiligen.<br />
Alle rissen die Arme hoch <strong>und</strong> winkten im Takt zum<br />
Lied „Hallo“ oder ruderten fleißig zum Lied „Seeräuber<br />
Jim“.<br />
Es war aufregend <strong>und</strong> spannend zugleich. Wie es<br />
immer so ist, passte der stramme <strong>Zeit</strong>plan nicht<br />
mehr <strong>und</strong> Herr Hüser war mit 45 Minuten im Verzug.<br />
Umso spannender wurde es, ob ihm der Weltrekord<br />
gelingen wird. Um 20:15 trat Herr Hüser zum Abschlusskonzert<br />
<strong>seine</strong>r minutiös geplanten „Rekordtournee“<br />
beim Meppener Stadtfest auf die Bühne<br />
<strong>und</strong> ließ sich dort vom Publikum für <strong>seine</strong>n geglückten<br />
Rekordversuch feiern. Die <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
vom Kleinstheim konnten diesen spannenden<br />
Moment miterleben <strong>und</strong> auch beim letzen Konzert<br />
mitsingen <strong>und</strong> tanzen. Alle <strong>Kind</strong>er freuten sich für<br />
Herrn Hüser <strong>und</strong> sein Team <strong>und</strong> zeigten es mit einem<br />
donnernden Applaus. Trotz des Verzuges<br />
schon bei unserem Konzertteil hat er es geschafft<br />
<strong>und</strong> den Weltrekord im „Dauerkonzertegeben“ erreicht.<br />
Herzlichen Glückwunsch!<br />
Marion Lammers<br />
Hausleitung Kleinstheim <strong>Backhaus</strong><br />
GfS Emsland<br />
Ausgabe 76 22 KIM
Zu dem Thema<br />
<strong>Zeit</strong> fällt mir ein<br />
gutes Buch von<br />
Simone de<br />
Beauvoir ein,<br />
das ich vor kurzem<br />
gelesen habe.<br />
Die Französin<br />
Simone de<br />
Beauvoir (*9.1.<br />
1908, gest. 14.4.<br />
1986) war Schriftstellerin,Philosophin<br />
<strong>und</strong> Feministin;<br />
sie war<br />
Lebensgefährtin<br />
von Jean-Paul<br />
Sartre. Das<br />
Buch erschien<br />
im Jahr 1946<br />
unter dem französischen<br />
Titel<br />
Tous les hommes<br />
sont mortels.<br />
Das Buch hat gewiss nicht an Aktualität verloren <strong>und</strong><br />
regte mich zu diversen „Gedankenausflügen“ an. Es<br />
inspirierte mich auch zu einigen philosophischen<br />
Gesprächen unter Fre<strong>und</strong>en wie selten eine andere<br />
Erzählung. Zugegeben, zeitweise musste ich mich<br />
durch das dicke Taschenbuch „kämpfen“, doch war<br />
ich im Nachhinein froh, mich nicht durch die für mich<br />
drögen Passagen nicht habe abschrecken lassen<br />
<strong>und</strong> es gab als Gesamtwerk so - in dieser Fassung -<br />
einen Sinn.<br />
Das Buch Alle Menschen sind sterblich erzählt die<br />
wechselvolle Geschichte eines Mannes namens<br />
Fosca, der im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert in Italien ein Unsterblichkeitselixier<br />
trank. Fosca hat nun die <strong>Zeit</strong>, <strong>seine</strong><br />
Am ersten Tag - Ein Mann geht eine Straße entlang.<br />
Vollkommen unerwartet ist vor ihm ein Loch.<br />
Er stürzt mitten in das Loch hinein. Er hat das Gefühl,<br />
er muss sterben. Verzweifelt ruft er um Hilfe.<br />
Dann, nach endlos langer <strong>Zeit</strong> des Wartens, kommt<br />
jemand <strong>und</strong> hilft ihm aus dem Loch heraus.<br />
Am zweiten Tag - Der Mann geht die gleiche Straße<br />
entlang. Schon wieder stürzt er in das Loch hinein.<br />
Er hat Angst, rappelt sich jedoch auf <strong>und</strong> erkennt,<br />
dass es eine Möglichkeit gibt, wie er sich<br />
selbst aus dem Loch befreien kann. Das ist mühsam,<br />
aber es gelingt ihm schließlich doch.<br />
Am dritten Tag - Der Mann geht wieder die gleiche<br />
Straße entlang <strong>und</strong> stürzt erneut in das Loch - aus<br />
„Alle Menschen sind sterblich“<br />
Buchvorstellung<br />
Das Loch in der Straße<br />
Macht weiter auszubauen <strong>und</strong> hofft, sich durch Taten<br />
„unsterblich“ machen zu können.<br />
Doch was passiert mit ihm, wie geht es ihm, wenn er<br />
merkt, dass <strong>seine</strong> Frauen <strong>und</strong> <strong>Kind</strong>er sterben, er<br />
dagegen weiterleben muss? Was er sich einst gewünscht<br />
hat, die Unsterblichkeit, scheint ihn auf<br />
Dauer nicht glücklich zu machen <strong>und</strong> er sucht nach<br />
neuen Herausforderungen. Er verlässt Italien <strong>und</strong><br />
schlüpft in immer neue Rollen, er wird Berater von<br />
Karl V., geht als Fremder nach Amerika <strong>und</strong> in einen<br />
Indianerstamm, wird Revolutionär zur <strong>Zeit</strong> der französischen<br />
Revolution. Mit Fosca erlebt der Leser die<br />
Geschichte von sieben Jahrh<strong>und</strong>erten, doch ist das<br />
Buch gewiss kein gewöhnlicher historischer Roman.<br />
Dem Leser werden die Konsequenzen der Kehrtwendung<br />
des Menschen vom Sterblichen zum Unsterblichen<br />
vor Augen geführt <strong>und</strong> verdeutlichen,<br />
welchen positiven Reiz <strong>und</strong> vielleicht auch Sinn die<br />
(irdische?) Sterblichkeit hat. Oder auch nicht?! Ist<br />
das Leben sinnlos durch <strong>seine</strong> Vergänglichkeit?<br />
Was meinen Sie?<br />
Die Romanfigur Armand ermutigt mit der <strong>Zeit</strong>lichkeit<br />
leben zu lernen: „`Ich habe auch eine Ahnung von<br />
Geschichte. … Alles, was man tut, vergeht eines<br />
Tages wieder, ich weiß. Und von der St<strong>und</strong>e an, wo<br />
man geboren wird, fängt man schon an zu sterben.<br />
Aber zwischen Geburt <strong>und</strong> Tod liegt das Leben.´“ (S.<br />
297)<br />
Verlag: rororo; Aufl.: 38 (1.07. 70)<br />
Sprache: Deutsch, Taschenbuch<br />
ISBN-10: 3499113023<br />
ISBN-13: 978-3499113024<br />
Petra Schmackpfeffer<br />
Erziehungsleiterin<br />
GfS Oldenburg<br />
reiner Gewohnheit. Er ärgert sich über sich selbst,<br />
klettert auf dem ihm nun schon bekannten Weg heraus<br />
<strong>und</strong> geht weiter.<br />
Am vierten Tag - Der Mann geht schon wieder die<br />
gleiche Straße entlang, sieht das Loch vor ihm - <strong>und</strong><br />
wechselt die Straßenseite.<br />
Am fünften Tag - Der Mann nimmt<br />
eine andere Straße.<br />
Was lernen wir aus der Geschichte?<br />
Tino Schwarz<br />
Erziehungsleiter<br />
GfS Aurich<br />
Ausgabe 76 23 KIM
Vertreten auf der Emslandschau<br />
Vom 2.10. bis 10.10.2010 wurde in Meppen die<br />
Emslandschau veranstaltet. Auch wir waren mit<br />
einem Stand dabei. Als große <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>einrichtung<br />
mit Hauptstandort in Meppen, wollten<br />
wir die Möglichkeit nutzen, einer breiten Öffentlichkeit<br />
unsere Arbeit vorzustellen. Gleichzeitig wollten<br />
wir auf diesem Wege potentielle MitarbeiterInnen<br />
auf uns aufmerksam machen.<br />
So kamen immer wieder Menschen an unseren<br />
Stand, die sich über die Arbeit als Profifamilie ® erk<strong>und</strong>igten,<br />
auch junge Menschen erk<strong>und</strong>igten sich<br />
über Arbeitsmöglichkeiten bzw. Praktikantenstellen.<br />
Aber auch Besucher, die mit der sozialen Arbeit<br />
nichts zu tun hatten, interessierten sich. Sie hatten<br />
schon von „<strong>Backhaus</strong>“ gehört <strong>und</strong> wollten mehr wissen.<br />
Neben den vielen Informationen, dem Verteilen von<br />
Buchempfehlung<br />
Flyern <strong>und</strong> Konzeptionen war unser Stand auch ein<br />
wichtiger Anlaufpunkt, wenn der „Kaffeedurst“ gestillt<br />
werden wollte. Wir hatten unsere professionelle<br />
Kaffeemaschine am Stand, die exzellenten Kaffee<br />
ausschenkte. Dies sprach sich auch schnell bei den<br />
anderen Ausstellern herum, die ebenfalls gern eine<br />
kurze Pause an unserem Stand einlegten.<br />
Der Standdienst wurde von unseren Mitarbeitern<br />
gewährleistet. Vielen Dank für diesen Einsatz.<br />
Ein großer Höhepunkt war der Auftritt unserer <strong>Kind</strong>er<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen mit einem Tanzprogramm,<br />
welches unsere Mitarbeiterin Virginia Bückner eingeübt<br />
hatte. Die Aufregung war groß <strong>und</strong> die Bühne<br />
auch. Es war schon ein besonderes<br />
Ereignis auf der großen Bühne<br />
aufzutreten.<br />
Marion Wischka<br />
Abteilungsleitung<br />
GfS Emsland<br />
Die Himmelsrutsche<br />
Geschichten von verlassenen <strong>Kind</strong>ern, die neue Eltern suchen<br />
Monika Wiedemann-Kaiser<br />
Gute Gesprächsbasis für Biografiearbeit (d. Red PFAD.)<br />
In der Himmelsrutsche geht es um fünf „Sternenkinder“ die endlich<br />
„Menschenkinder“ werden wollen. In ihrem ersten Versuch auf der Erde<br />
landen sie bei Eltern, die sie nicht versorgen können. Ihre Mütter sind<br />
krank, drogenabhängig oder werden von ihren Männern misshandelt.<br />
Einem Sternenkind ging es wie mir.<br />
Mir haben die Geschichten sehr gefallen, so dass ich sie gern anderen<br />
<strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> auch ihren Pflegeeltern empfehlen kann.<br />
Die Himmelsrutsche<br />
Monika Wiedemann-Kaiser<br />
Monsenstein <strong>und</strong> Vannerdat Münster 2010<br />
ISBN 978-3-86991-096-3<br />
Cedi (10 Jahre)<br />
Ausgabe 76 24 KIM
Die WG „Alte Molkerei“ in den Niederlanden<br />
Vom 26.7-2.8.2010 begab sich die WG „Alte Molkerei“<br />
auf große Tour. Diesen Sommer verschlug es<br />
uns in die Niederlande, genauer gesagt nach Meerwijk<br />
auf einen idyllischen Campingplatz, der direkt<br />
am Zuidlaardermeer grenzt, ideal zum Angeln, Achwimmen<br />
<strong>und</strong> Boot fahren.<br />
Nachdem das Gepäck von neun Jugendlichen <strong>und</strong><br />
fünf Erziehern im Pferdeanhänger verstaut worden<br />
war, machten wir uns auf den Weg. Leider machte<br />
uns das Wetter schon bei der Ankunft einen Strich<br />
durch die Rechnung <strong>und</strong> es goss<br />
aus Kübeln, doch zum Glück<br />
mussten wir uns nicht mit den Aufbau<br />
von Zelten rum plagen, sondern<br />
bezogen die kleinen aber gemütlichen<br />
Wanderhütten. Nachdem<br />
die Regenwolken sich verzogen<br />
haben, gingen einige auf Entdeckungstour<br />
über den Campingplatz,<br />
es gab ein Schwimmbad, ein<br />
Volleyballfeld, Tischtennisplätze<br />
<strong>und</strong> vieles mehr zu erk<strong>und</strong>en, natürlich<br />
weckten die holländischen<br />
Mädchen <strong>und</strong> Jungs bei unseren<br />
Jugendlichen großes Interesse<br />
<strong>und</strong> gleich am ersten Tag wurden<br />
erste Fre<strong>und</strong>schaften geschlossen.<br />
Ein Shoppingtag durfte natürlich<br />
auch nicht fehlen, also fuhren wir an einem Nachmittag<br />
in die Stadt Groningen <strong>und</strong> zogen so lange<br />
durch die Stadt bis uns die Füße weh taten. Einige<br />
von uns nutzen<br />
den Sommerschlussverkauf,<br />
um ein paar<br />
Schnäppchen<br />
zu machen, andere<br />
lernten die<br />
Holländischen<br />
Spezialitäten<br />
kennen.<br />
An einem Tag<br />
fuhren wir in den<br />
Avonturenpark<br />
Hellendorn, ein<br />
kleiner übersichtlicher<br />
Park<br />
mit einigen Attraktionen,<br />
das<br />
Wetter meinte<br />
es an diesem Tag gut mit uns, so dass wir die Geräte<br />
des Parks gut nutzen konnten <strong>und</strong> eine Menge<br />
Spaß in der Achterbahn, Wildwasserrutsche, dem<br />
Kettenkarussell usw. hatten.<br />
Natürlich stand das regelmäßige Angeln auf der<br />
Tagesordnung, schon nach dem Frühstück ging es<br />
los, Wind oder Regen machten unseren Anglern<br />
nichts aus. Frei nach dem Sprichwort „Ein Angler<br />
muss wissen wann er ziehen soll“. In der Woche<br />
hatten die Jugendlichen beim Angeln viele Erfolgserlebnisse<br />
<strong>und</strong> holten ein Fisch nach dem anderen<br />
aus dem Wasser. An einem Nachmittag haben wir<br />
zwei Motorboote<br />
gemietet <strong>und</strong><br />
schipperten auf<br />
dem Zuidlaardermeer<br />
<strong>und</strong> genossen<br />
die Sonnenstrahlen.<br />
Abends saßen<br />
wir oft gemütlich<br />
bei Kerzenscheinzusammen,<br />
aßen Dosenravioli,grillten,<br />
spielten<br />
Spiele, erzählten<br />
Geschichten <strong>und</strong><br />
reflektierten den<br />
Tag.<br />
Alles in Allem war es eine gelungene Freizeit, wir<br />
hatten gemeinsam viel Spaß. Durch die Erlebisse<br />
<strong>und</strong> Erfahrungen ist die Gruppe noch mehr zusammen<br />
gewachsen, wir freuen uns schon auf den<br />
nächsten Sommer, wenn es wieder heißt, die WG<br />
„Alte Molkerei“ geht auf großer Fahrt.<br />
Alina Kühn<br />
Erzieherin JWG Alte Molkerei<br />
GfS-Emsland<br />
Ausgabe 76 25 KIM
Nachbarschaftsfest am 16.09.2010 im Heidering<br />
Endlich war es soweit <strong>und</strong> wir durften die Nachbarn<br />
in unserem neuen Haus begrüßen. Im Vorfeld haben<br />
sich die <strong>Kind</strong>er, gemeinsam mit den Erziehern, viele<br />
Gedanken gemacht wie dieser Tag wohl optimal<br />
gestaltet werden könnte.<br />
Im Vorfeld haben wir uns für ein gemütliches Beisammensein<br />
bei einem leckeren Stück Kuchen entschieden.<br />
Es waren viele Nachbarn da, um uns <strong>und</strong><br />
unser Haus besser kennen zu lernen. Pünktlich um<br />
15.30 Uhr waren alle Nachbarn eingetroffen <strong>und</strong><br />
haben uns sogar einige Geschenke zum Einzug<br />
mitgebracht. Worüber wir uns alle sehr gefreut haben<br />
☺☺<br />
Zu Beginn gab es eine Vorstellungsr<strong>und</strong>e damit<br />
jeder sich ein Bild von den 5 <strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> 7 Mitarbeitern<br />
machen konnte. Fr. Schauf, Hr. Robben <strong>und</strong> Fr.<br />
Dubbert haben alle Nachbarn herzlich begrüßt <strong>und</strong><br />
schon ein paar Fragen beantwortet r<strong>und</strong> ums Haus<br />
<strong>und</strong> um die <strong>Kind</strong>er. Und dann ging unsere Hausführung<br />
auch schon los.<br />
Einige Nachbarn kannten das Haus noch von den<br />
vorherigen Besitzern <strong>und</strong> waren sehr erstaunt wie es<br />
umgebaut wurde. <strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> hat stolz sein Zimmer<br />
gezeigt <strong>und</strong> die Besonderheit daran.<br />
Es ist mit unseren Urteilen wie mit unseren Uhren.<br />
Keine geht mit der anderen vollkommen gleich, <strong>und</strong><br />
jeder glaubt doch der seinigen.<br />
Christian Fürchtegott Gellert<br />
Das Küchenteam<br />
Zitate<br />
Nach dem großen R<strong>und</strong>gang wurde es <strong>Zeit</strong> für ein<br />
dickes Stück Kuchen <strong>und</strong> eine große Tasse Kaffee.<br />
An unserem Kuchenbuffet mit dem selbstgebackenen<br />
Kuchen war<br />
für jeden eine<br />
Leckerei dabei.<br />
Nach einigen intensivenGesprächen<br />
war<br />
es dann leider<br />
schon wieder so<br />
weit <strong>und</strong> wir<br />
mussten uns<br />
von den Nachbarn<br />
verabschieden.<br />
Wir waren von unserm Nachbarschaftsfest sehr<br />
begeistert! ☺<br />
Vielen Dank für Ihren Besuch <strong>und</strong> die tollen Geschenke.<br />
Stephanie Töller<br />
Erzieherin<br />
Intensivpädagogische Wohngruppe Bokeloh<br />
Liebe Leser,<br />
wie Sie sehen können, hat unsere<br />
Küchenfamilie Zuwachs bekommen.<br />
Wir freuen uns Frau E.<br />
Wunsch <strong>und</strong> Frau M. Misse vorstellen<br />
zu können, welche beide<br />
eine Ausbildung als Köchin im<br />
Cafe „KIM“ begonnen haben.<br />
In der 3-jährigen Ausbildung werden<br />
sie alle Fertigkeiten erlernen<br />
<strong>und</strong> ihre kreativen Kochideen<br />
ausleben können. Wir blicken gemeinsam<br />
in eine aufregende Zukunft.<br />
Ihr Küchenteam<br />
(Von links: E. Wunsch, H. Stover,<br />
E. Döring, M. Misse <strong>und</strong> B.<br />
Struckmann)<br />
Das Beste an der Zukunft ist, dass sie uns immer<br />
einen Tag nach dem anderen serviert wird.<br />
Abraham Lincoln<br />
Die Nöte <strong>und</strong> Sorgen von heute sind die gute alte<br />
<strong>Zeit</strong> von morgen. Friedrich Graupe<br />
Ausgabe 76 26 KIM
Eines Tages kam ein Florist zu einem Frisör, um<br />
sich <strong>seine</strong> Haare schneiden zu lassen. Nach dem<br />
Haarschnitt wollte er bezahlen, doch der Frisör sagte:<br />
„Ich kann kein Geld annehmen. Ich mache diese<br />
Woche Bürgerservice.“<br />
Der Florist war angenehm überrascht <strong>und</strong> ging aus<br />
dem Geschäft. Als der Frisör am nächsten Morgen<br />
das Geschäft öffnen wollte, fand er einen Strauß<br />
Rosen vor der Tür. Darin steckte eine Karte mit den<br />
Worten: „Herzlichen Dank“.<br />
Etwas später betrat ein Bäcker den Laden <strong>und</strong> ließ<br />
sich <strong>seine</strong> Haare schneiden. Als er bezahlen wollte<br />
antwortete der Frisör wieder: „Ich kann kein Geld<br />
annehmen. Ich mache diese Woche Bürgerservice.“<br />
Auch der Bäcker verließ zufrieden das Geschäft.<br />
Obwohl wir mal wieder den Eindruck hatten, dass<br />
wir gar keine <strong>Zeit</strong> haben, nahmen wir uns kürzlich<br />
die <strong>Zeit</strong>, einer Einladung zu folgen.<br />
Viele Wochen schon lag die Einladung bei uns herum<br />
<strong>und</strong> wir hatten auch tatsächlich <strong>Zeit</strong> gef<strong>und</strong>en,<br />
uns zu diesem Termin anzumelden, denn dass sollten<br />
die geladenen Gäste rechtzeitig machen. Der<br />
Termin rückte näher <strong>und</strong> die <strong>Zeit</strong> lief uns davon, so<br />
dass ich schon mit dem Gedanken spielte, aus<br />
<strong>Zeit</strong>mangel, nicht zu diesem Fest zu gehen. Reicht<br />
es denn nicht, wenn sich nur ein Teil der Familie <strong>Zeit</strong><br />
nimmt, um dabei zu sein? Vieles ging mir durch den<br />
Kopf, tausend Ausflüchte, um diese schon lange<br />
eingeplante <strong>Zeit</strong>, anders zu nutzen. Das kostete `ne<br />
Menge <strong>Zeit</strong>!<br />
Letztendlich folgten wir als komplette Familie doch<br />
der netten Einladung zu einer kirchlichen Trauung,<br />
mit anschließender Taufe.<br />
Wir nahmen uns die <strong>Zeit</strong>, die doch sowieso schon so<br />
lange eingeplant war.<br />
<strong>Zeit</strong>ig trafen wir vor allen anderen Gästen ein, da<br />
dieser Termin für meinen Mann auch Dienstzeit war,<br />
denn es fand eine ökumenische Trauung statt.<br />
Meine <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> ich hatten nun noch viel <strong>Zeit</strong>, um<br />
uns in der Kirche um zu schauen. Wir beobachteten<br />
das geschäftigen Treiben der Ordensschwestern<br />
<strong>und</strong> sahen den knapp eintreffenden Chor kommen.<br />
Weitere Gäste trafen ein <strong>und</strong> suchten sich ihren<br />
Platz. Wir saßen bereits seit einiger <strong>Zeit</strong> entspannt<br />
in den Bänken.<br />
Die Zukunft war früher auch besser!<br />
Karl Valentin<br />
Vergangenheit: In die Jahre gekommene Zukunft.<br />
(unbekannt)<br />
Der Haarschnitt<br />
<strong>Zeit</strong><br />
<strong>Zeit</strong> eilt, teilt, weilt, heilt. (Zitate)<br />
Und als der Frisör am nächsten Morgen aufsperren<br />
wollte, fand er einen Sack voll Gebäck vor der Türe<br />
mit einer Karte des Dankes darin.<br />
Kurz nach Ladenöffnung betrat ein Politiker das<br />
Geschäft. Als auch er nach dem Haarschnitt nach<br />
der Rechnung fragte, sagte der Frisör wieder: „Ich<br />
kann kein Geld annehmen. Ich mache diese Woche<br />
Bürgerservice.“ Der Politiker war erfreut darüber <strong>und</strong><br />
verließ das Geschäft. Als der Frisör am nächsten<br />
Morgen zu <strong>seine</strong>m Geschäft kam, standen 20 Abgeordnete<br />
vor der Türe <strong>und</strong> warteten auf einen Gratishaarschnitt.<br />
Quelle: Als Kettenbrief zurzeit per E-Mail im Umlauf<br />
Bodo Hansmann<br />
Der Gottesdienst begann <strong>und</strong> siehe da, das Thema<br />
<strong>Zeit</strong> spielte eine Rolle. Worte aus dem Alten Testament,<br />
nämlich aus Kohelet 3, Verse 1 - 8, begleiteten<br />
uns.<br />
Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, <strong>und</strong> alles Vorhaben unter dem<br />
Himmel hat <strong>seine</strong> St<strong>und</strong>e: geboren werden hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>; sterben hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; pflanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />
ausreißen, was gepflanzt ist, hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; töten<br />
hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, heilen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; abbrechen hat<br />
<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, bauen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; weinen hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>, lachen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; Steine werfen hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>, Steine sammeln hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; herzen hat seien<br />
<strong>Zeit</strong>, aufhören zu herzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; suchen<br />
hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, verlieren hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; behalten hat<br />
<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; zerreißen hat<br />
<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, zunähen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; schweigen hat<br />
<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, reden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; lieben hat <strong>seine</strong><br />
<strong>Zeit</strong>, hassen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; Streit hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>,<br />
Frieden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>.<br />
Wir verbrachten noch einen schönen Tag <strong>und</strong> ich<br />
persönlich war sehr froh, dass wir uns diese <strong>Zeit</strong> gemeinsam<br />
genossen haben.<br />
Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>!<br />
Natascha Schmidt-Rademaker<br />
Erziehungsleitung<br />
GfS Aurich<br />
<strong>Zeit</strong> ist, was verhindert, dass alles auf einmal passiert!<br />
John A. Wheelers<br />
<strong>Zeit</strong> eilt, teilt, weilt, heilt.<br />
(Unbekannt)<br />
Ausgabe 76 27 KIM
Kapitän Duck<br />
Davidstern<br />
Der Flugwettbewerb<br />
Original <strong>und</strong> Fälschung<br />
Rätsel<br />
Kapitän Duck hat die Aufgabe<br />
einen Wolf, ein Schaf <strong>und</strong> einen<br />
Blumenkohl von einem Ufer des<br />
Flusses zum anderen Ufer zu<br />
befördern. Das Schaf <strong>und</strong> der Wolf<br />
dürfen nie unbeaufsichtigt allein<br />
sein, da der Wolf dann das Schaf<br />
frisst. Das Schaf darf auch nicht alleine mit dem Blumenkohl sein, da<br />
ihm dasselbe widerfahren würde. Da Kapitän Duck nur einen kleinen<br />
Kutter hat, kann er das Schaf, den Wolf <strong>und</strong> den Blumenkohl nur einzeln<br />
befördern. Er kann allerdings so oft er möchte hin <strong>und</strong> her fahren.<br />
Wie stellt er das an?<br />
Verteile die Zahlen 1-12 so in die<br />
Kreise des Davidsterns, dass die<br />
Summe jeder der 6 Reihen 26<br />
beträgt<br />
Bei einem Flugwettbewerb musste man einen weit entfernten Punkt anfliegen<br />
<strong>und</strong> auf direktem Weg wieder zurückkommen. Am Morgen war<br />
alles Windstill, doch am Nachmittag kam starker Wind in der Hinflugrichtung<br />
auf. Natürlich fühlten sich die Piloten die am Morgen gestartet<br />
waren benachteiligt, weil sie meinten, dass ihre Kollegen von dem starken<br />
Rückenwind profitieren würden. Die Wettkampfleitung war anderer<br />
Meinung sie meinte, dass die mit dem Wind startenden Flugzeuge die<br />
gewonnene <strong>Zeit</strong> auf ihrem Rückflug (bei konstanter Windstärke) gegen<br />
den Wind ja exakt wieder einbüssen würden.<br />
Wer hat hier nun recht?<br />
Wer entdeckt die acht Fehler?<br />
Ausgabe 76 28 KIM
Heiteres Beruferaten<br />
Der zerbrochene Spiegel<br />
Malermeister Klecks<br />
Logische Fragen:<br />
Lösungen (Durchblick 75)<br />
Mechaniker Ansagerin Schneiderin Optiker<br />
Der Spiegel hatte einen Durchmesser von 70cm.<br />
Das Ganze lässt sich dank Pythagoras <strong>und</strong> durch<br />
Auflösen einer quadratischen Gleichung lösen.<br />
Vom Mittelpunkt m des Spiegels bis zum Ecken des<br />
roten Quadrates geht der Radius r des Spiegels, y<br />
entspricht r minus der kurzen Seite a des roten<br />
Vierecks <strong>und</strong> x entspricht r minus der langen Seite b des<br />
roten Vierecks.<br />
Nun gilt: x 2 + y 2 = r 2 also: (r-a) 2 + (r-b) 2 = r 2<br />
Diese quadratische Gleichung hat die beiden Lösungen:<br />
r1 = a + b + Wurzel(2ab) = 35cm<br />
r2 = a + b - Wurzel(2ab) = 7cm<br />
Da nur ein Radius Sinn macht der klar länger als a oder b ist, ist nur r1<br />
sinnvoll.<br />
Man benötigt für das Muster<br />
gleichviel blaue wie gelbe Farbe.<br />
Der Meister Klecks hat das so<br />
bestimmt: Das Muster ist ja aus Viertelkreisen aufgebaut. Man müsste<br />
also nur bestimmen, ob der blaue, innere Kreis größer ist als der gelbe<br />
Rest. Rechnerisch wäre das so zu lösen. Geht man davon aus, dass<br />
die gelbe Fläche gleich groß wie die blaue ist:<br />
Radius des ganzen Kreises = R Radius des inneren, blauen Kreises = r<br />
Pi*r 2 = Pi*(R 2 - r 2 )<br />
r 2 = R 2 - r 2<br />
r 2 + r^ 2 = R 2<br />
2r 2 = R 2<br />
r*Wurzel(2) = R<br />
Ist also der Radius des inneren blauen Kreises um Wurzel 2 kleiner als<br />
der des äußeren Kreises, sind beide Flächen gleich groß! Meister<br />
Klecks zieht nun mit Bleistift von einer Ecke eines Viertelkreises zur<br />
anderen eine Gerade. Wenn diese in den blauen Teil geht, ist die blaue<br />
Fläche größer, wenn sie im gelben Teil liegt, dann ist die gelbe Fläche<br />
größer. Wenn sie aber, wie in unserem Beispiel, genau am Rand des<br />
blauen Teils entlang geht, ist die blaue <strong>und</strong> die gelbe Fläche gleich<br />
groß, denn dann ist R = r*Wurzel(2), was man auch unschwer erkennt,<br />
wenn man sich so einen Viertelkreis mit der nun eingezeichneten Geraden<br />
ansieht.<br />
Woher wusste der Erfinder der Uhr, wie spät es war?<br />
Woran erkennt man, dass es <strong>Zeit</strong> ist, einen Dudelsack zu stimmen?<br />
Warum ist nie besetzt, wenn man eine falsche Nummer wählt?<br />
Woran erkennt man, dass unsichtbare Tinte alle ist?<br />
Bekommen die Arbeitnehmer von Lipton auch eine Kaffeepause?<br />
Warum laufen Schafe nicht ein, wenn es regnet?<br />
Ausgabe 76 29 KIM
Als ich noch jünger war, hasste ich es, auf Hochzeiten<br />
zu gehen. Meine beiden Großmütter <strong>und</strong> alle<br />
möglichen Tanten drängten sich immer um mich,<br />
piekten mich in die Seite <strong>und</strong> kicherten: „Du bist der<br />
Nächste! Du bist der Nächste!“<br />
Sie haben erst mit dem ganzen Mist aufgehört, als<br />
ich anfing, bei Beerdigungen dasselbe zu machen!“<br />
„Angeklagter, jetzt sagen Sie uns doch endlich den<br />
Namen ihres Mittäters!“ „Das kommt nicht in Frage.<br />
Glauben Sie vielleicht, ich verpfeife meinen eigenen<br />
Bruder? Nie!“<br />
Der Lehrer gibt Schülern den Auftrag, eine Kuh auf<br />
der Wiese zu malen. Fritzchen gibt ein leeres Blatt<br />
ab. Lehrer: „Wo ist denn das Gras?“ Fritzchen: „Das<br />
hat die Kuh gefressen!“ Lehrer: „Und wo ist die<br />
Kuh?“ Fritzchen: „Die bleibt doch nicht dort, wo kein<br />
Gras ist!“<br />
Warum haben Sie nicht reagiert, als Sie den Baum<br />
auf sich zukommen sahen?“ fragt der Polizist den<br />
Autofahrer. „Hab’ ich doch! Hab’ gehupt wie verrückt!“<br />
„Tu mir einen Gefallen <strong>und</strong> sprich lauter, wenn du<br />
mir die Farbe der Ampel ansagst!“<br />
„Du, Erwin, warum fliegen Vögel eigentlich in den<br />
Süden?“ „Dumme Frage! Weil’s zu Fuß zu lange<br />
dauern würde!“<br />
Ein Deutscher macht Urlaub in Spanien. Fre<strong>und</strong>lich<br />
ruft ein Spanier: „Buenos Dias!“ Der Tourist winkt<br />
bedauernd ab: „Vielen Dank, brauch ich nicht, ich<br />
knipse selber!“<br />
Ein Autofahrer wird am Brennerpass von einem<br />
Streifenwagen gestoppt. „Sie fahren ohne Rücklicht!“<br />
„Was?“, fragt der völlig übermüdete Autofahrer,<br />
stürzt aus dem Wagen, läuft nach hinten <strong>und</strong><br />
Fast das Letzte<br />
Diesmal: Ist das komisch.<br />
stößt einen Entsetzensschrei aus. „So schlimm ist<br />
das doch auch wieder nicht“, meint der Polizist. „Für<br />
Sie nicht“, stöhnt der Autofahrer. „Für mich bedeutet<br />
das den Verlust eines Campingwagens, meiner Frau<br />
<strong>und</strong> meiner vier <strong>Kind</strong>er!“<br />
„Ich habe mich alle zwei St<strong>und</strong>en eingeölt bei meinem<br />
Urlaub an der Nordsee“, berichtet zu Hause<br />
Herr Neubert <strong>seine</strong>r Nachbarin. „Ach“, meint sie,<br />
„war es so<br />
sonnig?“ „Nein,<br />
aber der Regen<br />
lief so besser<br />
ab.“<br />
Ein Trabi-Besitzer<br />
an der Tankstelle<br />
zum Tankwart:<br />
„Für meinen<br />
Trabi hätte<br />
ich gerne zwei<br />
Scheibenwischer.“ Darauf der Tankwart: „Das ist<br />
okay, das finde ich einen fairen Tausch!“<br />
Die Kellnerin prahlt: „Dieser Kaffee ist etwas ganz<br />
Besonderes. Er kommt nämlich aus Brasilien!“ Erwidert<br />
der Gast: „Ach so - ich habe mich nämlich<br />
schon gefragt, warum er wohl so kalt ist!“<br />
Ein Autofahrer wird von der Polizei gestoppt. „Pusten<br />
Sie mal!“ „Aber gerne. Wo tut’s denn weh?“<br />
„Na, Fritzchen, wie war es denn in den Ferien?“ fragt<br />
der Lehrer. „Herrlich“, schwärmt Klein Fritzchen, fügt<br />
aber schnell hinzu, „aber für einen Aufsatz viel zu<br />
kurz!“<br />
McNepps gönnen sich ein Essen im feinsten Lokal<br />
der Stadt. Während Frau McNepp mit offensichtlichem<br />
Appetit isst, sitzt ihr Mann untätig daneben:<br />
Höflich fragt der Kellner: „Ist das Essen nicht recht,<br />
oder haben Sie keinen Appetit, mein Herr?“ „Doch<br />
schon, aber meine Frau hat das Gebiss!“<br />
Die Tante ist zu Besuch <strong>und</strong> belehrt das Paar: „Ihr<br />
dürft den Jungen nicht so verwöhnen, der ist zu<br />
frech für <strong>seine</strong> zehn Jahre.“ Stöhnt der Vater: „Was<br />
sollen wir machen? Der Bengel ist der einzige von<br />
uns, der den DVD-Recorder programmieren kann!“<br />
Lehrer zu Karlchen: „Du hast in den Ferien richtig<br />
dicke Backen bekommen. War denn das Essen so<br />
gut?“ Quatsch, ich musste immer die Luftmatratzen<br />
aufblasen!“<br />
„Was ist eigentlich Esperanto?“ „Eine Weltsprache.“<br />
„Und wo spricht man die?“ „Nirgends.“<br />
Ausgabe 76 30 KIM
Wissenswertes über die <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />
Ausgabe 76 31 KIM
Weitere pädagogische Angebote im KJHB<br />
Ausgabe 76 32 KIM