immobilia 2023/05 - SVIT
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IMMOBILIENRECHT<br />
BUNDESGERICHTSENTSCHEIDE<br />
VERSTEIGERUNG<br />
UND UNERLAUBTE<br />
UNTERMIETE<br />
39 Im ersten Entscheid beschäftigte sich<br />
das Bundesgericht mit der Rechtsfolge<br />
der Zwangs versteigerung. Im zweiten<br />
Entscheid ging es um die Frage<br />
der Kündigung zweier Mietverhältnisse.<br />
TEXT— CHARLES GSCHWIND*<br />
BILD: 123RF.COM<br />
Bei der Aufhebung von<br />
Miteigentum an einem<br />
Grundstück kann es zu<br />
einer öffentlichen Versteigerung<br />
kommen.<br />
1. WELCHE BESTIMMUNGEN<br />
KOMMEN BEI EINER ÖFFENTLI<br />
CHEN VERSTEIGERUNG ALS<br />
RECHTSFOLGE DER AUFHE<br />
BUNG VON MITEIGENTUM ZUR<br />
ANWENDUNG?<br />
Eine Liegenschaft steht im hälftigen<br />
Miteigentum von A, F und E auf der einen<br />
Seite und B, C und D auf der anderen Seite.<br />
Am 3. Mai 2017 erhob A Klage beim Zivilgericht<br />
Basel-Stadt gegen die übrigen<br />
Miteigentümer auf Aufhebung des Miteigentums<br />
nach Art. 651 ZGB. Die Liegenschaft<br />
sei durch das Gericht öffentlich zu<br />
versteigern und es sei der Steigerungserlös<br />
nach Tilgung der Gebühren und Steuern<br />
den Miteigentümern gemäss ihren<br />
Quoten zuzuweisen.<br />
Diesem Begehren entsprach das Zivilgericht<br />
im Wesentlichen und ordnete an,<br />
dass die Liegenschaft durch das Betreibungs-<br />
und Konkursamt Basel-Stadt öffentlich<br />
versteigert werden solle. Weiter<br />
solle die Liegenschaft durch die Gesellschaft<br />
H geschätzt werden. Der Mindestpreis<br />
zur Versteigerung solle ferner drei<br />
Viertel des Schätzwertes betragen. In der<br />
Folge schätzte H die Liegenschaft.<br />
Am 2. März 2020 gelangte A wiederum<br />
an das Zivilgericht Basel-Stadt (diesmal<br />
als untere Aufsichtsbehörde des Betreibungsamtes)<br />
und legte Beschwerde gemäss<br />
Art. 17 SchKG ein. A verlangte, dass<br />
die Verkehrswertschätzung aufgehoben<br />
und eine neue Schätzung erstellt werde.<br />
Mit Entscheid vom 16. Januar 2021 wies<br />
das Zivilgericht die Beschwerde ab.<br />
Dagegen erhob A Beschwerde beim Appellationsgericht<br />
des Kantons Basel-Stadt,<br />
welches die Beschwerde aber ebenfalls abwies.<br />
Somit gelangte A mit Beschwerde in<br />
Zivilsachen ans Bundesgericht.<br />
ANWENDUNG VON ZWANGS<br />
VOLLSTRECKUNGSRECHT ODER<br />
PRIVATRECHT I.E.S.?<br />
Das Appellationsgericht hielt fest, dass<br />
das Zivilgericht Basel-Stadt mit seinem<br />
Entscheid über die Art der Teilung des<br />
Miteigentums nach Art. 651 Abs. 2 ZGB<br />
entschieden habe. Die vom Richter angeordnete<br />
öffentliche Versteigerung falle<br />
nicht unter die Zwangsversteigerung des<br />
SchKG und somit auch nicht in den Anwendungsbereich<br />
der Verordnung über<br />
die Zwangsverwertung von Grundstücken<br />
(VZG). Vielmehr seien die Artikel 229 ff.<br />
OR und das gestützt auf Art. 236 OR erlassene<br />
kantonale Gesetz über das Gantwesen<br />
massgebend. A hielt dem entgegen,<br />
dass die öffentliche Versteigerung als Teilungsart<br />
mangels Einvernehmen gerichtlich<br />
angeordnet werden musste und daher<br />
keine freiwillige öffentliche Versteigerung<br />
i.S.v. Art. 229 Abs. 2 OR vorliege.<br />
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RECHTSGRUNDLAGE FÜR DAS<br />
VERFAHREN BEI VERSTEIGE<br />
RUNG NACH AUFHEBUNG DES<br />
MITEIGENTUMS<br />
Umstritten war, welchen Regeln eine<br />
Versteigerung als Konsequenz der Auf-<br />
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IMMOBILIA / Mai <strong>2023</strong>