01.12.2012 Aufrufe

Jedes Kind braucht seine Zeit - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus

Jedes Kind braucht seine Zeit - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus

Jedes Kind braucht seine Zeit - Kinder- und Jugendhilfe Backhaus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ausgabe 76 Oktober / November 2010<br />

ALLES HAT SEINE<br />

ZEIT<br />

Jeder Mensch <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> Seite 4<br />

Seite 11 Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong><br />

Inge Hansmann<br />

Gestaltung der <strong>Zeit</strong> Seite 8<br />

Berichte von verschiedenen Kolloquien Seite 17 ff<br />

Seite 14 Stärke statt Macht<br />

Neues Haus in Vollersode Seite 20


Vorbehalte<br />

Vorurteile<br />

Im kommenden Heft möchten<br />

wir unter diesem Thema einiges<br />

veröffentlichen. Wir würden<br />

uns freuen, wenn auch<br />

viele außerhalb des Redaktionsteams<br />

dazu Beiträge einreichen<br />

würden. Es müssen<br />

nicht immer seitenfüllende<br />

Artikel sein, auch kurze Bemerkungen,<br />

Hinweise <strong>und</strong><br />

Statements können wir unterbringen.<br />

Wir freuen uns auf Ihre Mitarbeit.<br />

Inhalt<br />

Ausgabe 76 1 KIM<br />

Seite<br />

Vorwort ................................................................................................ 2<br />

Intro Familie <strong>Backhaus</strong> Fam. <strong>Backhaus</strong> ........................................... 3<br />

J e d e r Mensche <strong>braucht</strong> s e i n e <strong>Zeit</strong> H. Treblin .......................... 4<br />

Muße - was ist das <strong>und</strong> wie geht das M. Wischka ........................... 6<br />

Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als die <strong>Zeit</strong> ..... 7<br />

R. Weusthof<br />

Gestaltung der <strong>Zeit</strong> K. Heimberg ....................................................... 8<br />

<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> freie <strong>und</strong> ganz unverplante <strong>Zeit</strong> ............ 9<br />

T. Schwarz<br />

Achtsamkeit für den Augenblick C. Lüken .................................... 10<br />

Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> D. Arlt ............................................................... 10<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> H. Treblin <strong>und</strong> C. Rensmann ........................ 11<br />

Glücklich sein C. Gerbus ................................................................. 11<br />

<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld Julian IPW Borken .......................................... 12<br />

Es gibt Momente D. Arlt ................................................................... 12<br />

Der Weg zur Sonne A. Stagge ......................................................... 13<br />

Arbeitsfrühstück: Stärke statt Macht U. Meiners .......................... 14<br />

Kolloquium in Meppen U. Kunze .................................................... 17<br />

GfS Aurich Vorbereitungskurs erfolgreich beendet T. Schwarz . 18<br />

Kolloquium im neuen Regionalbereich Berlin/Uckermark R. Kraus .19<br />

Neues Haus in Vollersode D. Robben ............................................ 20<br />

Das Sommerfest der MitarbeiterInnen der GfS Bremen C. Struck 21<br />

Erster Infoabend der GfS Bremen in Vollersode D. Robben ........ 22<br />

Wir waren auch dabei M. Lammers ................................................. 22<br />

Vertreten auf der Emslandschau M. Wischka ................................ 23<br />

Buchempfehlung Die Himmelsrutsche Cedi ................................. 23<br />

Alle Menschen sind sterblich Buchvorstellung P. Schmackpfeffer 24<br />

Das Loch in der Straße T. Schwarz ................................................. 24<br />

Die WG „Alte Molkerei“ in den Niederlanden A. Kühn .................. 25<br />

Nachbarschaftsfest am 16.09.2010 im Heidering S. Töller ........... 26<br />

Das Küchenteam H. Stover .............................................................. 26<br />

Der Haarschnitt ................................................................................ 27<br />

<strong>Zeit</strong> N. Schmidt-Rademaker .............................................................. 27<br />

Rätsel <strong>und</strong> Lösungen ....................................................................... 28<br />

Fast das Letzte Diesmal: Ist das komisch ........................................ 30<br />

Wissenswertes über die <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ...... 31


Das Bild: „Die grasende Kuh“<br />

Was dieses Bild mit unserem Leitthema<br />

zu tun hat? Lesen Sie das<br />

Vorwort.<br />

Einsendeschluss<br />

des Dezember-/ Januar-<br />

Durchblicks ist der<br />

1. November 2010<br />

Liebe Leserin!<br />

Lieber Leser!<br />

Vorwort<br />

- Leider fehlte mir die <strong>Zeit</strong>, ein Vorwort zu schreiben. -<br />

Als ich diesen Satz in einer Redaktionssitzung äußerte, wurde mir der<br />

Vorschlag gemacht, als Vorwort nur diesen Satz zu schreiben. Er würde<br />

zu dem Leitthema dieser Ausgabe doch gut passen. Das hat mich<br />

aber an den alten Witz von Klein Fritzchen erinnert, der nach dem<br />

Kunstunterricht ein leeres, weißes Blatt mit dem Titel: „Grasende Kuh“<br />

<strong>seine</strong>m Lehrer überreichte. Auf die Frage des Lehrers, wo denn das<br />

Gras sei, antwortete Klein Fritzchen: „Das hat die Kuh komplett aufgefressen.“<br />

Der Lehrer wollte nun aber noch wissen, wo denn dann aber<br />

die Kuh sei. Klein Fritzchen antwortete: „Hier war ja kein Gras mehr,<br />

jetzt frisst sie woanders.“<br />

Ein leeres, weißes Blatt - das habe ich mir dann doch noch anders<br />

überlegt.<br />

Wir hatten überlegt, das Leitthema „<strong>Zeit</strong>“ für dieser Durchblick-Ausgabe<br />

zu wählen. Das allein stehende Wort „<strong>Zeit</strong>“ war uns zu wenig, so fielen<br />

uns folgende Schlagworte <strong>und</strong> Themen ein: „<strong>Zeit</strong>management“, „Pause“,<br />

„Sonntag“, „Entschleunigung“, „<strong>Zeit</strong>mangel“, „<strong>Zeit</strong> ist Geld“, „<strong>Zeit</strong>lupe“,<br />

„<strong>Zeit</strong>raffer“, „zeitlos“, „<strong>Zeit</strong> zur Entwicklung“, „Entwicklungszeiten“,<br />

„Arbeitszeitverlängerung“ (vorn durch das Abi nach der 12-ten Klasse,<br />

hinten durch das erhöhte Renteneintrittsalter), „Hausaufgabenzeit“,<br />

„Schulzeit“ <strong>und</strong>, na ja, siehe ganz oben , „Ich habe keine <strong>Zeit</strong>“. Alle<br />

Vorschläge passen sehr gut zu dieser Ausgabe, wir wollten das Thema<br />

aber nicht durch eines dieser Worte einschränken. So kamen wir auf<br />

den Satz „Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“. Erst im Nachhinein wurde uns klar,<br />

dass dies ein Zitat aus der Bibel ist (Prediger 3,1-11 1 - Nachzulesen in<br />

dem Beitrag von Herrn Arlt auf Seite 10). Man erkennt also ein „zeitloses“<br />

Thema.<br />

Ich freue mich, dass wieder viele Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen „<strong>Zeit</strong> gef<strong>und</strong>en“<br />

haben, ihren Beitrag zum Gelingen dieser Ausgabe beizusteuern.<br />

Neben den Artikeln zum Leitthema finden Sie natürlich auch wieder<br />

Informationen aus dem Geschehen in unserer Einrichtung.<br />

Ich hoffe, dass Sie „<strong>Zeit</strong> finden“ zum Lesen dieser Ausgabe. Ich bin mir<br />

sicher, es ist keine „verschenkte <strong>Zeit</strong>“.<br />

In diesem Sinne<br />

Ausgabe 76 2 KIM<br />

Ihr<br />

Durchblick Redaktion<br />

Erziehungsleiter<br />

GfS Emsland<br />

1 Es handelt sich hierbei vermutlich um die Spätschriften des als Weise bezeichneten Salomo, der zu <strong>seine</strong>r <strong>Zeit</strong> reichste<br />

<strong>und</strong> mächtigste Mensch. Er legt im Buch Prediger davon Rechenschaft ab, was man durch Weisheit <strong>und</strong> das menschliche<br />

Streben nach Glück <strong>und</strong> Selbstverwirklichung „unter der Sonne“, d.h. im diesseitigen Leben, erreichen kann.


Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

Langeweile, so der Pädagoge Johann Friedrich Herbart (1776 -<br />

1841), sei die größte Sünde. <strong>Zeit</strong>, wird gerne behauptet, sei das<br />

kostbarste Gut auf Erden. Verlorenes Geld kann wieder beschafft<br />

werden, verlorene <strong>Zeit</strong> hingegen …? In der heutigen <strong>Zeit</strong> gehe es<br />

immer hektischer zu. Im zunehmenden Druck unseres Alltags, stehe<br />

<strong>Zeit</strong> immer begrenzter zur freien Verfügung. Es gäbe immer<br />

mehr Aufgaben zu erledigen <strong>und</strong> alles werde schnelllebiger, so der<br />

Volksm<strong>und</strong>. Das bringt uns täglich an unsere Belastungsgrenzen.<br />

Das Burnout-Syndrom könnte eine Folge der zunehmenden „<strong>Zeit</strong>verknappung“<br />

sein. Doch vielleicht kommt es nur zu Engpässen<br />

<strong>und</strong> Burnout aufgr<strong>und</strong> des Blickwinkels, mit dem wir unseren persönlichen<br />

<strong>Zeit</strong>ressourcen begegnen. Worum geht es eigentlich bei<br />

der Verwaltung der Lebenszeit? Die Erziehungsleiterin der GfS-<br />

Osnabrück, Frau Gerbus, begreift die <strong>Zeit</strong>, seit der Aufnahme eines<br />

<strong>Kind</strong>es, völlig anders als zuvor (S. 11). Dieses Mädchen hat ihre<br />

Prioritätensetzung ganz neu gestaltet. Frau Gerbus konnte den<br />

Blickwinkel des aufgenommen <strong>Kind</strong>es für sich selbst nutzen. Frau<br />

Weusthof, Erziehungsleiterin der GfS-Emsland / Schapen, steht für<br />

bewusste Entschleunigung <strong>und</strong> knüpft in ihrem Artikel (S. 7) an ein<br />

Zitat von John Steinbeck an: „Man verliert die meiste <strong>Zeit</strong> damit,<br />

dass man <strong>Zeit</strong> gewinnen will.“ Sie empfiehlt einen Milchkaffee lang<br />

zu telefonieren oder eine CD lang in der Wanne zu liegen. Herr<br />

Schwarz, Erziehungsleiter der GfS-Aurich, kritisiert den oft überfüllten<br />

Terminkalender von <strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> plädiert für freie <strong>und</strong> unverplante<br />

<strong>Zeit</strong>. In <strong>seine</strong>m Blickwinkel zur <strong>Zeit</strong>einteilung spielt der<br />

Begriff „Downshifting“ eine zentrale Rolle (S. 9).<br />

Professionelles <strong>Zeit</strong>management gerät immer stärker in den Fokus<br />

von Beratern <strong>und</strong> deren Führungskräftetrainings. Deren Inhalte<br />

empfehlen oft das Gegenteil der folgenden Artikel. In diesen Trainings<br />

wird sich insbesondere mit der Ziel- <strong>und</strong> Prioritätensetzung<br />

befasst. Es werden u.a. „<strong>Zeit</strong>planbücher“ erstellt, Analysen von zu<br />

erledigenden Aufgaben durchgeführt <strong>und</strong> verschiedene Methoden<br />

<strong>und</strong> Prinzipien der Prioritätensetzung angewendet. Diese Beratungen<br />

haben das Potenzial einen minutiös geplanten Tages-, Wochen<strong>und</strong><br />

Jahresablauf zu realisieren, inkl. der definierten <strong>Zeit</strong>räume für<br />

Freizeit, in denen wir möglichst effektiv unsere privaten Verpflichtungen<br />

erfüllen. Frau Wischka, Abteilungsleiterin Süd, zeigt in ihrem<br />

Artikel auf, was viele Berater in ihrer strikten Fokussierung auf<br />

Effektivität außer Acht lassen (S. 5).<br />

Wir hoffen sehr, dass das Lesen dieser Ausgabe ganz weit oben auf<br />

ihrer Prioritätenliste Platz findet!<br />

Herzlichst<br />

Ihre<br />

Familie <strong>Backhaus</strong><br />

Ausgabe 76 3 KIM


J e d e r Mensch <strong>braucht</strong> s e i n e <strong>Zeit</strong>!<br />

Und dazu müssen die sozialpädagogischen Praktiker<br />

im richtigen Moment das Richtige tun. Hierzu ein<br />

Fallbeispiel:<br />

Der 8-jährige Clemens (Name geändert) ist in <strong>seine</strong>r<br />

Profifamilie ® schon seit langem „angekommen". In<br />

ihm ist eine Bindung zur Profimutter, zu deren Mann<br />

<strong>und</strong> zu den anderen <strong>Kind</strong>ern in der Familie herangewachsen.<br />

Auch geht Clemens gerne zur Schule, nimmt mit<br />

Aufmerksamkeit am Unterricht teil <strong>und</strong> hat in der<br />

Schule Fre<strong>und</strong>e gewonnen.<br />

Zwischen der Profimutter <strong>und</strong> der Schule besteht<br />

guter Kontakt.<br />

Zwischen der Profimutter <strong>und</strong> der Erziehungsleiterin<br />

im 30 km entfernten Pädagogischen Zentrum (PZ)<br />

besteht ein reger <strong>und</strong> einvernehmlicher Austausch<br />

über alle auftretenden <strong>und</strong> alle vorausschaubaren<br />

relevanten pädagogischen Fragen.<br />

Clemens nimmt mit Begeisterung an den jährlichen<br />

Zeltfreizeiten der GfS teil, er respektiert die Erziehungsleiterin<br />

nicht nur, sondern er schätzt sie sehr.<br />

Gerade hat er auf der Freizeit als Antwort auf immer<br />

besser werdende Kooperation viele 'Sonnen' zugeteilt<br />

bekommen.<br />

Sein Lebensumfeld ist insgesamt harmonisch <strong>und</strong><br />

fruchtbringend für ihn, er erlebt sein steigerndes<br />

Wohlbefinden, <strong>und</strong> das nach einer schwer belasteten<br />

Herkunft. Leider ändert sich sein Verhalten umständehalber<br />

von einem Tag auf den anderen mehr<br />

als drastisch.<br />

Zum Beginn des neuen Schuljahres, nicht lange<br />

nach Ende der diesjährigen Zeltfreizeit, bekommt<br />

Clemens eine neue Klassenlehrerin <strong>und</strong> als weitere<br />

unvertraute Neuerung diverse Fachlehrer.<br />

Fachlehrer waren ihm bis dato nicht geläufig, Schule<br />

bedeutete für ihn das vertraute <strong>und</strong> vertrauenswürdige<br />

Gesicht <strong>seine</strong>r bisherigen Klassenlehrerin. Auf<br />

die neue Situation reagiert er folgendermaßen: Er<br />

beschimpft die neue Klassenlehrerin wie aus heiterem<br />

Himmel massiv mit schmutzigsten Worten. Auf<br />

die Versuche <strong>seine</strong>r neuen Klassenlehrerin, ihn verbal<br />

zu stoppen, reagiert er nur noch lauter <strong>und</strong> verächtlicher.<br />

Da der Unterricht in Gänze von Clemens<br />

zu Lasten der Klasse „aufgemischt" ist <strong>und</strong> bleibt,<br />

soll er zeitweilig den Klassenraum verlassen. Jedoch:<br />

Er geht nicht, muss erst am Arm ergriffen<br />

werden <strong>und</strong> mit sanftem Druck hinausexpediert werden.<br />

Diese Aktion wirbelt die Klasse umso mehr<br />

durcheinander. Da Clemens sich nicht auf einen für<br />

den Schulunterricht akzeptablen Level zurückschalten<br />

kann, wird die Profimutter angerufen <strong>und</strong> gebeten,<br />

ihn umgehend abzuholen.<br />

Die Profimutter bespricht im Telegrammstil telefonisch<br />

mit der Erziehungsleiterin. Ergebnis: Es muss<br />

s o f o r t gehandelt werden!<br />

Absprachegemäß organisiert die Profimutter einen<br />

bald möglichen Gesprächstermin mit allen Beteiligten,<br />

am besten noch am selben Tag.<br />

So geschah es, die Schule stimmte zu.<br />

Zwar ließen der Terminkalender der Erziehungsleiterin<br />

<strong>und</strong> die Tagesplanung der Profimutter die Wahrnehmung<br />

eines Kriseninterventionsgesprächs am<br />

Tage des Geschehens eigentlich nicht zu, doch die<br />

theorie- <strong>und</strong> erfahrungsbasierte Intuition der Erziehungsleiterin<br />

ließ sie ihren geplanten Tagesterminablauf<br />

unterbrechen. Stattdessen fuhr sie umgehend<br />

mit kollegialer Begleitung eines weiteren Erziehungsleiters<br />

in die Schule zu dem kurzfristig verabredeten<br />

Zusammentreffen von Profimutter, Schulleiter<br />

<strong>und</strong> Klassenlehrerin. Es war die 'gefühlte' Einschätzung<br />

vorherrschend, dass es für Clemens zu<br />

einer einschneidenden Änderung der Schul- <strong>und</strong><br />

Lebenssituation kommen werde, wenn die Erziehungsleitung<br />

nicht umgehend interveniere. Dadurch<br />

wären sehr wahrscheinlich alle guten Ansätze bei<br />

Clemens hinfällig geworden.<br />

Der weitere Verlauf zeigte tatsächlich: Wäre die<br />

günstige Gelegenheit eines sofortigen Zusammentreffens<br />

nicht ergriffen worden, hätte man diesen<br />

<strong>Zeit</strong>punkt verstreichen lassen <strong>und</strong> erst einmal im<br />

Gefüge der Terminkalender aller Beteiligten nach<br />

einem passenden Termin zu einem späteren <strong>Zeit</strong>punkt<br />

gesucht, dann hätte es höchstwahrscheinlich<br />

keine weitere Beschulung von Clemens in dieser für<br />

ihn wichtigen Schule geben können, oder es wären<br />

zumindest im Nachhinein langwierige Auseinandersetzungen<br />

gefolgt, um für Clemens die vertraute<br />

Lebenswelt zu retten. Solche Auseinandersetzungen<br />

hätten das Klima zwischen Schule <strong>und</strong> GfS nicht<br />

gerade verbessert, wären also kontraproduktiv für<br />

die notwendige Kooperation zugunsten von Clemens<br />

gewesen.<br />

Die intuitive Entscheidung, in diesem Moment das<br />

für richtig Erachtete mit höchstmöglicher Schnelligkeit<br />

zu tun, transportierte anstelle langwieriger Auseinandersetzungen<br />

in der Folge eines verspäteten<br />

Handelns nunmehr folgende Botschaften:<br />

a) Das Dilemma, in dem sich Schulleiter, Klassenlehrerin<br />

<strong>und</strong> die ganze Klasse befinden, ist der Erziehungsleitung<br />

keineswegs gleichgültig. Ihr liegt an<br />

einer schnellen Lösung <strong>und</strong> Entspannung der Situation.<br />

((-ein terminplangerechter, Tage späterer Termin<br />

dagegen hätte eher signalisiert: Komme ich<br />

heute nicht, komme ich morgen. So dringlich wird es<br />

ja wohl schon nicht sein. Außerdem: Die Schule wird<br />

ja wohl Mittel <strong>und</strong> Wege haben, ein solches, doch<br />

nicht ungewöhnliches Problem, mit erzieherischen<br />

Mitteln selbst zu lösen. Was sollen wir da gleich auf<br />

der Matte stehen.-)) Stattdessen wurde die Ratlosigkeit<br />

der Schule anerkannt, ohne der Schule einen<br />

Gesichtsverlust beizufügen.<br />

b) Das Verhalten von Clemens zieht ohne <strong>Zeit</strong>verzug<br />

eine Konsequenz nach sich, nämlich dass alle<br />

verantwortlichen Erwachsenen zu einer abzusprechenden<br />

Position finden <strong>und</strong> dann zeigen, dass sie<br />

an einem Strang ziehen <strong>und</strong> dem <strong>Kind</strong> gemeinsam<br />

Ausgabe 76 4 KIM


deutlich machen, was sein muss <strong>und</strong> was nicht geht,<br />

wenn man die Zukunftsvorstellungen von Clemens<br />

berücksichtigt.<br />

c) Erziehungsleiterin <strong>und</strong> Profimutter übernehmen<br />

sofort Verantwortung. Sie wenden Energie <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong><br />

auf <strong>und</strong> zeigen damit, dass ihnen der weitere Weg<br />

von Clemens auf gar keinen Fall gleichgültig ist. Und<br />

dass ihnen die Unterrichtssituation ebenso wenig<br />

gleichgültig ist. Dadurch ziehen sie alle beteiligten<br />

zuständigen Erwachsenen mit hinein in eine Verantwortung<br />

zugunsten von Clemens, ausgehend von<br />

der Vermutung, dass es zwischen allen eine annäherungsweise<br />

ähnliche pädagogische Wert- <strong>und</strong><br />

Zielvorstellung gibt.<br />

Solche Haltung zu aktualisieren <strong>und</strong> entsprechendes<br />

Verhalten auf den Weg zu bringen, war nur möglich<br />

in Gesprächen zu dem <strong>Zeit</strong>punkt frisch nach dem<br />

Vorfall. Tage später hätte sich die anfängliche Meinung<br />

auf Seiten der Schule ‚wie lange sollen wir das<br />

alles aushalten, dafür sind wir nicht mit den notwendigen<br />

pädagogischen Mitteln ausgestattet' vermutlich<br />

längst verfestigt.<br />

In unserem Fallbeispiel allerdings führte die Geschwindigkeit<br />

zur Flexibilität des konstruktiven Mitdenkens<br />

auf allen Seiten.<br />

Clemens betreffend konnte den Schulpädagogen<br />

gegenüber deutlich gemacht werden, dass <strong>seine</strong><br />

innere Uhr phasenweise anders tickt als der Organisations-<br />

<strong>und</strong> <strong>Zeit</strong>ablauf der Schule. Er <strong>braucht</strong> viel<br />

mehr <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> Lebensenergie als die meisten anderen<br />

<strong>Kind</strong>er, um in einer gr<strong>und</strong>legend für ihn veränderten<br />

Situation wieder neu Vertrauen fassen zu<br />

können, denn gr<strong>und</strong>sätzlich erlebt er neue Umstände<br />

<strong>und</strong> neue Gesichter zunächst einmal als gegen<br />

sich gerichtet. Die Sozialpädagogen erkennen an<br />

<strong>und</strong> verstehen, dass eine Schule "nicht ewig" abwarten<br />

kann, bis ein <strong>Kind</strong> sich wieder einklinkt. Deswegen<br />

arbeiten sie mit Nachdruck daran, Clemens'<br />

Wahrnehmungsfähigkeit <strong>und</strong> Wahrnehmungsbereitschaft<br />

für ihm entgegengebrachte Wertschätzung in<br />

der Schule stärken, nachdem alle anerkennen, dass<br />

er mehr <strong>Zeit</strong> als andere benötigt, um Vertrauen zu<br />

gewinnen. Mehr <strong>Zeit</strong> wird er überhaupt brauchen,<br />

nicht nur hier.<br />

Weiter übernehmen die Sozialpädagogen die Verantwortung<br />

dafür, der Klassenlehrerin anhand der<br />

Vorgeschichte von Clemens zu erklären, dass mit<br />

den Anfeindungen <strong>und</strong> der Ablehnung nicht sie ge-<br />

meint ist. Man kann sichtbar machen, in welcher<br />

Weise sie zur Projektionsfläche zum Abarbeiten<br />

alter Traumata wurde. Auch kann man ihr vorschlagen,<br />

Clemens zu helfen, sich von <strong>seine</strong>r ‚alten Geschichte'<br />

zu befreien. Bei spürbaren Änderungen<br />

<strong>seine</strong>s Verhaltens kann er überdies mit den ihm von<br />

der Freizeit her vertrauten Anerkennungen („Sonnen")<br />

belohnt werden.<br />

Sodann wird Clemens zukünftig regelmäßig von der<br />

von ihm hochgeschätzten <strong>und</strong> respektierten Erziehungsleiterin<br />

zuhause besucht werden. Dabei wird<br />

dann sein Verhalten besprochen <strong>und</strong> mit ihm bilanziert.<br />

Clemens ist als handelndes Subjekt (nicht zu behandelndes<br />

Objekt) in den Steuerungsprozess <strong>seine</strong>s<br />

Lebens einbezogen, indem er weiß: „Ich will in<br />

dieser Familie leben, ich will meine Fre<strong>und</strong>e in der<br />

Schule nicht verlieren. Und eigentlich gehe ich gern<br />

zur Schule."<br />

Er weiß auch, dass ihm alle helfen wollen, <strong>seine</strong><br />

ausfälligen Attacken zu überwinden, damit er gemäß<br />

<strong>seine</strong>m Willen leben kann. Aber das handelnde Subjekt<br />

ist er selbst, <strong>und</strong> alles wird dann zu dem von<br />

ihm gewünschten Ziele kommen, wenn er eine Veränderung<br />

<strong>seine</strong>s Verhaltens will <strong>und</strong> mit Hilfe bewerkstelligt.<br />

Hilfe ist von außen möglich, der Wille<br />

zur Erreichung <strong>seine</strong>s Zieles <strong>und</strong> zur Verhaltensänderung<br />

muss in ihm selbst angelegt sein.<br />

Alles wird <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> brauchen, <strong>seine</strong> Clemens-<strong>Zeit</strong>.<br />

Und die wird zunächst nicht unbedingt übereinstimmen<br />

mit dem Rhythmus der Schule. Aber nun werden<br />

alle Erwachsenen soweit ihnen das irgend möglich<br />

ist, acht geben, dass Clemens auf <strong>seine</strong>m Weg<br />

zum guten Ziel Raum <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong> gegeben wird.<br />

Die Klassenlehrerin hat ihm ihre Wertschätzung<br />

deutlich, aber nicht erdrückend, übermittelt <strong>und</strong> wird<br />

das weiter tun.<br />

Und Clemens hat sich murmelnd, aber verstehbar,<br />

bei ihr für <strong>seine</strong> Beleidigungen entschuldigt <strong>und</strong> ihr<br />

ein selbstgemaltes Bild geschenkt.<br />

<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, insbesondere<br />

der kleine Clemens.<br />

Helga Treblin<br />

Erziehungsleiterin<br />

GfS Aurich<br />

Muße - was ist das <strong>und</strong> wie geht das?<br />

Beim Recherchieren zu dem Thema „<strong>Zeit</strong>“ habe ich<br />

einen interessanten Artikel in der ZEIT ONLINE -<br />

Wissen: „Die Wiederentdeckung der Muße“ gef<strong>und</strong>en.<br />

Der Autor bezeichnet die Muße als „Pausen des<br />

Geistes“ <strong>und</strong> beschreibt wie wichtig diese Pausen<br />

sind. „Wenn er sich zum Mittagschlaf zurückzog,<br />

hängte der französische Dichter Saint-Pol-Roux an<br />

<strong>seine</strong> Tür das Schild ‚Poet bei der Arbeit‘. Denn er<br />

wusste: Müßiggang ist aller Ideen Anfang. Wirklich<br />

schöpferische Einfälle kommen einem am ehesten<br />

Ausgabe 76 5 KIM


dann, wenn man sie nicht zu erzwingen versucht.<br />

Das gilt beileibe nicht nur für die Poesie. Die Erleuchtung<br />

zu <strong>seine</strong>r Gravitationstheorie kam Isaac<br />

Newton, als er im heimischen Obstgarten versonnen<br />

einen Apfel betrachtete (dass ihm dieser auf den<br />

Kopf fiel, ist allerdings eine Legende). Dem Chemiker<br />

Friedrich Kekulè offenbarte sich die lang gesuchte<br />

Struktur des Benzolrings im Traum. Und Renè<br />

Descartes, der Begründer des modernen Rationalismus,<br />

entwickelte <strong>seine</strong> Gedanken mit Vorliebe<br />

morgens im Bett.“ (<strong>Zeit</strong>-Online-Wissen). Man muss<br />

nicht nur berühmte Beispiele heranziehen, sondern<br />

jeder von uns kennt diese Situation, dass in einer<br />

Phase des Müßiggangs schöpferische Ideen entspringen<br />

oder plötzlich Ideen für kreative Lösungen<br />

von Arbeitsaufgaben oder Problemen da sind - <strong>und</strong><br />

das ganz ohne Anstrengung. Oftmals entsteht eine<br />

Leichtigkeit <strong>und</strong> plötzlich fällt es einen wie „Schuppen<br />

von den Augen“ <strong>und</strong> die Lösung ist da.<br />

Aber der Autor entwickelt weiter: „Heute würde Descartes<br />

vermutlich morgens aus dem Bett springen,<br />

<strong>seine</strong>n Laptop einschalten <strong>und</strong> als Erstes das elektronische<br />

Postfach checken. Dort würde eine Flut<br />

von E-Mails auf ihn warten <strong>und</strong> für die Entwicklung<br />

des Kartesianismus bliebe keine <strong>Zeit</strong>.“ (a.a.O.)<br />

Immer mehr fehlt heute die Muße zum Nachdenken.<br />

Dies geht sowohl den Wissenschaftlern so, wie auch<br />

dem Rest der Gesellschaft: Managern, Politikern,<br />

Selbständigen <strong>und</strong> Angestellten, alle klagen über<br />

<strong>Zeit</strong>mangel <strong>und</strong> dem ständigen Gefühl unter Druck<br />

zu stehen. Jeder weiß es, jeder klagt darüber, aber<br />

irgendwie genießen es viele auch. So richtig wollen<br />

wir von den hektischen Gewohnheiten nicht wirklich<br />

lassen.<br />

„Wer die Kunst des Müßiggangs erlernen will, tut gut<br />

daran, sich zunächst einmal mit all jenen Mechanismen<br />

auseinanderzusetzen, die ihr entgegenstehen.<br />

Vier Hürden sind es, auf die man bei dieser<br />

Selbererforschung immer wieder stößt.“ (a.a.O.)<br />

Die erste Hürde ist, der Gedanke es handelt sich um<br />

ein individuelles Problem, dass man durch z.B. besseres<br />

<strong>Zeit</strong>management lösen könnte, also wird der<br />

Alltag immer mehr durchstrukturiert. Hinzu kommt,<br />

da es mittlerweile ein kollektives Problem ist, fällt es<br />

schwer, sich zwischen lauter gehetzten Menschen,<br />

entspannt dem Müßiggang hinzugeben.<br />

Ein zweites Hindernis ist der Gedanke auch unsere<br />

Freizeit muss organisiert werden: Muße bedeutet<br />

nicht Wellness <strong>und</strong> Fitness, Muße unterliegt keinem<br />

Nützlichkeitsdenken, es ist keine funktionelle Methode<br />

die Schaffenskraft wieder herzustellen. „Die<br />

Muße unterlag keiner Verwertungslogik; man fragte<br />

nicht, was etwa das Philosophieren am Ende ‚bringe‘,<br />

der Müßiggang war sich selbst genug, ein Lebenswert<br />

an sich.“ (a.a.O.)<br />

Gerade dieses Zulassen von Nichtstun haben wir<br />

verlernt zuzulassen. Aber neurobiologische Experi-<br />

mente zeigen, dass das Gehirn offenbar immer wieder<br />

<strong>Zeit</strong>en des Nichtstuns <strong>braucht</strong> - „ein gewisser<br />

Leerlauf im Kopf ist für unsere geistige Stabilität<br />

geradezu unabdingbar.“<br />

Das dritte Hindernis ist ein ständiger Erwartungsdruck.<br />

Als Erwerbstätiger stehen auch die Wochenenden<br />

<strong>und</strong> die Urlaube unter Erfolgsdruck – jetzt<br />

muss alles nachgeholt werden, Familie, Hobby,<br />

Sport, Fre<strong>und</strong>e - aber dabei stellt sich die Ruhe nicht<br />

ein. Auch zeigt sich, dass Arbeitslose mit dem<br />

Nichtstun oft nichts anfangen können. In einer Leistungsgesellschaft<br />

kann Nichtstun kein Genuss sein.<br />

Das vierte Hindernis ist der Wunsch nach mehr<br />

Wohlstand <strong>und</strong> das Mehr an Möglichkeiten. Kaum<br />

hat man alle Prospekte gewälzt <strong>und</strong> eine Kamera<br />

gekauft, findet man ein Sonderangebot gerade für<br />

diese Kamera. Und wie schnell ist die neu erworbene<br />

Kamera auch schon wieder veraltet. „Der amerikanische<br />

Psychologe Barry Schwartz hat in Studien<br />

gezeigt, dass ein Zuwachs an Wohlstand, sobald er<br />

ein gewisses Gr<strong>und</strong>niveau überschreitet, die Menschen<br />

eher unglücklich macht. Ein Gr<strong>und</strong> dafür, sagt<br />

Schwartz, sei die enorm gestiegene Wahlfreiheit in<br />

allen Bereichen des Lebens. Wer zwischen einer<br />

kaum zu überschauenden Zahl von Fernsehkanälen<br />

oder Joghurtmarken wählen muss, gewinnt nicht an<br />

Freiheit - wie die Werbung suggeriert -, sondern<br />

erhöht <strong>seine</strong>n Stresspegel. „Kurioserweise versuchen<br />

wir diesen Frust oft mit just demselben Mittel<br />

zu bekämpfen, das ihn uns beschert hat: mit weiteren<br />

Konsum. Wer sich gestresst fühlt, bucht den<br />

Entspannungskurs, wer die Hausmusik vermisst,<br />

gönnt sich neue CDs, wer unter <strong>Zeit</strong>druck leidet,<br />

kauft den Ratgeber zum <strong>Zeit</strong>management - so, als<br />

ob man sich mit dem Buch oder der CD die <strong>Zeit</strong> zum<br />

entspannten Lesen oder Hören gleich mitkaufen<br />

könnte.“ (a.a.O.)<br />

Muße ist ein sich „Einlassen-Können“, ein Versinken<br />

in die Tätigkeit, die man gerade tut, sei es Nachdenken,<br />

Lesen, Musik-Hören, Gartenarbeit. Es ist Eigenzeit<br />

<strong>und</strong> immer durch eine Eigenschaft charakterisiert:<br />

„Muße ist die Übereinstimmung zwischen mir<br />

<strong>und</strong> dem, worauf es in meinem Leben ankommt“.<br />

Und jetzt beginnt für mich das Wochenende, aber<br />

die Betten müssen bezogen werden <strong>und</strong> der Garten<br />

muss vom Unkraut befreit werden. Was nun? Vielleicht<br />

gelingt es ja das Bettenbeziehen mit Muße zu<br />

gestalten <strong>und</strong> nicht als schnell zu erledige Arbeit,<br />

damit dann endlich die Mußezeit beginnt.<br />

Literatur:<br />

www.zeit.de/2010/01/Die-Wieder<br />

entdeckung-des-Nichtstuns<br />

Marion Wischka<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Ausgabe 76 6 KIM


„Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als die <strong>Zeit</strong>.“<br />

„Der Mensch besitzt nichts Edleres <strong>und</strong> Kostbares als<br />

die <strong>Zeit</strong>.“<br />

Ludwig van Beethoven<br />

„Genieße den Augenblick“, „lass Dir <strong>Zeit</strong>“, „halt doch<br />

mal an“, all solche Aussagen kennt ein jeder von<br />

uns.<br />

Wenn im Alltag das Gefühl entsteht, im Trubel aus<br />

dem Gleichgewicht zu geraten, tragen kleine Pausen<br />

oder ein ruhiger Abend dazu bei, neue Energien<br />

zu sammeln. Ob wir uns hetzen lassen oder in Ruhe<br />

die Aufgaben des Tages angehen, ist unsere freie<br />

Entscheidung. Und nicht immer erreichen wir durch<br />

übereiltes Hetzen unser Ziel zum geplanten <strong>und</strong><br />

angestrebten <strong>Zeit</strong>punkt.<br />

Hierzu eine kleine Erzählung:<br />

Till Eulenspiegel ging eines Tages des Weges daher,<br />

als ihn eine Kutsche mit hoher Geschwindigkeit<br />

überholte. Der Kutscher fragte ihn beim Überholen:<br />

„Hey, wie lange brauchen wir noch bis zur nächsten<br />

Stadt?“<br />

Till Eulenspiegel erwiderte: „Wenn ihr langsam fahrt,<br />

eine halbe St<strong>und</strong>e. Wenn ihr aber weiter so rast,<br />

einen halben Tag.“<br />

Der Kutscher fand kaum <strong>Zeit</strong>, sich zu bedanken,<br />

sondern raste noch schneller davon.<br />

Eine <strong>Zeit</strong> später fand Till Eulenspiegel die Kutsche<br />

im Straßengraben. Der Kutscher versuchte gerade,<br />

das Ganze zu reparieren. Vorwurfsvoll blickte er<br />

hoch.<br />

Till Eulenspiegel lachte <strong>und</strong> sagte: „Ich sagte doch,<br />

wenn ihr weiter so rast, benötigt ihr einen halben<br />

Tag.“<br />

Beschreibt diese Geschichte nicht genau unsere<br />

<strong>Zeit</strong>, in der wir heute leben. Wir haben ständig das<br />

Gefühl, die <strong>Zeit</strong> sei nicht auf unserer Seite. Immer<br />

flieht sie <strong>und</strong> nichts kann sie aufhalten. So ist es uns<br />

häufig kaum möglich, die Ziele, die wir uns für den<br />

heutigen Tag gesteckt haben, auch erreichen zu<br />

können, ohne dass Gefühl am Ende des Tages zu<br />

haben, der Tag müsste uns noch mehr St<strong>und</strong>en zur<br />

Verfügung stellen.<br />

„Man verliert die meiste <strong>Zeit</strong> damit, das man <strong>Zeit</strong><br />

gewinnen will“,<br />

so John<br />

Steinbeck.<br />

Lothar J. Seiwert,(führender<br />

Experte für<br />

<strong>Zeit</strong>- <strong>und</strong> Lebensmanagement)<br />

fordert<br />

uns in <strong>seine</strong>m<br />

Buch auf, bewusst<br />

zu „entschleunigen“,<br />

sich nicht hetzen lassen, in Ruhe die Aufgaben des<br />

Tages anzugehen. Vielmehr empfiehlt er, auf unsere<br />

innere Uhr zu schauen, unsere <strong>Zeit</strong> danach zu managen,<br />

die Tätigkeiten sinnvoll zu verbinden, die<br />

gewonnene <strong>Zeit</strong> für uns zu nutzen <strong>und</strong> unserem<br />

Leben damit zu mehr Qualität zu verhelfen. Lothar J.<br />

Seiwert zeigt in <strong>seine</strong>m Buch auf, wie man dazu<br />

<strong>seine</strong> Lebensrollen festlegt, einen Jahreszielplan<br />

<strong>und</strong> eine Prioritätenliste für jede Woche aufstellt <strong>und</strong><br />

schließlich lernt, das <strong>Zeit</strong>management für jeden Tag<br />

in den Griff zu bekommen - produktive Langsamkeit!<br />

So eröffnen sich neue Perspektiven, können Augenblicke<br />

<strong>und</strong> Situationen genau beobachtet <strong>und</strong> auch<br />

ausgekostet werden, Erstaunliches entdeckt werden,<br />

Lassen wir auch einmal bewusst den Dingen <strong>Zeit</strong>,<br />

sich entwickeln zu können. Wie lange dauert es, bis<br />

man die Äpfel eines Baumes pflücken kann, den<br />

man gepflanzt hat! Es fällt uns schwer, geduldig auf<br />

etwas zu warten. Was wir uns wünschen, soll gleich<br />

geschehen.<br />

Um den Wert eines Jahres zu erfahren,<br />

frage einen Studenten, der im Schlussexamen<br />

durchgefallen ist.<br />

Um den Wert eines Monates zu erfahren,<br />

frage eine Mutter, die ihr <strong>Kind</strong> zu früh zur Welt gebracht<br />

hat.<br />

Um den Wert einer Woche zu erfahren,<br />

frage den Herausgeber einer Wochenzeitschrift.<br />

Um den Wert einer St<strong>und</strong>e zu erfahren,<br />

frage Verliebte, die darauf warten, sich zu sehen.<br />

Um den Wert einer Minute zu erfahren,<br />

frage jemanden, der <strong>seine</strong>n Zug, <strong>seine</strong> Bahn, <strong>seine</strong>n<br />

Flug verpasst hat.<br />

Um den Wert einer Sek<strong>und</strong>e zu<br />

erfahren,<br />

frage jemanden, der einen Unfall<br />

erlebt hat.<br />

Um den Wert einer Millisek<strong>und</strong>e<br />

zu erfahren, frage jemanden, der<br />

bei den olympischen Spielen eine Silbermedaille<br />

gewonnen hat.<br />

(Verfasser unbekannt)<br />

In diesem Sinne wünsche ich Euch die Möglichkeit,<br />

hin <strong>und</strong> wieder Eure <strong>Zeit</strong> selber einteilen zu können:<br />

einen Milchkaffee lang zu telefonieren, eine CD lang<br />

in der Wanne zu liegen…..<br />

Renate Weusthof<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland/ Schapen<br />

Ausgabe 76 7 KIM


„Endlich mal <strong>Zeit</strong> haben“, diesen Gedanken <strong>und</strong><br />

tiefen Wunsch, endlich mal <strong>Zeit</strong> zu haben für alle<br />

Dinge, die immer liegen bleiben: für das Hobby, für<br />

Haus <strong>und</strong> Garten, für Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Post, für Kreativität,<br />

für übergreifendes Engagement oder oder oder.<br />

Eine Urlaubszeit zu Hause kann fast jeder gut gestalten<br />

<strong>und</strong> genießen. Wie lange man freie <strong>Zeit</strong> als<br />

bereichernden Freiraum nutzen kann oder wie<br />

schnell man bedrohliche, gähnende Leere empfindet,<br />

da hat wohl jeder <strong>seine</strong> persönliche „Schmerzgrenze“.<br />

Oft hört man von Menschen, die mit dem<br />

Renteneintritt, Arbeitslosigkeit oder ähnlichen Situationen,<br />

(bei denen nicht Krankheit o.ä. zum zu Hause<br />

bleiben zwingt), wenn plötzlich jede Menge <strong>Zeit</strong><br />

einfach da ist <strong>und</strong> genutzt werden könnte, in ein<br />

tiefes Loch fallen. Die freie <strong>Zeit</strong> erstreckt sich unübersichtlich,<br />

unerbittlich, lähmend <strong>und</strong> sinnlos vor<br />

den Menschen. Und selbst zu den Dingen, die man<br />

immer schon tun wollte, fehlen der Antrieb <strong>und</strong> die<br />

Freude darauf. Na klar, Arbeit ist für viele Menschen<br />

ein sinngebendes Element <strong>und</strong> ihr Wegfallen kann<br />

zu einer Krise führen. Warum aber gelingt es nicht,<br />

sich aus der Lethargie zu befreien?<br />

Mein Denken über dieses Thema ist von der Transaktionsanalyse<br />

(TA) geprägt, mit der ich mich seit<br />

langem in Weiterbildung beschäftige. Jeder Mensch<br />

hat laut Eric Berne, dem Begründer der TA, drei<br />

(psychologische) Gr<strong>und</strong>bedürfnisse, nämlich nach<br />

Struktur (Strukturhunger), Stimulierung <strong>und</strong> Anerkennung.<br />

Auf die Gr<strong>und</strong>bedürfnisse nach Stimulierung<br />

<strong>und</strong> nach Anerkennung gehe ich hier nun nicht<br />

ein, <strong>und</strong> denkt man u.a. an Spitz´ Säuglingsforschung<br />

ist für das Gr<strong>und</strong>bedürfnis nach Stimulierung<br />

schon deutlich, was gemeint ist.<br />

Dass <strong>Kind</strong>er Struktur brauchen, ist jedem, der mit<br />

<strong>Kind</strong>ern je zu tun hatte, klar. Dass es sich aber um<br />

ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis handelt <strong>und</strong> damit für jeden<br />

Menschen, auch Erwachsene, existentiell wichtig ist,<br />

halte ich für einen interessanten Gedanken <strong>und</strong> eine<br />

wichtige These 2 . Denn damit ist nicht nur ein Recht<br />

auf Strukturgebung, sondern auch eine Notwendigkeit<br />

dazu sowie die zu erlernende Fähigkeit, für <strong>seine</strong><br />

Befriedigung zu sorgen, verb<strong>und</strong>en. In der Folge<br />

bedeutet fehlende Struktur, dass ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />

nicht befriedigt ist. Verfügt ein Mensch nicht über die<br />

Fähigkeit, dieses Bedürfnis zu befriedigen, kann es<br />

zu z.B. psychischen Störungen kommen.<br />

Berne beschreibt 6 Möglichkeiten der Gestaltung der<br />

<strong>Zeit</strong> mit der gr<strong>und</strong>legenden Annahme, dass jede<br />

dieser Möglichkeiten ein Weg ist, unseren Struktur-<br />

Hunger zu befriedigen (allein wegen dieses schönen<br />

Begriffs lohnt es sich schon, sich mit der TA zu<br />

beschäftigen! ☺).<br />

2 Die These, ob das Bedürfnis nach Struktur wirklich<br />

ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis ist, wird innerhalb der TA diskutiert.<br />

Nichtsdestotrotz finde ich sie interessant <strong>und</strong><br />

insofern berichtenswert.<br />

Gestaltung der <strong>Zeit</strong><br />

Berne benennt als die 6 Arten der Gestaltung der<br />

<strong>Zeit</strong> Rückzug, Rituale, <strong>Zeit</strong>vertreib, Aktivität,<br />

Psychologische Spiele <strong>und</strong> Intimität (im Sinne<br />

der TA). Kurz zu den Begriffen: Rückzug <strong>und</strong> Rituale<br />

verstehen sich von selbst. <strong>Zeit</strong>vertreib meint<br />

eine unverbindliche Unterhaltung, z.B. Partygespräche.<br />

Unter Aktivität versteht Berne eine sinnvolle<br />

<strong>und</strong> zielgerichtete Tätigkeit, z.B. Arbeit oder Hobbys.<br />

Mit psychologischen Spielen meint Berne eine Begegnung<br />

oder Beziehung, bei der ein unausgesprochenes<br />

oder uneingestandenes Motiv eine Rolle<br />

spielt <strong>und</strong> am Ende der Interaktion beide Seiten<br />

unzufrieden zurückbleiben (z.B. wie bei Loriots<br />

„Hermann, was machst du?“ „Ich mache nichts!“).<br />

Intimität im Sinne der TA meint eine offene, aufrichtige,<br />

uneigennützige <strong>und</strong> spielfreie Begegnung.<br />

Die unterschiedlichen Arten der <strong>Zeit</strong>strukturierung<br />

sollen nicht wertend betrachtet werden, keine der<br />

Arten ist besser oder schlechter als die andere. Die<br />

Wahl einer Art von <strong>Zeit</strong>strukturierung sowie auch die<br />

Zufriedenheit damit hängt von der Situation ab, in<br />

der man sich befindet, denn in jeder Situation ist<br />

unterschiedliches angemessen. Auch bevorzugt<br />

jeder Mensch mal mehr die eine Art <strong>und</strong> weniger die<br />

andere. „Es besteht ein Unterschied, ob es sich z.B.<br />

um einen geschäftlichen Kontakt oder um eine Liebesbeziehung<br />

handelt. Die individuellen Muster der<br />

Gestaltung der <strong>Zeit</strong> werden aus dem in der <strong>Kind</strong>heit<br />

Erlebten, vom Temperament <strong>und</strong> dem persönlichen<br />

Stil geprägt. („TransaktionsAnalyse“; G. Hennig <strong>und</strong><br />

G. Pelz; Junfermann 2002, S. 68, 69).<br />

Sich darüber bewusst zu werden, welche Arten der<br />

Strukturierung der <strong>Zeit</strong> man bevorzugt, kann anregend<br />

sein <strong>und</strong> man lernt sich ein bisschen besser<br />

kennen - auch dahingehend, ob man das Risiko<br />

menschlicher Nähe <strong>und</strong> Auseinandersetzung eingehen<br />

mag.<br />

Denn je nachdem, wie man bevorzugt <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />

gestaltet, lässt man z.B. mehr oder weniger Nähe zu<br />

oder vermeidet das Risiko von Enttäuschung, Auseinandersetzung<br />

o.ä..<br />

In unserer Arbeit wird das oben genannte – neben<br />

dem Wissen um die Bedeutung von Struktur - für<br />

mich dann interessant, wenn das Modell zur Analyse<br />

verwendet wird <strong>und</strong> ich damit die Neigungen z.B.<br />

eines <strong>Kind</strong>es, die <strong>Zeit</strong> zu strukturieren, betrachte.<br />

Bleiben die Kontakte oft unbefriedigend? Spielt das<br />

<strong>Kind</strong> viele psychologische Spiele? Zieht es sich über<br />

die Maßen zurück? Wie könnte ich es anregen <strong>und</strong><br />

ermutigen, das Risiko einzugehen, sich auf Nähe<br />

einzulassen? Welche Erfahrungen hat das <strong>Kind</strong><br />

gemacht <strong>und</strong> welche Bedingungen muss ich ihm<br />

bieten, damit es wagen kann, ein Bedürfnis zu äußern?<br />

Das Modell ist Anregung für einen anderen<br />

Blick auf Menschen <strong>und</strong> insofern hilfreich, um neue<br />

Wege zu entdecken.<br />

Ausgabe 76 8 KIM


Literatur:<br />

„Die Transaktionsanalyse“; Ian Stewart, Vann Joines,<br />

Herder Spektrum 2002<br />

„TransaktionsAnalyse“; Gudrun Hennig, Georg Pelz,<br />

Junfermann 2002<br />

„Handbuch der Transaktionsanalyse“, Leonhard<br />

Schlegel, 2002<br />

Immer häufiger erleben wir <strong>Kind</strong>er, die heutzutage<br />

viele Verpflichtungen <strong>und</strong> Termine eingeb<strong>und</strong>en<br />

sind. Vormittags sind sie in der Schule, das schulische<br />

Nachmittagsangebot ist mit gebucht, montags<br />

ist Tanzen <strong>und</strong> dienstags Schwimmen, einmal wöchentlich<br />

gibt es Nachhilfe in Mathe <strong>und</strong> dann noch<br />

in Englisch, in der <strong>Kind</strong>ergruppe der Kirchengemeinde<br />

wird freitags Flöte gespielt <strong>und</strong> am Wochenende<br />

ist der Ausflug zum Stadtfest geplant...<br />

Bei einigen <strong>Kind</strong>ern ist der Terminkalender ähnlich<br />

wie in diesem Beispiel gut gefüllt.<br />

Doch bei allen durchaus sinnvollen Ansätzen einer<br />

Förderung des <strong>Kind</strong>es sei auch zu erwähnen: <strong>Jedes</strong><br />

<strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> freie <strong>und</strong> ganz unverplante <strong>Zeit</strong>.<br />

Amerikanische Forscher haben den Begriff des<br />

"Downshifting" geprägt. Das bedeutet so viel wie<br />

"sich herunterfahren". Sie erkannten, dass ein<br />

Mensch, der ständig gefordert wird, weniger leistet<br />

als der, der <strong>seine</strong> Ressourcen schont <strong>und</strong> <strong>seine</strong><br />

Kraft dosiert. Weniger ist also tatsächlich mehr.<br />

Die Sichtweise in der heutigen <strong>Zeit</strong> hat sich verändert.<br />

Zum Bild eines erfolgreichen Menschen gehört<br />

nicht mehr der Dauerstress. Im Gegenteil. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

steht die Fähigkeit des Menschen, mit<br />

<strong>seine</strong>n eigenen Kräften sorgsam umzugehen <strong>und</strong><br />

inne zu halten.<br />

Was für Erwachsene gilt, muss erst recht für <strong>Kind</strong>er<br />

gelten. <strong>Kind</strong>er klagen nicht ohne Gr<strong>und</strong> zunehmend<br />

über Stress-Symptome wie Kopf- oder Magenschmerzen.<br />

Solche Symptome sind ernstzunehmende<br />

Hilferufe des Körpers nach mehr Ruhe. Erwachsene<br />

tragen die Verantwortung, für nötige Ruhe<br />

<strong>und</strong> Entspannung bei den <strong>Kind</strong>ern zu sorgen <strong>und</strong><br />

dafür, dementsprechende Phasen im Tagesablauf<br />

der <strong>Kind</strong>er reichhaltig zu reservieren.<br />

<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> für sich diese <strong>Zeit</strong>. Gemeint ist<br />

damit beispielsweise die <strong>Zeit</strong>, allein <strong>und</strong> ungestört im<br />

Zimmer zu sein <strong>und</strong> in einem Buch zu blättern. Es ist<br />

auch die <strong>Zeit</strong>, zu träumen <strong>und</strong> die Gedanken <strong>und</strong><br />

Ich habe keine <strong>Zeit</strong>, mich zu beeilen. Igor Strawinsky<br />

Kein F<strong>und</strong>büro ist zuständig für verlorene <strong>Zeit</strong>.<br />

Ernst R. Hauschka<br />

<strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> <strong>braucht</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Zitate<br />

Karen Heimberg<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Oldenburg<br />

Erlebnisse auf Papier zu malen. Und es ist die <strong>Zeit</strong>,<br />

zum Nachdenken, zum auf der Wiese liegen <strong>und</strong> in<br />

den Strukturen der Wolken Figuren zu erkennen.<br />

Hierbei entsteht Kreativität. Impulse beim <strong>Kind</strong><br />

kommen aus der eigenen Verarbeitung des Erlebten<br />

<strong>und</strong> aus <strong>seine</strong>r Ruhe heraus - ganz anders als bei<br />

einer Überschüttung mit Anregungen von Außen.<br />

Schon bei Kleinstkindern können wir beobachten<br />

wie dieses Verarbeiten vor sich geht.<br />

Ein Beispiel: Ein <strong>Kind</strong> versucht sich immer wieder an<br />

einem Tisch hochzuziehen. Es möchte selbständig<br />

auf den eigenen Beinen stehen. Viele Male gelingt<br />

dies nicht <strong>und</strong> es fällt immer wieder auf den Teppich.<br />

Das <strong>Kind</strong> erlebt das, <strong>und</strong> es lernt <strong>und</strong> übt immer <strong>und</strong><br />

immer wieder, bis es selbständig stehen kann.<br />

Es ist die Natur, die dem <strong>Kind</strong> signalisiert. Übe solange,<br />

bis du es kannst. Es ist für deine Entwicklung<br />

notwendig. Ähnlich ist das auch bei älteren <strong>Kind</strong>ern.<br />

Nur wer <strong>Zeit</strong> hat, <strong>seine</strong> Eindrücke in Ruhe zu verarbeiten,<br />

kann sie untermauern <strong>und</strong> darauf aufbauend<br />

lernen. <strong>Kind</strong>er lernen ihre Fertigkeiten dann besonders<br />

intensiv wenn sie sich aus ihrem eigenen Interesse<br />

heraus beschäftigen können. Dazu <strong>braucht</strong> es<br />

frei verfügbare <strong>Zeit</strong> im Sinne eines notwendigen<br />

Freiraums.<br />

Auch Langeweile darf hier sein <strong>und</strong> wir dürfen davon<br />

ausgehen, dass jedes <strong>Kind</strong> in der Lage ist, Langeweile<br />

auch auszuhalten. Schon bald wird dem <strong>Kind</strong><br />

eine Idee entstehen <strong>und</strong> aus dieser Idee eine Beschäftigung.<br />

Bereits dann hat das <strong>Kind</strong> die Chance,<br />

eine Erfahrung zu machen, für eine<br />

gute unverplante <strong>Zeit</strong>.<br />

Tino Schwarz<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Aurich<br />

In jeder Minute, die man mit Ärger verbringt, versäumt<br />

man sechzig glückliche Sek<strong>und</strong>en.<br />

William Somerset Maugham<br />

Ausgabe 76 9 KIM


Achtsamkeit für den Augenblick<br />

Einen meiner Lieblingstexte verfasste der Philosoph,<br />

Dichter <strong>und</strong> Maler Kalil Gibran.<br />

Er wurde am 6.1.1883 im heutigen Libanon geboren<br />

<strong>und</strong> emigrierte 1895 in die USA, wo er am 10.4.1931<br />

in New York verstarb. Sein Werk gilt heute als Bindeglied<br />

zwischen Sufismus <strong>und</strong> Christentum.<br />

Es gibt immer wieder <strong>Zeit</strong>en, in denen das System<br />

der Profifamilie ® sozusagen wächst <strong>und</strong> - weil viele<br />

„Parteien“ mitwirken wollen <strong>und</strong> einbezogen sind -<br />

sehr komplex werden kann. Dann ähnelt die Beratungstätigkeit<br />

einer Erziehungsleitung bisweilen<br />

einem Artisten, der mit vielen Bällen jonglieren<br />

muss. Wie schnell kann da einer dieser Bälle hinunterfallen?<br />

Auch <strong>Zeit</strong>en des Umbruchs, der Neuorientierung,<br />

der Neustrukturierung z.B. in einer Firma verlangen<br />

von Mitarbeitern <strong>und</strong> Führungsebene wahre Kunststücke.<br />

In solchen Situationen kann der folgende Text, der<br />

Ihnen vielleicht schon einmal begegnet ist, hilfreich<br />

sein, sich auf das Wesentliche, den Augenblick, zu<br />

konzentrieren <strong>und</strong> behutsam <strong>und</strong> achtsam Schritt<br />

für Schritt im Sinne von „KiM“ voranzuschreiten.<br />

„Glücklich sein“<br />

Ein Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz <strong>seine</strong>r<br />

vielen Beschäftigungen immer so glücklich sein<br />

könne.<br />

Ich habe im letzten Monat meine Mutter beerdigen<br />

müssen <strong>und</strong> nachgedacht, was dies für ein Abschied<br />

ist. Sie hatte seit ihrem 49. Lebensjahr 8 Schlaganfälle<br />

<strong>und</strong> wurde immerhin 85 Jahre alt.<br />

Da war dieser Satz: „Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“ <strong>und</strong> bei<br />

genauerer Suche fand ich das Gedicht dazu.<br />

Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Ein jegliches hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>,<br />

<strong>und</strong> alles Vorhaben unter dem Himmel hat <strong>seine</strong><br />

St<strong>und</strong>e:<br />

geboren werden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, sterben hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>;<br />

pflanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, ausreißen, was gepflanzt ist,<br />

hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

töten hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, heilen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

abbrechen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, bauen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

weinen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, lachen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

klagen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, tanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

Steine wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, Steine sammeln<br />

hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Er sagte:<br />

„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />

wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />

wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />

wenn ich esse, dann esse ich,<br />

wenn ich liebe, dann liebe ich ..."<br />

Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort <strong>und</strong> sagten:<br />

„Das tun wir auch, aber was machst Du darüber<br />

hinaus?"<br />

Er sagte wiederum:<br />

„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />

wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />

wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />

wenn ich esse, dann esse ich,<br />

wenn ich liebe, dann liebe ich... "<br />

Wieder sagten die Leute:<br />

„Aber das tun wir doch auch!"<br />

Er aber sagte zu ihnen:<br />

„Nein -<br />

wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,<br />

wenn ihr steht, dann lauft ihr schon,<br />

wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel."<br />

Kalil Gibran (Der Prophet; u.a.<br />

Patmos-Verlag, Düsseldorf 2005)<br />

Christa Lüken<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland Lingen<br />

herzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, aufhören zu herzen hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>;<br />

suchen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, verlieren hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

behalten hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

zerreißen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, zunähen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

schweigen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, reden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

lieben hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, hassen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

Streit hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, Friede hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>.<br />

Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen<br />

Gewinn davon.<br />

(Quelle: Prediger Salomo 3, 1-8, Die Bibel nach der<br />

Übersetzung Martin Luther in der revidierten Fassung<br />

von 1984.)<br />

Detlev Arlt<br />

Erziehungsleiter<br />

GfS Lüneburg<br />

Ausgabe 76 10 KIM


Ein Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz<br />

<strong>seine</strong>r vielen Beschäftigungen immer so glücklich<br />

sein könne.<br />

Er sagte:<br />

„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />

wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />

wenn ich sitze, dann sitze ich,<br />

wenn ich esse, dann esse ich,<br />

wenn ich liebe, dann liebe ich…“<br />

Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort <strong>und</strong><br />

sagten:<br />

„Das tun wir auch, aber was machst du darüber<br />

hinaus?“<br />

Er sagte wiederum:<br />

„Wenn ich stehe, dann stehe ich,<br />

wenn ich gehe, dann gehe ich,<br />

wenn ich…“<br />

Wieder sagten die Leute:<br />

„Aber das tun wir doch auch!“<br />

„Nein-<br />

Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,<br />

wenn ihr steht, dann geht ihr schon,<br />

wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“<br />

(Östliche Weisheit)<br />

In den letzten 8 Jahren, seit die heute fast 9-jährige<br />

Kerstin (Name geändert) bei uns lebt, habe ich viel<br />

über diese Weisheit nachgedacht. Mein <strong>Zeit</strong>begriff<br />

hat sich völlig verändert, Redewendungen wie „ich<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong><br />

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.<br />

Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben:<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, dich zu freun <strong>und</strong> zu lachen,<br />

<strong>und</strong> wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> für dein Tun <strong>und</strong> dein Denken,<br />

nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> - nicht zum Hasten <strong>und</strong> Rennen,<br />

sondern die <strong>Zeit</strong> zum Zufriedenseinkönnen.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong> - nicht nur so zum Vertreiben.<br />

Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben<br />

Als <strong>Zeit</strong> für das Staunen <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong> für Vertraun,<br />

anstatt nach der <strong>Zeit</strong> auf der Uhr nur zu schaun.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, nach den Sternen zu greifen,<br />

<strong>und</strong> <strong>Zeit</strong>, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, neu zu hoffen, zu lieben.<br />

Es hat keinen Sinn, diese <strong>Zeit</strong> zu verschieben.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, zu dir selber zu finden,<br />

jeden Tag, jede St<strong>und</strong>e als Glück zu empfinden.<br />

Ich wünsche dir <strong>Zeit</strong>, auch um Schuld zu vergeben.<br />

Ich wünsche dir: <strong>Zeit</strong> zu haben zum Leben!<br />

Von Elli Michler (Entdeckt von H. Treblin <strong>und</strong> C. Rensmann)<br />

Glücklich sein<br />

mach´ mal eben“ oder „ich geh´ mal kurz“ habe ich<br />

völlig aus meinem Wortschatz gestrichen. Mit Kerstin<br />

geht nichts mal eben. Aufgr<strong>und</strong> ihrer kognitiven<br />

<strong>und</strong> motorischen Defizite <strong>braucht</strong> sie für alles sehr<br />

viel <strong>Zeit</strong>. Und so habe ich gelernt mir <strong>Zeit</strong> zu nehmen<br />

für Dinge, die sonst automatisch abliefen; vom<br />

Haus bis zum Auto gehen (überraschend, was es<br />

auf diesem kurzen Stück alles zu sehen gibt), Einkaufen<br />

(ich glaube ich habe die unteren Regale von<br />

Schlecker mittlerweile eigenhändig einsortiert), bezahlen<br />

(interessant, was man beim Geldstücke aufheben<br />

so alles unter den Regalen findet) usw..<br />

Seit Kerstin da ist, läuft nichts mehr im Vorbeigehen<br />

ab, für alles wird mehr <strong>Zeit</strong> eingeplant (<strong>Zeit</strong>druck ist<br />

dabei tödlich!). Ich begreife in solchen Momenten,<br />

wie viel Energie es sie kostet, „selbstverständliche“<br />

Dinge zu tun <strong>und</strong> ich bew<strong>und</strong>ere sie für ihren Ehrgeiz,<br />

dafür dass sie nie aufgibt <strong>und</strong> für ihre Fähigkeit,<br />

sich ganz auf das zu konzentrieren, was der<br />

Moment von ihr verlangt (auch wenn 10 Leute an<br />

der Kasse hinter ihr stehen), denn<br />

wenn sie steht, dann steht sie,<br />

wenn sie sitzt, dann sitzt sie,<br />

wenn sie geht dann geht sie…<br />

Christiane Gerbus<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Osnabrück<br />

Ausgabe 76 11 KIM


Vertrauen ist im Leben wichtig. Doch um Vertrauen<br />

zu bekommen, oder zu gewinnen, ist es wichtig eng<br />

zusammen zu arbeiten, auch wenn es schwer ist.<br />

Bei einigen Menschen geht es schnell, bei anderen<br />

dauert es.<br />

<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld. Bei denen wo es lange dauert,<br />

<strong>braucht</strong> es viel <strong>Zeit</strong>. Am Besten man fängt langsam<br />

an. Man macht z.B. eine Vereinbarung, die man<br />

einhält <strong>und</strong> schon hat man ein bisschen Vertrauen<br />

gewonnen.<br />

Es gibt Momente, da brauche ich Erholung,<br />

Es gibt Momente, da brauche ich Rat,<br />

Es gibt Momente, da brauche ich eine Stütze,<br />

Es gibt Momente, da brauche ich Besinnung,<br />

Es gibt Momente, da hilft mir:<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich verstanden,<br />

dass ich immer <strong>und</strong> bei jeder Gelegenheit,<br />

zur richtigen <strong>Zeit</strong> am richtigen Ort bin<br />

<strong>und</strong> dass alles, was geschieht, richtig ist -<br />

von da an konnte ich ruhig sein.<br />

Heute weiß ich: Das nennt man ‚VERTRAUEN'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

konnte ich erkennen,<br />

dass emotionaler Schmerz <strong>und</strong> Leid<br />

nur Warnung für mich sind,<br />

gegen meine eigene Wahrheit zu leben.<br />

Heute weiß ich, das nennt man ‚AUTENTHISCH-<br />

SEIN'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich aufgehört,<br />

mich nach einem anderen Leben zu sehnen<br />

<strong>und</strong> konnte sehen, dass alles um mich herum<br />

eine Aufforderung zum Wachsen war.<br />

Heute weiß ich, das nennt man ‚REIFE'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich aufgehört,<br />

mich meiner freien <strong>Zeit</strong> zu berauben<br />

<strong>und</strong> ich habe aufgehört,<br />

weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.<br />

Heute mache ich nur das, was mir Spaß <strong>und</strong> Freude<br />

bereitet,<br />

was ich liebe <strong>und</strong> mein Herz zum Lachen bringt,<br />

auf meine eigene Art <strong>und</strong> Weise <strong>und</strong> in meinem<br />

Tempo.<br />

Heute weiß ich, das nennt man ‚EHRLICHKEIT'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich mich von allem befreit,<br />

was nicht ges<strong>und</strong> für mich war,<br />

<strong>Zeit</strong> <strong>braucht</strong> Geduld<br />

Es gibt Momente<br />

Aber Vertrauen geht schneller weg als es kommt.<br />

Zum Beispiel durch Enttäuschungen.<br />

Bis man eine Enttäuschung verkraftet<br />

hat, dauert es wieder sehr<br />

lange, bis man sich vertrauen<br />

kann.<br />

Geschrieben von Julian<br />

IPW Borken<br />

von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen<br />

<strong>und</strong> von Allem, das mich immer wieder hinunterzog,<br />

weg von mir selbst.<br />

Anfangs nannte ich das ‚GESUNDEN EGOISMUS',<br />

aber heute weiß ich, das ist ‚SELBSTLIEBE'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich aufgehört,<br />

immer Recht haben zu wollen,<br />

so habe ich mich weniger geirrt.<br />

Heute habe ich erkannt,<br />

das nennt man ‚DEMUT'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

habe ich mich geweigert,<br />

weiter in der Vergangenheit zu leben<br />

<strong>und</strong> mich um meine Zukunft zu sorgen.<br />

Jetzt lebe ich nur mehr in diesem Augenblick,<br />

wo ALLES stattfindet.<br />

So lebe ich heute jeden Tag <strong>und</strong> nenne es ‚BE-<br />

WUSSTHEIT'.<br />

Als ich mich selbst zu lieben begann,<br />

da erkannte ich,<br />

dass mich mein Denken armselig <strong>und</strong> krank machen<br />

kann,<br />

als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,<br />

bekam der Verstand einen wichtigen Partner.<br />

Diese Verbindung nenne ich heute ‚HERZENS-<br />

WEISHEIT'.<br />

Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,<br />

Konflikten <strong>und</strong> Problemen mit uns selbst <strong>und</strong> anderen<br />

zu fürchten,<br />

denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander<br />

<strong>und</strong> es entstehen neue Welten.<br />

Heute weiß ich, DAS IST DAS<br />

LEBEN!<br />

(Charlie Chaplin an <strong>seine</strong>m 70. Geburtstag<br />

am 16. April 1959)<br />

Detlev Arlt<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Lüneburg<br />

Ausgabe 76 12 KIM


Ein Jäger machte sich mit <strong>seine</strong>r Frau <strong>und</strong> <strong>seine</strong>m<br />

kleinen Sohn auf den Weg ins Gebirge, um die Sonne<br />

zu suchen. Der Jäger hatte die Sonne jeden Tag<br />

hinter dem hohen Felsen leuchten sehen. Dort hinauf<br />

wollte er mit <strong>seine</strong>r Frau <strong>und</strong> dem <strong>Kind</strong> steigen.<br />

Sie gingen erst durch einen lichten Wald. Die Hasen,<br />

Rehe <strong>und</strong> Füchse schauten ihnen nach <strong>und</strong><br />

fragten sich: Wo wollen die Menschen hin? Was<br />

suchen sie?<br />

Der Vater schaute zielbewusst nach vorn <strong>und</strong> schritt<br />

kräftig aus.<br />

Die Mutter ging etwas unsicher <strong>und</strong> war besorgt,<br />

ihre Kleider <strong>und</strong> Schuhe nicht zu beschmutzen oder<br />

zu zerreißen. Der kleine Junge hüpfte frohgemut<br />

voran. Und wenn er einen Hasen oder ein Reh entdeckte,<br />

rief er ihnen zu: „Wir wandern zur Sonne!“<br />

Manchmal schauten der Vater <strong>und</strong> die Mutter auf,<br />

beschatteten die Augen mit der Hand <strong>und</strong> schauten<br />

in die Sonne, die hoch oben über dem Felsen stand<br />

<strong>und</strong> sie seufzten: „Ach, der Weg ist noch so weit.“<br />

Dann gingen sie ohne Pause zu machen oder rechts<br />

<strong>und</strong> links zu schauen weiter.<br />

Der kleine Junge schaute nicht in die Sonne, er<br />

schaute auf den Weg. Er sah viele schöne Steine<br />

<strong>und</strong> die glänzten <strong>und</strong> blitzten in der Sonne. Der Junge<br />

staunte <strong>und</strong> fragte die Steine: „Ist denn die Sonne<br />

in euch?“ Aber er konnte die Antwort nicht abwarten,<br />

denn die Eltern waren schon weit voraus <strong>und</strong><br />

mahnten zur Eile. Er sah auch viele schöne bunte<br />

Blumen. Und wenn die Blumen so schön gelb leuchteten,<br />

fragte er wieder, ob vielleicht die Sonne in<br />

ihnen wäre. Aber die Eltern wollten nichts davon<br />

hören. Sie zeigten in die Sonne hinter dem Felsen<br />

<strong>und</strong> meinten, sie müssten sich beeilen, der Weg sei<br />

noch weit! Und sie merkten gar nicht, dass es so<br />

recht nach Sonnenschein roch, von den vielen Kräutern<br />

rings umher. Aber die Füße des Jungen waren<br />

noch klein <strong>und</strong> sie waren bald müde geworden. Da<br />

hängte er sie in einen klaren Gebirgsbach, der munter<br />

vorbeiplätscherte. Und er sah in dem sprudelnden<br />

Wasser die Sonne glitzern <strong>und</strong> fragte das Wasser,<br />

ob denn in ihm die Sonne wäre. Aber Vater <strong>und</strong><br />

Mutter gönnten ihm keine lange Pause <strong>und</strong> er konnte<br />

die Antwort gar nicht abwarten – er musste weitergehen.<br />

Dann kamen sie in einen dunklen Wald. Die Eltern<br />

sagten, dass nun das Ziel bald erreicht wäre. Der<br />

Junge hüpfte nicht mehr, er war müde. Es roch auch<br />

immer weniger nach Sonnenschein, die Blumen<br />

leuchteten nicht mehr, das Wasser gluckste nur<br />

dumpf <strong>und</strong> dunkel dahin <strong>und</strong> die Steine sahen grau<br />

<strong>und</strong> glanzlos aus. Endlich, endlich waren sie auf der<br />

Die <strong>Zeit</strong> ist eine gute Lehrmeisterin. Schade ist nur,<br />

dass sie alle ihre Lehrlinge umbringt. Curt Goetz<br />

Der Weg zur Sonne<br />

Zitate<br />

Bergspitze angekommen. Sie hatten ihr Ziel erreicht!<br />

Aber da war es dunkel, die Sonne war untergegangen.<br />

Der Mann war sprachlos, er konnte es nicht fassen.<br />

Hatte die Sonne nicht hinter dem Felsen gestanden?!<br />

Er hatte es doch genau gesehen. Die Frau<br />

war mürrisch <strong>und</strong> zeterte, sie hätte es doch gleich<br />

gesagt. Ihre Schuhe seien kaputt, die Kleider zerrissen<br />

<strong>und</strong> wofür das alles? Der Junge sagte nichts. Er<br />

war müde <strong>und</strong> traurig. Er legte sich hin, Tränen rollten<br />

ihm über das Gesicht. Er schloss die Augen, <strong>und</strong><br />

es dauerte nicht lange, da war er eingeschlafen. Da<br />

kamen mit einemmal die Steine anspaziert <strong>und</strong> sagte:<br />

„Sei nicht traurig! Schau dich nur genau an.“ Und<br />

als er sich anschaute, sah er, dass es in ihm genauso<br />

glitzerte, wie die Steine im Sonnenschein. Und<br />

die Blumen trippelten hinterdrein <strong>und</strong> sagten: „Schau<br />

dich genau an!“ Und da sah er, dass es aus ihm<br />

leuchtete, wie die Blumen im Sonnenschein. Da kam<br />

auch das Wasser <strong>und</strong> forderte ihn auf, sich anzuschauen.<br />

Da merkte er, dass es in ihm floss, sprudelte<br />

<strong>und</strong> funkelte. Er stand auf <strong>und</strong> schaute um sich<br />

– es war nicht mehr dunkel.<br />

Er stand da <strong>und</strong> erhellte die Welt.<br />

Ob der Mann noch immer sprachlos dasteht <strong>und</strong> die<br />

Frau weiterzankt oder ob sie zurückgegangen sind,<br />

das weiß ich nicht.<br />

Verfasser unbekannt<br />

Stellen Sie sich jetzt nicht die Frage, warum es ausgerechnet<br />

ein Jäger ist?<br />

- Vielleicht weil er eine Machtposition darstellt?<br />

Oder warum ist <strong>seine</strong> Frau eine pikfeine Dame?<br />

- Vielleicht ist sie sich Selbst am Wichtigsten?<br />

- Schaut sie nur auf das äußerliche Erscheinungsbild?<br />

Der kleine Junge aber, sieht die schönen Dinge<br />

im Leben, er schaut nicht nur in die Luft, er beobachtet<br />

die Umwelt <strong>und</strong> eigentlich benötigt er<br />

doch noch viel mehr <strong>Zeit</strong> all die w<strong>und</strong>ervollen<br />

Dinge auf dem Weg zur Sonne zu finden, oder?<br />

Durchblick mit <strong>Kind</strong>eraugen…<br />

Literatur:<br />

Unterrichtsmaterial FSP I<br />

Fachschule für Sozialpädagogik<br />

Astrid Stagge<br />

Erzieherin Kleinstheim<br />

GfS Emsland<br />

Verbringe nicht die <strong>Zeit</strong> mit der Suche nach einem<br />

Hindernis. Vielleicht ist keines da. Franz Kafka<br />

Ausgabe 76 13 KIM


Arbeitsfrühstück am 7. September im Café KiM<br />

Alle drei Monate, am ersten Dienstag des Monats,<br />

treffen wir uns zu einem Arbeitsfrühstück. Dabei sein<br />

können alle MitarbeiterInnen, die <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> auch Lust<br />

auf neue <strong>und</strong> alte Themen haben. Dieses Mal haben<br />

wir uns für das Thema „Stärke statt Macht“ entschieden.<br />

Die Präsentation (siehe im Anschluss) bot für alle<br />

genügend Diskussionsstoff. Was z.B. genau meinen<br />

Haim Omer <strong>und</strong> Arist von Schlippe mit der „neuen<br />

Autorität“? Wo beginnt sie bereits in kleinen Schritten<br />

in unserem Alltag? Was müssen wir als Erwachsene<br />

verstanden haben um die „neue Autorität anzunehmen<br />

<strong>und</strong> sie in unserem Tun zu integrieren?<br />

Welche Interventionen sind in Familien umsetzbar,<br />

worin verbergen sich auch Gefahren? Was sollte<br />

berücksichtigt werden <strong>und</strong> welche Motivationen <strong>und</strong><br />

Ziele verfolgen wir damit? Spannend!<br />

Was deutlich wurde war, dass wir uns erst auf unser<br />

eigenes Handeln konzentrieren müssen. Also weg<br />

von den alten Aussagen von Gehorsam, Furcht,<br />

Bestrafung, Distanz <strong>und</strong> Unanfechtbarkeit der Autoritätspersonen.<br />

Es waren sich alle einig, dass durch<br />

die „alte Autorität“ aggressives Verhalten der <strong>Kind</strong>er<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen mehr Unterstützung findet als das<br />

sie ihnen hilfreich zur Seite steht. Die Haltung aus<br />

den 70er <strong>und</strong> 80er Jahren, <strong>Kind</strong>er benötigen viele<br />

Freiräume ohne Grenzsetzungen <strong>und</strong> Forderungen<br />

zeigen ebenfalls keinen Erfolg. Die „neue Autorität“<br />

stärkt Eltern in der Haltung Verantwortung fürs <strong>Kind</strong><br />

Stärke statt MACHT<br />

zu übernehmen, Profil zu zeigen <strong>und</strong> handlungsfähig<br />

zu sein.<br />

In der Präsentation wurde aus den ersten drei Büchern<br />

von Haim Omer <strong>und</strong> Arist von Schlippe geschöpft<br />

(alle drei Bücher sind zum Schluss aufgeführt).<br />

Ergänzt ist sie durch Hinweise aus den<br />

Workshops der Kongresse in Osnabrück. Beim Vortragen<br />

der einzelnen Methoden wurden Beispiele<br />

aufgeführt, die in den drei Büchern als Fälle vorgestellt<br />

wurden.<br />

Zum Schluss möchte ich noch kurz das neue Buch<br />

der beiden Autoren „Stärke statt Macht“ vorstellen.<br />

Durch viele Fallbeispiele wird auf eindrucksvolle Art<br />

<strong>und</strong> Weise Möglichkeiten aufgezeigt, sich dem auffälligen<br />

Verhalten der <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen in<br />

Familie, Schule <strong>und</strong> Gemeinde zu stellen.<br />

Das Buch „Stärke statt Macht“ ist ein genauso lohnendes<br />

Werk zu lesen wie die anderen drei Bücher,<br />

da sich das Miteinander in der Familie auf Lebensbereiche<br />

wie <strong>Kind</strong>ergarten, Schule <strong>und</strong> Freizeit erweitert.<br />

Auch in diesem Buch werden Methoden beschrieben,<br />

die für Erstaunen <strong>und</strong> Zweifel sorgen. Es ist<br />

sicher nicht alles umsetzbar. Für die Eltern, die<br />

Schule <strong>und</strong> Öffentlichkeit kann jedoch die veränderte<br />

Gr<strong>und</strong>haltung des Begriffes „neue Autorität“ eine<br />

Chance sein das eigene Verhalten zu hinterfragen.<br />

Das Konzept der „neuen Autorität“ in der Familie, in der Schule <strong>und</strong> auf der Straße<br />

Der Begriff „Neue Autorität“ wurde in Zusammenhang<br />

von Haim Omer geprägt, um ein verändertes<br />

(<strong>und</strong> sich veränderndes) Selbstverständnis von Autorität<br />

zu skizzieren. Während das letzte Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

im Zeichen eines zunehmenden Verfalls herkömmlicher<br />

Bilder von Autorität stand, bis hin zu einer<br />

Infragestellung jeglicher ihrer Formen, basiert eine<br />

„neue Autorität“ auf völlig anderen Bildern <strong>und</strong> Prämissen:<br />

Im Zentrum dieses neuen Denkens steht<br />

der Begriff Präsenz.<br />

Im Elternhaus, in der Schule, in der Öffentlichkeit<br />

wie in Unternehmen: stets geht es darum, eine Form<br />

von „Anwesenheit“ <strong>und</strong> „Dasein“ zu verwirklichen,<br />

die nicht (primär) auf Macht <strong>und</strong> Durchsetzung gegründet<br />

ist, sondern auf Beziehung <strong>und</strong> Kooperation<br />

- <strong>und</strong> die damit Bindung ermöglicht.<br />

Die aus dem Konzept hergeleiteten Interventionsmöglichkeiten<br />

zielen darauf ab, verloren gegangene<br />

Präsenz wieder herzustellen <strong>und</strong> damit verloren<br />

gegangene Bindungen zu erneuern oder neu aufzubauen.<br />

Damit fokussiert „Neue Autorität“ auf etwas gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

anderes als Kontrolle, Durchsetzung oder<br />

Macht, nämlich auf Verb<strong>und</strong>enheit.<br />

(entnommen dem Flyer der vierten Osnabrücker<br />

Tagung zur Elterlichen <strong>und</strong> Professionellen Präsenz<br />

im März 2009)<br />

1. Das Wichtigste: Aus dem Teufelskreis aussteigen<br />

a) Sich nicht hineinziehen lassen: den Provokationen<br />

widerstehen: Gewaltloser Widerstand ist<br />

eine Form des Protests, keine Schlacht<br />

b) Das Prinzip der verzögerten Reaktion <strong>und</strong> des<br />

Schweigens: das Predigen beenden<br />

c) Wenn es schief geht: Mitten in der Eskalation<br />

kann man nichts tun. Im Zweifelsfall geht der<br />

persönliche Schutz vor!<br />

Wichtig zu wissen:<br />

- zu viel reden fördert die Eskalation<br />

- zu viel reden signalisiert dem <strong>Kind</strong> Hilflosigkeit<br />

Ausgabe 76 14 KIM


- Äußerungen eines klaren Verbots führen zu weniger<br />

Eskalation als Versuche, zu überzeugen, zu<br />

predigen, zu schreien <strong>und</strong> zu debattieren.<br />

- Vermeiden Sie Diskussionen <strong>und</strong> sofortiges Reagieren.<br />

„Schmieden Sie das Eisen so lange es<br />

kalt ist“ (eine afrikanische Weisheit)<br />

- Die <strong>Kind</strong>er achten darauf, was gesprochen wird<br />

<strong>und</strong> lenken auf andere Themen <strong>und</strong> Inhalte. Die<br />

Eltern werden verführt.<br />

- Die <strong>Kind</strong>er nehmen Einfluss auf die Emotionalität<br />

der Eltern: Wut, Ärger, Hilflosigkeit, Schuld. Die<br />

<strong>Kind</strong>er entwickeln den Wunsch Kontrolle auszuüben.<br />

Z.B. „Du hast mich sowieso nicht lieb“<br />

(Schuld), „Du bist sowieso ein Versager“ (Ärger/Wut),<br />

„Lügen“ (Hilflosigkeit).<br />

2. Ankündigung<br />

Die Ankündigung symbolisiert einen Wendepunkt für<br />

die ganze Familie. Von diesem Augenblick an sind<br />

Sie sich selbst verpflichtet, Ihrem Ehepartner, den<br />

Helfern <strong>und</strong> Ihren <strong>Kind</strong>ern, ja auch dem gewalttätigen<br />

<strong>Kind</strong> gegenüber.<br />

„Ich gebe dich nicht auf <strong>und</strong> ich gebe dir nicht<br />

nach “<br />

„Ich gebe dir nicht nach <strong>und</strong> ich gebe dich nicht<br />

auf. Ich bin dein Vater / deine Mutter <strong>und</strong> ich<br />

bleibe es. Ich werde nicht zulassen, ausgeblendet,<br />

abgeschüttelt oder unberücksichtigt zu werden.<br />

Du bist nicht besiegbar <strong>und</strong> wir können<br />

deine Meinung nicht ändern. Wir haben keine<br />

Kontrolle über dich. Es ist unsere Pflicht, dir<br />

mitzuteilen, dass wir mit deinem Verhalten nicht<br />

einverstanden sind.“<br />

(„Autorität durch Beziehung“, Haim Omer/Arist von<br />

Schlippe)<br />

3. Sit-in<br />

- Das Sit-in sollte zu einem ruhigen <strong>Zeit</strong>punkt stattfinden<br />

<strong>und</strong> auf keinen Fall während einer Eskalation<br />

oder unmittelbar nach einer schweren Auseinandersetzung.<br />

- Sie sollten vorher die für Sie günstige <strong>Zeit</strong> einplanen,<br />

Sie sollten entspannt etwa eine St<strong>und</strong>e zur<br />

Verfügung haben.<br />

- Sie geben genau an, was Sie wollen, zum Beispiel:<br />

„Wir sind nicht länger bereit hinzunehmen,<br />

dass du deine Schwester schlägst, sie beschimpfst<br />

<strong>und</strong> sie lächerlich machst.“ Allgemeine<br />

<strong>und</strong> verschwommene Ziele sind nicht hilfreich.<br />

- Wenn Sie Sorge haben, das <strong>Kind</strong> könnte vielleicht<br />

mit Gewalt reagieren, kann es ratsam sein, ein<br />

oder zwei Personen im Haus zu haben (Fre<strong>und</strong>e<br />

oder Verwandte), aber nicht im Zimmer.<br />

- In solchen Fällen sollte man dem <strong>Kind</strong> sagen: „Da<br />

wir befürchten, dass du gewalttätig werden würdest,<br />

haben wir X als Zeugen eingeladen.“<br />

- Wenn das <strong>Kind</strong> sich trotz des außerhalb des<br />

Zimmers befindlichen Zeugen gewalttätig be-<br />

nimmt, bitten Sie ihn hereinzukommen. Die Erfahrung<br />

aus Dutzenden von Fällen zeigt, dass die<br />

Anwesenheit einer dritten Partei fast unweigerlich<br />

die Gewalt beendet.<br />

- Nach Beendigung des Sit-ins wird der Tagesablauf<br />

der Familie fortgeführt ohne Bezugnahme auf<br />

das Sit-in oder <strong>seine</strong> Ergebnisse.<br />

4. Das Siegel der Geheimhaltung brechen. Unterstützer,<br />

Vermittler <strong>und</strong> die öffentliche Meinung<br />

einbeziehen<br />

Wenn es darum geht, sich mit extremen Verhaltensformen<br />

des <strong>Kind</strong>es auseinander zu setzen, ist es<br />

von großer Bedeutung, andere Leute in das einzubeziehen,<br />

was zu Hause passiert. Geheimhaltung ist<br />

ein der Hauptcharakteristika in Familien mit häuslicher<br />

Gewalt. Die Erfahrung lehrt, dass die Atmosphäre<br />

der Gewalt fortbesteht, so lange die Geheimhaltung<br />

aufrechterhalten wird. Viele Eltern empfinden<br />

es als notwendig, den Ruf der Familie zu<br />

schützen <strong>und</strong> zu vermeiden, dass das <strong>Kind</strong> stigmatisiert<br />

wird.<br />

5. Telefonr<strong>und</strong>e<br />

a) Informationen sammeln<br />

b) Anrufen<br />

c) Mit verschiedenen Personen sprechen:<br />

Fre<strong>und</strong>e des <strong>Kind</strong>es, Eltern der Fre<strong>und</strong>e, Lokal-,<br />

Freizeitortbesitzer <strong>und</strong> deren Mitarbeiter<br />

Zu a) Die Telefonr<strong>und</strong>e bezweckt:<br />

- elterliche Präsenz zu zeigen <strong>und</strong> Ihr Recht <strong>und</strong><br />

Ihre Pflicht wieder herzustellen, das <strong>Kind</strong> zu beaufsichtigen,<br />

- das <strong>Kind</strong> wieder zu finden,<br />

- Gruppendruck zu mobilisieren, um das <strong>Kind</strong> zur<br />

Rückkehr zu bewegen,<br />

- für die Rückkehr des <strong>Kind</strong>es sorgen.<br />

Zu b) Anrufen<br />

Es ist wichtig viele Nummern anzurufen, nicht nur<br />

die Stelle, wo Sie Ihr <strong>Kind</strong> vermuten. Sie wollen es<br />

nicht nur finden, sondern ihm die Botschaft der Elternpräsenz<br />

übermitteln. Direkt die Nummer <strong>seine</strong>s<br />

eigenen Handys zu wählen, ist nicht wirklich hilfreich.<br />

Zu c) Mit verschiedenen Personen sprechen<br />

Teilen Sie Fre<strong>und</strong>en Ihres <strong>Kind</strong>es, den Eltern des<br />

Fre<strong>und</strong>es sowie Freizeiteinrichtungen <strong>und</strong> Lokalen<br />

Ihre Sorge mit, dass Ihr <strong>Kind</strong> nicht nach Hause gekommen<br />

ist <strong>und</strong> Sie nach ihm suchen. Auch wenn<br />

Ihr <strong>Kind</strong> von Fre<strong>und</strong>en versteckt wird, zeigen Sie<br />

Präsenz.<br />

6. Nachgehen <strong>und</strong> Aufsuchen<br />

Nachgehen <strong>und</strong> Aufsuchen kann in den folgenden<br />

Fällen eine angemessene Antwort sein.<br />

- Das <strong>Kind</strong> läuft von zu Hause weg<br />

Ausgabe 76 15 KIM


- Das <strong>Kind</strong> kommt abends nicht wie verabredet<br />

nach Hause oder verschwindet für eine längere<br />

<strong>Zeit</strong> während des Tages<br />

- Das <strong>Kind</strong> hält sich in schlechter Gesellschaft auf<br />

7. Verlängerter Sitzstreik<br />

Anders als das Sit-in dauert der verlängerte Sitzstreik<br />

ein paar Tage (gewöhnlich drei), wird in Gegenwart<br />

von so vielen Unterstützern wie möglich<br />

durchgeführt <strong>und</strong> erstreckt sich über das ganze<br />

Haus. Der Sitzstreik ist in der Folge besonders akuter<br />

Ereignisse angezeigt, wie wenn das <strong>Kind</strong> nach<br />

dem Fortlaufen nach Hause gebracht wird, wenn es<br />

<strong>seine</strong> Eltern zum ersten Mal schlägt oder wenn es<br />

von der Polizei bei kriminellen Handlungen gefasst<br />

wird.<br />

Der Sitzstreik ist eine Art Übergangsritual, ein Ereignis,<br />

das anzeigt, dass das Leben an einem Wendepunkt<br />

angekommen ist, sodass die Situation nach<br />

der Zeremonie anders sein wird als vorher.<br />

Die Vorbereitungen für den Sitzstreik sind sehr umfangreich<br />

<strong>und</strong> sollten mit allen gut durchgesprochen<br />

werden.<br />

Am Ende des Sitzstreiks sollte es nicht irgendwelche<br />

Drohungen oder Warnungen geben. Der Vorgang<br />

sollte schriftlich zusammengefasst <strong>und</strong> an alle Teilnehmer<br />

geschickt werden. Das ist kein Vertrag, den<br />

das <strong>Kind</strong> unterzeichnen muss, sondern eine Schilderung<br />

des Rituals.<br />

8. Befehle verweigern<br />

„Befehlsverweigerung“ ist ein Mittel des gewaltlosen<br />

Widerstands, bei dem Sie als Eltern aufhören, Handlungen<br />

auszuführen, die Sie als erzwungen empfinden,<br />

<strong>und</strong> solche Handlungen wieder zu tun, die Sie<br />

als vom <strong>Kind</strong> verboten empf<strong>und</strong>en haben. „Befehlsverweigerung“<br />

verfolgt eine Reihe von Zielen:<br />

- gegen die Gewohnheit „automatischer Gehorsams“<br />

anzugehen,<br />

- das Bewusstsein für die vielen Dienste zu schärfen,<br />

die Sie erbringen oder zu erbringen Sie sich<br />

verpflichtet fühlen,<br />

- Ihre Freiheit zu erweitern.<br />

Befehlsverweigerung kann auf zwei Ebenen durchgeführt<br />

werden:<br />

- Tabus brechen<br />

- Dienste verweigern<br />

9. Unverzichtbarer Bestandteil: Gesten der Versöhnung,<br />

der Wertschätzung <strong>und</strong> des Respekts<br />

Gesten der Versöhnung <strong>und</strong> Wertschätzung tragen<br />

dazu bei, das Verhältnis zu Ihrem <strong>Kind</strong> zu erweitern,<br />

so dass Ihre Beziehung nicht länger ausschließlich<br />

durch den Konflikt zwischen Ihnen beherrscht wird.<br />

Studien über Eskalation zeigen, dass das Ausführen<br />

solcher Gesten die gegenseitige Aggression mindert<br />

<strong>und</strong> die Beziehung verbessert. Versöhnungsgesten<br />

sind keine Belohnung, sie hängen nicht vom Verhalten<br />

des <strong>Kind</strong>es ab. Sie gestatten Ihnen, Ihre Liebe<br />

oder einfach Ihren Respekt vor dem <strong>Kind</strong> als<br />

Mensch auszudrücken, während Sie gleichzeitig gewaltlosen<br />

Widerstand ausüben. Versöhnungsgesten<br />

ersetzen nicht den gewaltlosen Widerstand, sondern<br />

verlaufen parallel zu ihm! Einige mögliche Versöhnungsgesten<br />

sind:<br />

- Erklärungen, verbaler <strong>und</strong> geschriebener Art<br />

- Zuwendung, wie Essen, das Ihr <strong>Kind</strong> besonders<br />

mag oder symbolische Geschenke<br />

- Eine gemeinsame Aktivität<br />

- Ein besonderer Typus von Versöhnungsakt ist,<br />

wenn Sie für Ihre eigenen heftigen Reaktionen in<br />

der Vergangenheit Bedauern ausdrücken<br />

Eltern haben Vorbehalte, weil sie befürchten, als<br />

schwach angesehen zu werden. Denken Sie daran,<br />

dass Versöhnungsgesten parallel zu gewaltlosem<br />

Widerstand durchgeführt werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

ist eine Versöhnung niemals ein Zeichen von Unterwerfung,<br />

sondern eine selbstgewählte<br />

positive Geste.<br />

Ulrike Meiners<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Buchempfehlungen zur Vertiefung des Themas<br />

Autorität ohne Gewalt (Bild links)<br />

Haim Omer u. Arist von Schlippe<br />

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />

ISBN-10: 3525014708<br />

Feindbilder Psychologie der Dämonisierung<br />

(ohne Abbild)<br />

Haim Omer/Arist von Schlippe/Na-<br />

hi Alon<br />

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />

2006<br />

ISBN-10: 352549100X<br />

Autorität durch Beziehung (Bild rechts)<br />

Die Praxis des gewaltlosen Widerstands<br />

in der Erziehung<br />

Haim Omer/ Arist von Schlippe<br />

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht<br />

2005/2004<br />

ISBN-10: 3525490771<br />

Ausgabe 76 16 KIM


Kolloquium der GfS Bremen, GfS Emsland <strong>und</strong> GfS Münster<br />

Am 9.9.2010 fand in Zentrum in Meppen ein Kolloquium<br />

statt. Es trafen sich TeilnehmerInnen aus den<br />

Vorbereitungskursen der GfS Bremen, GfS Emsland<br />

<strong>und</strong> der GfS Münster.<br />

Die TeilnehmerInnen von der GfS Bremen eröffneten<br />

im Kolloquium ein Atelier mit Pinsel, Farbe <strong>und</strong><br />

Leinwand. Bunt stellten sich die Profifamilien ® auf<br />

der großen Leinwand vor. Die Farben standen dabei<br />

für die Vielfalt der Profifamilien ® , die jede für sich<br />

eigenen Qualitäten mitbringt. Erst diese Unterschiedlichkeit<br />

ermöglicht die passgenaue Vermittlung<br />

eines <strong>Kind</strong>es.<br />

Die gemeinsame Arbeit an der Leinwand stand auch<br />

für den Prozess um die Entscheidung, Profifamilie ®<br />

zu werden. Dieser Prozess setzt sich immer weiter<br />

fort, denn auch nach Integration eines <strong>Kind</strong>es in die<br />

Profifamilie ® findet entsprechende Auseinandersetzung<br />

<strong>und</strong> Weiterentwicklung statt.<br />

Mit Grüßen von den Erziehungsleitern der GfS Bremen<br />

wurden den Bremer Profifamilien ® vom EL<br />

Christian Struck bunte Flug-Drachen überreicht.<br />

Dieser stand für die Leichtigkeit <strong>und</strong> Kraft, dem Spiel<br />

<strong>und</strong> der für das Fliegen notwendige Anbindung an<br />

die Erde.<br />

Erziehungsleiter Christian Struck der GfS Bremen<br />

<strong>und</strong> die vorbereiteten Profifamilien ®<br />

Die potentiellen Profifamilien ® der GfS Emsland<br />

absolvierten diesmal einen etwas anderen organi-<br />

sierten Vorbereitungskurs. Dieser Kurs entspricht<br />

inhaltlich dem Curriculum der GfS mit den verschiedenen<br />

Themen, wurde aber von mehreren Erziehungsleitern<br />

der GfS Emsland gestaltet. So haben<br />

sich die TeilnehmerInnen nicht nur auf unterschiedliche<br />

Themen, sondern auch auf unterschiedliche<br />

ErziehungsleiterInnen eingelassen Die Gruppe<br />

konnte am Ende nicht zusammenbleiben <strong>und</strong> wurde<br />

entsprechend der jeweiligen Entfernung des Heimatortes<br />

verschiedenen pädagogischen Zentren zugeordnet.<br />

Innerhalb des Kolloquiums beschrieben die einzelnen<br />

Teilnehmer ihren persönlichen Weg.<br />

Anhand individueller Symbole machten sie ihre unterschiedlichen<br />

Eindrücke, ihre Beschäftigung mit<br />

den jeweiligen Themen des Kurses, ihre persönlichen<br />

Themen auf ihren Weg in unsere Einrichtung<br />

<strong>und</strong> letztlich auf dem Weg zu einem <strong>Kind</strong> deutlich.<br />

Die einzelnen Wege finden wieder zusammen unter<br />

dem Dachverband der Einrichtung <strong>Backhaus</strong>.<br />

Die meisten Familien haben sich am Ende des Kurses<br />

dazu entschieden, ein <strong>Kind</strong> aufzunehmen <strong>und</strong><br />

warten nun voller freudiger Spannung auf die Einbindung<br />

an die verschiedenen Zentren: Bersenbrück,<br />

Meppen <strong>und</strong> Schapen <strong>und</strong> vor allem auf das<br />

Leben <strong>und</strong> die Arbeit mit einem <strong>Kind</strong>.<br />

Im Namen der Erziehungsleiter Bodo Hansmann,<br />

Ulrike Meiners, Ruth Rießelmann, Irene Stehmann<br />

<strong>und</strong> Renate Weusthof wünschen wir allen TeilnehmerInnen<br />

des Kolloquiums für die weitere Zukunft<br />

viele schöne <strong>und</strong> bewegende Momente.<br />

Die Erziehungsleiter R. Rießelmann, I. Stehmann,<br />

R. Weusthof, U. Meiners <strong>und</strong> Abteilungsleitung M.<br />

Wischka mit den vorbereiteten Profifamilien ®<br />

Ausgabe 76 17 KIM


Die Profifamilien ® der GfS Münster hatten das Motto<br />

„alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> <strong>braucht</strong> auch <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“.<br />

So stand die <strong>Zeit</strong> des Vorbereitungskurses in der<br />

Kurseinheit wie auch im Ablauf der einzelnen Monate<br />

für den eigenen R<strong>und</strong>ungsprozess hinsichtlich der<br />

Aufnahme eines <strong>Kind</strong>es mit Traumata <strong>und</strong> / oder mit<br />

weiteren Handicaps. Auch stand die <strong>Zeit</strong> für die Dynamik<br />

in der Gruppe. Die Gruppe als starke zusammengehörige<br />

Einheit sieht sich für die Zukunft als<br />

tragfähiges Instrument für die Gestaltung der interdisziplinären<br />

Erziehungskonferenz. Beziehung untereinander<br />

ist gewachsen <strong>und</strong> so kann von tragfähigen<br />

Arbeitsbeziehungen bereits schon jetzt ausgegangen<br />

werden. Zur Veranschaulichung dazu<br />

wurde ein menschliches Konstrukt gebildet, welches<br />

in sich hält. Hierzu wurden vier Stühle in einem Viereck<br />

aufgestellt. Vier Familienmitglieder setzen sich<br />

auf die Stühle <strong>und</strong> lassen sich nach hinten fallen.<br />

Die Stühle wurden<br />

nach <strong>und</strong><br />

nach dann weggenommen.<br />

Die<br />

menschliche<br />

Konstruktion hält.<br />

Für das Aufstehen<br />

wurden die<br />

Stühle wieder<br />

eingefügt. Auch<br />

hier der Bezug<br />

zum Träger<br />

<strong>Backhaus</strong>: „Ein<br />

menschliches<br />

Konstrukt, welches<br />

ohne Hilfe<br />

zwar stehen<br />

kann (Profifamilie<br />

® ) aber ohne<br />

Hilfe (<strong>Backhaus</strong>)<br />

nicht aufstehen kann“.<br />

Die Profifamilien ® zeigten ihr Verständnis für die<br />

vorhandenen Traumatisierungen der <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong><br />

deren Auswirkung im Familienalltag. „Auf Stein ge-<br />

schrieben“ <strong>und</strong> durch Schwere im<br />

Wasserbad versinkend, soll das<br />

F<strong>und</strong>ament (<strong>Backhaus</strong>) - die Steinplatte<br />

- als Sicherheit dienen.<br />

Leichtigkeit wurde dem Gebilde<br />

symbolisch durch die angebrachten<br />

Luftballons hinzugefügt. So soll<br />

das Leben der <strong>Kind</strong>er neben der<br />

begleitenden Fachlichkeit einer erlangten<br />

Geborgenheit <strong>und</strong> neuer<br />

Lebensfindung dienen. Der besonders „stabile Karton“<br />

Profifamilie ® soll beschützend <strong>und</strong> sicher sein.<br />

Erziehungsleitung Ulrike Kunze der GfS Münster mit<br />

den vorbereiteten Profifamilien ®<br />

Vielen Dank auch dem Team um<br />

Herrn Stover. Das Buffet entsprach<br />

einmal wieder allen Erwartungen.<br />

So konnte der Tag kulinarisch dem<br />

Ende zugehen.<br />

Das Team vom<br />

Café KIM<br />

Ulrike Kunze<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Münster<br />

GfS Aurich - Vorbereitungskurs erfolgreich beendet<br />

Der erste Vorbereitungskurs der GfS Aurich in die- sem Jahr wurde am 14. Juni mit einem Kolloquium<br />

in Meppen beendet.<br />

Sechs Familien begannen im Januar 2010 ihren<br />

halbjährigen Prozess zur Vorbereitung auf die Aufgaben<br />

einer Profifamilie ® . An 12 Abenden <strong>und</strong> einem<br />

gesamten Wochenende beschäftigten sich die Teilnehmer/innen<br />

mit zukünftigen An- <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

einer Erziehungsstelle, fachlichen Fragestellungen<br />

der Bindungs- <strong>und</strong> Integrationstheorie, der<br />

Arbeit mit Herkunftsfamilien <strong>und</strong> mit Blinkwinkeln auf<br />

die eigene Motivation <strong>und</strong> Biographie. Die persönliche<br />

Reflexion, die Entwicklung eines realistischen<br />

Ausgabe 76 18 KIM


Bildes für das Vorhaben Profifamilie ® <strong>und</strong> der intensive<br />

Austausch in der Gruppe standen an allen<br />

Kursabenden besonders im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Erstmalig nahm eine bereits erfahrene Profifamilie ®<br />

nach 10 Jahren erfolgreicher Mitarbeit in der<br />

GfS Aurich an einem Vorbereitungskurs wiederholt<br />

teil.<br />

Durch die bevorstehende Verselbständigung ihrer<br />

beiden aufgenommenen <strong>Kind</strong>er, beabsichtigte diese<br />

Familie, die erneute Aufnahme eines <strong>Kind</strong>es ganz<br />

besonders <strong>und</strong> durch die Teilnahme am Kurs unterstützt,<br />

zu überprüfen.<br />

Dieser Vorbereitungskurs, so reflektieren die Erziehungsleitungen<br />

der GfS Aurich, war wieder ein erfolgreicher<br />

Kurs. Er stand für eine intensive Überprüfung<br />

eigener Standorte der Bewerber/innen <strong>und</strong> eine<br />

Überprüfung ihrer professionellen Haltungen. Wir<br />

haben das Ziel, zukünftige<br />

Profifamilien ®<br />

auf ihre Aufgabe verantwortungsvollvorzubereiten,<br />

erreicht.<br />

Die vertrauensvolle <strong>und</strong><br />

wertschätzende Zusammenarbeit<br />

unter den Teilnehmerinnen hat die Zielerreichung<br />

befördert.<br />

Am 23. August startete der nächste<br />

Vorbereitungskurs der GfS Aurich.<br />

Tino Schwarz<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Aurich<br />

Kolloquium im neuen Regionalbereich Berlin/Uckermark<br />

Im Beisein der gesamten Geschäftsleitung wurden<br />

fünf künftige Profieltern ® für ihre erfolgreiche Teilnahme<br />

am Vorbereitungskurs zertifiziert. Neben<br />

zwei Uckermärker Familien <strong>und</strong> einer Familie aus<br />

Mecklenburg fanden sich zwei Berliner Familien in<br />

Seehausen ein.<br />

Folgende Gedanken aus dem sehr empfehlenswerten<br />

Buch von Peter Wawerzinek „Rabenliebe“ leiteten<br />

die R<strong>und</strong>e ein: „Wie hatte <strong>seine</strong> Mutter es ihm<br />

antun können, ihn als Kleinkind in der DDR zurückzulassen,<br />

als sie in den Westen floh? Herumgereicht<br />

von <strong>Kind</strong>erheimen <strong>und</strong> ihn aufnehmende Eltern<br />

stellte Peter sich zunehmend der<br />

Frage was Heimat sei. Er unternahm<br />

als Grenzsoldat einen halbherzigen<br />

Fluchtversuch um <strong>seine</strong><br />

Mutter wieder zu treffen <strong>und</strong> wusste<br />

dann doch nicht ob er sie wirklich<br />

sehen wollte. Sie hatte ihn<br />

schließlich verstoßen, alleine gelassen.<br />

Aber <strong>seine</strong> Mutterlosigkeit<br />

ließ ihn nie los bis er sie schließlich<br />

traf um sie danach nicht wieder zu sehen. Das überlebensgroße<br />

Mutterbild war der Realität nicht gewachsen.<br />

Es blieb die Frage nach <strong>seine</strong>r Heimat.“<br />

So bekam das Thema Elternarbeit, neben anderen<br />

Themen wie gleichgeschlechtliche Paare <strong>und</strong> Verselbständigung,<br />

eine besondere Bedeutung. Mit<br />

einem Glas Sekt, kleinen Häppchen <strong>und</strong> der Vorfreude<br />

auf die „Profielternschaft“ klang die R<strong>und</strong>e<br />

aus.<br />

Wir wünschen Fam. Hansch, Fam. Wißkirchen/<br />

Geishäuser, Fam. Böhm, Fam. Renzel <strong>und</strong> Fam.<br />

Schumann alles Gute <strong>und</strong> möchten Ihnen herzlich<br />

zu ihrer Entscheidung gratulieren.<br />

Buchtip:<br />

„Rabenliebe“<br />

Peter Wawerzinek<br />

Verlag Galiani Berlin<br />

ISBN 978-3-86971-020-4<br />

Richard Kraus<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Uckermark<br />

Ausgabe 76 19 KIM


Der Gruppenpädagogische Bereich der <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong> ist in den letzten zehn Jahren<br />

in der Stadt Meppen sehr gewachsen. Insgesamt<br />

sind sieben unterschiedliche Häuser mit individuellen<br />

Angeboten der <strong>Jugendhilfe</strong> entstanden. Neben<br />

der schon bestehenden Clearingstelle konnten wir<br />

zwei Jugendwohngruppen, zwei Intensivpädagogische<br />

Wohngruppen, ein Kleinstheim <strong>und</strong> eine Therapeutische<br />

Wohngruppe installieren. Für die Stadt<br />

Meppen ist der Ausbau der Gruppenpädagogischen<br />

Einrichtungen nun an einem Punkt angekommen,<br />

der für die Erweiterung keinen Platz mehr lässt.<br />

Seit dem 7. Mai 2010 habe ich nun die Arbeit von<br />

Frau Wischka übernommen <strong>und</strong> leite die Konferenz<br />

in Bremen, die sich aus den Kollegen der Gesellschaften<br />

Bremen, Oldenburg <strong>und</strong> Lüneburg zusammensetzt.<br />

Durch die Kollegen in Bremen wurden wir<br />

mit der Anfrage konfrontiert, auch im Bremer Bereich<br />

eine Gruppenpädagogische Einrichtung aufzubauen.<br />

Glücklicherweise gab es auch das richtige<br />

Wohnhaus, welches in Augenschein genommen <strong>und</strong><br />

für gut bef<strong>und</strong>en wurde. Nach einem ersten Besuch<br />

40 Kilometer nördlich von Bremen in Vollersode<br />

waren wir begeistert von den Möglichkeiten. Nun<br />

musste zuerst das Haus erworben werden. Im September<br />

war es soweit. In einem Wohnhaus mit einer<br />

Gr<strong>und</strong>fläche von über 600 m² <strong>und</strong> einem Außenbereich<br />

von über 10.000 m² wird nun eine neue Wohngruppe<br />

aufgebaut werden. Zuerst wurden alle Jugendämter<br />

in der Region angeschrieben <strong>und</strong> nach<br />

den Bedarfen gefragt. Anschließend musste nun das<br />

Haus gereinigt werden, welches bereits einige Jahre<br />

leer gestanden hatte. So wurde am 21. September<br />

ein Aktionstag ausgerufen, an dem viele Mitarbeiter<br />

aus Meppen nach Vollersode fuhren, um diesem<br />

neuen Projekt den notwendigen Anschub zu geben.<br />

Am frühen Morgen ging es von Meppen los. Mit<br />

insgesamt 21 Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern aus<br />

Meppen <strong>und</strong> zwei Kollegen aus der<br />

GfS Bremen wurde das Haus von<br />

oben bis unten entrümpelt, aufgeräumt<br />

<strong>und</strong> geputzt. Auch unsere<br />

Auszubildenden aus der Hauswirtschaft,<br />

der Küche <strong>und</strong> dem Garten<strong>und</strong><br />

Landschaftsbau nahmen mit<br />

ihren Ausbildern an der Aktion teil.<br />

Auszubildende<br />

mit Meisterin<br />

beim Hausputz<br />

Neues Haus in Vollersode<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Größe des Hauses<br />

können wir neben einer Wohngruppe<br />

auch ein Pädagogisches Zentrum<br />

für Herrn Struck von der GfS<br />

Bremen einrichten. Ebenfalls sind wir in der Überlegung,<br />

einen Mutter-<strong>und</strong>-<strong>Kind</strong>-Teil dort einzurichten,<br />

sowie Appartements für Auszubildende im Bereich<br />

Hauswirtschaft <strong>und</strong> Koch anzubieten.<br />

Gemeinsames Frühstück im zukünftigen Esszimmer<br />

Azubis <strong>und</strong> Gärtner bei der Gestaltung<br />

des Vorgartens<br />

Kochazubi Erhardt<br />

bei der<br />

Bereitung des<br />

Mittagessens<br />

alle Schränke<br />

wurden ausgewischt<br />

Eine Kaffeepause ist wichtig<br />

Der Eingangsbereich<br />

wird<br />

gestylt<br />

Nach getaner Arbeit ein müdes Team<br />

Ausgabe 76 20 KIM


Am 29. September 2010 wird bereits ein erster Informationsabend<br />

in Vollersode für interessierte Profifamilien<br />

® in den neuen Räumen stattfinden. In den<br />

nächsten Wochen werden wir das neue Team für<br />

die Wohngruppe Vollersode zusammen stellen <strong>und</strong><br />

nach Möglichkeit alle für einige Wochen in Meppen<br />

in unseren bestehenden Gruppen arbeiten lassen.<br />

Somit soll auch das neue Team die Struktur unserer<br />

Arbeit verinnerlichen. Mit dem Aufbau der Wohn-<br />

gruppe Vollersode rechnen wir zu<br />

Beginn des kommenden Jahres.<br />

Dieter Robben<br />

Abteilungsleitung Gruppenpäd.<br />

Einrichtungen<br />

GfS Emsland<br />

Das Sommerfest der MitarbeiterInnen der GfS Bremen<br />

Christian Stuck<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Bremen<br />

Alle <strong>Zeit</strong>, die nicht mit dem Herzen wahrgenommen<br />

wird, ist so verloren, wie die Farben eines Regenbogens<br />

für einen Blinden oder das Lied eines Vogels<br />

für einen Tauben. Michael Ende<br />

Mit <strong>Kind</strong> <strong>und</strong> Kegel trafen sich die MitarbeiterInnen der GfS Bremen zum<br />

Sommerfest, gleichzeitig das interne Feiern des 10jährigen Jubiläums.<br />

Das PZ in Huntlosen gab den guten Rahmen her, um das Fest zu einem<br />

Erfolg zu machen. Das wechselhafte Wetter konnte die Stimmung nicht<br />

trüben: es wurde in fröhlicher Gemütlichkeit gegessen, gespielt <strong>und</strong> geredet.<br />

Helga Ache, die Erziehungsleitung der ersten St<strong>und</strong>e, zeichnete<br />

das Werden der GfS Bremen nach <strong>und</strong> die Profifamilien ® der ersten<br />

St<strong>und</strong>e erinnerten sich noch einmal an den Beginn vor einer Dekade. Mit<br />

Kreistänzen brachte eine Tanzpädagogin alle <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Erwachsenen<br />

in Bewegung <strong>und</strong> damit zusammen. Danach schmeckten Salate <strong>und</strong><br />

Gegrilltes dann doppelt so gut. Bei Kaffee <strong>und</strong> Kuchen knüpften gerade<br />

die neuen Profifamilien ® viele neue Kontakte. Angeleitet von der Praktikantin<br />

Rebecca Gleich fanden diverse Spiele <strong>und</strong> Aktionen für die <strong>Kind</strong>er<br />

statt. Die Erziehungsleitungen Helga Ache, Ute Pügner-Selke <strong>und</strong> Christian<br />

Struck danken den ehrenamtlichen Helfern im Hintergr<strong>und</strong>, die wesentlich<br />

zum Gelingen des Festes beigetragen haben <strong>und</strong> den Profifamilien,<br />

die zu dem Fest etwas beigetragen haben.<br />

In der neuen Einrichtung in Vollersode, Kreis Osterholz bei Bremen,<br />

wird im kommenden Jahr das Jubiläum zum 10-jährigen Bestehen der<br />

GfS Bremen Bremen gebührlich<br />

gefeiert<br />

werden.<br />

Zitate<br />

Die Kunst, <strong>Zeit</strong> zu haben, ist auch die Kunst, sich die<br />

Leute vom Leibe zu halten, die uns die <strong>Zeit</strong> stehlen.<br />

Emil Oesch<br />

Ausgabe 76 21 KIM


Erster Infoabend der GfS Bremen in Vollersode<br />

Am 29. September fand der erste Informationsabend<br />

der GfS Bremen in Vollersode für angehende Profifamilien<br />

® statt. Herr Struck konnte an diesem Abend<br />

elf interessierte Familien begrüßen, die sich die Ar-<br />

Wir waren auch dabei!<br />

beit von Profifamilien ® erklären ließen. Nach einem<br />

zweistündigen Infoabend nutzten die Teilnehmer<br />

das Angebot, das zukünftige <strong>Kind</strong>erheim der GfS<br />

Bremen zu besichtigen. Nach den Herbstferien wird<br />

Herr Struck mit dem Vorbereitungskurs<br />

für Profifamilien ® in Vollersode<br />

beginnen. Zukünftig wird<br />

das neue <strong>Kind</strong>erheim auch das<br />

Pädagogische Zentrum beherbergen.<br />

Dieter Robben<br />

Abteilungsleitung GpE<br />

GfS Emsland<br />

Auf dem Weg zum Weltrekord im „Dauerkonzertegeben“<br />

Passend zum Leitthema “Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“ erhielt<br />

Frau Schauf einen Brief vom emsländischen <strong>Kind</strong>erliedermacher<br />

Christian Hüser. Er bat um Unterstützung<br />

zum Weltrekordversuch, in dem er auch in<br />

unserer Einrichtung für die <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

der Gruppenpädagogischen Einrichtungen ein Konzert<br />

geben wollte. Auch für solch ein Event ist das<br />

Thema <strong>Zeit</strong> sehr wichtig. Herr Hüser versuchte in<br />

der <strong>Zeit</strong> von 8:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr<br />

abends, also in 12 St<strong>und</strong>en, dreißig 15-minütige<br />

Konzerte zu geben. Wir unterstützten dieses Vorhaben<br />

gerne <strong>und</strong> freuten uns sehr. Somit begrüßten<br />

wir Herr Hüser am 3. September gegen 15:45 Uhr.<br />

Er wurde von zwei Live-Musikern begleitet <strong>und</strong> gab,<br />

bei strahlendem Sonnenschein, ein tolles 15minütiges<br />

Konzert auf der großen Rasenfläche vor<br />

dem Café „KIM“ in Bokeloh. Es wurden vier Lieder<br />

gesungen <strong>und</strong> Herr Hüser animierte alle, auch die<br />

Erwachsenen, dazu sich aktiv daran zu beteiligen.<br />

Alle rissen die Arme hoch <strong>und</strong> winkten im Takt zum<br />

Lied „Hallo“ oder ruderten fleißig zum Lied „Seeräuber<br />

Jim“.<br />

Es war aufregend <strong>und</strong> spannend zugleich. Wie es<br />

immer so ist, passte der stramme <strong>Zeit</strong>plan nicht<br />

mehr <strong>und</strong> Herr Hüser war mit 45 Minuten im Verzug.<br />

Umso spannender wurde es, ob ihm der Weltrekord<br />

gelingen wird. Um 20:15 trat Herr Hüser zum Abschlusskonzert<br />

<strong>seine</strong>r minutiös geplanten „Rekordtournee“<br />

beim Meppener Stadtfest auf die Bühne<br />

<strong>und</strong> ließ sich dort vom Publikum für <strong>seine</strong>n geglückten<br />

Rekordversuch feiern. Die <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

vom Kleinstheim konnten diesen spannenden<br />

Moment miterleben <strong>und</strong> auch beim letzen Konzert<br />

mitsingen <strong>und</strong> tanzen. Alle <strong>Kind</strong>er freuten sich für<br />

Herrn Hüser <strong>und</strong> sein Team <strong>und</strong> zeigten es mit einem<br />

donnernden Applaus. Trotz des Verzuges<br />

schon bei unserem Konzertteil hat er es geschafft<br />

<strong>und</strong> den Weltrekord im „Dauerkonzertegeben“ erreicht.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Marion Lammers<br />

Hausleitung Kleinstheim <strong>Backhaus</strong><br />

GfS Emsland<br />

Ausgabe 76 22 KIM


Zu dem Thema<br />

<strong>Zeit</strong> fällt mir ein<br />

gutes Buch von<br />

Simone de<br />

Beauvoir ein,<br />

das ich vor kurzem<br />

gelesen habe.<br />

Die Französin<br />

Simone de<br />

Beauvoir (*9.1.<br />

1908, gest. 14.4.<br />

1986) war Schriftstellerin,Philosophin<br />

<strong>und</strong> Feministin;<br />

sie war<br />

Lebensgefährtin<br />

von Jean-Paul<br />

Sartre. Das<br />

Buch erschien<br />

im Jahr 1946<br />

unter dem französischen<br />

Titel<br />

Tous les hommes<br />

sont mortels.<br />

Das Buch hat gewiss nicht an Aktualität verloren <strong>und</strong><br />

regte mich zu diversen „Gedankenausflügen“ an. Es<br />

inspirierte mich auch zu einigen philosophischen<br />

Gesprächen unter Fre<strong>und</strong>en wie selten eine andere<br />

Erzählung. Zugegeben, zeitweise musste ich mich<br />

durch das dicke Taschenbuch „kämpfen“, doch war<br />

ich im Nachhinein froh, mich nicht durch die für mich<br />

drögen Passagen nicht habe abschrecken lassen<br />

<strong>und</strong> es gab als Gesamtwerk so - in dieser Fassung -<br />

einen Sinn.<br />

Das Buch Alle Menschen sind sterblich erzählt die<br />

wechselvolle Geschichte eines Mannes namens<br />

Fosca, der im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert in Italien ein Unsterblichkeitselixier<br />

trank. Fosca hat nun die <strong>Zeit</strong>, <strong>seine</strong><br />

Am ersten Tag - Ein Mann geht eine Straße entlang.<br />

Vollkommen unerwartet ist vor ihm ein Loch.<br />

Er stürzt mitten in das Loch hinein. Er hat das Gefühl,<br />

er muss sterben. Verzweifelt ruft er um Hilfe.<br />

Dann, nach endlos langer <strong>Zeit</strong> des Wartens, kommt<br />

jemand <strong>und</strong> hilft ihm aus dem Loch heraus.<br />

Am zweiten Tag - Der Mann geht die gleiche Straße<br />

entlang. Schon wieder stürzt er in das Loch hinein.<br />

Er hat Angst, rappelt sich jedoch auf <strong>und</strong> erkennt,<br />

dass es eine Möglichkeit gibt, wie er sich<br />

selbst aus dem Loch befreien kann. Das ist mühsam,<br />

aber es gelingt ihm schließlich doch.<br />

Am dritten Tag - Der Mann geht wieder die gleiche<br />

Straße entlang <strong>und</strong> stürzt erneut in das Loch - aus<br />

„Alle Menschen sind sterblich“<br />

Buchvorstellung<br />

Das Loch in der Straße<br />

Macht weiter auszubauen <strong>und</strong> hofft, sich durch Taten<br />

„unsterblich“ machen zu können.<br />

Doch was passiert mit ihm, wie geht es ihm, wenn er<br />

merkt, dass <strong>seine</strong> Frauen <strong>und</strong> <strong>Kind</strong>er sterben, er<br />

dagegen weiterleben muss? Was er sich einst gewünscht<br />

hat, die Unsterblichkeit, scheint ihn auf<br />

Dauer nicht glücklich zu machen <strong>und</strong> er sucht nach<br />

neuen Herausforderungen. Er verlässt Italien <strong>und</strong><br />

schlüpft in immer neue Rollen, er wird Berater von<br />

Karl V., geht als Fremder nach Amerika <strong>und</strong> in einen<br />

Indianerstamm, wird Revolutionär zur <strong>Zeit</strong> der französischen<br />

Revolution. Mit Fosca erlebt der Leser die<br />

Geschichte von sieben Jahrh<strong>und</strong>erten, doch ist das<br />

Buch gewiss kein gewöhnlicher historischer Roman.<br />

Dem Leser werden die Konsequenzen der Kehrtwendung<br />

des Menschen vom Sterblichen zum Unsterblichen<br />

vor Augen geführt <strong>und</strong> verdeutlichen,<br />

welchen positiven Reiz <strong>und</strong> vielleicht auch Sinn die<br />

(irdische?) Sterblichkeit hat. Oder auch nicht?! Ist<br />

das Leben sinnlos durch <strong>seine</strong> Vergänglichkeit?<br />

Was meinen Sie?<br />

Die Romanfigur Armand ermutigt mit der <strong>Zeit</strong>lichkeit<br />

leben zu lernen: „`Ich habe auch eine Ahnung von<br />

Geschichte. … Alles, was man tut, vergeht eines<br />

Tages wieder, ich weiß. Und von der St<strong>und</strong>e an, wo<br />

man geboren wird, fängt man schon an zu sterben.<br />

Aber zwischen Geburt <strong>und</strong> Tod liegt das Leben.´“ (S.<br />

297)<br />

Verlag: rororo; Aufl.: 38 (1.07. 70)<br />

Sprache: Deutsch, Taschenbuch<br />

ISBN-10: 3499113023<br />

ISBN-13: 978-3499113024<br />

Petra Schmackpfeffer<br />

Erziehungsleiterin<br />

GfS Oldenburg<br />

reiner Gewohnheit. Er ärgert sich über sich selbst,<br />

klettert auf dem ihm nun schon bekannten Weg heraus<br />

<strong>und</strong> geht weiter.<br />

Am vierten Tag - Der Mann geht schon wieder die<br />

gleiche Straße entlang, sieht das Loch vor ihm - <strong>und</strong><br />

wechselt die Straßenseite.<br />

Am fünften Tag - Der Mann nimmt<br />

eine andere Straße.<br />

Was lernen wir aus der Geschichte?<br />

Tino Schwarz<br />

Erziehungsleiter<br />

GfS Aurich<br />

Ausgabe 76 23 KIM


Vertreten auf der Emslandschau<br />

Vom 2.10. bis 10.10.2010 wurde in Meppen die<br />

Emslandschau veranstaltet. Auch wir waren mit<br />

einem Stand dabei. Als große <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>einrichtung<br />

mit Hauptstandort in Meppen, wollten<br />

wir die Möglichkeit nutzen, einer breiten Öffentlichkeit<br />

unsere Arbeit vorzustellen. Gleichzeitig wollten<br />

wir auf diesem Wege potentielle MitarbeiterInnen<br />

auf uns aufmerksam machen.<br />

So kamen immer wieder Menschen an unseren<br />

Stand, die sich über die Arbeit als Profifamilie ® erk<strong>und</strong>igten,<br />

auch junge Menschen erk<strong>und</strong>igten sich<br />

über Arbeitsmöglichkeiten bzw. Praktikantenstellen.<br />

Aber auch Besucher, die mit der sozialen Arbeit<br />

nichts zu tun hatten, interessierten sich. Sie hatten<br />

schon von „<strong>Backhaus</strong>“ gehört <strong>und</strong> wollten mehr wissen.<br />

Neben den vielen Informationen, dem Verteilen von<br />

Buchempfehlung<br />

Flyern <strong>und</strong> Konzeptionen war unser Stand auch ein<br />

wichtiger Anlaufpunkt, wenn der „Kaffeedurst“ gestillt<br />

werden wollte. Wir hatten unsere professionelle<br />

Kaffeemaschine am Stand, die exzellenten Kaffee<br />

ausschenkte. Dies sprach sich auch schnell bei den<br />

anderen Ausstellern herum, die ebenfalls gern eine<br />

kurze Pause an unserem Stand einlegten.<br />

Der Standdienst wurde von unseren Mitarbeitern<br />

gewährleistet. Vielen Dank für diesen Einsatz.<br />

Ein großer Höhepunkt war der Auftritt unserer <strong>Kind</strong>er<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen mit einem Tanzprogramm,<br />

welches unsere Mitarbeiterin Virginia Bückner eingeübt<br />

hatte. Die Aufregung war groß <strong>und</strong> die Bühne<br />

auch. Es war schon ein besonderes<br />

Ereignis auf der großen Bühne<br />

aufzutreten.<br />

Marion Wischka<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Emsland<br />

Die Himmelsrutsche<br />

Geschichten von verlassenen <strong>Kind</strong>ern, die neue Eltern suchen<br />

Monika Wiedemann-Kaiser<br />

Gute Gesprächsbasis für Biografiearbeit (d. Red PFAD.)<br />

In der Himmelsrutsche geht es um fünf „Sternenkinder“ die endlich<br />

„Menschenkinder“ werden wollen. In ihrem ersten Versuch auf der Erde<br />

landen sie bei Eltern, die sie nicht versorgen können. Ihre Mütter sind<br />

krank, drogenabhängig oder werden von ihren Männern misshandelt.<br />

Einem Sternenkind ging es wie mir.<br />

Mir haben die Geschichten sehr gefallen, so dass ich sie gern anderen<br />

<strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> auch ihren Pflegeeltern empfehlen kann.<br />

Die Himmelsrutsche<br />

Monika Wiedemann-Kaiser<br />

Monsenstein <strong>und</strong> Vannerdat Münster 2010<br />

ISBN 978-3-86991-096-3<br />

Cedi (10 Jahre)<br />

Ausgabe 76 24 KIM


Die WG „Alte Molkerei“ in den Niederlanden<br />

Vom 26.7-2.8.2010 begab sich die WG „Alte Molkerei“<br />

auf große Tour. Diesen Sommer verschlug es<br />

uns in die Niederlande, genauer gesagt nach Meerwijk<br />

auf einen idyllischen Campingplatz, der direkt<br />

am Zuidlaardermeer grenzt, ideal zum Angeln, Achwimmen<br />

<strong>und</strong> Boot fahren.<br />

Nachdem das Gepäck von neun Jugendlichen <strong>und</strong><br />

fünf Erziehern im Pferdeanhänger verstaut worden<br />

war, machten wir uns auf den Weg. Leider machte<br />

uns das Wetter schon bei der Ankunft einen Strich<br />

durch die Rechnung <strong>und</strong> es goss<br />

aus Kübeln, doch zum Glück<br />

mussten wir uns nicht mit den Aufbau<br />

von Zelten rum plagen, sondern<br />

bezogen die kleinen aber gemütlichen<br />

Wanderhütten. Nachdem<br />

die Regenwolken sich verzogen<br />

haben, gingen einige auf Entdeckungstour<br />

über den Campingplatz,<br />

es gab ein Schwimmbad, ein<br />

Volleyballfeld, Tischtennisplätze<br />

<strong>und</strong> vieles mehr zu erk<strong>und</strong>en, natürlich<br />

weckten die holländischen<br />

Mädchen <strong>und</strong> Jungs bei unseren<br />

Jugendlichen großes Interesse<br />

<strong>und</strong> gleich am ersten Tag wurden<br />

erste Fre<strong>und</strong>schaften geschlossen.<br />

Ein Shoppingtag durfte natürlich<br />

auch nicht fehlen, also fuhren wir an einem Nachmittag<br />

in die Stadt Groningen <strong>und</strong> zogen so lange<br />

durch die Stadt bis uns die Füße weh taten. Einige<br />

von uns nutzen<br />

den Sommerschlussverkauf,<br />

um ein paar<br />

Schnäppchen<br />

zu machen, andere<br />

lernten die<br />

Holländischen<br />

Spezialitäten<br />

kennen.<br />

An einem Tag<br />

fuhren wir in den<br />

Avonturenpark<br />

Hellendorn, ein<br />

kleiner übersichtlicher<br />

Park<br />

mit einigen Attraktionen,<br />

das<br />

Wetter meinte<br />

es an diesem Tag gut mit uns, so dass wir die Geräte<br />

des Parks gut nutzen konnten <strong>und</strong> eine Menge<br />

Spaß in der Achterbahn, Wildwasserrutsche, dem<br />

Kettenkarussell usw. hatten.<br />

Natürlich stand das regelmäßige Angeln auf der<br />

Tagesordnung, schon nach dem Frühstück ging es<br />

los, Wind oder Regen machten unseren Anglern<br />

nichts aus. Frei nach dem Sprichwort „Ein Angler<br />

muss wissen wann er ziehen soll“. In der Woche<br />

hatten die Jugendlichen beim Angeln viele Erfolgserlebnisse<br />

<strong>und</strong> holten ein Fisch nach dem anderen<br />

aus dem Wasser. An einem Nachmittag haben wir<br />

zwei Motorboote<br />

gemietet <strong>und</strong><br />

schipperten auf<br />

dem Zuidlaardermeer<br />

<strong>und</strong> genossen<br />

die Sonnenstrahlen.<br />

Abends saßen<br />

wir oft gemütlich<br />

bei Kerzenscheinzusammen,<br />

aßen Dosenravioli,grillten,<br />

spielten<br />

Spiele, erzählten<br />

Geschichten <strong>und</strong><br />

reflektierten den<br />

Tag.<br />

Alles in Allem war es eine gelungene Freizeit, wir<br />

hatten gemeinsam viel Spaß. Durch die Erlebisse<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen ist die Gruppe noch mehr zusammen<br />

gewachsen, wir freuen uns schon auf den<br />

nächsten Sommer, wenn es wieder heißt, die WG<br />

„Alte Molkerei“ geht auf großer Fahrt.<br />

Alina Kühn<br />

Erzieherin JWG Alte Molkerei<br />

GfS-Emsland<br />

Ausgabe 76 25 KIM


Nachbarschaftsfest am 16.09.2010 im Heidering<br />

Endlich war es soweit <strong>und</strong> wir durften die Nachbarn<br />

in unserem neuen Haus begrüßen. Im Vorfeld haben<br />

sich die <strong>Kind</strong>er, gemeinsam mit den Erziehern, viele<br />

Gedanken gemacht wie dieser Tag wohl optimal<br />

gestaltet werden könnte.<br />

Im Vorfeld haben wir uns für ein gemütliches Beisammensein<br />

bei einem leckeren Stück Kuchen entschieden.<br />

Es waren viele Nachbarn da, um uns <strong>und</strong><br />

unser Haus besser kennen zu lernen. Pünktlich um<br />

15.30 Uhr waren alle Nachbarn eingetroffen <strong>und</strong><br />

haben uns sogar einige Geschenke zum Einzug<br />

mitgebracht. Worüber wir uns alle sehr gefreut haben<br />

☺☺<br />

Zu Beginn gab es eine Vorstellungsr<strong>und</strong>e damit<br />

jeder sich ein Bild von den 5 <strong>Kind</strong>ern <strong>und</strong> 7 Mitarbeitern<br />

machen konnte. Fr. Schauf, Hr. Robben <strong>und</strong> Fr.<br />

Dubbert haben alle Nachbarn herzlich begrüßt <strong>und</strong><br />

schon ein paar Fragen beantwortet r<strong>und</strong> ums Haus<br />

<strong>und</strong> um die <strong>Kind</strong>er. Und dann ging unsere Hausführung<br />

auch schon los.<br />

Einige Nachbarn kannten das Haus noch von den<br />

vorherigen Besitzern <strong>und</strong> waren sehr erstaunt wie es<br />

umgebaut wurde. <strong>Jedes</strong> <strong>Kind</strong> hat stolz sein Zimmer<br />

gezeigt <strong>und</strong> die Besonderheit daran.<br />

Es ist mit unseren Urteilen wie mit unseren Uhren.<br />

Keine geht mit der anderen vollkommen gleich, <strong>und</strong><br />

jeder glaubt doch der seinigen.<br />

Christian Fürchtegott Gellert<br />

Das Küchenteam<br />

Zitate<br />

Nach dem großen R<strong>und</strong>gang wurde es <strong>Zeit</strong> für ein<br />

dickes Stück Kuchen <strong>und</strong> eine große Tasse Kaffee.<br />

An unserem Kuchenbuffet mit dem selbstgebackenen<br />

Kuchen war<br />

für jeden eine<br />

Leckerei dabei.<br />

Nach einigen intensivenGesprächen<br />

war<br />

es dann leider<br />

schon wieder so<br />

weit <strong>und</strong> wir<br />

mussten uns<br />

von den Nachbarn<br />

verabschieden.<br />

Wir waren von unserm Nachbarschaftsfest sehr<br />

begeistert! ☺<br />

Vielen Dank für Ihren Besuch <strong>und</strong> die tollen Geschenke.<br />

Stephanie Töller<br />

Erzieherin<br />

Intensivpädagogische Wohngruppe Bokeloh<br />

Liebe Leser,<br />

wie Sie sehen können, hat unsere<br />

Küchenfamilie Zuwachs bekommen.<br />

Wir freuen uns Frau E.<br />

Wunsch <strong>und</strong> Frau M. Misse vorstellen<br />

zu können, welche beide<br />

eine Ausbildung als Köchin im<br />

Cafe „KIM“ begonnen haben.<br />

In der 3-jährigen Ausbildung werden<br />

sie alle Fertigkeiten erlernen<br />

<strong>und</strong> ihre kreativen Kochideen<br />

ausleben können. Wir blicken gemeinsam<br />

in eine aufregende Zukunft.<br />

Ihr Küchenteam<br />

(Von links: E. Wunsch, H. Stover,<br />

E. Döring, M. Misse <strong>und</strong> B.<br />

Struckmann)<br />

Das Beste an der Zukunft ist, dass sie uns immer<br />

einen Tag nach dem anderen serviert wird.<br />

Abraham Lincoln<br />

Die Nöte <strong>und</strong> Sorgen von heute sind die gute alte<br />

<strong>Zeit</strong> von morgen. Friedrich Graupe<br />

Ausgabe 76 26 KIM


Eines Tages kam ein Florist zu einem Frisör, um<br />

sich <strong>seine</strong> Haare schneiden zu lassen. Nach dem<br />

Haarschnitt wollte er bezahlen, doch der Frisör sagte:<br />

„Ich kann kein Geld annehmen. Ich mache diese<br />

Woche Bürgerservice.“<br />

Der Florist war angenehm überrascht <strong>und</strong> ging aus<br />

dem Geschäft. Als der Frisör am nächsten Morgen<br />

das Geschäft öffnen wollte, fand er einen Strauß<br />

Rosen vor der Tür. Darin steckte eine Karte mit den<br />

Worten: „Herzlichen Dank“.<br />

Etwas später betrat ein Bäcker den Laden <strong>und</strong> ließ<br />

sich <strong>seine</strong> Haare schneiden. Als er bezahlen wollte<br />

antwortete der Frisör wieder: „Ich kann kein Geld<br />

annehmen. Ich mache diese Woche Bürgerservice.“<br />

Auch der Bäcker verließ zufrieden das Geschäft.<br />

Obwohl wir mal wieder den Eindruck hatten, dass<br />

wir gar keine <strong>Zeit</strong> haben, nahmen wir uns kürzlich<br />

die <strong>Zeit</strong>, einer Einladung zu folgen.<br />

Viele Wochen schon lag die Einladung bei uns herum<br />

<strong>und</strong> wir hatten auch tatsächlich <strong>Zeit</strong> gef<strong>und</strong>en,<br />

uns zu diesem Termin anzumelden, denn dass sollten<br />

die geladenen Gäste rechtzeitig machen. Der<br />

Termin rückte näher <strong>und</strong> die <strong>Zeit</strong> lief uns davon, so<br />

dass ich schon mit dem Gedanken spielte, aus<br />

<strong>Zeit</strong>mangel, nicht zu diesem Fest zu gehen. Reicht<br />

es denn nicht, wenn sich nur ein Teil der Familie <strong>Zeit</strong><br />

nimmt, um dabei zu sein? Vieles ging mir durch den<br />

Kopf, tausend Ausflüchte, um diese schon lange<br />

eingeplante <strong>Zeit</strong>, anders zu nutzen. Das kostete `ne<br />

Menge <strong>Zeit</strong>!<br />

Letztendlich folgten wir als komplette Familie doch<br />

der netten Einladung zu einer kirchlichen Trauung,<br />

mit anschließender Taufe.<br />

Wir nahmen uns die <strong>Zeit</strong>, die doch sowieso schon so<br />

lange eingeplant war.<br />

<strong>Zeit</strong>ig trafen wir vor allen anderen Gästen ein, da<br />

dieser Termin für meinen Mann auch Dienstzeit war,<br />

denn es fand eine ökumenische Trauung statt.<br />

Meine <strong>Kind</strong>er <strong>und</strong> ich hatten nun noch viel <strong>Zeit</strong>, um<br />

uns in der Kirche um zu schauen. Wir beobachteten<br />

das geschäftigen Treiben der Ordensschwestern<br />

<strong>und</strong> sahen den knapp eintreffenden Chor kommen.<br />

Weitere Gäste trafen ein <strong>und</strong> suchten sich ihren<br />

Platz. Wir saßen bereits seit einiger <strong>Zeit</strong> entspannt<br />

in den Bänken.<br />

Die Zukunft war früher auch besser!<br />

Karl Valentin<br />

Vergangenheit: In die Jahre gekommene Zukunft.<br />

(unbekannt)<br />

Der Haarschnitt<br />

<strong>Zeit</strong><br />

<strong>Zeit</strong> eilt, teilt, weilt, heilt. (Zitate)<br />

Und als der Frisör am nächsten Morgen aufsperren<br />

wollte, fand er einen Sack voll Gebäck vor der Türe<br />

mit einer Karte des Dankes darin.<br />

Kurz nach Ladenöffnung betrat ein Politiker das<br />

Geschäft. Als auch er nach dem Haarschnitt nach<br />

der Rechnung fragte, sagte der Frisör wieder: „Ich<br />

kann kein Geld annehmen. Ich mache diese Woche<br />

Bürgerservice.“ Der Politiker war erfreut darüber <strong>und</strong><br />

verließ das Geschäft. Als der Frisör am nächsten<br />

Morgen zu <strong>seine</strong>m Geschäft kam, standen 20 Abgeordnete<br />

vor der Türe <strong>und</strong> warteten auf einen Gratishaarschnitt.<br />

Quelle: Als Kettenbrief zurzeit per E-Mail im Umlauf<br />

Bodo Hansmann<br />

Der Gottesdienst begann <strong>und</strong> siehe da, das Thema<br />

<strong>Zeit</strong> spielte eine Rolle. Worte aus dem Alten Testament,<br />

nämlich aus Kohelet 3, Verse 1 - 8, begleiteten<br />

uns.<br />

Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, <strong>und</strong> alles Vorhaben unter dem<br />

Himmel hat <strong>seine</strong> St<strong>und</strong>e: geboren werden hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>; sterben hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; pflanzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>;<br />

ausreißen, was gepflanzt ist, hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; töten<br />

hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, heilen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; abbrechen hat<br />

<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, bauen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; weinen hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>, lachen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; Steine werfen hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>, Steine sammeln hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; herzen hat seien<br />

<strong>Zeit</strong>, aufhören zu herzen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; suchen<br />

hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, verlieren hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; behalten hat<br />

<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; wegwerfen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; zerreißen hat<br />

<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, zunähen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; schweigen hat<br />

<strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>, reden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; lieben hat <strong>seine</strong><br />

<strong>Zeit</strong>, hassen hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>; Streit hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>,<br />

Frieden hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>.<br />

Wir verbrachten noch einen schönen Tag <strong>und</strong> ich<br />

persönlich war sehr froh, dass wir uns diese <strong>Zeit</strong> gemeinsam<br />

genossen haben.<br />

Alles hat <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>!<br />

Natascha Schmidt-Rademaker<br />

Erziehungsleitung<br />

GfS Aurich<br />

<strong>Zeit</strong> ist, was verhindert, dass alles auf einmal passiert!<br />

John A. Wheelers<br />

<strong>Zeit</strong> eilt, teilt, weilt, heilt.<br />

(Unbekannt)<br />

Ausgabe 76 27 KIM


Kapitän Duck<br />

Davidstern<br />

Der Flugwettbewerb<br />

Original <strong>und</strong> Fälschung<br />

Rätsel<br />

Kapitän Duck hat die Aufgabe<br />

einen Wolf, ein Schaf <strong>und</strong> einen<br />

Blumenkohl von einem Ufer des<br />

Flusses zum anderen Ufer zu<br />

befördern. Das Schaf <strong>und</strong> der Wolf<br />

dürfen nie unbeaufsichtigt allein<br />

sein, da der Wolf dann das Schaf<br />

frisst. Das Schaf darf auch nicht alleine mit dem Blumenkohl sein, da<br />

ihm dasselbe widerfahren würde. Da Kapitän Duck nur einen kleinen<br />

Kutter hat, kann er das Schaf, den Wolf <strong>und</strong> den Blumenkohl nur einzeln<br />

befördern. Er kann allerdings so oft er möchte hin <strong>und</strong> her fahren.<br />

Wie stellt er das an?<br />

Verteile die Zahlen 1-12 so in die<br />

Kreise des Davidsterns, dass die<br />

Summe jeder der 6 Reihen 26<br />

beträgt<br />

Bei einem Flugwettbewerb musste man einen weit entfernten Punkt anfliegen<br />

<strong>und</strong> auf direktem Weg wieder zurückkommen. Am Morgen war<br />

alles Windstill, doch am Nachmittag kam starker Wind in der Hinflugrichtung<br />

auf. Natürlich fühlten sich die Piloten die am Morgen gestartet<br />

waren benachteiligt, weil sie meinten, dass ihre Kollegen von dem starken<br />

Rückenwind profitieren würden. Die Wettkampfleitung war anderer<br />

Meinung sie meinte, dass die mit dem Wind startenden Flugzeuge die<br />

gewonnene <strong>Zeit</strong> auf ihrem Rückflug (bei konstanter Windstärke) gegen<br />

den Wind ja exakt wieder einbüssen würden.<br />

Wer hat hier nun recht?<br />

Wer entdeckt die acht Fehler?<br />

Ausgabe 76 28 KIM


Heiteres Beruferaten<br />

Der zerbrochene Spiegel<br />

Malermeister Klecks<br />

Logische Fragen:<br />

Lösungen (Durchblick 75)<br />

Mechaniker Ansagerin Schneiderin Optiker<br />

Der Spiegel hatte einen Durchmesser von 70cm.<br />

Das Ganze lässt sich dank Pythagoras <strong>und</strong> durch<br />

Auflösen einer quadratischen Gleichung lösen.<br />

Vom Mittelpunkt m des Spiegels bis zum Ecken des<br />

roten Quadrates geht der Radius r des Spiegels, y<br />

entspricht r minus der kurzen Seite a des roten<br />

Vierecks <strong>und</strong> x entspricht r minus der langen Seite b des<br />

roten Vierecks.<br />

Nun gilt: x 2 + y 2 = r 2 also: (r-a) 2 + (r-b) 2 = r 2<br />

Diese quadratische Gleichung hat die beiden Lösungen:<br />

r1 = a + b + Wurzel(2ab) = 35cm<br />

r2 = a + b - Wurzel(2ab) = 7cm<br />

Da nur ein Radius Sinn macht der klar länger als a oder b ist, ist nur r1<br />

sinnvoll.<br />

Man benötigt für das Muster<br />

gleichviel blaue wie gelbe Farbe.<br />

Der Meister Klecks hat das so<br />

bestimmt: Das Muster ist ja aus Viertelkreisen aufgebaut. Man müsste<br />

also nur bestimmen, ob der blaue, innere Kreis größer ist als der gelbe<br />

Rest. Rechnerisch wäre das so zu lösen. Geht man davon aus, dass<br />

die gelbe Fläche gleich groß wie die blaue ist:<br />

Radius des ganzen Kreises = R Radius des inneren, blauen Kreises = r<br />

Pi*r 2 = Pi*(R 2 - r 2 )<br />

r 2 = R 2 - r 2<br />

r 2 + r^ 2 = R 2<br />

2r 2 = R 2<br />

r*Wurzel(2) = R<br />

Ist also der Radius des inneren blauen Kreises um Wurzel 2 kleiner als<br />

der des äußeren Kreises, sind beide Flächen gleich groß! Meister<br />

Klecks zieht nun mit Bleistift von einer Ecke eines Viertelkreises zur<br />

anderen eine Gerade. Wenn diese in den blauen Teil geht, ist die blaue<br />

Fläche größer, wenn sie im gelben Teil liegt, dann ist die gelbe Fläche<br />

größer. Wenn sie aber, wie in unserem Beispiel, genau am Rand des<br />

blauen Teils entlang geht, ist die blaue <strong>und</strong> die gelbe Fläche gleich<br />

groß, denn dann ist R = r*Wurzel(2), was man auch unschwer erkennt,<br />

wenn man sich so einen Viertelkreis mit der nun eingezeichneten Geraden<br />

ansieht.<br />

Woher wusste der Erfinder der Uhr, wie spät es war?<br />

Woran erkennt man, dass es <strong>Zeit</strong> ist, einen Dudelsack zu stimmen?<br />

Warum ist nie besetzt, wenn man eine falsche Nummer wählt?<br />

Woran erkennt man, dass unsichtbare Tinte alle ist?<br />

Bekommen die Arbeitnehmer von Lipton auch eine Kaffeepause?<br />

Warum laufen Schafe nicht ein, wenn es regnet?<br />

Ausgabe 76 29 KIM


Als ich noch jünger war, hasste ich es, auf Hochzeiten<br />

zu gehen. Meine beiden Großmütter <strong>und</strong> alle<br />

möglichen Tanten drängten sich immer um mich,<br />

piekten mich in die Seite <strong>und</strong> kicherten: „Du bist der<br />

Nächste! Du bist der Nächste!“<br />

Sie haben erst mit dem ganzen Mist aufgehört, als<br />

ich anfing, bei Beerdigungen dasselbe zu machen!“<br />

„Angeklagter, jetzt sagen Sie uns doch endlich den<br />

Namen ihres Mittäters!“ „Das kommt nicht in Frage.<br />

Glauben Sie vielleicht, ich verpfeife meinen eigenen<br />

Bruder? Nie!“<br />

Der Lehrer gibt Schülern den Auftrag, eine Kuh auf<br />

der Wiese zu malen. Fritzchen gibt ein leeres Blatt<br />

ab. Lehrer: „Wo ist denn das Gras?“ Fritzchen: „Das<br />

hat die Kuh gefressen!“ Lehrer: „Und wo ist die<br />

Kuh?“ Fritzchen: „Die bleibt doch nicht dort, wo kein<br />

Gras ist!“<br />

Warum haben Sie nicht reagiert, als Sie den Baum<br />

auf sich zukommen sahen?“ fragt der Polizist den<br />

Autofahrer. „Hab’ ich doch! Hab’ gehupt wie verrückt!“<br />

„Tu mir einen Gefallen <strong>und</strong> sprich lauter, wenn du<br />

mir die Farbe der Ampel ansagst!“<br />

„Du, Erwin, warum fliegen Vögel eigentlich in den<br />

Süden?“ „Dumme Frage! Weil’s zu Fuß zu lange<br />

dauern würde!“<br />

Ein Deutscher macht Urlaub in Spanien. Fre<strong>und</strong>lich<br />

ruft ein Spanier: „Buenos Dias!“ Der Tourist winkt<br />

bedauernd ab: „Vielen Dank, brauch ich nicht, ich<br />

knipse selber!“<br />

Ein Autofahrer wird am Brennerpass von einem<br />

Streifenwagen gestoppt. „Sie fahren ohne Rücklicht!“<br />

„Was?“, fragt der völlig übermüdete Autofahrer,<br />

stürzt aus dem Wagen, läuft nach hinten <strong>und</strong><br />

Fast das Letzte<br />

Diesmal: Ist das komisch.<br />

stößt einen Entsetzensschrei aus. „So schlimm ist<br />

das doch auch wieder nicht“, meint der Polizist. „Für<br />

Sie nicht“, stöhnt der Autofahrer. „Für mich bedeutet<br />

das den Verlust eines Campingwagens, meiner Frau<br />

<strong>und</strong> meiner vier <strong>Kind</strong>er!“<br />

„Ich habe mich alle zwei St<strong>und</strong>en eingeölt bei meinem<br />

Urlaub an der Nordsee“, berichtet zu Hause<br />

Herr Neubert <strong>seine</strong>r Nachbarin. „Ach“, meint sie,<br />

„war es so<br />

sonnig?“ „Nein,<br />

aber der Regen<br />

lief so besser<br />

ab.“<br />

Ein Trabi-Besitzer<br />

an der Tankstelle<br />

zum Tankwart:<br />

„Für meinen<br />

Trabi hätte<br />

ich gerne zwei<br />

Scheibenwischer.“ Darauf der Tankwart: „Das ist<br />

okay, das finde ich einen fairen Tausch!“<br />

Die Kellnerin prahlt: „Dieser Kaffee ist etwas ganz<br />

Besonderes. Er kommt nämlich aus Brasilien!“ Erwidert<br />

der Gast: „Ach so - ich habe mich nämlich<br />

schon gefragt, warum er wohl so kalt ist!“<br />

Ein Autofahrer wird von der Polizei gestoppt. „Pusten<br />

Sie mal!“ „Aber gerne. Wo tut’s denn weh?“<br />

„Na, Fritzchen, wie war es denn in den Ferien?“ fragt<br />

der Lehrer. „Herrlich“, schwärmt Klein Fritzchen, fügt<br />

aber schnell hinzu, „aber für einen Aufsatz viel zu<br />

kurz!“<br />

McNepps gönnen sich ein Essen im feinsten Lokal<br />

der Stadt. Während Frau McNepp mit offensichtlichem<br />

Appetit isst, sitzt ihr Mann untätig daneben:<br />

Höflich fragt der Kellner: „Ist das Essen nicht recht,<br />

oder haben Sie keinen Appetit, mein Herr?“ „Doch<br />

schon, aber meine Frau hat das Gebiss!“<br />

Die Tante ist zu Besuch <strong>und</strong> belehrt das Paar: „Ihr<br />

dürft den Jungen nicht so verwöhnen, der ist zu<br />

frech für <strong>seine</strong> zehn Jahre.“ Stöhnt der Vater: „Was<br />

sollen wir machen? Der Bengel ist der einzige von<br />

uns, der den DVD-Recorder programmieren kann!“<br />

Lehrer zu Karlchen: „Du hast in den Ferien richtig<br />

dicke Backen bekommen. War denn das Essen so<br />

gut?“ Quatsch, ich musste immer die Luftmatratzen<br />

aufblasen!“<br />

„Was ist eigentlich Esperanto?“ „Eine Weltsprache.“<br />

„Und wo spricht man die?“ „Nirgends.“<br />

Ausgabe 76 30 KIM


Wissenswertes über die <strong>Kind</strong>er- <strong>und</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Backhaus</strong><br />

Ausgabe 76 31 KIM


Weitere pädagogische Angebote im KJHB<br />

Ausgabe 76 32 KIM

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!